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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.06.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 65/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
Die Entgegennahme bzw. Nichtanzeige einer rechtgrundlosen, arbeitgeberseitigen Zahlung durch den Arbeitnehmer ist jedenfalls dann als schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers zu werten und damit grundsätzlich auch geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, wenn die Fehlerhaftigkeit der Zahlung für den Arbeitnehmer offensichtlich ist und es sich um einen erheblichen Betrag handelt (ähnlich LAG Köln, Urteil vom 09.12.2004 - 6 Sa 943/04). Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitgeber auf Grund von Umständen, die auf Handlungen des Arbeitnehmers beruhen, die Zahlung in der irrigen Annahme leistet, hierzu verpflichtet zu sein.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.12.2006 - 6 Ca 4977/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von drei fristlosen, hilfweise ordentlichen arbeitgeberseitigen Beendigungskündigungen, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung sowie das Bestehen von weiteren Zahlungsansprüchen.

Der im Jahre 1965 geborene Kläger ist niederländischer Staatsbürger und war bei der Beklagten seit dem 01.02.2001 beschäftigt. Nach dem Anstellungsvertrag vom 27.11./14.12.2000 wurde er als Produktmanager GUB eingestellt. Die Bezeichnung GUB steht für den Geschäftsbereich "Grüne Umweltbox", bei dem es sich um ein Entsorgungskonzept für leere Tinten- und Tonerkartuschen aus Telefax-, Kopiergeräten und Druckern handelt. Die Sammlung dieser Kartuschen erfolgt über eine Betriebsstätte der Beklagten in O . Dort werden die angelieferten Kartuschen nach Typen sortiert, gereinigt und auf Fehler überprüft. Intakte Kartuschen werden an spezialisierte Wiederbefüller weitergeleitet, beschädigte Kartuschen werden entweder teilweise wieder verwendet oder stofflich verwertet. In einem mit der Überschrift "Provisionsvereinbarung" versehenen Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 08.12.2000, das von letzterem unter dem Vermerk "Einverstanden" unterzeichnet wurde, heißt es zu Beginn: "Ihre Erfahrungen im Brokergeschäft (Vermarktung wiederbefüllbarer Kartuschen und Module) werden Sie für die I verwertbar machen. Es wird unter anderem eine Ihrer Aufgaben sein, Brokergeschäfte für die I durchzuführen." Zusammen mit seinem damaligen Vorgesetzten, dem Gesamtbereichsleiter der Beklagten, war der Kläger im operativen Geschäft tätig und für den An- und Verkauf von Kartuschen zuständig. Sein monatliches Grundgehalt betrug zuletzt 7.667,00 €.

Am 18.01.2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung über Zielgrößen für die Auszahlung einer leistungsorientierten Vergütung für das Jahr 2005. Diese sah vor, dass der Kläger bei einem Betriebsergebnis der GUB von bis zu 866.000,00 € keine leistungsorientierte Vergütung erhalten sollte. Ab einem Betriebsergebnis von 877.000,00 € sollte er 1 % seines Basisgehaltes als zusätzliche Vergütung erhalten, danach jeweils einen Prozentpunkt mehr bis zu maximal 20 % für jede Erhöhung des Betriebsergebnisses um jeweils 10.000,00 € bis zu einem Betriebsergebnis der GUB von bis zu 1.066.000,00 €.

Nachdem für das Jahr 2005 das Betriebsergebnis des Geschäftsbereichs GUB mit 1.005.000,00 € festgestellt worden war, erhielt der Kläger im Mai 2006 von der Beklagten eine Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 €.

Mit Schreiben vom 19.06.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 22.06.2006 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage vom selben Tag gewandt.

Mit seiner am 05.07.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung vom 03.07.2006 hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung eines monatlichen Nutzungsausfalls in Höhe von 451,00 € ab dem 19.06.2006 in Anspruch genommen.

Mit seiner am 21.07.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung vom 20.07.2006 sowie seiner am 02.08.2006 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung vom selben Tag hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung der Arbeitsvergütung für die Monate Juni 2006 und Juli 2006 in Höhe von jeweils 8.138,00 € in Anspruch genommen.

Mit Schreiben vom 16.08.2006 hat die Beklagte ein eventuell noch mit dem Kläger bestehendes Arbeitsverhältnis vorsorglich fristlos, hilfsweise zum nächst möglichen Termin gekündigt.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 04.09.2006 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung vom 31.08.2006 gewandt, in der er die Beklagte zugleich auf Zahlung der Arbeitsvergütung für den Monat August 2006 in Höhe von 8.138,00 € in Anspruch genommen hat.

Mit Schreiben vom 06.10.2006 hat die Beklagte letztmals ein eventuell noch mit dem Kläger bestehendes Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 11.10.2006 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung vom selben Tag gewandt, mit der er gleichzeitig die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung begehrt hat, die er in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, aber 97.656,00 € nicht unterschreiten sollte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien unwirksam. Die Vorwürfe der Beklagten seien unzutreffend. Er habe zwar keinen Anspruch auf die Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € gehabt, da das Betriebsergebnis letztlich nur bei 890.000,00 € gelegen habe. Das ursprünglich benannte Betriebsergebnis in Höhe von 1.005.000,00 € sei auf einen Fehler zurückzuführen gewesen, der im Controlling später wieder korrigiert worden sei. Die Personalabteilung habe jedoch, so hat der Kläger behauptet, seinem damaligen Vorgesetzten, dem damaligen Gesamtbereichsleiter, die Sonderzahlung gemeldet. Sein damaliger Vorgesetzter habe seinerzeit keine Kenntnis über die Details der Vereinbarung zwischen ihm und der Leitung der Beklagten gehabt. In einem weiteren Gespräch zwischen seinem damaligen Vorgesetzten und dem Geschäftsführer der Beklagten, zu dem die Personalleitung später hinzugezogen worden sei, habe sich sein damaliger Vorgesetzter dafür eingesetzt, dass er, der Kläger diese Sonderzahlung dennoch erhalten solle. Dem habe der Geschäftsführer der Beklagten nach Zögern nachgegeben und seinem damaligen Vorgesetzten erklärt, dass dies unter ihnen bleibe. Unzutreffend sei, dass er, der Kläger, im Jahre 2005 Rechnungen in einem Gesamtvolumen von 310.000,00 € fingiert habe. Es hätten lediglich zeitliche Verschiebungen von Umsätzen vorgelegen, bei denen es sich um rein interne Vorgänge gehandelt habe. Die Monatsergebnisse hätten nach den Vorgaben der Geschäftsführung der Beklagten den Planzahlen entsprechen müssen. Diese Vorgaben hätten allerdings nicht immer erfüllt werden können. Daher sei der Umsatz, der an sich den Folgemonaten zuzurechnen gewesen wäre, noch in den Monat hereingebracht worden, sofern der vorgegebene Monatsumsatz nicht erreicht worden sei. Dies sei dem Geschäftsführer der Beklagten auch bekannt gewesen. Mit einer solchen Umsatzverschiebung habe er, der Kläger, nichts zu tun gehabt, zumal er als niederländischer Staatsbürger die deutsche Sprache nicht vollständig beherrscht habe. Durch die zeitliche Verschiebung von Umsätzen sei der Beklagten kein Schaden entstanden.

Er habe auch keine Kenntnis von einer erheblichen Vermögensverschiebung zu Lasten der Beklagten gehabt und eine solche nicht initiiert. Es sei weder grundlos Geld an die Firma W gezahlt worden noch sei beabsichtigt worden, dass diese Gesellschaft das Geld hätte später zurückzahlen sollen. Zwar treffe es zu, dass auf die Rechnungen keine Warenlieferung erfolgt sei. Dies habe indes darauf beruht, dass die Ursprungslieferantin, die Firma P AG, für die Firma W als Mittlerin tätig gewesen sei und über die das Geschäft hätte abgewickelt werden sollen, ihre Lieferzusage zurückgezogen habe, nachdem von der Beklagten das Geld an die Firma W gezahlt worden sei. In diesen Vorgang sei der Geschäftsführer der Beklagten vollständig eingebunden gewesen. Weder er, der Kläger, noch dessen damaliger Vorgesetzter hätten ein solches Geschäft ohne die Zustimmung der Geschäftsführung der Beklagten vornehmen können.

Das Geschäft mit der Firma F sei allein von seinem damaligen Vorgesetzten durchgeführt worden. Bei den beiden Rechnungen über insgesamt 50.000,00 € habe es sich um Vorauszahlungen gehandelt, die in Kenntnis und mit Förderung des Geschäftsführers der Beklagten geleistet worden seien, um günstige Ankaufkonditionen aushandeln zu können.

Soweit ihm vorgeworfen werde, eine Mitarbeiterin angewiesen zu haben, die Lieferung für P mit elektrisch defekter Tinte passieren zu lassen, hätte er hieraus keine Vorteile ziehen können, da die Firma P seinerzeit ein Verfahren in der Entwicklung gehabt habe, defekte Leiter- und Düsenplatten zu reparieren, wozu die Mitbewerber nicht in der Lage gewesen seien.

Die fristlose Kündigung vom 16.08.2006 könne, so ist der Kläger der Ansicht gewesen, nicht darauf gestützt werden, dass er angeblich aktiv Wettbewerb zu der Beklagten betreibe. Zwar stehe sein neuer Arbeitgeber, bei dem er seit dem 01.09.2006 tätig sei, im Wettbewerb zu der Beklagten. Da aber die Beklagte in einer Besprechung am 10.08.2006 jede Vergleichsbereitschaft, insbesondere seiner Weiterbeschäftigung, abgelehnt habe, hätte er im Hinblick auf § 615 BGB i.V. mit § 12 KSchG ein neues Arbeitsverhältnis eingehen können.

Schließlich hat der Kläger gemeint, das Arbeitsverhältnis sei nach den §§ 9, 10 KSchG aufzulösen, da ihm dessen Fortsetzung angesichts der nicht haltbaren Vorwürfe der Beklagten unzumutbar sei. Bei der Höhe der Abfindung, die 12 Monatsverdienste nicht unterschreiten solle, müsse berücksichtigt werden, dass nicht nur die Vorwürfe der Beklagten unhaltbar seien, sondern diese ihm auch sein Fortkommen in erheblichem Umfang erschwert hätten und die fristlose Kündigung seiner Reputation schwer geschadet habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 19.06.2006 aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht;

2. festzustellen, dass das Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die vorsorgliche fristlose sowie hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 16.08.2006, zugegangen am 21.08.2006, beendet worden ist;

3. festzustellen, dass sein Beschäftigungsverhältnis nicht durch die weitere fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 06.10.2006 beendet worden ist;

4. die Beklagte zu verurteilen, ihn bei Meidung eines in das Ermessen des Gerichts gesetzten Zwangsgelds für jeden Tag der Zuwiderhandlung zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen;

5. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 97.656,00 € nicht unterschreiten sollte, aufzulösen;

6. die Beklagte zu verurteilen, mit Wirkung ab dem 19.06.2006 einen monatlichen Nutzungsausfall in Höhe von 451,00 € zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.138,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.138,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2006 zu zahlen;

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.138,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung gewesen, die Kündigungen seien wirksam. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei bereits durch die fristlose Kündigung vom 19.06.2006 beendet worden, die auf mehreren wichtigen Gründen beruhten, die ihr eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar gemacht hätten.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger und dessen damaliger Vorgesetzter hätten für das Kalenderjahr 2005 u.a. sieben Rechnungen in einem Gesamtvolumen von mehr als 400.000,00 $, somit mehr als rund 310.000,00 € an Kunden fingiert, denen keine Aufträge von oder Verträge mit Kunden zugrunde gelegen hätten. Dementsprechend seien auch keine Warenlieferungen von ihr an die Kunden erfolgt. Diese fingierten Rechnungen seien in ihr Buchhaltungssystem eingegeben worden, ohne dass eine tatsächliche Rechnungsversendung erfolgt sei. Auf Grund dieser Manipulation hätten der Kläger und dessen damaliger Vorgesetzter Sonderzahlungen erhalten, die beim Kläger 11.960,00 € betragen habe. Diese Manipulationen seien vom Kläger zumindest deshalb geduldet worden, weil er daraus einen erheblichen Vermögensvorteil hätte erlangen können und tatsächlich auch erlangt hat.

Das Verhalten des Klägers dürfte, so ist die Beklagte der Ansicht gewesen, als Betrug zu ihrem Nachteil zu qualifizieren sein, da sie der Kläger durch seine Beteiligung an den Rechnungsmanipulationen über das Geschäftsergebnis für das Jahr 2005 u.a. in der Absicht getäuscht habe, einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil in Höhe der geleisteten leistungsorientierten Vergütung zu erhalten.

Die Beklagte hat behauptet, im Rahmen einer sog. Ergebnisbesprechung seien am 15.06./16.06.2006 u.a. auch die Ergebnisse der Betriebsstätte O überprüft worden. Gegenstand der Überprüfung sei der Abgleich der von der Betriebsstätte O an ihr Controlling in K gemeldeten Ergebnisse gewesen, insbesondere der zu erwartenden Verkaufserlöse mit den in ihrem Buchhaltungskreislauf selbst enthaltenen Zahlen. Im Rahmen dieser Überprüfung sei festgestellt worden, dass in der Meldung der Betriebsstätte O in erheblichem Umfang durch angewiesene Verkäufe Umsatzerlöse ausgewiesen gewesen seien, die über die tatsächlich durch Rechnungsstellung der hausinternen Finanzbuchhaltung ausgewiesenen erheblich hinausgegangen seien.

Am 19.06.2006 sei der Kläger von ihren Mitarbeitern befragt worden, weshalb das gemeldete Fehlergebnis der Betriebsstätte O so erheblich von den in der Finanzbuchhaltung enthaltenen Daten abgewichen sei. Der Kläger sei ferner darauf hingewiesen worden, dass wegen der erheblichen Abweichungen der Zahlungen interne Untersuchungen eingeleitet würden. Der Kläger habe eingeräumt, über diese Verschiebungen informiert gewesen zu sein. Sie seien indes nicht von ihm vorgenommen worden. Die Behauptungen des Klägers zu den Umständen der Auszahlung seiner Sonderzahlung für das Jahr 2005 im Mai 2006 seien unzutreffend.

Zudem habe der Kläger von einer erheblichen Vermögensgefährdung zu ihren Lasten Kenntnis gehabt bzw. diese mitinitiiert. So hätten der Kläger und dessen damaliger Vorgesetzter - offensichtlich um über eine andere Gesellschaft ein Geschäft abzuwickeln - zwei Rechnungen einer Gesellschaft namens W mit Sitz in G in Höhe von insgesamt rund 266.478,00 € fingiert, ohne dass diesen Warenlieferungen zugrunde gelegen hätten. Diese Rechnungen seien von ihr, der Beklagten, am 07.12.2005 ausgeglichen worden, nachdem sie von dem damaligen Vorgesetzten des Klägers und ihrem Geschäftsführer, der insoweit unzutreffend informiert worden sei, freigegeben worden seien. Auf Grund von weiteren Rechnungen, die ebenfalls vom Kläger und seinem damaligen Vorgesetzten fingiert worden seien, habe die Gesellschaft später einen Betrag in Höhe von rund 258.783,00 €, wiederum ohne zugrunde liegende Warenlieferungen, an sie, die Beklagte, zurückgezahlt.

In einem weiteren Fall hätten der Kläger und dessen damaliger Vorgesetzter grundlos Zahlungen veranlasst, wobei ihr ein erheblicher Schaden entstanden sei. So hätten der Kläger und sein damaliger Vorgesetzter für sie Verträge mit einer Gesellschaft namens F geschlossen, deren Geschäftsführer auch aktiv im Zusammenhang mit Verträgen beteiligt gewesen sei, die sie mit den Tochtergesellschaften dieser Gesellschaft, nämlich der Schweizer Gesellschaft T und der Österreichischen Gesellschaft C geschlossen habe. Beide Gesellschaften seien in die Firma G AG eingegliedert worden, für die nunmehr der Kläger und dessen damaliger Vorgesetzter in verantwortlichen Funktionen tätig seien. Im März 2006 habe der damalige Vorgesetzte des Klägers mit dessen Wissen und Willen, dass von ihr ohne Gegenleistung in zwei Tranchen insgesamt 50.000,00 € an die Firma T , die sich in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe, gezahlt worden seien. Damit hätte diese Firma die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Zahlungspflichten gegenüber den Lieferanten zu erfüllen. Es habe auch nicht festgestanden, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt die Möglichkeit hätte realisiert werden können, durch künftige Wareneinkäufe von ihr bei der Firma T die gezahlten Beträge wieder verrechnen zu können. Durch die Zahlungen von insgesamt 50.000,00 € sei ihr jedenfalls vorläufig ein Schaden von rund 20.000,00 € entstanden, da insoweit keine späteren Lieferungen der Firma T erfolgt seien.

Weiterhin habe der Kläger eine Mitarbeiterin von ihr auf deren Frage in einer e-Mail vom 06.03.2006, was grundsätzlich mit elektrisch defekter Tinte passieren solle, in einer e-Mail vom selben Tag angewiesen, elektrisch Defekte für P unterzumischen, da dort noch nicht elektronisch getestet werde. Mit dieser Anweisung habe der Kläger, so ist die Beklagte der Meinung gewesen, ihre Kundin, die Firma P , betrügen wollen, da absichtlich defekte Ware als ordnungsgemäße Ware hätte untergeschoben werden sollen.

Jedenfalls sei die Kündigung vom 19.06.2006 als sog. Verdachtskündigung wirksam, da der Kläger zuvor am selben Tag angehört und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei.

Die vorsorgliche weitere fristlose Kündigung vom 16.08.2006 sei ebenfalls wirksam, da der Kläger zu ihr aktiv Wettbewerb betreibe, indem er für die Firma G AG, die zu ihr im Wettbewerb stehe, tätig sei.

Die Kündigung vom 06.10.2006 sei höchst vorsorglich aus den Gründen erfolgt, die der Kündigung vom 16.08.2006 zugrunde lägen. Die Beklagte hat behauptet, von der Mitteilung der Firma G AG vom 26.09.2006, in der der Kläger als deren Führungskraft bezeichnet werde, habe sie erst am 04.10.2006 Kenntnis erlangt. Die Kündigung sei ausgesprochen worden, um Risiken bei der Problematik der Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu vermeiden.

Der Auflösungsantrag sei, so hat die Beklagte die Auffassung vertreten, bereits deshalb abzuweisen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch ihre fristlose Kündigung vom 19.06.2006 wirksam beendet worden sei. Im Übrigen werde die Begründung zum Auflösungsantrag zum einen durch die Kündigungsgründe, zum anderen durch die Beschäftigung des Klägers bei einer Wettbewerberin von ihr widerlegt.

Mit ihrer am 07.12.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Widerklage vom 06.12.2006, die das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 07.12.2006 von diesem Verfahren zum Zwecke der gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt hat, hat die Beklagte den Kläger und den Widerbeklagten G als Gesamtschuldner auf Zahlung von 7.695,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2005 und Zinsen aus 266.478,00 € für die Zeit vom 07.12. bis zum 19.12.2005 sowie den Kläger und die Widerbeklagten G und K als Gesamtschuldner auf Zahlung von 24.245 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2006 in Anspruch genommen.

Mit Teilurteil vom 07.12.2006 hat das Arbeitsgericht die Feststellungsklage, die Klage auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Klage auf Weiterbeschäftigung abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.06.2006 sei wirksam, da ein wichtiger Grund i.S. des § 626 Abs. 1 BGB gegeben sei, der es der Beklagten unzumutbar gemacht habe, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Unstreitig habe der Kläger für das Jahr 2005 eine Sonderzahlung in Höhe von 11.960,00 € erhalten, obwohl er hierauf keinen Anspruch gehabt habe. Soweit er entlastende Momente angeführt habe, seien diese nicht geeignet, sein Verhalten zu rechtfertigen und einen wichtigen Grund zu verneinen. Das Verhalten des Klägers, nämlich sein Untätigbleiben bzw. sein kollusives Zusammenwirken mit dem damaligen Gesamtbereichsleiter der Beklagten, stelle einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. In seiner Position hätte er nicht nur ungefragt hinnehmen dürfen, dass der Buchhaltung der Beklagten falsche Ergebnisse für das Jahr 2005 gemeldet worden seien. Ebenso wenig hätte er eine daraus resultierende Sonderzahlung in Empfang nehmen dürfen.

Gegen das ihm am 15.01.2007 zugestellte erstinstanzliche Teilurteil hat der Kläger mit am 18.01.2007 vorab per Telefax beim Landsarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese darin zugleich begründet.

Der Kläger ist nach wie vor der Meinung, für die fristlose Kündigung der Beklagten vom 18.06.2006 sei kein wichtiger Grund i.S. von § 626 Abs. 1 BGB gegeben, der es der Beklagten unzumutbar gemacht habe, das Arbeitsverhältnis mit ihm fortzusetzen. Es treffe zwar zu, dass er aufgrund der Umsatzzahlen keinen Anspruch auf die Sonderzahlung in Höhe von 11.960,00 €, die er im Mai 2006 erhalten habe, gehabt habe. Die Zahlung beruhe jedoch auf einer arbeitsvertraglichen Zusage seitens des Geschäftsführers der Beklagten. Der Kläger behauptet, das intern festgestellte Betriebsergebnis habe bei ca. 890.000,00 € gelegen. Das angebliche Betriebsergebnis von 1.005.000,00 € sei von dem Konzerncontrolling zunächst fehlerhaft errechnet und gemeldet worden. Später sei es von dem Controlling auf ca. 890.000,00 € korrigiert worden. Bereits in der Vergangenheit habe es im Konzerncontrolling mehrmals fehlerhafte Meldungen gegeben. Die An- und Verkäufe von ihm, dem Kläger, und dem damaligen Gesamtbereichsleiter der Beklagten seien an die Niederlassung in O gemeldet worden. Der dortige Betriebsleiter habe den Geschäftsführer der Beklagten in wöchentlichen Reportings über die fakturierten und nicht fakturierten Umsätze unterrichtet. Der Geschäftsführer der Beklagten sei daher umfassend und zeitnah hierüber informiert gewesen. Er, der Kläger, habe niemals fingierte Rechnungen erstellt oder von fingierten Rechnungen Kenntnis gehabt. Die Personalabteilung habe seinem direkten Vorgesetzten, dem damaligen Gesamtbereichsleiter der Beklagten, die Sonderzahlung gemeldet. Letzterer habe sich in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten dafür eingesetzt, dass er, der Kläger, die Sonderzahlung in Höhe von 11.960,00 € erhalten und behalten solle. Nach diesem Gespräch habe der Geschäftsführer der Beklagten diese Sonderzahlung in Kenntnis der gesamten Umstände genehmigt und zur Auszahlung angewiesen. Rechtsgrund für diese Sonderzahlung sei daher nach Ansicht des Klägers nicht das Umsatzergebnis für das Jahr 2005 gewesen, sondern eine arbeitsvertragliche Zusage.

Der Kläger behauptet weiter, die Firma W habe in einer ständigen Geschäftsbeziehung mit der Beklagten gestanden. Ihrem Geschäftsführer sei bekannt gewesen, dass die Geschäfte der Firma P über diese abgewickelt worden seien. In der Rückzahlung der Firma W an die Beklagte habe es keine Differenz gegeben. Dem Geschäftsführer der Beklagten sei mitgeteilt worden, welche Beträge die Firma W habe anweisen sollen, um das Abrechnungskonto gleichlautend auszugleichen. Mit den Teilbeträgen von 199.965,00 € und 58.818,00 € sei das Konto der Firma W ausgeglichen gewesen. Ihm, dem Kläger, sei diese Verfahrensweise bekannt gewesen, ohne dass ihm seinerzeit Einzelheiten bekannt gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.12.2006 - 6 Ca 4977/06 - abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 19.06.2006 aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, das das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die vorsorgliche, fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 16.08.2006, zugegangen am 21.08.2006, beendet worden ist;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die weitere, fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 06.10.2006 beendet worden ist;

4. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 97.656,00 € brutto nicht unterschreiten sollte, aufzulösen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Zunächst werde nach Meinung der Beklagten mit der Berufungsbegründung im Wesentlichen der erstinstanzliche Sachvortrag wiederholt, so dass keine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung i.S. von § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO erfolgt sei. Im Übrigen sei der Sachvortrag in der Berufungsbegründung unzutreffend und in sich widersprüchlich.

Die Beklagte behauptet, die Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € sei an den Kläger allein deshalb geleistet worden, weil das Betriebsergebnis unter Einschluss des dem Kläger zuzurechnenden manipulierten Rechnungsvolumens von rund 310.000,00 € mit 1.005.000,00 € errechnet worden sei. Ihre Geschäftsführung sei nicht zeitnah und umfassend über die fakturierten und nicht fakturierten Umsätze informiert gewesen.

Der Vortrag des Klägers hinsichtlich der Vorgänge mit der Gesellschaft W- sei nach Auffassung der Beklagten nicht nachvollziehbar. Durch die fingierten Rechnungen dieser Gesellschaft an sie und sodann von ihr an diese Gesellschaft hätten der Kläger und dessen damaliger Vorgesetzter vorsätzlich den Anschein von zwei ordnungsgemäßen Austauschgeschäften erweckt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b) ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufungsbegründung entspricht insbesondere entgegen der Auffassung der Beklagten den Anforderungen des seit dem 01.01.2002 geltenden § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

1. Danach muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Struktur der Berufung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses geändert wurde. Sie kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur noch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder dass nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Berufung dient damit primär der Fehlerkontrolle und -beseitigung (BAG, Beschluss vom 26.06.2003 - III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533 unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Dr. 14/4722, S. 61, 64, 94) und ähnelt darin - wenn auch eingeschränkt - der Revision (§ 545 Abs. 1 ZPO). Dies kommt auch in der Verweisung auf eine sonst nur für das Revisionsverfahren geltende Vorschrift (§ 546 ZPO) in § 513 Abs. 1 ZPO zum Ausdruck. Die Umgestaltung der Berufungsinstanz zu einem Instrument der Fehlerkontrolle hat zugleich die Anforderungen und den Inhalt der Berufungsbegründung modifiziert und teilweise präzisiert. Während die Berufungsbegründung früher ohne Differenzierung zwischen den möglichen Berufungsangriffen "die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründen der Anfechtung" sowie der neu anzuführenden Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten musste (§ 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.), unterscheidet § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO nunmehr zwischen den nach der Reform zulässigen Berufungsgründen und bestimmt dafür jeweils unterschiedliche Mindestanforderungen an die Rechtsmittelbegründung. Geht es um die Rüge eines Rechtsverstoßes, so verlangt § 520 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO "die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt". Die Vorschrift bleibt darin nur wenig hinter den jetzigen Voraussetzungen einer Revisionsbegründung nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) ZPO zurück, die dem Revisionskläger zusätzlich lediglich die "bestimmte" Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, abverlangt. Wie dort ist deshalb - insoweit in Übereinstimmung mit dem früheren Recht - die auf den Streitfall zugeschnittene Darlegung notwendig, in welchen Punkten und aus welchen materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BAG, Beschluss vom 26.06.2003 - III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533 m.w. Nachw. der früheren Rechtspr.). Die Berufungsbegründung erfordert aber weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (BAG, Beschluss vom 26.06.2003 - III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533).

2. Diesen Maßstäben genügt die Berufungsbegründung des Klägers.

Sie erschöpft sich nicht nur darin, wie die Beklagte offenbar meint, das tatsächliche Vorbringen des Klägers aus erster Instanz zu wiederholen und zu konkretisieren, sondern enthält auch die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen rechtlichen Angriffe gegen das Urteil des Arbeitsgerichts. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger zu Beginn der Berufungsbegründung die Annahme des Arbeitsgerichts, für die Beklagte sei gemäß § 626 Abs. 1 BGB ein wichtiger Grund gegeben, der es dieser unzumutbar mache, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, sei es auch nur für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist, fortzusetzen, für rechtsfehlerhaft hält und damit die rechtliche Grundlage der die Kündigungsschutzanträge und den Auflösungsantrag abweisenden erstinstanzlichen Entscheidung (§ 626 BGB) leugnet.

II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Kündigungsschutzanträge und des Auflösungsantrags zu Recht abgewiesen.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete auf Grund der von der Beklagten mit Schreiben vom 19.06.2006 ausgesprochenen fristlosen Kündigung, die der Kläger rechtzeitig i.S. von § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG i.V. mit § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich angegriffen hat, da diese Kündigung wirksam ist.

a) Die Beklagte war bereits, wie das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, wegen der Entgegennahme der - rechtsgrundlos erfolgten - Sonderzahlung für das Jahr 2005 im Mai 2006 in Höhe von 11.960,00 € durch den Kläger berechtigt, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen.

aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(1) Die Prüfung, ob der unbestimmte Rechtsbegriff des "wichtigen Grundes" i.S. von § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 36/03, AP Nr. 179 zu § 626 BGB, zu II. 1. c) der Gründe; BAG, Urteil vom 07.07.2005 - 2 AZR 581/04, AP Nr. 192 zu § 626 BGB, zu B. II. 1. der Gründe; BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 415/05, AP Nr. 203 zu § 626 BGB, zu B. I. 2. a) der Gründe m.w. Nachw.), der sich die Berufungskammer anschließt, in zwei Stufen zu erfolgen: Zunächst muss der Sachverhalt an sich, d.h. generell ohne Berücksichtigung der besonderen Einzelfallumstände geeignet sein, einen Kündigungsgrund zu bilden. In dem zweiten Schritt ist durch die gebotene umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu klären, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar geworden ist.

(2) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

(a) Die Entgegennahme bzw. Nichtanzeige einer rechtgrundlosen, arbeitgeberseitigen Zahlung durch den Arbeitnehmer ist jedenfalls dann als schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers zu werten und damit an sich auch geeignet, einen Kündigungsgrund zu bilden, wenn die Fehlerhaftigkeit der Zahlung für den Arbeitnehmer offensichtlich ist und es sich um einen erheblichen Betrag handelt (ähnlich LAG Köln, Urteil vom 09.12.2004 - 6 Sa 943/04, zitiert nach juris). Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitgeber auf Grund von Umständen, die auf Handlungen des Arbeitnehmers beruhen, die Zahlung in der irrigen Annahme leistet, hierzu verpflichtet zu sein, zumal in dem Fall sogar ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Arbeitnehmers zum Nachteil des Arbeitgebers im Raum steht.

(b) Vom Kläger wurde in der Berufungsbegründung vom 18.01.2007 selbst eingeräumt, im Mai 2006 (und nicht - wie von ihm dort zunächst angegeben und im Schriftsatz vom 23.01.2007 sodann klargestellt wurde - im Mai 2005) eine Sonderzahlung in Höhe von 11.960,00 € erhalten zu haben, obwohl auf Grund der Umsatzzahlen kein Anspruch auf diese Sonderzahlung nach der Vereinbarung der Parteien über Zielgrößen für die Auszahlung einer leistungsorientierten Vergütung für das Jahr 2005 vom 18.01.2005 bestand.

(c) Ein Rechtsgrund für die im Mai 2006 erfolgte Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € durch die Beklagte an den Kläger trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen der vertraglichen Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 hätte zwar in der Tat bestanden, wenn der Geschäftsführer der Beklagten eine arbeitsvertragliche Zusage zu Gunsten des Klägers erteilt hätte. Auf eine solche arbeitsvertragliche Zusage durch den Geschäftsführer der Beklagten kann sich der Kläger allerdings nicht mit Erfolg berufen.

(aa) Zunächst ist der diesbezügliche Vortrag des Klägers, worauf bereits das Arbeitsgericht insoweit zu Recht hingewiesen hat, nicht widerspruchsfrei.

Zum einen behauptet der Kläger, seinem damaligen Vorgesetzten, dem Gesamtbereichsleiter, seien zu dem Zeitpunkt, zu dem diesem von der Personalabteilung die Sonderzahlung gemeldet worden sei, keine Details über die Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 bekannt gewesen. Andererseits soll sich sein damaliger Vorgesetzter den weiteren Angaben des Klägers zufolge in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten dafür eingesetzt haben, dass er, der Kläger, die Sonderzahlung dennoch erhalten sollte.

Aus diesem Vorbringen des Klägers ergeben sich mehrere Widersprüche: Wenn dem damaligen Vorgesetzten des Klägers von der Personalabteilung die Sonderzahlung an den Kläger gemeldet worden ist, was nur bedeuten kann, dass der Kläger diese Sonderzahlung bereits tatsächlich erhalten hat, ist nicht verständlich, weshalb für den damaligen Vorgesetzten des Klägers überhaupt eine Veranlassung bestanden haben soll, sich bei dem Geschäftsführer der Beklagten dafür einzusetzen, dass der Kläger die Sonderzahlung (noch) erhalten solle. Ebenso wenig ist verständlich, dass sich der damalige Vorgesetzte des Klägers bei dem Geschäftsführer der Beklagten dafür eingesetzt haben soll, dass der Kläger die Sonderzahlung erhalte, obwohl ihm, wie der Kläger zuvor ausgeführt hat, die Details über die Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 nicht bekannt waren.

Diese Widersprüche wurden vom Kläger weder in der Berufungsbegründung vom 18.01.2007 noch in den weiteren Schriftsätzen vom 12.04.2007 und 20.06.2007 noch in der mündlichen Verhandlung am 22.06.2007 trotz mehrfachen ausdrücklichen Befragens durch das Gericht in objektiv nachvollziehbarer Weise ausgeräumt.

(bb) Selbst wenn hier zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, dass dessen Vorbringen zu einer - gegenüber seinem damaligen Vorgesetzten angeblich erteilten - arbeitsvertraglichen Zusage des Geschäftsführers der Beklagten zu seinen Gunsten im Hinblick auf die Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen der vertraglichen Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 schlüssig wäre, fehlte es jedenfalls an der insoweit erforderlichen Substantiierung dieses Vortrags.

Zwar trägt der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für die objektiven Merkmale eines Kündigungsgrundes, sondern auch für die Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (BAG, Urteil vom 26.08.1993 - 2 AZR 154/93, AP Nr. 112 zu § 626 BGB, zu B. I. 1. c) aa) der Gründe m.w. Nachw.). Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten keine arbeitsvertragliche Zusage mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt erteilt hätte, wäre damit an sich die Beklagte. Allerdings gilt hier eine sog. abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Dies bedeutet, dass sich der Umfang der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers danach richtet, wie substantiiert sich der Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einlässt. Der Arbeitgeber braucht nicht von vornherein alle denkbaren Rechtfertigungsgründe des Arbeitnehmers zu widerlegen. Vielmehr ist der Arbeitnehmer nach § 138 Abs. 2 ZPO im Rechtsstreit gehalten, die Gründe, die sein Verhalten rechtfertigen, im Einzelnen konkret vorzutragen. Es reicht nicht aus, dass der Arbeitnehmer Rechtfertigungsgründe pauschal ohne nähere Substantiierung vorbringt (BAG, Urteil vom 26.08.1993 - 2 AZR 154/93, a.a.O., zu B. I. 1. c) aa) der Gründe; BAG, Urteil vom 31.01.1996 - 2 AZR 68/95, AP Nr. 17 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung, zu II. 4. a) der Gründe m.w. Nachw.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze wurde eine angebliche, von der Beklagten ausdrücklich bestrittene, arbeitsvertragliche Zusage des Geschäftsführers der Beklagten hinsichtlich der Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen der vertraglichen Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 an den Kläger von letzterem nicht substantiiert vorgetragen. Denn vom Kläger wurde schriftsätzlich sowohl in erster als auch in zweiter Instanz lediglich pauschal behauptet, dass der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber seinem damaligen Vorgesetzten eine solche arbeitsvertragliche Zusage zu seinen Gunsten erteilt haben soll. Wann und wo genau dies geschehen ist, hat der Kläger aber nicht dargetan. Vielmehr wurde vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 22.06.2007 auf Befragen des Gerichts ausdrücklich eingeräumt, hierzu könne er in zeitlicher Hinsicht keine genauen Angaben machen. Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung am 22.06.2007 zudem behauptet hat, dies sei ihm von seinem damaligen Vorgesetzten so gesagt worden, war dieses Vorbringen zum einen wegen Verspätung, zum anderen mangels Substantiierung unbeachtlich. Abgesehen davon, dass es bereits durchgreifenden Bedenken unterliegt, ob ein etwaiges Vertrauen des Klägers in eine solche Äußerung seines damaligen Vorgesetzten überhaupt schutzwürdig ist, fehlt es auch hier an einem konkreten Vortrag, wann und wo genau der damalige Vorgesetzte des Klägers letzterem gegenüber diese angebliche Äußerung getätigt haben soll.

(d) Aus denselben Gründen kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sonderzuwendung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € sei vom Geschäftsführer der Beklagten in Kenntnis der gesamten Umstände genehmigt und zur Anweisung gebracht worden. Da von der Beklagten eine Kenntnis ihres Geschäftsführers von der Unrichtigkeit des der Sonderzahlung zugrunde gelegten Betriebsergebnisses ausdrücklich bestritten wurde, hätte der Kläger im Hinblick auf die eben erwähnten Grundsätze zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast im Einzelnen darlegen müssen, auf Grund welcher konkreten tatsächlichen Umstände dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt gewesen sein soll, dass das zunächst auf 1.005.00,00 € benannte Betriebsergebnis unzutreffend war. An einem solchen Tatsachenvortrag des Klägers fehlt es hier aber. Aus dem vom Kläger behaupteten Umstand, der Geschäftsführer der Beklagten habe wöchentlich von dem Betriebsleiter der Niederlassung in O Wochenreports erhalten, in denen Umsätze der Folgemonate als nicht fakturierte Umsätze aufgeführt gewesen seien, lässt sich eine solche Kenntnis nicht ableiten, zumal für die zwischen den Parteien vereinbarte Sonderzahlung nicht die wöchentlichen Meldungen, sondern das Jahresergebnis ausschlaggebend ist.

Eine angebliche, von der Beklagten ausdrücklich bestrittene Anweisung des Geschäftsführers der Beklagten, die Monatsergebnisse hätten den Planzahlen zu entsprechen, wurde vom Kläger ebenfalls nicht konkret dargetan. Wann und wo genau der Geschäftsführer der Beklagten eine solche Anweisung erteilt haben soll, kann dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden. Nichts anderes gilt für die von der Beklagten ebenfalls bestrittene Behauptung des Klägers, auf Weisung des Geschäftsführers der Beklagten hätte er auf jeden Fall das budgetierte Ergebnis zeigen müssen.

(e) Soweit der Kläger einen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Rechnungsvolumen in Höhe von 310.000,00 € und der erhaltenen Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € in Abrede stellt, weil es sich bei lediglich um "zeitliche Verschiebungen" von Umsätzen und damit um einen "rein internen Vorgang" gehandelt habe, übersieht er, dass das gemeldete Jahresergebnis, in dem für das Jahr 2005 unstreitig die Umsätze in Höhe von rund 310.000,00 € enthalten waren, denen keine Aufträge zugrunde lagen, die Grundlage für die ihm von der Beklagten nach der Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 zu zahlenden leistungsorientierten Vergütung bildeten und dem Kläger ohne Berücksichtigung dieser Umsätze danach kein bzw. ein weitaus geringerer Zahlungsanspruch zustand.

(f) Auch wenn der Kläger die "Umsatzverschiebungen", wie er sie nennt, nicht - wie von ihm behauptet - selbst vorgenommen oder veranlasst haben sollte, waren ihm diese gleichwohl vor dem Erhalt der Sonderzahlung für das Jahr 2005 im Mai 2006 positiv bekannt. Dies ergibt sich bereits aus der von der Beklagten als Anlage B 2 zur Klageerwiderung vom 09.10.2006 eingereichten e-Mail einer Mitarbeiterin der Beklagten an den Kläger vom 25.04.2006, deren Erhalt und Kenntnisnahme vom Kläger nicht in Abrede gestellt worden sind. Wenn in dieser e-Mail der Kläger und sein damaliger Vorgesetzter gebeten wurden, zu den darin genannten Rechnungen "noch Verkäufe" zu tätigen, damit "dies abgeschlossen werden" könne und die Summen dieser Rechnungen für eine Gutschrift oder einen Storno zu hoch seien, lag es für den Kläger auf der Hand, dass diese Rechnungen nicht auf Aufträgen oder Verträgen beruhten und damit die dort genannten Summen nicht in das für die Höhe seiner Sonderzahlung maßgebende Jahresergebnis des Jahres 2005 einfließen konnten. Soweit der Kläger versucht, seine angeblich fehlende Kenntnis von der Aufnahme nicht getätigter Umsätze in das Jahresergebnis mit mangelnden Kenntnissen der deutschen Sprache zu rechtfertigen, ist dies als bloße Schutzbehauptung zu werten. Denn die vom Kläger geführte und von der Beklagten (etwa als Anlage B 9 zur Klageerwiderung vom 09.10.2006 und als Anlagen B 16 bis B 19 zum Schriftsatz vom 06.12.2006) eingereichte e-Mail-Korrespondenz des Klägers verdeutlicht, dass dieser der deutschen Sprache durchaus hinreichend mächtig und damit ohne weiteres in der Lage war, den Bedeutungsgehalt der ihm am 25.04.2006 übersandten e-Mail zu verstehen.

(g) Die Entgegennahme der Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € im Mai 2006 durch den Kläger trotz positiver Kenntnis vom Fehlen eines ihr zugrunde liegenden Rechtsgrundes nach Maßgabe der Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 bzw. die unterbliebene Offenlegung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen dieser Vereinbarung für einen Anspruch auf diese Sonderzahlung in der geleisteten Höhe durch den Kläger gegenüber der Beklagten stellen nach alledem - ohne dass es einer strafrechtlichen Bewertung dieses Verhaltens bedurfte - eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen der Beklagten dar, die damit an sich auch geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden.

(h) Die Beklagte war nicht gehalten, die Pflichtverletzung des Klägers zunächst durch Erteilung einer Abmahnung zu ahnden. Eine Abmahnung ist nämlich entbehrlich, wenn sie kein geeignetes milderes Mittel zur Beseitigung der Vertragsstörung darstellt oder zur Begründung einer Negativprognose nicht erforderlich ist (LAG Köln, Urteil vom 09.12.2004 - 6 Sa 943/04, zu II. der Gründe, zitiert nach juris). Vorliegend konnte der Kläger die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens klar erkennen und nicht mit einer Billigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Die erhebliche Höhe des Schadens, der der Beklagten durch die rechtsgrundlose Zahlung der leistungsorientierten Vergütung für das Jahr 2005 entstanden ist, sowie die dabei zum Ausdruck kommende Rücksichtslosigkeit des Klägers durch die Entgegennahme dieser Sonderzahlung und die unterbliebene Anzeige des Nichtvorliegens ihrer Voraussetzungen nach der Vereinbarung der Parteien vom 18.01.2005 gegenüber der Beklagten offenbaren eine Einstellung des Klägers, die eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Parteien unmöglich macht.

(i) Die auf der zweiten Prüfungsstufe des § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmende Interessenabwägung führt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu dem Ergebnis, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - und sei es auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist - nicht mehr zugemutet werden konnte.

Bedingt durch die Schwere der Pflichtverletzung des Klägers und die Höhe des Schadens, die der Beklagten durch die rechtsgrundlose Zahlung der leistungsorientierten Vergütung für das Jahr 2005 in Höhe von 11.960,00 € an den Kläger im Mai 2006 entstanden ist, entfiel die für jedes Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensgrundlage, so dass ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des mit dem Kläger bestandenen Arbeitsverhältnisses anerkannt werden musste, das schwerer zu gewichten war, als das Interesse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Besondere Umstände, auf Grund derer die Beklagte gehalten gewesen wäre, das mit dem Kläger bestandene Arbeitsverhältnis zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten bzw. fortzusetzen, sind weder erkennbar noch vorgetragen: Unstreitig hat das Arbeitsverhältnis der Parteien erst seit dem 01.02.2001, mithin zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung weniger als 5 1/2 Jahre, bestanden. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.06.2006 bedeutete für den Kläger im Hinblick auf dessen Lebensalter und die Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt auch keine unbillige Härte. Dies zeigt sich bereits darin, dass er seinen eigenen Angaben zufolge spätestens seit dem 01.09.2006 zum Chief Executive Officer bei der Firma G Inc. berufen wurde und bei deren Muttergesellschaft, der Firma G AG, die Position des Chief Sales Officer bekleidet. Dass es dem Kläger letztlich auch nicht um den Erhalt seines Arbeitsplatzes geht, verdeutlicht der von ihm gestellte Auflösungsantrag und das darin enthaltene Begehren einer Abfindung, deren von ihm geltend gemachte Höhe die üblichen Sätze (vgl. § 1 a Abs. 2 Satz 1 KSchG) in einem - vorsichtig formuliert - nicht nur als bescheiden anzusehenden Umfang überschreitet.

bb) Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB wurde von der Beklagten gewahrt.

Danach kann eine fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen (§ 626 Abs. 2 Satz 1 BGB), wobei diese Frist gemäß § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Den Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung vom 09.10.2006 zufolge stellte diese erstmals bei einer am 15.06./16.06.2006, mithin nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung vom 19.06.2006, bei der Überprüfung der Ergebnisse der Betriebsstätte in O fest, dass die von dort gemeldeten Umsätze über die durch Rechnungsstellung der hausinternen Finanzbuchhaltung ausgewiesenen erheblich hinausgegangen seien. Dass dieser Umstand dem Geschäftsführer der Beklagten bereits zu einem früheren Zeitpunkt außerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB positiv bekannt war, hat der Kläger - wie bereits oben im Einzelnen erwähnt - nicht substantiiert dargetan. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen zu aa) (2) (d) verwiesen.

b) Ob die weiteren Vorwürfe der Beklagten gegenüber dem Kläger, auf die sie die die fristlose Kündigung vom 19.06.2006 ebenfalls gestützt hat, zutreffen und die Beklagte zum Ausspruch dieser Kündigung berechtigten, konnte angesichts der vorangegangenen Ausführungen dahingestellt bleiben.

2. Aus der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 19.06.2006 folgt zugleich die Unbegründetheit der gegen die weiteren Kündigungen der Beklagten vom 16.08.2006 und 06.10.2006 gerichteten Kündigungsschutzanträge.

Da die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.06.2006 das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam beendet hat, ist die Klage, soweit sie sich gegen diese beiden Folgekündigungen richtet, unbegründet, denn unabdingbare Voraussetzung für die Begründetheit einer Klage auf Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis nicht durch eine Kündigung aufgelöst wurde, ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt dieser Kündigung (BAG, Urteil vom 12.01.1977 - 5 AZR 593/75, AP Nr. 3 zu § 4 KSchG 1969, zu 2. b) der Gründe; BAG, Urteil vom 12.06.1986 - 2 AZR 426/85, AP Nr. 17 zu § 4 KSchG 1969, zu B. II. 2. der Gründe).

3. Hinsichtlich des Auflösungsantrags war die Klage ebenfalls unbegründet.

Die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung auf Antrag des Arbeitnehmers setzen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung nicht aufgelöst worden und dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Im Streitfall ist aber das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.06.2006 wirksam aufgelöst worden, so dass für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien und eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG kein Raum blieb. Damit erübrigte sich gleichzeitig die Frage, in welcher Höhe eine an den Kläger von der Beklagten zu zahlende Abfindung i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG "angemessen" wäre.

4. Für eine vom Kläger zuletzt angeregte Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits bis zum Abschluss des Strafverfahrens bzw. des gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft Köln anhängigen Ermittlungsverfahrens gemäß § 149 ZPO bestand keine Veranlassung, da die dortigen Ermittlungen bzw. deren Ergebnisse für die Entscheidung in diesem Verfahren ohne Einfluss sind.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.

Ende der Entscheidung

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