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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.05.2008
Aktenzeichen: 11 Ta 119/08
Rechtsgebiete: InsO, ZPO
Vorschriften:
InsO § 89 | |
ZPO § 887 | |
ZPO § 888 |
2. Die Verurteilung zur Erteilung einer Lohnabrechnung wird regelmäßig nicht nach § 888 ZPO, sondern nach § 887 ZPO vollstreckt. Es handelt sich um eine vertretbare Handlung. Die Erstellung einer Lohnabrechnung ist regelmäßig nicht ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig; vielmehr können Lohnabrechnungen in aller Regel von jedem sachkundigen Dritten, etwa einem Steuerberater, erstellt werden, wenn die betrieblichen Lohnunterlagen zur Verfügung stehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die erforderlichen Lohnunterlagen nicht in geeigneter Form zur Erstellung einer Lohnabrechnung vorliegen.
Tenor:
I. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 17. März 2008 - 17 Ca 836/07 - teilweise abgeändert:
Der Antrag der Klägerin auf Festsetzung von Zwangshaft wird insoweit zurückgewiesen, als er sich auf die Erteilung der Lohnabrechnungen für die Monate Februar bis April 2007 bezieht.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Vollstreckungs- und Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Die Klägerin ist beim Beklagten seit dem 28. Oktober 2006 als Friseurmeisterin zu einem monatlichen Bruttogehalt von 1.600 Euro beschäftigt. Wegen der Gehaltsabrechnungen für Oktober und November 2006, die die Klägerin der Klageschrift beigefügt hat, wird auf Bl. 2 f. d. A. verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2007 hat die Klägerin den Antrag angekündigt, den Beklagten zu verurteilen, das Arbeitsverhältnis für den Monat Februar 2007 auf Basis eines Bruttomonatsentgelts von 1.600 Euro abzurechnen. Entsprechende Anträge hat sie mit Schriftsatz vom 2. April 2007 für März 2007 und mit Schriftsatz vom 30. April 2007 für April 2007 angekündigt. Darüber hinaus hat sie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangt.
Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 14. Juni 2007 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis sowie Entgeltabrechnungen für Februar, März und April 2007zu erteilen.
Auf Antrag der Klägerin vom 5. September 2007 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30. Oktober 2007 ein Zwangsgeld gegen den Beklagten in Höhe von 1.000 Euro zur Erzwingung der im Versäumnisurteil vom 14. Juni 2007 ausgewiesenen Verpflichtungen festgesetzt.
Die von der Klägerin vorgenommene Vollstreckung des Zwangesgeldes ist fruchtlos geblieben. Auf ihren Antrag vom 12. Februar 2008 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 17. März 2008 Zwangshaft festgesetzt.
Gegen den am 22. März 2008 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit der am 31. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Er macht geltend, er habe am 13. März 2008 einen Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren ist vom AG Köln (73 IN 428/07) am 25. März 2008 eröffnet worden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 14. April 2008 dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesarbeitsgericht hat die Parteien darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung regelmäßig nach § 887 ZPO und nicht nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist. Die Klägerin trägt hierzu vor, der Beklagte unterhalte einen Kleinstbetrieb; er beschäftige außer ihr keinen weiteren Arbeitnehmer. Ihr lägen keine Abrechnungsunterlagen vor. Sie habe vom Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine Entgeltabrechnung erhalten. Vor diesem Hintergrund habe die Vollstreckung vorliegend ausnahmsweise nach § 888 ZPO zu erfolgen.
II. Die nach § 793 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist in der Sache nur teilweise begründet. Der Beklagte ist nicht durch Zwangshaft anzuhalten, der Klägerin Abrechnungen für die Monate Februar bis April 2007 zu erteilen. Soweit sich die Beschwerde auf das Zwischenzeugnis bezieht, ist sie unbegründet.
1. Der Zwangsvollstreckung steht zunächst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten nicht entgegen. Das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO kommt nicht zur Anwendung. Ansprüche auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung (§ 888 ZPO) bleiben gegen den Schuldner selbst durchsetzbar (vgl. nur MünchKommInsO-Breuer § 89 Rdnr. 31 m.w.N.).
Dies gilt auch für den Zeugnisanspruch. Der Zeugnisanspruch ist im Falle einer Insolvenzeröffnung vom Schuldner und nicht vom Insolvenzverwalter zu erfüllen. In derartigen Fällen ist für die Erteilung des Arbeitszeugnisses der bisherige Arbeitgeber der Vollstreckungsschuldner. Selbst ein anhängiger Rechtsstreit über eine Zeugniserteilung würde nicht nach § 240 ZPO unterbrochen und wäre gegen den Insolvenzschuldner fortzusetzen (vgl. BAG 23. Juni 2004 - 10 AZR 495/03 - AP § 630 BGB Nr. 29; LAG Düsseldorf 7. November 2003 - 16 Ta 571/03 - LAGE § 89 InsO Nr. 1).
2. Die Beschwerde ist insoweit begründet, als sie sich auf die Erteilung der Abrechnungen für die Monate Februar bis April 2007 bezieht.
a) Die Verurteilung zur Erteilung einer Lohnabrechnung wird regelmäßig nicht nach § 888 ZPO, sondern nach § 887 ZPO vollstreckt. Es handelt sich um eine vertretbare Handlung. Die Erstellung einer Lohnabrechnung ist jedenfalls regelmäßig nicht ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig; vielmehr können Lohnabrechnungen in aller Regel von jedem sachkundigen Dritten, etwa einem Steuerberater, erstellt werden, wenn die betrieblichen Lohnunterlagen zur Verfügung stehen. Etwas anders gilt nur dann, wenn die erforderlichen Lohnunterlagen nicht in geeigneter Form zur Erstellung einer Lohnabrechnung vorliegen (LAG Rheinland-Pfalz 26. Februar 2008 - 7 Ta 18/08 - juris; LAG Rheinland-Pfalz 10. Mai 2005 - 11 Ta 50/05 - MDR 2006, 55 ; LAG Köln 22. November 1990 - 12 (11) Ta 247/90 - MDR 1991, 650 ; LAG Hamm 11. August 1983 - 1 Ta 245/83 - DB 1983, 2257).
b) Nach diesen Grundsätzen hat die Vollstreckung vorliegend nach § 887 ZPO zu erfolgen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 888 ZPO liegen nicht vor.
Die Lohnabrechnungen für die Monate Februar bis April 2007 kann jeder sachkundige Dritte erstellen. Die Klägerin erhält eine monatliche Festvergütung von 1.600 Euro brutto. Sie selbst hat eine Abrechnung des Beklagten für Oktober 2006 über 1.600 Euro vorgelegt. Die notwendigen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Angaben zu ihrer Person lassen sich der Abrechnung entnehmen und sind ihr selbst bekannt. Davon, dass ein anderer Betrag als 1.600 Euro brutto abzurechnen wäre, geht die Klägerin selbst nicht aus, wie die von ihr angekündigten Klageanträge zu den Abrechnungen verdeutlichen.
3. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet, als sie sich auf die Erteilung des Zwischenzeugnisses bezieht.
Die Voraussetzungen des § 888 ZPO sind erfüllt. Die Verpflichtung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses stellt eine unvertretbare Handlung dar, sie kann durch einen Dritten nicht vorgenommen werden und hängt ausschließlich vom Willen des Beklagten ab. Tragfähige Einwände gegen die Zwangsvollstreckung hat der Beklagte nicht dargelegt. Der Umstand, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hindert ihn nicht daran, ein Zwischenzeugnis zu erteilen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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