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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.07.2007
Aktenzeichen: 11 Ta 166/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
Eine nach § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung einschränkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur bei der Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten in Betracht. "Auswärtig" in diesem Sinne ist ein Prozessbevollmächtigter, der seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks hat, in dem das streitgegenständliche Verfahren geführt wird (wie LAG Köln, Beschluss vom 15.06.2007 - 14 Ta 143/07). Abzustellen ist dabei auf den Gerichtsbezirk des Arbeitsgerichts, vor dem die Klage zu erheben ist, nicht aber - einschränkend - auf den Bezirk eines etwaigen Gerichtstags des zuständigen Arbeitsgerichts.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 27.04.2007 - 5 Ca 4269/06 d - dahin abgeändert, dass dem Kläger Rechtsanwalt B ohne Einschränkungen beigeordnet wird.

Gründe:

I. Der in Alsdorf wohnende Kläger war seit dem 13.01.2006 bei der Beklagten, die in A eine Spedition betreibt, als Kraftfahrer und Lagerarbeiter beschäftigt. Mit Schreiben vom 29.09.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 13.10.2006. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner beim Arbeitsgericht Aachen erhobenen Kündigungsschutzklage gewandt, die von seinem in A ansässigen Rechtsanwalt eingereicht worden ist. Im Gütetermin beim Arbeitsgericht Aachen - Gerichtstag Düren - am 24.10.2006 hat dieser eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nebst Anlagen eingereicht. Im Kammertermin beim Arbeitsgericht Aachen - Gerichtstag Düren - am 26.01.2007 haben die Parteien den Rechtsstreit durch Abschluss eines Vergleiches gütlich beigelegt.

Mit Beschluss vom 27.04.2007 hat das Arbeitsgericht dem Kläger für den ersten Rechtszug mit Wirkung vom 24.10.2006 Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm seinen Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes zur Rechtswahrnehmung beigeordnet. Zugleich hat es festgelegt, dass die Bewilligung mit der Maßgabe erfolgt, dass der Kläger monatliche Raten in Höhe von 75,00 € seit dem 01.06.2007 zu zahlen hat, da das einzusetzende Einkommen 209,70 € beträgt.

Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 08.05.2007 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Aachen eingegangenem Schriftsatz vom 07.05.2007 sofortige Beschwerde eingelegt, soweit er dem Kläger nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet worden ist. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen der Stellungnahme der Bezirksrevision vom 29.05.2007 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der er sich gegen die Einschränkung der bewilligten Prozesskostenhilfe "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" wendet, ist zulässig und begründet.

1. Der Rechtsbehelf ist statthaft, da Einschränkungen im Rahmen eines Prozesskostenhilfebeschlusses mit der Beschwerde angefochten werden können (BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 ABR 65/03, AP Nr. 3 zu § 121 ZPO, zu II. 1. der Gründe; LAG Köln, Beschluss vom 15.06.2007 - 14 Ta 143/07, zu II. 1. der Gründe).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist auch beschwerdeberechtigt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die insoweit von der Beschwerdekammer geteilt wird, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt das Recht der Beschwerde zu, sofern ein Prozesskostenhilfebeschluss - wie hier - mit Einschränkungen versehen ist. Dies folgt daraus, dass sich der dem Rechtsanwalt zustehende Vergütungsanspruch gemäß § 48 Abs. 1 RVG nach dem im Prozesskostenhilfebeschluss geregelten Umfang der Beiordnung bestimmt (BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 ABR 65/03, a.a.O., zu II. 1. der Gründe).

Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde nach § 11 a Abs. 3 ArbGG i.V. mit § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO i.V. mit § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde hatte auch in der Sache Erfolg. Die im Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.04.2007 enthaltene Einschränkung, dass der Klägervertreter dem Kläger nur "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes" beigeordnet worden ist mit der Folge, dass Reisekosten ggf. nicht geltend gemacht werden können, kann nicht aufrecht erhalten werden.

a) Als Rechtsgrundlage für eine solche einschränkende Beiordnung kam hier allein die Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31.05.2007 geltenden - und damit zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 27.04.2007 maßgebenden - Fassung in Betracht. Danach konnte ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstanden.

Da eine Zulassung bei einem Gericht für Arbeitssachen nicht möglich ist, findet § 121 Abs. 3 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren zwar keine unmittelbare Anwendung. Jedoch ordnet § 11 a Abs. 3 ArbGG die "entsprechende" Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe an. Sie sind deshalb ihrem Sinn nach auf das arbeitsgerichtliche Verfahren zu übertragen, soweit eine unmittelbare Anwendung nicht in Betracht kommt. Dies bedeutet, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren statt auf die Zulassung des Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht i.S. von § 121 Abs. 3 ZPO i.d. bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung auf seine Ansässigkeit am Ort des Gerichts abzustellen war (BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 ABR 65/03, a.a.O., zu II. 2. a) aa) der Gründe m.w. Nachw.).

Daraus hat das Bundesarbeitsgericht abgeleitet, dass die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten lediglich dann erfolgen könne, wenn dadurch keine zusätzlichen Kosten entstünden, wobei das Gericht die Erfüllung dieser Voraussetzungen auch von Amts wegen in den Beiordnungsbeschluss aufnehmen könne (BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 ABR 65/03, a.a.O., zu II. 2. a) aa) und bb) der Gründe). Die Vermeidung zusätzlicher Kosten sei Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Beiordnung. Entscheide sich das Gericht für die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten, sei durch die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Beiordnung tatsächlich vorlägen. Dies folge aus der Verknüpfung des Erstattungsanspruchs mit dem Beiordnungsbeschluss nach dem Gebührenrecht (BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 ABR 65/03, a.a.O., zu II. 2. a) bb) (1) der Gründe).

Ausgehend von diesen Erwägungen konnte die Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO i.d. bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung als Rechtsgrundlage für eine einschränkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur bei der Beiordnung von auswärtigen Prozessbevollmächtigten eingreifen. "Auswärtig" in diesem Sinne ist aber nach Auffassung der 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in einer Entscheidung vom 15.06.2007, die auch von der erkennenden Kammer vollinhaltlich geteilt wird, allein ein Prozessbevollmächtigter, der seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks hat, in dem das streitgegenständliche Verfahren geführt wird (LAG Köln, Beschluss vom 15.06.2007 - 14 Ta 143/07, zu II. 2. der Gründe).

Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist in diesem Sinne kein "auswärtiger" Prozessbevollmächtigter. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat seinen Kanzleisitz innerhalb des Gerichtsbezirks, in dem die Klage zu führen ist. Zuständiges Gericht ist das Arbeitsgericht Aachen. Zum Bezirk dieses Gerichts gehört aber auch Alsdorf, wo der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Kanzleisitz hat.

Im Gegensatz zum Sachverhalt, der der eben zitierten Entscheidung der 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln zugrunde lag, hat hier der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Kanzleisitz zwar nicht im Bezirk des Gerichtstags Düren. Dieser Umstand vermochte indes keine andere Bewertung zu rechtfertigen. Denn die Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO i.d. bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung bezog sich allein auf das "Prozessgericht", hier also das Arbeitsgericht Aachen, in dessen Bezirk die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers seinen Sitz hat, nicht aber auf dessen Gerichtstage.

Vor diesem Hintergrund war die Inanspruchnahme des in A ansässigen Prozessbevollmächtigten des Klägers anstelle eines in Aachen ansässigen Rechtsanwalts im Hinblick auf die Fahrtkosten zum Gerichtstag Düren sogar noch kostengünstiger, da ausweislich der im Internet enthaltenen Anfahrtsbeschreibungen unter www.mapquest.de die Entfernung zwischen A und Düren lediglich 31,1 Kilometer, die Entfernung zwischen Aachen und Düren dagegen 33,7 Kilometer beträgt.

b) Kam nach alledem mangels Vorliegens des Erfordernisses der "Auswärtigkeit" des Prozessbevollmächtigten des Klägers eine einschränkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der streitbefangenen Weise nach Maßgabe von § 121 Abs. 3 ZPO i.d. bis zum 31.05.2007 geltenden Fassung von vornherein nicht in Betracht, konnte auch eine Modifizierung dieser vom Arbeitsgericht vorgenommenen Einschränkung, etwa in der Weise, dass entweder Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wäre (vgl. BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 ABR 65/03, a.a.O., zu II. 2. b) der Gründe), oder Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Landeskasse bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der für eine Informationsreise zu einem ortsansässigen Rechtsanwalt angefallen wäre (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 09.11.2005 - 6 Ta 370/05, zu I. der Gründe), nicht erfolgen.

c) Angesichts der obigen Ausführungen zu a) kam es auch nicht auf den - nicht fernliegenden - Einwand des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Beschwerdebegründung vom 07.05.2007 an, dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.04.2007 lasse sich nicht entnehmen, ob sich die darin enthaltene Beschränkung der "Ortsansässigkeit" des Rechtsanwalts auf Aachen - als örtlich zuständigem Gericht - oder auf Düren - als örtlich zuständigem Gerichtstag - beziehen soll.

d) Nur der Vollständigkeit halber sei abschließend - ohne dass dem hier Entscheidungsrelevanz zukommt - erwähnt, dass die streitbefangene Problematik künftig abschließend geklärt sein dürfte. Denn gemäß Art. 4 des Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft (RASvStG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 358) wurde u.a. die Vorschrift des § 121 Abs. 3 ZPO mit Wirkung vom 01.06.2007 (vgl. Art. 8 dieses Gesetzes) dahin geändert, dass die darin enthaltenen Wörter "bei dem Prozessgericht zugelassen" durch die Wörter "in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen" ersetzt wurden. Dies bedeutet, dass Rechtsanwälte, die - wie hier der Prozessbevollmächtigte des Klägers - innerhalb des Bezirks des Prozessgerichts für Arbeitssachen - hier innerhalb des Bezirks des Arbeitsgerichts Aachen - niedergelassen sind, ohne Einschränkungen beigeordnet werden müssen (siehe dazu im Einzelnen Fölsch, Das Mehrkostenverbot (§ 121 Abs. 3 ZPO) im Arbeitsgerichtsverfahren seit dem Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft, NZA 2007, 418 ff, 421).

III. Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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