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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 11 Ta 82/07
Rechtsgebiete: ArbGG, SGB XII, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 11 a
SGB XII § 90
ZPO § 115 Abs. 3
Berücksichtigung von Sparguthaben bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.02.2007 - 19 Ca 8405/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Klägerin ist durch Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.02.2007 Rechtsanwalt K gemäß § 11 a ArbGG mit der Maßgabe beigeordnet worden, dass sie derzeit aus ihrem Einkommen monatliche Raten von 155,00 € zu tragen hat. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, nach den vorgelegten Belegen beziehe die Klägerin Krankengeld von 914,76 € sowie Unterhalt in Höhe von 429,18 €. Unter Berücksichtigung des Freibetrags, der Wohnkosten und den nach den vorgelegten aktuellen Belegen zu zahlenden Verbindlichkeiten von 69,00 € monatlich bestehe ein einzusetzendes Einkommen von 444,94 €. Daraus ergebe sich die Höhe der zu tragenden Rate.

Gegen diesen ihr am 27.02.2007 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit am 20.03.2007 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt. Ihren Einkünften in Höhe von insgesamt 1.343,94 €, bestehend aus Krankengeld in Höhe von 914,76 € und Ehegattenunterhalt in Höhe von 429,18 €, stünden folgende monatliche Ausgaben gegenüber: Inclusiv-Miete in Höhe von 450,00 €, D Krankenkasse in Höhe von 63,52 €, D Lebensversicherung in Höhe von 69,15 €, D Kfz-Versicherung in Höhe von 25,01 €, Privatkredit/Zinsen in Höhe von 70,00 €, Zinsen D in Höhe von 29,00 €, G Haftpflichtversicherung in Höhe von 5,29 € sowie Hunde-Haftpflichtversicherung in Höhe von 5,83 €. Monatlich verblieben somit 626,14 €. Ferner ergebe sich für das Jahr 2005 ein zu erwartender Steuernachzahlungsbetrag in Höhe von 946,00 €. Auf Grund dieser Umstände sei hier eine erneute Berechnung vorzunehmen.

Mit Beschluss vom 27.03.2007 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da die Klägerin bis auf den Beleg der I -D über nunmehr 70,00 € anstatt 69,00 €, der bereits berücksichtigt worden sei, keine aktuellen Belege vorgelegt habe. Die weiteren vorgelegten Belege beträfen die Jahre 2004 und 2005. Die Steuernachzahlung hätte schon deshalb nicht berücksichtigt werden können, weil eine Festsetzung durch das Finanzamt offensichtlich noch nicht erfolgt sei bzw. bislang keine Nachzahlungen durch die Klägerin erfolgt seien.

Mit am 18.04.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ein Schreiben nebst Belegen eingereicht, wonach an die D monatliche Zinsrückzahlungen in Höhe von 29,00 €, an die I -D Zinsrückzahlungen in Höhe von 72,50 €, ein monatlicher Strom-Abschlag in Höhe von 40,00 € sowie Rundfunkgebühren zu leisten seien. Ferner habe sich ihr Ehegatten-Unterhalt seit dem 01.05.2007 auf monatlich 235,00 € geändert.

Mit Schreiben vom 16.04.2007 hat die Beschwerdekammer die Klägerin u.a. darauf hingewiesen, dass diese nach der Stellungnahme der Bezirksrevisorin beim Landesarbeitsgericht Köln zur Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.02.2007 über ein Sparguthaben in Höhe von 13.108 € verfügt und sich eine Partei nicht auf Mittellosigkeit berufen könne, wenn sie über Forderungen verfüge, die ohne Schwierigkeiten zu realisieren seien, so dass die Klägerin diese Vermögenswerte zur Tragung der Prozesskosten einzusetzen habe.

Mit am 14.05.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Schreiben der Klägerin vom 09.05.2007 eingereicht, in dem es u.a. heißt, das Sparguthaben in Höhe von 13.108 € sei bei der K K bis Juli 2007 fest angelegt und stehe danach ihrer Tochter für eine Zweitausbildung zur Verfügung, die sie im Herbst des Jahres 2007 beginne. Diese Ausbildung dauere zwei Jahre und werde von ihr privat finanziert. Das Sparguthaben sei dann auch zu einer finanziellen Unterstützung gedacht. Da dieses Geld stets im Hinblick auf ihr Rentenalter angelegt gewesen sei, werde ihr ihre Tochter dies mit dem Beginn ihrer Rente in neun Jahren zurückzahlen, sofern dies möglich sei. Mit am 24.05.2007 per Telefax beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat die Klägerin einen Arbeitslosengeldbescheid vom 11.05.2007 eingereicht, wonach sie in der Zeit vom 08.04.2007 bis zum 07.10.2008 Arbeitslosengeld gemäß § 117 SGB III in Höhe von täglich 26,02 € bzw. 780,60 € monatlich erhält.

II.

1. Die an sich statthafte sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.02.2007 ist zulässig, da sie nach § 11 a Abs. 3 ArbGG i.V. mit § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO i.V. mit § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden ist.

2. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist jedoch in der Sache nicht begründet.

Die Klägerin hat ihr unstreitig bei der K K vorhandenes Sparguthaben in Höhe von 13.108,01 € für die - gerichtlichen und außergerichtlichen - Kosten des Rechtsstreits in einem Umfang einzusetzen, der diese Kosten bei weitem noch übersteigt.

a) Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Hierbei gilt nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Regelung des § 90 SGB XII entsprechend. Die Bezugnahme auf § 90 SGB XII bedeutet, dass der dortige Vermögensbegriff maßgebend ist (Philippi, in: Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 115 Rdnr. 49). Einzusetzen ist somit das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 1 SGB XII), wozu u.a. auch Sparguthaben gehören, sofern sie nicht durch Prämiensparverträge festgelegt sind und vor Fristablauf nicht gekündigt werden können (Philippi, in: Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 115 Rdnr. 58c m.w. Nachw.).

Ausweislich des als Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 19.01.2007 eingereichten Schreibens der K K vom 22.08.2006 war der von der Klägerin dort abgeschlossene Sparvertrag über den Betrag in Höhe von 13.108,01 € mit einer Frist von drei Monaten kündbar und der vereinbarte Zinssatz lediglich für die Zeit vom 22.08.2006 bis zum 21.08.2007 befristet, so dass ihn die Klägerin ohne weiteres zur Bezahlung der - gerichtlichen und außergerichtlichen - Kosten einsetzen konnte und auch einsetzen kann, ohne damit den Verlust von Zinsvergünstigungen hinsichtlich langfristig angelegter Spargelder hinnehmen zu müssen.

b) Die Ausnahmetatbestände der Nrn. 1 bis 8 von § 90 Abs. 2 SGB XII sowie der Ausnahmetatbestand des § 90 Abs. 3 SGB XII sind hier nicht gegeben.

Auf dem als Anlage zum Schriftsatz vom 19.01.2007 eingereichten Schreiben der K K vom 22.08.2006 hat die Klägerin zunächst handschriftlich vermerkt, dass der darin genannte Sparbetrag nach Ablauf der Frist für einen "neuen" Pkw verwendet oder als Rente angelegt worden sei. In ihrem als Anlage zum Schriftsatz vom 14.05.2007 beigefügten Schreiben führt die Klägerin dagegen aus, das Sparguthaben in Höhe von 13.108 € solle ihrer Tochter für eine Zweitausbildung zur Verfügung stehen, die von ihr, der Klägerin, privat finanziert werde. Sämtliche Varianten werden allerdings nicht von den Ausnahmetatbeständen der Nrn. 1 bis 8 des § 90 Abs. 2 SGB XII und dem Ausnahmetatbestand des § 90 Abs. 3 SGB XII erfasst. Insbesondere ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der streitbefangene Sparbetrag einschließlich seiner Erträge der zusätzlichen Altersvorsorge i.S. des § 10 a oder des Abschnitts XI des EStG dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde (§ 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII) oder der Einsatz des Sparguthabens in Höhe der Prozesskosten für die Klägerin und deren Tochter eine Härte bedeuten würde (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).

c) Der im Schreiben der I -D A vom 02.10.2006 (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 19.01.2007) genannte Saldobetrag in Höhe von 12.000 € zu Lasten der Klägerin infolge eines Privatkredits war dem Sparguthaben der Klägerin bei der K K in Höhe von 13.108,01 € nicht gleichsam gegen zu rechnen.

aa) Sind Schulden in langfristigen Raten zu tilgen, darf die Partei sie nicht vorzeitig tilgen. Vielmehr hat sie die Prozesskosten mit dem vorhandenen Vermögen zu bezahlen. Eine Verwendung des vorhandenen Vermögens zur Bezahlung der Prozesskosten entfällt lediglich dann, wenn fällige Schulden bezahlt werden (Philippi, in: Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 115 Rdnr. 46 m.w. Nachw.).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen wurde von der Klägerin nicht behauptet, dass der ihr von der I -D A gewährte Privatkredit in Höhe von 12.000 € zur Rückzahlung fällig ist und das bei der K K vorhandene Sparguthaben in Höhe von 13.108,01 € zur Tilgung dieses Kredites verwendet werden soll. Dass die Klägerin mit diesem Sparguthaben andere - nicht i.S. von § 90 Abs. 2 Nrn. 1 bis 8 und Abs. 3 SGB XII berücksichtigungsfähige - Zwecke verfolgt, ergibt sich vielmehr aus ihrem handschriftlichen Vermerk auf dem Schreiben der K K vom 22.08.2006 sowie aus den Angaben in ihrem Schreiben vom 09.05.2007.

d) Nach Abzug des sog. Schonvermögens gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von derzeit 2.600 € (vgl. Philippi, in: Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 115 Rdnr. 57) vom Sparguthaben der Klägerin bei der K K in Höhe von 13.108,01 € verbleibt ein einzusetzendes Vermögen in Höhe von 10.508,01 €.

Selbst wenn von diesem Betrag weiterhin zu Gunsten der Klägerin die ausweislich des Schreibens ihrer Steuerberaterin vom 18.12.2006 (Anlage zum Beschwerdeschriftsatz der Klägerin vom 20.03.2007) zu erwartenden Steuernachzahlungen für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 1.066,20 €, bestehend aus Nachzahlungen von Einkommensteuer in Höhe von 946,00 €, Kirchensteuer in Höhe von 71,98 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 48,22 €, abgezogen würden, verbliebe ein von der Klägerin einzusetzendes Vermögen in Höhe von 9.441,81 €, das die Prozesskosten in Höhe von insgesamt 494,05 €, die sich ausweislich des Kostenfestsetzungsbescheids vom 06.03.2007 aus den Gerichtskosten in Höhe von 3,95 € und den Anwaltskosten in Höhe von 490,10 € zusammensetzen, bei weitem übersteigt.

c) Wenngleich der Klägerin nach alledem an sich überhaupt keine Prozesskostenhilfe hätte bewilligt bzw. ihr ein Anwalt nach § 11 a ArbGG von vornherein nicht hätte beigeordnet werden dürfen, war eine Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 08.02.2007 wegen des sog. Verschlechterungsverbots (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.01.2007 - 4 Ta 262/06, zitiert nach juris) zum Nachteil der Klägerin nicht möglich.

Es musste somit bei dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 08.02.2007 verbleiben, wonach die Klägerin für die Beiordnung ihres Rechtsanwalts gemäß § 11 a ArbGG monatliche Raten in Höhe von 155 € zu tragen hat.

III.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Satz 2 ArbGG i.V. mit § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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