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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: 12 (4) Sa 1311/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 313
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2005 - 5 Ca 2385/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

Die Parteien streiten um die Höhe der an den Kläger zu zahlenden betrieblichen Altersversorgung.

Der am 22.09.1935 geborene Kläger war vom 08.02.1965 bis 31.12.1996 beim T R -B -B -P , Rechtsvorgänger der Beklagten, beschäftigt. Seit 01.01.1998 erhält er eine Altersrente, seit dem selben Zeitpunkt bezieht er Ruhegehalt von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger.

Das betriebliche Ruhegeld wird gezahlt auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 25.06.1976, geändert durch Betriebsvereinbarungen vom 04.06.1993 und vom 17.11.1995. Diese beinhalten eine sogenannte Gesamtversorgung. Der Ruhegeldanspruch beträgt nach zehnjähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit 35 % und steigt mit jedem Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Lebensjahr um je 2 %, danach um je 1 % bis zum Höchstsatz von 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Auf den derartig berechneten Versorgungsprozentsatz wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet. Wegen des Inhaltes der Betriebsvereinbarung im Einzelnen wird auf deren bei den Akten befindliche Kopie Bezug genommen.

Der von der Beklagen bzw. ihrem Rechtsvorgänger festgesetzte Betrag an betrieblichem Ruhegeld wurde jeweils dynamisiert, und zwar zeitgleich nach Maßgabe des Anstieges der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach der Besoldungsordnung für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen. Hieraus wurde unter Zugrundelegung der individuellen Versorgungsdaten jährlich neu der Betrag der Gesamtversorgung berechnet. Auf den so berechneten Gesamtversorgungsbetrag wurde der anrechnungsfähige Teil der aktuellen, um die jährliche Anpassung erhöhten individuellen Sozialversicherungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - zeitgleich mit deren Anpassungstermin - angerechnet.

Mit Schreiben vom 27.02.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie werde hinsichtlich der Dynamisierung eine Änderung vornehmen, und zwar dergestalt, dass die Betriebsrente um den jeweils eingetretenen Erhöhungsprozentsatz der Tabellen der LBO für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen erhöht werde, eine Berücksichtigung der Veränderungen der Sozialversicherungsrente im Rahmen der Gesamtversorgung jedoch nicht mehr erfolge. Bei dem Kläger führte diese Abkoppelung von der Entwicklung der Sozialversicherungsrente dazu, dass er ab 01.04.2004, verglichen mit der bisherigen Anpassungsautomatik, eine geringere Rente bezieht, wobei sich die Differenz ab 01.04.2004 auf 15,33 € beläuft und ab 01.08.2004 auf 30,79 €. Der Kläger hält diese von der Beklagten vorgenommene Änderung für unzulässig und macht die Differenzbeträge im vorliegenden Rechtsstreit geltend.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 307,64 € brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (16.03.2005) zu zahlen.

Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Versorgungszusage des Klägers auch weiterhin entsprechend der Betriebsvereinbarung "Altersversorgung" Stand 6.76 / 6.93 des T R e. V. zu zahlen.

Die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate April 2005 bis August 2005 weitere 153,95 € brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (15.07.2005) zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen: Die von ihr vorgenommene Modifizierung bei der Dynamisierung der Betriebsrente sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt. Die Geschäftsgrundlage sei unter zwei Gesichtspunkten weggefallen, nämlich zum einen wegen einer Äquivalenzstörung (Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) und zum anderen wegen Zweckverfehlung. Da sich die Sozialversicherungsrenten infolge rentenrechtlicher Änderungen wesentlich langsamer erhöhten als die Bruttobesoldung, steige die Betriebsrente schneller an, als dies bei Erteilung der Versorgungszusage habe erwartet werden können. Dieser Trend werde durch das RV Nachhaltigkeitsgesetz noch wesentlich verstärkt. Die Belastung erhöhe sich dadurch für sie in einer Weise, die nicht mehr zumutbar sei. Die Mehrbelastung belaufe sich auf 46 %. Die Beklagte verweist dazu auf ein Gutachten der Unternehmensberatung D . D . H vom 15.12.2004.

Geschäftsgrundlage sei auch gewesen, dass sich Aktiven-Einkommen, Gesamtversorgung und Sozialrenten in etwa in einem Gleichklang bewegten, da sich nur dann auch die Betriebsrente ähnlich entwickelt hätte. Dieser Gleichklang sei nicht mehr gegeben. Das Einkommen der Aktiven steige wesentlich geringer als die Betriebsrente. Diese Änderungen bei der Anpassung der Sozialversicherungsrenten sei nicht vorhersehbar gewesen. Die Modifizierungen bei der Dynamisierung des Ruhegehaltes seien erforderlich und führten nur dazu, dass der Kläger in Zukunft etwas "weniger mehr" erhalte, also eine etwas abgeschwächte Dynamik der Betriebsrenten.

Durch Urteil vom 28.08.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Wegen des Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 76 bis 83 der Akten Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 02.09.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.09.2005 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 02.12.2005 ab 01.012.2005 begründet.

Die Beklagte verbleibt dabei, dass die Geschäftsgrundlage der ursprünglichen Versorgungsverpflichtung grundlegend gestört sei. Dies habe das Arbeitsgericht verkannt. Durch gesetzgeberische Eingriffe in die Entwicklung der Sozialversicherungsrente sei es zu einer unzumutbaren Mehrbelastung für sie gekommen, die zu einer Äquivalenzstörung führe. Das Verhältnis von Leistung des Klägers (Betriebstreue) und Gegenleistung durch sie (Betriebsrente) sei nicht mehr gleichwertig.

Außerdem sei der Zweck der ursprünglichen Versorgungszusage verfehlt. Diese habe darin gelegen, dass sich nicht nur die Gesamtversorgung, sondern auch die Sozialversicherungsrente und damit auch die Betriebsrente im Wesentlichen gleich erhöhten wie das Einkommen der aktiven Mitarbeiter. Tatsächlich führten die gesetzlichen Eingriffe dazu, dass die Bruttobetriebsrente weit stärker steige als die Bruttovergütung der aktiven Mitarbeiter.

Die Änderung der Dynamisierung, wie sie ihr Rechtsvorgänger vorgenommen habe, sei angemessen und vertragsimmanent erfolgt. Sie stelle die ursprüngliche Erwartung der Parteien wieder her, wonach sich die Bruttobetriebsrente so entwickeln sollte, wie die Bruttovergütung der aktiven Mitarbeiter. Es handele sich um eine schonende Beteiligung der betroffenen Betriebsrentner an den Folgen der nicht vorhersehbaren Entwicklung der gesetzlichen Rente.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.08.2005, - 5 Ca 2385/05 -, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger tritt dem angefochtenen Urteil unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages bei. Wegen des erst- und zweitinstanzlichen Vortrages der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Der von der Beklagten vorgenommene Eingriff in die Dynamisierung des Ruhegehaltes ist nicht gerechtfertigt. Er lässt sich nicht mit einer Störung oder einem Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertigen.

I. Gemäß § 313 BGB liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages gemacht worden sind, nach Vertragsschluss in schwerwiegender Weise geändert haben, und die Parteien den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Änderung vorhergesehen hätten. Rechtsfolge ist eine Anpassung des Vertrages, soweit einem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Die Rechtsprechung wendet diese Grundsätze auch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an, insbesondere wenn sich die Rechtslage wesentlich und in unvorhersehbarer Weise geändert hat (BAG Urteil vom 22.04.1986 - 3 AZR 496/03 - AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskasse; Beschluss vom 23.09.1997 - 3 ABR 85/96 - AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Hier liegen diese Voraussetzungen für die von der Beklagten vorgenommene Anpassung der Versorgungszusage wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlagen nicht vor.

II. Die Beklagte stützt ihre diesbezügliche Annahme zunächst darauf, dass Zweckverfehlung eingetreten sei, dies jedoch zu Unrecht.

a) Gesamtversorgungssysteme können dazu dienen, die Einhaltung eines bestimmten Lebensstandards zu sichern (vgl. BAG Urteil vom 28.07.1998 - 3 AZR 100/98 - AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Überversorgung). Gerade dies ist hier nach dem Vortrag der Beklagten der Fall. Danach basiert auch die Gesamtrentenfortschreibung auf der Vorstellung und dient dem Ziel, den Versorgungsempfängern den Lebensstandard zu sichern, den sie als aktive Arbeitnehmer erworben haben. Wenn dies das Ziel der Gesamtversorgung ist, folgt daraus zwingend, dass die Beklagte auch die sich aus der Entwicklung der Sozialversicherung ergebende Lücke auffangen und ausgleichen muss. Sonst wird nicht die Erhaltung des Lebensstandards gesichert, vielmehr nimmt dieser kontinuierlich ab.

b) Soweit die Beklagte dem gegenüber geltend macht, Aktiven-Einkommen und Gesamtversorgungsbezüge sollten sich im Gleichlauf entwickeln, überzeugt dies nicht. Richtig ist zwar, dass bei Schaffung des Gesamtversorgungssystems die Entwicklung der Sozialversicherungsrente bruttolohnbezogen erfolgte. Die Beklagte hat aber nicht schlüssig dargelegt, dass dieser Umstand Geschäftsgrundlage der Versorgungszusage geworden ist. Dabei ist sie insoweit in vollem Umfange darlegungs- und beweisbelastet, und zwar auch dafür, dass dem Vertragsschluss bestimmte Vorstellungen zugrunde gelegen haben (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, Randnummer 31 zu § 313). Dazu fehlt es an einem entsprechend substanziierten Vortrag. Angesichts des Zwecks des vorliegenden Gesamtversorgungssystems spricht mehr dafür, dass die Sozialversicherungsrente ein bloßer Berechnungsfaktor war. Die gesetzliche Rente war die Mindestversorgung, die entsprechend der Versorgungszusage aufgestockt werden sollte, damit der vereinbarte Versorgungsgrad erreicht werde. Wie bereits ausgeführt, konnte dies bei Zugrundelegung der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung nicht erreicht werden.

III. Die Beklagte beruft sich weiter darauf, es liege eine zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führende Äquivalenzstörung vor.

a) Zutreffend ist, dass ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, wenn also die bei Vertragsschluss vorausgesetzte Gleichwertigkeit der beiden Leistungen nicht mehr gegeben ist, zur Störung der Geschäftsgrundlage führen kann. Dafür, wann dies der Fall ist, ist die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung maßgebend. Diese geht bei einem Gesamtversorgungssystem mit Anrechnungsklausel, wie sie hier vorliegt (Ziffer 8 der Betriebsvereinbarung) grundsätzlich zu Lasten des die Versorgung Zusagenden, also der Beklagten; Denn diese ist bei Erteilung der Versorgungszusage nicht von festen Äquivalenzvorstellungen ausgegangen, die sich nachträglich als unzutreffend erwiesen haben, sondern hat von vorneherein eine als unsicher erkennbare Größeneinbezogen. Es war voraussehbar, dass der von der Beklagten zu tragende Versorgungsaufwand mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren belastet war, Schwankungen zugunsten der Beklagten, wie sie über lange Zeit tatsächlich eingetreten sind, aber auch zu ihren Lasten, wie sie sich jetzt ergeben haben, möglich waren. Voraussehbare Entwicklungen begründen jedoch regelmäßig kein Anpassungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (Wiedemann, Festschrift für Stimpel, Seite 964, 965).

b) Nach in der Rechtsprechung vertretener Ansicht kommt allerdings eine zur Anpassung der Versorgungszusage führende Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht, wenn sich durch Änderungen des Sozialversicherungsrechtes "die Rechtslage in grundlegender Weise geändert hat und die dadurch verursachte Mehrbelastung sehr erheblich ist" (BAG Urteil vom 22.04.1986 - 3 AZR 496/83 - AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskasse). Wann dies der Fall sein soll, ist nicht abschließend geklärt. Das Bundesarbeitsgericht hat eine Mehrbelastung von 61,3 % als grundlegende und krasse Überschreitung des ursprünglichen Dotierungsrahmens eingestuft (BAG Beschluss vom 23.09.1997 - 3 ABR 85/96 - AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Ablösung).

In der Literatur wird teilweise eine Mehrbelastung von rund 20 %, teilweise aber auch von 30 bis 40 % als ausreichend angesehen, um eine Anpassung der Versorgungszusage zu rechtfertigen (vgl. dazu Höfer/Lerner, Anmerkung zu BAG AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Andres-Förster-Rössler-Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Randnummer 573 führen aus, dass bei einer Ausdehnung des Dotierungsrahmens um mehr als 50 % für den Arbeitgeber die Grenze des zumutbaren überschritten ist, errechnet aus einem Vergleich der Barwerte mit und ohne die eingetretenen Änderungen im Sozialversicherungsrecht.

c) Neuerdings vertritt Steinmeyer (RdA 2005, 345 ff., insbesondere Seite 354, 355) die Auffassung, bei einer Steigerung des Barwertes um mindestens 20 bis 30 % seit Erteilung der Zusage könne sich der Arbeitgeber, der eine Gesamtversorgungszusage gegeben habe, auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen und entsprechend geeignete Maßnahmen ergreifen. Er begründet dies damit, ein solcher Anstieg der Belastung führe zur Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit, schränke den Arbeitgeber in seinen wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten klar ein, nehme dem Arbeitgeber Spielraum für andere Sozialleistungen und gehe deshalb auch deutlich auf Kosten der aktiven Arbeitnehmer.

Dem kann die erkennende Kammer nicht zustimmen. Zum einen ist die Bandbreite der von Steinmeyer gegebenen Rechengrößen für die praktische Anwendung allzu weit gefasst und liefert er auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Festlegung auf gerade diese Zahlen. Zum anderen aber - und dies erscheint dem Gericht wesentlich - berücksichtigt er die in der Versorgungszusage enthaltene Risikoverteilung nicht genügend. Mit der Versorgungszusage sollte, wie bereits dargelegt, ein bestimmter Lebensstandard gesichert werden. Die vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen hingen - erkennbar - von sich verändernden Faktoren ab, die sich zu seinen Gunsten auswirken konnten, aber auch zu seinem Nachteil. Eine Eingrenzung dieses Risikos findet sich in der Versorgungszusage nicht. Dabei wäre deren entsprechende Gestaltung durchaus möglich gewesen. Dies hat der Rechtsvorgänger der Beklagten unterlassen. Umso schwerwiegender müssen die Gründe sein, die einen Eingriff von Arbeitgeberseite rechtfertigen. Die Kammer hält deshalb an ihrer im Urteil vom 16.09.2005 - 12 Sa 15158/04 - vertretenen Ansicht fest, dass eine Steigerung von mindestens 50 % vorliegen muss. Darüber hinaus ist es eine Frage des Einzelfalles, wann ein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Äquivalenzstörung anzunehmen ist (vgl. Wiese, Festschrift für Zöller, Seite 983, 996, 997). Wie bereits ausgeführt, ist nach der vertraglichen Risikoverteilung das Risiko sinkender Sozialversicherungsrenten integrierender Bestandteil des Versorgungssystems, das die Beklagte dem Kläger zugesagt hat. Angesichts dessen kann nur in Ausnahmesituationen die Veränderung dieses Faktors zu einem Anpassungsrecht der Arbeitgeberseite führen.

Hier ist der Wert von 50 % auch nach dem Gutachten D . D . H vom 15.12.2004 nicht erreicht, so dass es eines Eingehens auf dieses Gutachten nicht bedarf, wie dies die 7. Kammer des LAG Köln im Urteil vom 03.08.2005 - 7 (9) Sa 1589/04 - für richtig gehalten hat.

d) Wesentlich erscheint der erkennenden Kammer in diesem Zusammenhang der im vorliegenden Fall gegebene Umstand, auf den bereits die 9. Kammer des LAG Köln im Urteil vom 18.10.2005 - 9 Sa 215/05 - hingewiesen hat, nämlich dass ausweislich der eigenen Berechnung der Beklagten der prozentuale Anteil der Betriebsrente an der Gesamtversorgung im Zeitraum 1976 bis 2003 gesunken ist. Habe nämlich der Anteil im Ausgangsjahr noch 28 % betragen, so betrage er bei Rentenbeginn im Jahre 1998 nur noch 18,8 % und im Jahre 2003 auch nur 20,57 % (Seite 14). Auch nach Ansicht der erkennenden Kammer ist der Anteil der gesetzlichen Rente an der Gesamtversorgung ein wesentlicher Gesichtspunkt (vgl. dazu Wiese, Festschrift für Zöller, Seite 997).

e) Mit entscheidend für die hier vertretene Auffassung ist schließlich, dass der Kläger bereits mehrfach Einschnitte bei seiner Versorgung hat hinnehmen müssen. Das Landesarbeitsgericht verweist dazu auf das Gutachten vom 15.12.2004 (Seite 7). Danach ist der Kläger bereits an der Risikoverteilung zugunsten der Beklagten beteiligt worden. Es ist also nicht so, dass lediglich die aktiven Arbeitnehmer Eingriffe in ihr Gehaltsniveau hinnehmen müssen, die Betriebsrentner dagegen unbehelligt geblieben sind.

Es verbleibt deshalb dabei, dass nach den bei Erklärung des Widerrufs gegebenen Verhältnissen die vom Arbeitgeber vorgenommene Kürzung unberechtigt war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision wurde für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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