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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.06.2003
Aktenzeichen: 13 (12) Sa 1146/02
Rechtsgebiete: HGB, BGB
Vorschriften:
HGB § 84 Abs. 1 S. 2 | |
BGB § 613 a | |
BGB § 625 | |
BGB § 242 |
2. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit ist abhängig von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit. Schlagworte wie Leiter oder Mitarbeiter der kaufmännischen Abteilung ersetzen dabei keine detaillierte Darstellung der Arbeitspflichten, ihrer Anordnung und Durchführung.
3. Das Recht, im Falle eines Betriebsübergangs, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Übernehmer geltend zu machen, kann verwirken. Wegen der Eilbedürftigkeit der Klärung des Bestands des Arbeitsverhältnisses kann das Zeitelement der Verwirkung jedenfalls nach Ablauf von 10 Monaten der Untätigkeit erfüllt sein.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 17. Juni 2003
In Sachen
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17.06.2003 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Brondics als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Modemann und Peters
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.07.2002 - 11 Ca 952/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten im wesentlichen über das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.
Der Kläger war Geschäftsführer bei der Gebrüder H G in H . Im Oktober 1995 wurde er als Geschäftsführer abberufen, in der Folgezeit wurde sein Ausscheiden als Geschäftsführer ins Handelsregister eingetragen. Der Kläger hält weiterhin 50 % der Anteile an der G .
Im Mai 2000 führte das F B bei der Gebrüder H G eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Anlässlich dieser Prüfung wurde feststellt, dass der Kläger "weiterhin Arbeitnehmer der Gebrüder H G war", wie das F in seinem Schreiben vom 18.03.2003 bestätigte. Im Juli 2000 wurde Herr L bei der Gebrüder H G als kaufmännischer Leiter / Alleinbuchhalter eingestellt.
Anfang März 2001 stellte die Gebrüder H G das operative Geschäft ein. Die zu diesem Zeitpunkt nicht fertig gestellten Aufträge führte die Beklagte fort. In diesem Zusammenhang übernahm die Beklagte gewerbliche Arbeitnehmer der Gebrüder H G sowie einen Teil der Betriebsmittel aus dem gewerblichen Bereich. Die Beklagte führte ab diesem Zeitpunkt die Geschäftsbeziehungen der Gebrüder H G weiter. Ob darüber hinaus auch aus anderen Bereichen Arbeitnehmer oder Betriebsmittel übernommen wurden, ist zwischen den Parteien streitig. Ferner übernahm sie das Betriebsgrundstück einschließlich der Räumlichkeiten, die von der Gebrüder H G angemietet waren. Eigentümerin des Betriebsgrundstücks und Teilen der Betriebsmittel war die Mutter des Klägers. Bei den Verhandlungen wegen des Mietvertrages und des Erwerbs von Betriebsmitteln trat der Kläger als Vertreter der Vermieterseite bzw. der Veräußererseite auf, bei anderer Gelegenheit als Vertreter der Gebrüder H G . Etwa im Zusammenhang mit dem Wertgutachten B vom 16.08.2001 sowie bei der Erstellung einer Geräteliste verfasste der Kläger im Auftrag der Gebrüder H G Schreiben an die Beklagte. Wegen des Inhalts der vorgenannten Schreiben wird auf die zur Akte gereichten Kopien Blatt 70 ff., 100, 104 ergänzend Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.01.2002 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 18.01.2002 auf, schriftlich zu erklären, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen mit ihr fortbestehe. Das Schreiben ging der Beklagten am 16.01.2002 zu; eine Reaktion erfolgte nicht.
Mit seiner am 28.01.2002 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen und der Beklagten am 05.02.2002 zugestellten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestehe. Gleichzeitig machte er Vergütungsansprüche für die Zeit vor und nach dem behaupteten Betriebsübergang geltend. Nach Erhalt der Klageschrift sprach die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 06.06.2002 höchst vorsorglich die fristgerechte Kündigung zum 31.07.2002 aus, gegen die er sich mit Klageschrift vom 14.06.2002, bei Gericht am 17.06.2002 eingegangen, zur Wehr setzte. Mit Schreiben vom 28.06.2002 kündigte die Beklagte fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Gegen diese Kündigung hat der Kläger unter dem 03.07.2002 im Wege der Klageerweiterung Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat behauptet: Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses aus dem Jahre 1997 habe er nach Abberufung als Geschäftsführer als Angestellter weiterarbeiten sollen. Dass er als kaufmännischer Leiter im Status eines Arbeitnehmers für die Gebrüder H G tätig gewesen sei, könne von 36 namentlich benannten Zeugen bestätigt werden. Auch habe das zuständige Finanzamt anlässlich von Betriebsprüfungen seine Arbeitnehmerstellung ausdrücklich festgestellt. Seine Bezüge wären mit 5.903,35 EUR brutto bzw. 3.783,56 EUR netto gleich geblieben. Dies ergebe sich aus zwei Gehaltsabrechnungen, die für November und Dezember 2000 ein Bruttogehalt von 10.300 DM ausweisen. Gehaltszahlungen habe die Gebrüder H G bis einschließlich Juli 2000 geleistet.
Die Gebrüder H G sei von der Beklagten im Wege des Betriebsübergangs zum 10.03.2001 übernommen worden. So habe die Beklagte neben Aufträgen, Kundenbeziehungen und Inventar der Gebrüder H G auch sämtliche Arbeitnehmer übernommen bis auf ihn und vier weitere Kollegen. Er habe seine Arbeitskraft am 12. und 13.03.2001 vergeblich angeboten. Daher hafte die Beklagte für die ausstehende Vergütung und Sonderzahlungen aus dem Zeitraum August 2000 bis einschließlich Dezember 2001.
Die Kündigungen seien unwirksam, da Kündigungsgründe nicht erkennbar seien, jedenfalls fehle es an der Betriebsratsanhörung.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 67.646,22 EUR netto zu zahlen;
2. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;
3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.06.2002, zugegangen am 13.06.2002, nicht zum 31.07.2002 und ferner auch nicht durch die persönlich am 28.06.2002 zugestellte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung gemäß Erklärung vom 28.06.2002 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise im Wege der Widerklage
den Kläger zu verurteilen, eidesstattlich zu versichern, in der Zeit vom 14.03.2001 bis zum 31.12.2001 keinerlei Einkünfte durch Verwendung seiner Arbeitskraft erzielt zu haben.
Der Kläger hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Standpunkt vertreten, zwischen dem Kläger und der Gebrüder H G habe jedenfalls im Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs (März 2001) kein Arbeitsverhältnis bestanden, allenfalls ein faktisches Geschäftsführerverhältnis oder ein solches eines mitarbeitenden Gesellschafters. Daher könne kein Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen sein. Zudem sei allenfalls ein Teilbetriebsübergang für den gewerblichen Bereich anzunehmen, nicht hingegen für den Verwaltungsbereich, in dem der Kläger nach eigener Darstellung eingesetzt gewesen sei. Im Zeitraum März bis Mai 2001 habe der Kläger mehrfach erklärt, er wolle nicht für die Beklagte tätig sein, da er sich um die Abwicklung der Gebrüder H G kümmern wolle. Dies habe er auch getan. Damit habe er, selbst wenn man einen Betriebsübergang bejahen sollte, konkludent sein Widerspruchsrecht ausgeübt.
Letztlich sei ein vermeintlicher Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten jedenfalls verwirkt. Der Kläger habe erstmals am 16.01.2002, also mehr als 10 Monate nach dem von ihm angenommenen Betriebsübergang, ein Arbeitsverhältnis gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Während dieser Zeit sei er als Restabwickler für die Gebrüder H G aufgetreten.
Die vorsorglich ausgesprochene Kündigung sei betriebsbedingt gerechtfertigt, da es in der Niederlassung H keine Verwaltung und damit keine Tätigkeit für den Kläger im kaufmännischen Bereich gebe.
Dem Einwand der Verwirkung hat der Kläger entgegen gehalten, dass er zum einen die Entwicklung der Rechtsstreitigkeiten der übrigen Arbeitnehmer habe abwarten wollen, zum anderen habe er familiäre Rücksichtnahme gegenüber seinem Bruder üben müssen, der noch bei der Beklagten beschäftigt war und Repressalien ausgesetzt gewesen sei, wenn er - der Kläger - sich bereits zuvor mit seinem Verlangen an die Beklagte gewandt hätte. Auch habe er die Verhandlungen über die Vermietung des Betriebsgrundstücks und anderer Betriebsmittel nicht unnötig belasten wollen.
Das Arbeitsgericht Köln hat die Klage unter Hinweis auf die fehlende Arbeitnehmerstellung des Klägers abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe nicht darlegen können, dass er im Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs in einem Arbeitsverhältnis bei der Gebrüder H G tätig gewesen sei. Zu seiner konkreten Tätigkeit für die Gebrüder H G fehle ebenso jeder Vortrag wie zu dem Grad seiner persönlichen Abhängigkeit. Allein die Vorlage von zwei Gehaltsabrechnungen rechtfertige nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Da es mit dem Arbeitsverhältnis an der Grundvoraussetzung für das weitere Klagebegehren des Klägers fehle, sei die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidung wird auf Blatt 125 ff der Akten ergänzend Bezug genommen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.11.2002 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger unter dem 07.11.2002 Berufung eingelegt, die am 06.02.2003 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist. Er rügt, dass das Arbeitsgericht seine Arbeitnehmerstellung bei der Gebrüder H G verkannt habe.
Von seiner Abberufung als Geschäftsführer im Jahre 1995 bis zum 09.03.2001 sei er als Mitarbeiter in der kaufmännischen Abteilung bei der Gebrüder H G tätig gewesen. Bereits der Entzug der Geschäftsführerstellung spreche dafür, dass er nunmehr in weisungsabhängiger Stellung tätig gewesen sei. Denn es sei geradezu Sinn dieser Abberufung gewesen, den Kläger künftig nur noch nach entsprechender Weisung in einem begrenzten Bereich tätig werden zu lassen. Dass er tätig geworden sei, ergebe sich auch aus weiteren Gehaltsabrechnungen, die erstmals in der zweiten Instanz als Kopien zur Akte gereicht wurden.
Der Geschäftsführer der Gebrüder H G sei gegenüber dem Kläger weisungsbefugt gewesen. Dieses Weisungsrecht sei auch ausgeübt worden. Dem Kläger sei sein Aufgabenbereich zugewiesen worden, den er dann eigenverantwortlich zu erfüllen gehabt habe. Der Geschäftsführer habe bei Meinungsverschiedenheiten bestimmt, wer wann was zu tun hätte. Der Kläger habe seine Urlaubspläne mitteilen und mit denen der übrigen Mitarbeiter abstimmen müssen.
Der Kläger habe wie jeder Angestellte auch seine Mindestwochenarbeitszeit von 40 Stunden einzuhalten gehabt, wobei er diese innerhalb der festgelegten Gleitzeit habe ableisten können. Es sei dabei vorgesehen gewesen, dass die Kernarbeitszeit von 8.00 bis 16.45 gelten solle und die Arbeitsstunden in monatlichen Stundenzetteln zu erfassen gewesen seien. Es habe eine Anwesenheitspflicht bestanden.
Hinsichtlich der streitgegenständlichen Kündigungen vertritt er weiterhin den Standpunkt, dass diese unwirksam seien, insbesondere rüge er die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 11 Ca 952/02 abzuändern und
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht,
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.06.2002, zugegangen am 13.06.2002, nicht zum 31.07.2002 aufgelöst worden ist, ferner nicht durch die persönlich am 28.06.2002 zugestellte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 28.06.2002;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum von August 2000 bis 09. März 2001 43.094,46 EUR brutto bzw. 27.620,02 netto, für den Zeitraum vom 10.03.2001 bis zum 31.12.2001 EUR 51.053,17 brutto sowie für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis zum 31.01.2003 EUR 68.461,98 brutto nebst dem gesetzlichen Zinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
hilfsweise den Kläger zu verurteilen, eidesstattlich zu versichern, in der Zeit vom 10. März 2001 bis zum 31. Dezember 2001 keinerlei Einkünfte durch Verwendung seiner Arbeitskraft erzielt zu haben.
Die Beklagte tritt hinsichtlich des Nichtbestehens eines Arbeitsverhältnisses den Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils bei. Darüber hinaus verweist sie weiterhin auf den Umstand der Verwirkung.
Wegen der weiteren Einzelheiten haben die Parteien auf ihre im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie sowohl hinsichtlich des Beschwerdewertes als auch hinsichtlich des Beschwerdegegenstandes an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 b) c) ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Feststellung und damit auch die korrespondierenden Zahlungsansprüche mit Recht als unbegründet abgewiesen. Seine Entscheidungsgründe macht sich die Berufungskammer zu Eigen und ergänzt sie um das Folgende:
a) Das Arbeitsgericht Köln ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis nach Maßgabe des § 613 a Abs. 1 BGB zustande gekommen war. Es hat richtigerweise angenommen, dass schon im Verhältnis zur Gebrüder H G kein Arbeitsverhältnis vorlag, das im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte hätte übergehen können. Ob darüber hinaus die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs überhaupt vorlagen, konnte das Arbeitsgericht zurecht dahin stehen lassen.
Daran vermögen auch die Angriffe der Berufung nichts zu ändern; der Kläger ist der ihm obliegenden Darlegungslast nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen. Im Einzelnen:
Der Kläger hat nicht dargelegt, als Arbeitnehmer der Gebrüder H G tätig gewesen zu sein. Der Vortrag des Klägers zum Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Gebrüder H G entspricht nicht den Grundsätzen, die insbesondere das Bundesarbeitsgericht auf der Grundlage der gesetzlichen Wertung des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB zur Feststellung eines Arbeitsverhältnisses entwickelt hat (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl. 2000, mit umfassenden Hinweisen der BAG-Rechtsprechung): Arbeitnehmer ist nur derjenige, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Kennzeichnend für ein Arbeitsverhältnis ist danach insbesondere der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet.
Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich daran, dass der Mitarbeiter einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Die Modalitäten der Bezahlung oder ihre steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder etwa die Führung von Personalakten spielen hingegen keine Rolle (vgl. nur BAG vom 30.11.1994 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 55 m. w. N.).
Deshalb folgt das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, anders als der Kläger meint, hier nicht schon daraus, dass er als Geschäftsführer abberufen worden sei und er nach einem Beschluss der Gesellschafterversammlung künftig als Angestellter tätig werden sollte. Dieser Umstand ist nicht geeignet, eine Aussage darüber zu treffen, ob tatsächlich ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist und es noch fortbestand im Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs. Entsprechendes gilt für die vorgelegten Gehaltsabrechnungen sowie die Prüfungsvermerke des Finanzamtes. Denn sie beinhalten keine Angaben zu den tatsächlichen Tätigkeitsinhalten und der organisatorischer Einbindung des Klägers in den Betrieb der Gebrüder H G .
Entscheidend für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses sind die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, also in erster Linie Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit (vgl. BAG vom 30.11.1994 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 55 m. w. N.). Dabei hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit ab von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit (vgl. BAG vom 30.10.1991 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 44). Der Geschäftsinhalt des Arbeitsverhältnisses ist in erster Linie den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Wenn der Vertrag abweichend von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen wird, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend. Denn die praktische Handhabung lässt Rückschlüsse darauf zu, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (BAG vom 16.03.1994 EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 53 m. w. N.).
Dieser Obliegenheit ist der Kläger auch in der Berufungsinstanz nicht nachgekommen. Er hat nicht ansatzweise schlüssig vorgetragen, dass er weisungsabhängig in die Organisation der Gebrüder H G eingebunden und damit bei ihr Arbeitnehmer gewesen sei. Der Kläger hat zunächst keine Vertragsabsprache zwischen den Parteien vorgetragen, die Hinweise ergeben könnte auf seine Weisungsabhängigkeit, Unselbständigkeit und seine fehlende Zeitautonomie, die Voraussetzung für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses wären. Es fehlt jede Erläuterung dazu, welche Tätigkeiten er nach dem behaupteten Vertragsinhalt konkret zu erbringen hatte. Auch bleibt nach seinem eigenen Vortrag offen, wie die praktische Durchführung der behaupteten Vertragsbeziehung aussah. Mit keinem Wort beschreibt der Kläger die von ihm tatsächlich ausgeübte Tätigkeit für die Gebrüder H G . Nicht ein Aufgabenfeld ist in seinen Grundzügen konkret dargelegt worden. Das gilt für die Aufgabenverteilung im Allgemeinen ebenso wie für ihre Erfüllung durch den Kläger in organisatorischer und zeitlicher Hinsicht im Besonderen. Schlagworte wie Leiter oder Mitarbeiter der kaufmännischen Abteilung ersetzen keine detaillierte Darstellung der Arbeitspflichten, ihrer Anordnung und Durchführung. Und selbst wenn ihm Arbeiten zugewiesen worden sein sollten, so lässt sein Vortrag nicht erkennen, dass ihm kein Auswahlspielraum verblieb hinsichtlich der Gestaltung seiner vermeintlichen Tätigkeit und der Bestimmung seiner Arbeitszeit. Dass er beispielsweise nicht berechtigt war, einzelne Aufträge abzulehnen oder anderweitigen Tätigkeiten nachzugehen, trägt er nicht ansatzweise vor, obwohl aufgrund seiner Gesellschafter- und vormaligen Geschäftsführerstellung im Familienbetrieb dazu hinreichend Anlass bestand.
Die vormalige Geschäftsführerstellung und seine noch andauernde Stellung als Gesellschafter mit einem Anteil von 50 %, die Lohnabrechnungen, die Sozialabgaben nicht ausweisen, die fehlende Meldung an die Berufsgenossenschaft, sein angebliches Gehalt von annähernd 6.000 EUR für die Tätigkeit eines kaufmännischen Mitarbeiters sprechen gerade nicht für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Insbesondere vor dem Hintergrund des nicht näher erläuterten Vortragswechsels vom kaufmännischen Leiter hin zum kaufmännischen Mitarbeiter und dem dezidierten Bestreiten der Beklagten unter Hinweis auf Organisationsschemata bei der Gebrüder H G , der Vorbildung des Klägers und der personellen Besetzung der Verwaltung bestand für den Kläger dringender Anlass, detailliert seine Arbeitnehmerstellung darzulegen. Dem ist er weder hinsichtlich der tatsächlichen Arbeitsleistung noch der Weisungsabhängigkeit nachgekommen.
b) In Ergänzung der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts weist die erkennende Kammer darauf hin, dass den Klageanträgen auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung der Erfolg versagt bleiben muss.
Denn ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten kann durch Urteil nicht mehr festgestellt werden, da der Kläger ein etwaiges Recht bereits vor Klageerhebung verwirkt hatte. Denn das Rechtsinstitut der Verwirkung gemäß § 242 BGB ist auch bei der Geltendmachung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 25.05.1988, AP Nr. 5 zu § 242, Stichwort: Prozessverwirkung; BAG Urteil vom 12.08.1999, NZA RR 2002,346).
a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens verwandt. Sie soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es ist andererseits nicht der Zweck der Verwirkung, Schuldner, denen gegenüber die Gläubiger längere Zeit ihre Rechte nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Um den Tatbestand der Verwirkung auszufüllen, muss neben das Zeitmoment das Umstandsmoment treten. Es müssen also besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa: Urteil vom 25.04.2001 - 5 AZR 497/99 - AP Nr. 46 zu § 242 BGB Verwirkung, m. w. N.; APS-Backhaus, Anm. 83 zu § 1 BeschFG ). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
b) Der Kläger hat dadurch, dass er seine vermeintliche Arbeitnehmerstellung erst 10 Monate nach dem behaupteten Betriebsübergang geltend gemacht hat, das Zeitmoment erfüllt. Das Zeitmoment beginnt schon dann, wenn der Anspruchsberechtigte positive Kenntnis von den tatsächlichen Umständen hat, die seinen Anspruch auslösen könnten (so ausdrücklich für den Fall eines Betriebsübergangs: BAG, Urteil vom 27.01.2000 - 8 AZR 106/99 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen - juris -). Der Betriebsübergang war dem Kläger schon im März bekannt, da es der Kläger war, der auf Seiten der Gebrüder H G die entsprechenden Verhandlungen mit der Beklagten führte.
In diesem Zusammenhang kann er sich nicht darauf berufen, dass er am 12. und 13.03.2001 seine Arbeitskraft vergeblich angeboten habe. Die erkennende Kammer vermag darin keine Geltendmachung zu erkennen, die geeignet wäre, den Lauf des Zeitmoments zu beenden. Der diesbezügliche Vortrag ist nicht substantiiert. Er enthält keine Angaben dazu, wem gegenüber die Erklärung abgegeben wurde oder unter welchen Umständen. Zudem enthält das bloße Anbieten der Arbeitskraft für sich allein genommen keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass sich der Kläger auf die Fortsetzung eines vermeintlich im Wege des Betriebsübergangs übergegangenen Beschäftigungsverhältnisses berufen wollte.
Die Dauer von 10 Monaten der Untätigkeit ist auch ausreichend. Denn an das zeitliche Element sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Die erkennende Kammer stimmt dem Bundesarbeitsgericht ausdrücklich zu, dass gerade die Frage nach dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses besonders klärungsbedürftig ist. Dem hat der Gesetzgeber nicht nur durch die Drei-Wochen-Klagefrist im Kündigungsschutzprozess (§ 4 S. 1 KSchG) Ausdruck verliehen, sondern er hat diese Regelung auch auf Feststellungsklagen im Bezug auf Befristungen (§ 17 S. 1 TzBfG) und auf jede Form der Bestandsklagen gegen Kündigungen eines Insolvenzverwalters (§ 113 Abs. 2 S. 2 InsO) ausgedehnt. In seiner Entscheidung vom 30.01.1991 (7 ARZ 239/90, EzA § 10 AÜG Fiktion Nr. 68) hat das Bundesarbeitgericht hierzu ausgeführt, dass das Zeitmoment bereits dann erfüllt ist, wenn nach der Einstellung der Tätigkeit des Arbeitnehmers mehr als 3 Monate vergangen sind. Bezogen auf den Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung hat das Landesarbeitsgericht Köln diesen Wertungsmaßstab aufgegriffen und wegen der besonderen Eilbedürftigkeit das Zeitelement der Verwirkung nach Ablauf von 3 Monaten als gegeben angesehen (Urteil vom 28.01.2002 - 2 Sa 272/01). In einer anderen Entscheidung hat die 11. Kammer des LAG Köln eine Verwirkung angenommen, wenn seit der Beendigung des als freie Mitarbeiterschaft behandelten Dauerschuldverhältnisses bis zur Erhebung der Statusklage über acht Monate vergangen sind (Urteil vom 06.08.1999 - 11 Sa 336/99). Andere Landesarbeitsgerichte halten den Eintritt der Verwirkung jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten für gegeben (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 22.08.2000 - 4 Sa 779/00 - juris; LAG Berlin, Urteil vom 27.06.2002 - 3 Sa 845/00 - juris). Da vorliegend gut zehn Monate ungenutzt verstrichen waren, bedarf es keiner weiteren Ausführung, dass wegen der Eilbedürftigkeit das Zeitelement gegeben ist.
b) Die Beklagte beruft sich zu Recht darauf, dass der Kläger durch sein Verhalten auch das Umstandsmoment erfüllt hat. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen, sie dient dem Vertrauensschutz (BAG, Urteil vom 25.04.2001, a. a. O.; BAG, Urteil vom 27.01.2000, a. a. O.).
Das Verhaltenselement des Verwirkungstatbestandes ist bereits darin zu sehen, dass der Kläger auch über den Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs hinaus im Lager der Gebrüder H G beziehungsweise auf der Seite anderer Vertragspartner wie etwa seiner Mutter aktiv am weiteren Veräußerungsprozess teilnahm und für diese mit der Beklagten verhandelte. So übersandte er für die Gebrüder H G Unterlagen an die Beklagte und teilte ihr mit, für etwaige Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Durch dieses Verhalten hat er bei der Beklagten zurecht den Vertrauenstatbestand geschaffen, dass er sie auch in Zukunft nicht als seine Arbeitgeberin ansehen wolle.
2. Folgerichtig unterliegen auch die Zahlungsansprüche der Abweisung, wie das Arbeitsgericht es festgestellt hat. Sowohl die Inanspruchnahme der Beklagten für rückständige Gehaltsforderungen aus der Zeit vor dem behaupteten Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 2 i.V.m. § 611 BGB als auch solche für die Zeit danach aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach § 615 BGB setzen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien voraus. Hieran fehlt es aus den vorstehend dargelegten Gründen.
3. Da der Kläger das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss er nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen. Die Revision war nicht nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht und die angesprochenen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind.
Ende der Entscheidung
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