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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.05.2006
Aktenzeichen: 14 (12) Sa 8/06
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 9
1. An das Vorliegen von Auflösungsgründen für einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers sind strenge Anforderungen zu stellen (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 22.10.2004, NZA 2005, 41 ff).

2. Wirft ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess vor, er decke Manipulationen des Vorgesetzten und wolle innerbetriebliche Kritiker mundtot machen, obwohl der Arbeitgeber unstreitig den Vorwürfen sofort und in angemessener Weise nachgegangen ist, so kann dies einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers rechtfertigen.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 11.10.2005 - 4 Ca 4130/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren wendet sich die Klägerin gegen die gerichtliche Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung durch das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 11.10.2005.

Die Klägerin war seit dem 01.01.1990 zunächst als ABM-Kraft, später ab dem 01.01.1993 als Verwaltungsangestellte aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 5ff. d. A.) für die Beklagte tätig. Sie arbeitete halbtags und erzielte zuletzt einen monatlichen Verdienst von 1.100,00 €.

Arbeitsaufgabe der Klägerin war es unter anderem, Zuarbeit für Herrn K zu leisten, der als Mitglied der Geschäftsführung der Beklagten und als Referent und Stellvertreter des Leiters der Abteilung Berufsbildung unter anderem für die Durchführung der Ausbildereignungsprüfungen nach der AEVO zuständig war.

Ab dem 20.05.2003 bis zum 04.07.2003 war die Klägerin arbeitsunfähig.

Drei Tage nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erschien der Ehemann der Klägerin am 23.05.2005 bei der Beklagten und schilderte, dass seine Ehefrau krank geworden sei, weil sie durch verschiedene Unregelmäßigkeiten, die von ihrem Vorgesetzten Herr K begangen würden, belastet sei (Gesprächsprotokoll vom 23.05.2003, Bl. 22f d. A.). Auf Bitten der Beklagten konkretisierte der Ehemann der Klägerin dies in seinem Schreiben vom 25.05.2003 (Bl. 24f d. A.). Darin wird ausgeführt, dass augenscheinlich der Verdacht bestehe, dass die Prüfungsaufgaben und Musterlösungen durch Herrn K an seine Ehefrau, die als Dozentin bei dem Bildungsträger P tätig sei, weitergeleitet würden. Des weiteren habe Herr K die Klägerin aufgefordert das Prüfungsergebnis bei den programmierten Aufgaben nachträglich zugunsten der Prüfungsteilnehmer zu ändern.

Die Beklagte nahm daraufhin eine umfängliche Überprüfung vor und befragte Herrn Dr. F (Gesprächsprotokoll Bl. 28 d. A.) Herrn S (Gesprächsprotokoll Bl. 29 d. A.), Herrn Dr. M (Gesprächsprotokoll Bl. 30 d. A.), Herrn Z (Gesprächsprotokoll Bl. 31 d. A.), Herrn So (Gesprächsprotokoll Bl. 32 d. A.) und Herrn Kö (Gesprächsprotokoll Bl. 33 d. A.) sowie Herrn Dr. P (Gesprächsprotokoll Bl. 34 d. A.).

Aufgrund dessen hielt die Beklagte die von der Klägerseite erhobenen Vorwürfe für nicht haltbar.

Am 07.07.2003 kam es zwischen den Parteien zu einem Gespräch, dessen Verlauf im Einzelnen streitig ist. Ebenfalls am 07.07.2003 wurden in dem Papierkorb, der sich am Arbeitsplatz der Klägerin befand, zerrissene Originalprüfungsunterlagen aus dem Jahre 1998 gefunden, wobei die Beklagte die Klägerin verdächtigte, diese zerrissen zu haben.

Mit Schreiben vom 17.07.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos hilfsweise fristgerecht, weil die Klägerin trotz der Aufklärung des Sachverhalts auf ihren unberechtigten Vorwürfen gegen Herrn K beharre und dringend verdächtig sei, die Originalprüfungsunterlagen zerrissen zu haben. Mit am 23.07.2003 bei Gericht eingegangener Kündigungsschutzklage wandte sich die Klägerin sowohl gegen die fristlose als auch die hilfsweise fristgerecht ausgesprochene Kündigung vom 17. Juli 2003.

Durch Teilurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 16.03.2004 wurde festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam war und die hiergegen von der Beklagtenseite eingelegte Berufung wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 05.11.2004 (Bl. 375 ff d. A.) zurückgewiesen.

Durch Schlussurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 11.10.2005 (Bl. 326ff d. A.) wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise fristgerechts Kündigung vom 17.07.2003 aufgelöst worden war; zugleich wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2003 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,00 € aufgelöst. Gegen diese gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin trägt hierzu vor, Gründe für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG lägen nicht vor. Die Gründe, die die Beklagte zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses anführe, seien dieselben, die sie auch zur Rechtfertigung der Kündigung vorgebracht habe. Zusätzliche greifbare Tatsachen, die eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Dazu könne auch nicht der Prozessvortrag der Klägerin herangezogen werden, denn dieser sei jeweils nur Reaktion auf die Vorhaltungen der Beklagtenseite gewesen. Insbesondere habe die Klägerin nicht falsch vorgetragen. Sie habe sich nur gegen die Anwürfe der Beklagtenseite verteidigt. Die Klägerin habe auch nicht behauptet, dass Herr K die in dem Papierkorb vorgefundenen Prüfungsunterlagen zerrissen habe. Insofern liege kein falscher Vortrag der Klägerin vor und die Klägerin habe den entgegenstehenden Vortrag der Beklagtenseite als wahrheitswidrig kennzeichnen dürfen. Eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit sei weiterhin möglich, zumal Gegenstand des Gesprächs am 07.07.2003 ohnehin gewesen sei, der Klägerin ein neues Aufgabengebiet zuzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 11.10.2005 - 4 Ca 4130/03 - insoweit aufzuheben, als das Arbeitverhältnis zwischen den Parteien zum 31.12.2003 aufgelöst und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,00 € an die Klägerin verurteilt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, ein Auflösungsgrund im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG liege vor, da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr vorstellbar sei. Die Beklagte trägt hierzu vor, dass die Klägerin uneinsichtig an ihren Vorwürfen und Vorhaltungen im Gerichtsverfahren geblieben sei, obwohl die Beklagte nach Aufklärung des Sachverhalts keine Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Verhalten des Herrn K gefunden habe. Die Klägerin habe ohne Not im Prozess die Vorwürfe verschärft und erweitert und dabei ihren direkten Vorgesetzten diffamiert, beleidigt und verleumndet. In den klägerischen Schriftsatz vom 24.05.2005 habe die Klägerin darüber hinaus die Beklagte unmittelbar angegriffen, in dem sie ausgeführt habe, der Vortrag der Beklagten sei für eine Institution, wie sie die Beklagte darstelle, unwürdig und die Beklagte habe sich dem Verdacht ausgesetzt, Mitarbeiter, die in einer jedenfalls zunächst durchaus berechtigten Art und Weise Vorwürfe an Vorgesetzte herantragen, mundtot zu machen und nach Möglichkeit aus dem Betrieb zu entfernen. Schließlich sei die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch aufgrund der erfolgten betrieblichen Umstrukturierung geboten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 9 KSchG aufgelöst.

I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. In der Sache hatte die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 9 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.

1. Voraussetzung für eine Auflösung gemäß § 9 KSchG auf Antrag der Arbeitgeberseite ist zunächst, dass die zugrunde liegende Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Dies steht aufgrund des Schlussurteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 11.10.2005 rechtskräftig fest, da Rechtsmittel gegen diesen Teil des Schlussurteils nicht eingelegt worden sind.

2. Voraussetzung für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag der Arbeitgeberseite ist weiter, dass Gründe vorliegen müssen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Dabei sind an das Vorliegen solcher Gründe strenge Anforderungen zu stellen, weil der grundrechtliche Gehalt des Kündigungsschutzes zu berücksichtigen ist, siehe Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 22.10.2004 NZA 2005, Seite 41ff.

Eine Wiederholung der Kündigungsgründe reicht insoweit nicht, es müssen vielmehr zusätzliche greifbare Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein gedeihliches Zusammenwirken im Arbeitsverhältnis nicht mehr zu erwarten sein wird. Dabei kann der Arbeitgeber sich nicht auf solche Gründe berufen, die von ihm selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provoziert worden sind, siehe Bundesarbeitsgericht Urteil vom 02.06.2005, - 2 AZR 234/04 -, NZA 2005, Seite 1208.

Andererseits ist nicht erforderlich, dass hinsichtlich der Auflösungsgründe ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt, es kommt allein darauf an ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen muss, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Die dabei erforderliche Gesamtabwägung verlangt eine Berücksichtigung aller Umstände, die für oder gegen die Prognose sprechen, eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht mehr zu erwarten, siehe Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23.06.2005, - 2 AZR 256/04 -, NJW 2006, Seite 1307ff.

3. Im vorliegenden Fall liegen greifbare über die Kündigungsgründe hinaus gehende Gründe vor, die eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht erwarten lassen, und die nicht durch den Arbeitgeber verursacht oder provoziert worden sind.

a) Diese Gründe liegen in den neuen und zusätzlichen Vorwürfen gegen die Beklagte, die die Klägerseite in ihrem Schriftsatz vom 24.05.2005 gegen die Beklagte erhoben hat, und für die kein prozessualer Anlass bestand. Bis zu diesem Schriftsatz hatten sich die Vorwürfe der Klägerin auf das Verhalten des Herrn K fokussiert. Diesem warf die Klägerin vor, vor Durchführung der Prüfungen die Prüfungsunterlagen einzusehen, ferner Musterlösungen zu verändern sowie nachträglich Ergebniskorrekturen vorzunehmen und verdächtigte ihn, Prüfungsunterlagen jeweils vor Durchführung der Prüfung an seine Ehefrau, die als Dozentin und Prüferin tätig war, weitergegeben zu haben.

Dabei kann der Klägerin durchaus zugestimmt werden, dass es zunächst einen Anfangsverdacht gab und deshalb für die Beklagte Anlass bestand, den Sachverhalt im Einzelnen aufzuklären.

Diese Aufklärungsarbeit hat die Beklagte geleistet, indem sie eine Vielzahl von Personen befragt hat und darüber jeweils Gesprächsvermerk angefertigt hat. Dabei hat sich unter anderem herausgestellt, dass weder Herr M noch Herr F konkrete Vorwürfe gegen den Kläger erheben wollten, dass die vorherige Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen sachgerecht war, weil es darum ging immer wieder vorkommende Fehler in den Prüfungsaufgaben und den Musterlösungen zu korrigieren und dass es auch nicht zu beanstanden war, dass Ergebniskorrekturen vorzunehmen waren, soweit die Musterlösungen falsche Lösungshinweise enthielten.

Für bedeutsam hält die Kammer dabei insbesondere, dass bei der Beklagten zunächst sogar eine Arbeitsgruppe gebildet war, die sich mit der vorherigen Fehlerkorrektur der Aufgaben und Lösungshinweise beschäftigte, wie sich aus den inhaltlich von der Klägerseite nicht bestrittenen Gesprächsvermerken des Herrn S (Bl. 29 d.A.) und des Herrn Z (Bl. 31 d.A.) ergibt. Damit konnte jedenfalls der Vorwurf der heimlichen, manipulativen Abänderung der Unterlagen gegen Herrn K nicht aufrechterhalten werden.

Solche Korrekturen können nicht als Manipulation gewertet werden, denn die Beklagte war gegenüber den Prüfungsteilnehmern für eine korrekte Prüfungsdurchführung verantwortlich: Wären Prüfungsteilnehmer durch falsche Prüfungsaufgaben oder Musterlösungen beschwert gewesen, hätten sie gegen die Beklagte verwaltungsgerichtliche Maßnahmen ergreifen können. Es ist jedenfalls nachvollziehbar, wenn die Verantwortlichen der Beklagten sich dem nicht sehenden Auges aussetzen wollten, sondern Fehler vor der Prüfungsdurchführung korrigierten.

Darüber hinaus hatten sich aus den Befragungen keine Anhaltspunkte dafür erhärten lassen, dass Herr K speziell an seine als Dozentin tätige Ehefrau Prüfungsunterlagen oder Lösungsskizzen vorab weitergegeben hätte.

Angesichts dieses Befundes hätte die Beklagte jedenfalls keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegen Herrn K mit Aussicht auf Erfolg ergreifen können. Auch die Klägerseite hat keine Angaben dazu machen können, welche zusätzlichen Aufklärungsmaßnahmen die Beklagte noch hätte ergreifen können oder welche Maßnahmen gegen Herrn K denkbar gewesen wären.

b) Dementsprechend hatte die Klägerin im Verlauf des Prozesses bis zum Schriftsatz vom 24.05.2005 zwar das Verhalten des Herrn K kritisiert, nicht jedoch die Aufklärungsbemühungen der Beklagtenseite. Konsequenterweise hieß es deshalb noch im Schriftsatz der Klägerseite vom 14.10.2004 auf Seite 3 (Bl. 231 d. A.):

"Die Klägerin hat zu keiner Zeit der Beklagten vorgeworfen, sie decke die Verhaltensweise des Herrn K . Die von der Klägerin geäußerte Auffassung, dass keineswegs alle notwendigen Abklärungen erfolgt sind, bedeutet natürlich nicht, dass damit die Klägerin der Beklagten vorwirft, sie decke mögliche Manipulationen des Herrn K ."

Mit dem klägerischen Schriftsatz vom 24.05.2005 änderte sich dies schlagartig, denn nunmehr lies die Klägerin ausführen (Bl. 295 d. A.):

"Wenn ein Mitarbeiter das Verhalten eines Vorgesetzten beanstandet und sich hierbei in dem vorgegebenen innerdienstlichen Rahmen hält, weil die Verdächtigungen derart gelagert sind, dass auch ein Gericht das Bestehen eines Anfangsverdachts für begründet hält, ist es ein Unding, den Mitarbeiter als maßlos zu schelten und aus dem Betrieb herauszudrängen, nur weil sich nach Auffassung der Vorgesetzten der erhobene Vorwurf nicht erhärtet hat. Auf diese Art und Weise setzt sich die Beklagte dem Verdacht aus, Mitarbeiter, die in einer jedenfalls zunächst durchaus berechtigten Art und Weise Vorwürfen an Vorgesetzte herantragen, mundtot zu machen und nach Möglichkeit aus dem Betrieb zu entfernen."

Damit erhob die Klägerin erstmals nicht mehr nur Vorwürfe gegen Herrn K , sondern unmittelbar gegen die Beklagte selbst. Sie warf damit der Beklagten vor, unredlich und rechtswidrig zu handeln, weil der Verdacht bestehe, dass Mitarbeiter mundtot gemacht würden und nach Möglichkeit aus dem Betrieb entfernt würden. Der Vorwurf, Mitarbeiter mundtot zu machen, läuft darauf hinaus, dass die Beklagte unrechtmäßige Verhaltensweisen des Herrn K gedeckt hätte und Vertuschung betrieben hätte, indem Mitarbeiter, die dies zur Sprache bringen, mundtot gemacht werden und aus dem Betrieb entfernt werden sollen.

Für einen solchen gravierenden Vorwurf und die darin enthaltene massive Ehrbeeinträchtigung der Geschäftsleitung der Beklagten gab es keinen sachlichen Grund. Selbst wenn man berücksichtigt, dass es zur prozessualen Rechtswahrnehmung gehört, pointiert und scharfzüngig vorzutragen, so gab es doch keinen Anlass für einen solchen Wechsel im Vortrag, der der gesamten Geschäftsleitung der Beklagten unredliches und unrechtmäßiges Verhalten unterstellte.

Die Klägerseite hat keinen Grund dafür anzugeben vermocht, warum noch im Schriftsatz vom 14.10.2004 ausdrücklich bekräftigt wird, dass man der Beklagten nicht vorwerfe, sie decke die Verhaltensweise und damit mögliche Manipulation des Herrn K , und im Schriftsatz vom 24.05.2005 genau das Gegenteil behauptet wird, nämlich das der Verdacht bestehe, dass Mitarbeiter, die solche Manipulationen aufdecken, mundtot gemacht und nach Möglichkeit aus dem Betrieb entfernt werden sollten. Auch der vorherige Schriftsatz der Gegenseite vom 04.04.2005 bot keinen Anlass für solche massive Herabsetzungen und Beleidigungen des Arbeitgebers.

c) Nimmt man die weiteren Angriffe der Klägerseite hinzu, die sich seit dem Schriftsatz vom 24.05.2005 nunmehr unmittelbar gegen die Beklagte richteten, wird deutlich, dass eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien als nicht mehr möglich angesehen werden muss.

Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerseite in dem Schriftsatz vom 24.05.2005 aufführt, dass unqualifizierte Äußerungen, die sich leider mehrfach im gegnerischen Schriftsatz befänden, für eine Institution wie die Beklagte unwürdig seien.

Daraus wird wie auch aus den weiteren Äußerungen deutlich, dass die Klägerin ihre Frontalangriffe nunmehr gegen die Beklagte insgesamt richtete.

d) Aufgrund dessen erscheint eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit der Parteien nicht vorstellbar. Wäre nur das Vertrauensverhältnis der Klägerin zu ihrem Vorgesetzten Herrn K betroffen, wäre die Störung der vertrauensvollen Zusammenarbeit dadurch zu beheben, dass die Klägerin an anderer Stelle im Betrieb der Beklagten eingesetzt würde. Da die Klägerin ihre ehrverletzenden Herabsetzungen aber gegen die Beklagte insgesamt richtete, war auch eine Zusammenarbeit an anderer Stelle nicht mehr vorstellbar.

e) Der Auflösungsgrund liegt schließlich in der Sphäre der Klägerin, denn die Beklagte hat durch ihr Verhalten keinen Anlass für einen solchen massiven Vorwurf gegeben. Angesichts der Aufklärungsbemühungen, die in den Gesprächsvermerken dokumentiert sind und die der Klägerin spätestens durch Vorlage im Prozess bekannt waren, gab es keinen Anlass nach fast zweijähriger Prozessdauer plötzlich den Vorwurf in den Raum zu stellen, die Beklagte decke mögliche Manipulationen und setze sich dem Verdacht aus, Mitarbeiter, die dies zur Sprache brächten, mundtot zu machen und aus dem Betrieb zu entfernen.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht daher auf den Hilfsantrag der Beklagtenseite das Arbeitsverhältnis gemäß § 9 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Höhe der Abfindung entspricht dem durch § 9 KSchG vorgegebenen Ermessen und ist von der Klägerseite auch nicht beanstandet worden.

Die Angriffe der Klägerin gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 11.10.2005 hatten daher keinen Erfolg. Die Berufung war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Eine Zulassung der Revision nach § 72 ArbGG kam nicht in Betracht, insbesondere deshalb, weil die Rechtsache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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