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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 13.02.2006
Aktenzeichen: 14 (3) Sa 1363/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
1. Eine außerhalb des Geltungsbereichs des KSchG ausgesprochene Kündigung ist nicht deshalb rechtsunwirksam, weil sie während eines Krankenhausaufenthalts des Arbeitnehmers ausgesprochen wird.

2. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Arbeitgeber kündigt, weil er daran zweifelt, dass der Arbeitnehmer für die Arbeit noch gesundheitlich geeignet ist.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.08.2005 - 15 Ca 600/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses im Kleinbetrieb.

Die am 16.05.1970 geborene Klägerin ist seit dem Jahre 2001 bei den Beklagten, die eine Arztpraxis für Allgemeinmedizin betreiben, als Arzthelferin zu einem Monatsverdienst von 1.700,00 € beschäftigt. Neben der Klägerin war lediglich noch eine weitere Auszubildende beschäftigt.

Unter dem Datum des 07.10.2004 erhielt die Klägerin eine Abmahnung (Bl. 72 d. A.). Sie befand sich in stationärer Behandlung vom 15.11. bis 24.11.2004 und erneut ab dem 11.01.2005.

Mit Schreiben vom 14.01.2005 kündigten die Beklagten das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2005. Hiergegen richtete sich die am 18.01.2005 bei Gericht eingegangene Kündigungsschutzklage der Klägerin, mit der sie die Kündigung vom 14.01.2005 angriff und ihre Weiterbeschäftigung verlangte.

Sie hat geltend gemacht, die Kündigung sei zur Unzeit erfolgt, weil sie sich zur Zeit der Kündigung in stationärer Behandlung befunden habe. Die Erkrankung sei durch die Stressbelastung bedingt, die aufgrund ihrer Tätigkeit am Arbeitsplatz entstanden sei.

Die Beklagten sind dem entgegen getreten und haben sich insbesondere auf die Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes berufen.

Durch Urteil vom 04.08.2005, das der Klägerseite am 13.09.2005 zugestellt wurde, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 36 bis 42 d. A.) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Anliegen weiter verfolgt.

Die Kündigung sei treuwidrig, die Arbeitgeber hätten sich zudem widersprüchlich verhalten und den Ausspruch der Kündigung in verletzender Form und im Übrigen zur Unzeit vorgenommen. Die Klägerin sei zur Zeit des Ausspruchs der Kündigung schwer erkrankt gewesen. Die Erkrankung resultiere aus dem ständigen permanenten erheblichen Arbeitsdruck und Stress, dem die Klägerin am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei die ausgesprochene Kündigung grob treuwidrig und im Übrigen wegen der Behandlung im Krankenhaus auch zur Unzeit ausgesprochen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 4.8.2005

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14.01.2005 nicht beendet wurde.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagten stellen in Abrede, dass die Kündigung treuwidrig oder zur Unzeit erfolgt sei. Bei Übergabe des Kündigungsschreibens am 14.01.2005 an die Mutter der Klägerin habe die Klägerin bereits seit dem 11.01.2005 unentschuldigt gefehlt. Die Mutter der Klägerin habe auch nicht auf eine Krankenhausbehandlung hingewiesen. Darüber hinaus sei der Klägerin Leistungsmängel vorzuwerfen, da sie durch verschiedene Nebentätigkeiten überlastet gewesen sei und deshalb ihre Arbeit nicht in ausreichender Qualität verrichtet habe. Insbesondere seien eine Reihe von Krankenakten nicht sorgfältig geführt worden, wodurch den Beklagten Schäden entstanden seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft nach § 64 Abs. 2 c) ArbGG und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Denn schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in der Klage und in der Berufungsinstanz konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Das Arbeitsverhältnis ist durch die ordentliche fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 14.01.2005 unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristgerecht zum 28.02.2005 aufgelöst worden.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet unstreitig das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, da die Beklagten neben der Klägerin nur eine Auszubildende beschäftigt haben. Dies bedeutet, dass die Beklagten zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinen nach § 1 Abs. 2 KSchG erforderlichen Kündigungsgrund anführen müssen. Die daraus folgende Befreiung vom Kündigungsschutz des KSchG in Kleinbetrieben ist verfassungsgemäß (siehe Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.01.1998, AP KSchG 1969, § 23 Nr. 17). Infolge dessen kommt es nicht darauf an, ob die von der Beklagten zusätzlich geltend gemachten Leistungsmängel der Klägerin insbesondere wegen der Überlastung durch Nebentätigkeit zutrafen oder nicht; auch eine weitere Stellungnahme der Klägerin zu den diesbezüglichen Ausführungen der Beklagtenseite in der Berufungserwiderung war aus diesem Grund entbehrlich.

2. Die Kündigung ist auch nicht aus außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes liegenden Umständen rechtsunwirksam.

Soweit sich die Klägerin auf eine Kündigung zur Unzeit beruft, hat bereits das Arbeitsgericht mit Recht ausgeführt, dass hierfür keine Anhaltspunkte vorliegen. Eine Kündigung kann grundsätzlich auch während einer Erkrankung ausgesprochen werden. Es ist auch nicht erheblich, ob die Krankheit durch ambulante oder stationäre Behandlung behandelt wird. Nicht einmal der zeitliche Zusammenhang mit einer Fehlgeburt einer Arbeitnehmerin oder eine Aushändigung einer Kündigung an Heiligabend reichen für die Annahme einer Kündigung zur Unzeit aus (siehe BAG, Urteil vom 12.07.1990, AP BGB § 613 a Nr. 87, BAG, Urteil vom 14.11.1984, NJW 1987, S. 94). Sogar eine Kündigung, die einen Arbeitnehmer wegen eines noch nicht verarbeiteten Schicksalsschlages im privaten Bereich (z. B. Tod eines nahen Angehörigen) besonders trifft, kann noch nicht als Kündigung zur Unzeit angesehen werden (siehe Ascheid/Preis/Schmidt, Großkomm. zum Kündigungsrecht, 2. Aufl., Grundlagen J., Rz. 47; BAG, Urteil vom 05.04.2001, NZA 2001, S. 890 ff.). Eine Ausnahme im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ist anzunehmen bei einer Kündigung, die dem Arbeitnehmer nach einem schweren Arbeitsunfall im Betrieb am gleichen Tage im Krankenhaus unmittelbar vor der auf dem Unfall beruhenden Operation ausgehändigt wird (siehe Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 29.10.1985, LAGE, BGB § 242 Nr. 1). Ein solcher Fall liegt hier nicht ansatzweise vor. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Beklagten von der stationären Behandlung der Klägerin überhaupt gewusst haben. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, würde es sich um eine Kündigung während einer Krankenbehandlung handeln, die nicht als Kündigung zur Unzeit angesehen werden kann.

Vergeblich beruft sich die Klägerin des Weiteren darauf, die Kündigung sei treuwidrig, weil sie wegen ihrer Erkrankung, die arbeitsplatzbedingt sei, ausgesprochen worden sei. Denn eine krankheitsbedingte Kündigung ist selbst unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes rechtlich zulässig. Die krankheitsbedingte Kündigung ist der Hauptanwendungsfall der personenbedingten Kündigung; die Krankheit selbst ist dabei kein Kündigungshindernis. Entscheidend ist, ob aufgrund der bisherigen Erkrankungen die Prognose gestellt werden muss, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft krankheitsbedingt ausfallen wird (zum Ganzen siehe Ascheid/Preis/Schmidt, Großkomm. zum Kündigungsrecht, 2. Aufl., § 1 KSchG, insbes. Rz. 134 ff.). Ist es aber unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes bereits möglich, Krankheit als personenbedingten Kündigungsgrund zu verwenden, ist es erst recht nicht zu beanstanden, wenn außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes eine Erkrankung, die die zukünftige Eignung der Klägerin für den Arbeitsplatz in Frage stellt, zum Motiv einer Kündigung zu nehmen. Von einer treuwidrigen Kündigung kann daher nicht gesprochen werden, wenn ein Arbeitgeber, der aufgrund fehlender Geltung des Kündigungsschutzgesetzes gar keinen Kündigungsgrund braucht, sich an Kündigungsgründe anlehnt, die bereits als Kündigungsgründe bei Geltung des Kündigungsschutzgesetzes anerkannt sind.

Schließlich ist die Kündigung nicht deshalb unwirksam, weil sie der Klägerin in diskriminierender Form bekannt gemacht worden wäre. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin durch Bekanntgabe der Kündigung an Dritte herabgesetzt worden wäre.

Nach allem ist die Kündigung der Beklagten rechtswirksam. Zu Recht hat das Arbeitsgericht daher die Kündigungsschutzklage der Klägerin abgewiesen.

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Revision konnte nicht nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen werden, insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil es sich um eine Anwendung der in der Rechtsprechung geklärten Fragen auf einen Einzelfall handelte.

Ende der Entscheidung

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