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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 06.02.2006
Aktenzeichen: 14 (4) Sa 1388/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
Das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ist nicht schlüssig dargelegt, wenn der Arbeitnehmer nicht widerspruchsfrei eine Einigung über Arbeitsaufnahme und Arbeitsbedingungen darlegen kann.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.09.2005 - 5 Ca 434/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist und der Kläger auf der Basis eines solchen Arbeitsverhältnisses Vergütungsansprüche hat.

Der Kläger ist türkischer Staatsbürger und mit der Alleingesellschafterin, der Beklagten, weitläufig verwandt.

Die Beklagte betreibt in B in der H ein Speiserestaurant sowie mehrere Imbisslokale. Geschäftsführer der Beklagten ist Herr K B .

Der Schwiegervater des Klägers und der Kläger baten mehrfach den Ehemann der Alleingesellschafterin der Beklagten um eine Arbeitsstelle für den Kläger. Hintergrund dafür war, dass der Kläger zunächst noch in der Türkei lebte und zu seiner bereits in Deutschland wohnenden Ehefrau ziehen wollte.

Nachdem ein erster Antrag auf Arbeitserlaubnis keinen Erfolg hatte, erteilte die Agentur für Arbeit aufgrund eines erneuten Antrages der Beklagten vom 10.11.2004 (Blatt 21 d. A.) unter dem Datum vom 17.11.2004 eine Arbeitserlaubnis für den Betrieb der Beklagten für die Zeit vom 16.11.2004 bis zum 29.01.2005. Der Kläger hat vorgetragen, man habe sich auf eine Vergütung von 1.400.00 € brutto pro Monat, also 8,00 € pro Stunde, geeinigt. Ab dem 01.11. bis zum 13.12.2004 habe der Kläger täglich von 09:00 - 23:00 Uhr gearbeitet, auch samstags und sonntags. Aus der Arbeit und der anschließenden Nichtannahme der Arbeit resultiere ein Anspruch von 602 Arbeitsstunden à 8,00 € pro Stunde. Auf diesen Anspruch habe er lediglich 900,00 € netto erhalten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.029,00 € brutto abzgl. 900,00 € netto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, zwischen den Parteien sei kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Beklagte habe zwar die Arbeitsgenehmigung für den Kläger beantragt, eine Beschäftigung aber davon abhängig gemacht, dass der Kläger Gesundheitszeugnis sowie Lohnsteuerkarte einreiche. Dies sei nicht geschehen. Weil kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei, habe der Kläger auch keinerlei Vergütungszahlungen erhalten; erhalten habe der Kläger lediglich einen Betrag von 900,00 € als Darlehen vom Schwager des Ehemanns der Alleingesellschafterin zu dem Zweck, mit seiner Ehefrau und seinem Kind in die Türkei reisen zu können. Das Arbeitsgericht Bonn hat durch am 7. September 2005 verkündetes Urteil, das der Klägerseite am 04.10.2005 zugestellt wurde, die Klage abgewiesen, weil der Kläger das Zustandekommen und die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend dargestellt und unter Beweis gestellt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil (Blatt. 63 bis Blatt 69 d.A.) verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter. Er trägt vor, er habe im Imbisslokal A in der E in B für die Beklagte gearbeitet. Er habe seine Arbeit täglich um 08:00 Uhr begonnen und habe zusammen mit Frau K gearbeitet. Der diesbezügliche Beweisantritt sei vom Arbeitsgericht unzutreffender weise übergangen worden, ebenso die Beweisantritte hinsichtlich der Zeugin M und O K die regelmäßig Gast in jenem Imbisslokal gewesen seien und bestätigen könnten, dass der Kläger dort gearbeitet habe. Dem dort tätigen Zeugen M P habe er das verlangte Gesundheitszeugnis ausgehändigt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteiles des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.09.2005, Aktenzeichen 5 Ca 434/05, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.029,00 € brutto abzüglich gezahlter 900,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezweifelt, dass die Berufungsbegründung des Klägers den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Sie verweist darauf, dass der Kläger nicht schlüssig dargelegt habe, wie er sich mit dem Geschäftsführer der Beklagten verständigt haben wollen, angesichts der Tatsache, dass der Kläger einen Dolmetscher benötige, weil er kaum Deutsch spreche und der Geschäftsführer der Beklagten keinerlei Türkisch verstehe. Widersprüchlich sei es, wenn der Kläger in der ersten Instanz behauptet habe, er habe arbeitstäglich ab 09:00 Uhr gearbeitet, jetzt in der Berufungsinstanz aber behaupte, er habe arbeitstäglich ab 08:00 Uhr mit seiner Arbeit begonnen. Die vom Kläger benannte Zeugin K habe zu keiner Zeit bei der Beklagten gearbeitet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im zweiten Rechtszug zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 2 Nr. 2 b ArbGG und fristgerecht gemäß § 66 ArbGG eingelegt worden. Die Bedenken hinsichtlich der Berufungsbegründung lassen sich überwinden, wenn man den Vortrag des Klägers so versteht, dass er geltend machen will, die nicht berücksichtigten Beweisantritte des Klägers müssten berücksichtigt werden und würden zu einer für den Kläger günstigen Tatsachenfeststellung führen. Dies würde von § 520 Abs. 3 Ziff. 2 und 4 ZPO erfasst (vgl. Baumbach u.a., Zivilprozessordnung 64. Auflage, § 520 ZPO Randziffer 23 ff.).

Die Berufung ist damit zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers unschlüssig ist.

a) Der Kläger hat nicht substanziiert darlegen können, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis gemäss § 611 BGB mit der Einigung über die Vergütung, den Ort und die Arbeitszeit zustande gekommen ist.

Mit Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger bereits nicht erklärten konnte, wie überhaupt eine Verständigung zwischen ihm, der einen Dolmetscher benötigt, und dem Geschäftsführer der Beklagten, der nicht türkisch spricht, zustande gekommen sein soll. Auch die behauptete Einigung über die Arbeitszeit, nämlich den Arbeitszeitbeginn um 09:00 Uhr angesichts der Tatsache, dass das Speiserestaurant der Beklagten erst ab 17:00 Uhr geöffnet hat, war nicht nachvollziehbar. Der Vortrag des Kläger in der zweiten Instanz hat die Widersprüchlichkeiten noch vertieft. Der Kläger hat in der zweiten Instanz vorgetragen, das Einstellungsgespräch habe nicht am 01.11. sondern etwa 3 bis 4 Tage vorher stattgefunden. Als arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeitbeginn hat der Kläger nunmehr 08:00 Uhr behauptet und als Beschäftigungsort das ebenfalls von der Beklagten betriebene Imbisslokal A in der E in B angegeben. Die vorher abweichende Darstellung beruhe auf einem Informationsfehler des Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Diese Darlegungen machen den Vortrag des Klägers nicht schlüssig. Es mangelt bereits daran, dass der Kläger nicht konkret Datum, Uhrzeit und Einzelheiten des Einstellungsgesprächs darlegen kann. Die Widersprüche, die aus diesem Vortrag entstehen, hat der Kläger nicht aufklären können. Denn zum Zeitpunkt des behaupteten Gesprächs, etwa drei bis vier Tage vor dem 01.11.2004, lag die von der Beklagten unstreitig verlangte Arbeitserlaubnis noch nicht vor, sie war noch nicht einmal beantragt. Denn der Antrag auf die Arbeitserlaubnis wurde erst unter dem Datum des 10.11.2004 bei der Agentur für Arbeit eingereicht; diese beschied ihn - wie in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht unstreitig geworden ist - erst mit einem einige Tage später bei der Beklagten eingehenden Bescheid. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wie man sich einige Tage vor dem 01.11.2004 auf die Arbeitsaufnahme ab dem 01.11.2004 geeinigt haben könnte, also zu einer Zeit, zu der die von beiden Parteien als notwendig für die Arbeitsaufnahme angesehene Arbeitserlaubnis weder beantragt war noch vorlag.

Unstreitig ist in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht auch geworden, dass die Beklagte zur Bedingung einer arbeitsvertraglichen Einigung nicht nur die Vorlage des Gesundheitszeugnisses, sondern auch die Vorlage der Lohnsteuerkarte gemacht hat. Diese Lohnsteuerkarte hat der Kläger unstreitig aber zu keiner Zeit vorgelegt. Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei erklärt worden, es reiche die Lohnsteuerkarte der Ehefrau und diese habe er überreicht, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger diesen Vortrag nicht näher spezifiziert hat und keinen Beweis hierfür antreten konnte. Weder ist dargetan, wer dem Kläger dies gesagt haben soll, noch, ob dies von einem Vertretungsberechtigten der Beklagten geäußert worden ist. Es ist auch nicht plausibel, dass und warum die Beklagte auf das Erfordernis der Vorlage einer Lohnsteuerkarte durch den Kläger hätte verzichten sollen. Zwar kann theoretisch nicht ausgeschlossen werden, dass ein illegales Arbeitsverhältnis ohne Arbeitspapiere durchgeführt werden sollte. Im vorliegenden Fall spricht hierfür jedoch nichts, denn die Beklagte hatte unstreitig als Bedingung für den Beginn eines Arbeitsverhältnisses die vollständige Vorlage aller Arbeitspapiere, nämlich Arbeitserlaubnis, Lohnsteuerkarte und Gesundheitszeugnis verlangt. Hätte die Beklagte ein illegales Arbeitsverhältnis gewollt, hätte eine solche Aufforderung keinen Sinn gemacht. Deshalb ist nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte auf eines dieser Erfordernisse im Nachhinein hätte verzichten sollen. Der Kläger hat hierzu keine plausible Erklärung zu liefern vermocht.

An einer plausiblen Erklärung fehlt es auch bezüglich des Wechsels im Vortrag des Klägers, der in der zweiten Instanz vorgetragen hat, es sei 08:00 Uhr als Arbeitszeitbeginn vereinbart, während er in der ersten Instanz noch vorgetragen hat, 09:00 Uhr sei der vereinbarte Arbeitszeitbeginn.

Letztlich hat der Kläger für das Einstellungsgespräch, das etwa 3 bis 4 Tage vor dem 01.11. stattgefunden haben sollen, und in dem all diese Festlegungen ja getroffen worden sein müssten, keinen Beweis anbieten können, da nach dem Vortrag des Klägers nicht davon ausgegangen werden kann, dass weitere Personen an dem Gespräch teilgenommen haben.

Nach allem ist eine arbeitsvertragliche Einigung über ein Arbeitsverhältnis, seinen Beginn, die täglichen Arbeitszeiten, den Arbeitsort und die Arbeitsvergütung, in keiner Weise schlüssig dargetan.

b) Aus tatsächlichen Arbeitsleistungen kann der Kläger ebenfalls keinen Anspruch herleiten, denn auch insoweit mangelt es an einem ausreichend substantiierten und widerspruchsfreien schlüssigen Vortrag. Soweit der Kläger vorträgt, bereits ab dem 01.11. bei der Beklagten gearbeitet zu haben, ist dies schon deshalb nicht schlüssig, weil unstreitig die Arbeitserlaubnisbedingung Bedingung für die Aufnahme der Tätigkeit des Klägers sein sollte. Diese ist aber erst am 10.11.2004 beantragt und erst einige Tage später erteilt worden. Widersprüchlich ist ferner der Vortrag zu den Arbeitszeiten. Während der Kläger in der ersten Instanz vorgetragen hat, arbeitstäglich um 09:00 Uhr mit der Arbeit begonnen zu haben, hat er in der zweiten Instanz behauptet, ab 08:00 Uhr tätig gewesen zu sein. Nicht Stellung genommen hat der Kläger zu dem von der beklagten Seite in der ersten Instanz geltend gemachten Umstand, der Kläger sei im November 2004 gar nichts arbeitsfähig gewesen, da er Anfang November in eine Schlägerei in einer B Diskothek geraten sei und als Folge dessen seinen Arm längere Zeit in Gips habe tragen müssen (Schriftsatz der beklagten Seite vom 27.04.2005, Blatt 16 d.A.).

Angesichts dessen waren die Beweisantritte des Klägers ungeeignet. Ihnen konnte, da kein substantiierter Vortrag erfolgt war, nicht nachgegangen werden. Dies gilt insbesondere für die als Zeugen benannten Gäste, die regelmäßig in dem Imbisslokal der Beklagten zu Gast gewesen sein sollen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass diese Tätigkeiten im Speiselokal der Beklagten, die der Kläger ausgeführt hat, bestätigen könnten, kann dies keinen Beweis dafür erbringen, dass der Kläger jeden Tag - wie er behauptet - um 08:00 Uhr mit der Arbeit begonnen und sodann durchgehend bis 23:00 Uhr gearbeitet habe. Im Übrigen kann aus der Tatsache, dass der Kläger im Imbisslokal der Beklagten Tätigkeiten verrichtet hat, noch nicht geschlossen werden, dass dies auf der Basis des von dem Kläger behaupteten Inhalts eines Arbeitsvertrages geschehen ist. Angesichts der familiären und bekanntschaftlichen Beziehungen der Parteien ist eine aufgrund familiärer oder bekanntschaftlicher Beziehung beruhende sporadische Tätigkeit auf Gefälligkeitsbasis nicht auszuschließen.

Soweit sich der Kläger auf die Zeugin K beruft, konnte dem Beweisantritt ebenfalls nicht gefolgt werden. Der Kläger hat bereits nicht dargetan, ab wann und bis wann diese Zeugin bei der Beklagten beschäftigt gewesen sein soll. Die Beklagtenseite hat eine Beschäftigung dieser Zeugin nachdrücklich bestritten. Der Kläger hat nicht präzise angeben können, wann die Zeugin K ihre Tätigkeit bei der Beklagten aufgenommen haben soll und wann sie sie wieder beendet hat. Er hat hierzu nur pauschal ohne nähere Einzelheiten angegeben, die Zeugin sei ebenso wie der Kläger bei der Beklagten beschäftigt gewesen und habe dann wegen Differenzen mit der Geschäftsleitung ihre Tätigkeit beendet. Unpräzise ist auch der Vortrag, die Zeugin habe "weitgehend parallel" mit dem Kläger gearbeitet. Mit ähnlich pauschalen Behauptungen hat der Kläger die Zeugen H P und M P benannt. Abgesehen von den vom Kläger für die Zeugen angegebenen Anwesenheitszeiten, die nicht mit dem vom Kläger behaupteten Anwesenheitszeiten übereinstimmen, fehlt jeder Vortrag des Klägers dazu, wie und mit welchen Arbeiten in dem kleinen Imbisslokal A vier Personen beschäftigt worden sein sollen.

Auch das diesbezügliche Vorbringen des Klägers war daher unschlüssig; die angebotenen Beweise daher nicht zu erheben.

Die Berufung war daher mit der in § 97 Abs. 1 ZPO festgelegten Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden gemäss § 72 Abs. 2 ArbGG, insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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