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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 10.04.2006
Aktenzeichen: 14 (4) Sa 61/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 130
Wer als Arbeitgeber die ordentliche Frist zur Kündigung in der Weise ausnutzen will, dass er dem Arbeitnehmer am Abend des letzten Tages des Monats die Kündigungserklärung am Arbeitsplatz übergeben will, kann sich nicht auf Zugangsvereitelung durch den Arbeitnehmer berufen, wenn dieser kurz vor Arbeitsschluss bereits gegangen ist.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.11.2005 - Az 17 Ca 3859/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung der Beklagten und den daraus folgenden Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses.

Der am 28.08.1958 geborene Kläger war gemäß Arbeitsvertrag vom 10.10.2001 ab dem 01.10.2001 als Zahntechniker bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als 5 Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 31.03.2005 (Blatt 8 d. A.) kündigt die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 30.04.2005.

Dieses Kündigungsschreiben ging dem Kläger erst am 01.04.2005 zu. Aufgrund dessen verlangte der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende erst zum 31.05.2005 sein Ende gefunden habe.

Das Arbeitsgericht gab der Klage durch Urteil vom 15.11.2005 (Blatt 37 ff. d. A.) statt.

Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagtenseite trägt vor, der Kläger habe den Zugang des Kündigungsschreibens am 31.03.2005 vereitelt.

Es sei zu vermuten, dass der Kläger im Laufe des Tages des 31.03.2005 das Kündigungsschreiben auf dem Schreibtisch des Geschäftsführers der Beklagten gesehen habe. Jedenfalls sei der Kläger nicht bis zum Ende seiner regulären Arbeitszeit um 17:15 Uhr am Arbeitsplatz geblieben, sodass um 16:45 Uhr, als der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger das Kündigungsschreiben habe übergeben wollen, dieser nicht mehr im Betrieb gewesen sei und demzufolge den Zugang des Kündigungsschreibens vereitelt habe. Weitere Schritte zur Zustellung des Kündigungsschreibens noch am 31.03.2005 habe der Geschäftsführer der Beklagten nicht unternehmen können, da er aufgrund einer zwingenden Verpflichtung zu seinem bettlägerigen Vater nach E habe fahren müssen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 15.11.2005 - 17 Ca 3859/05 - abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, von einer Zugangsvereitelung könne keine Rede sein. Er sei an dem fraglichen Tag, dem 31.03.2005 sogar über seine normale Arbeitszeit hinaus bis 17:45 Uhr anwesend gewesen. Er habe keine Kenntnis vor dem Erhalt des Kündigungsschreibens davon gehabt, dass der Geschäftsführer der Beklagten eine Kündigung beabsichtige.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien in zwei Schriftsatz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegt und begründete Berufung der Beklagtenseite ist in der Sache nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben.

Auf die überzeugenden Urteilsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Unstreitig ist die Kündigung der Beklagten dem Kläger erst am 01.04.2005 tatsächlich zugegangen. Aufgrund der zu beachtenden gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende endete das Arbeitsverhältnis daher erst zum 31.05.2005.

Auf eine Zugangsvereitelung und damit auf einen früheren Beendigungszeitpunkt kann sich die Beklagte, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht berufen.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagtenseite unterstellt, dass der Kläger von der Kündigungsabsicht der Beklagten bereits im Laufe des Tages des 31.03.2005 erfuhr und weiter ebenfalls zugunsten der Beklagten unterstellt, dass der Kläger um 16:45 Uhr nicht mehr im Betrieb anwesend war, ergibt sich hieraus kein Fall der Zugangsvereitelung. Denn auch wenn ein Arbeitnehmer von einer bevorstehenden Kündigung weiß, hat er keine Verpflichtung, aktiv Vorkehrungen dafür zu treffen, dass ihm die Kündigung auch zugehen kann. Es ist vielmehr Aufgabe desjenigen, der eine Kündigung aussprechen will, für einen ordnungsgemäßen Zugang zu sorgen und entsprechende Vorsorge zu treffen.

Hier ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte ein erhebliches Risiko bereits dadurch eingegangen ist, dass sie die Kündigungsfrist bis zum letzten Tag und bis in die letzten Stunden des letzten Tages ausreizen wollte. Es ist nichts dafür ersichtlich, warum die Kündigung nicht auch schon in den Tagen vor dem 31.03.2005 ausgesprochen und dem Kläger zugestellt wurde. Wer die Kündigungsfrist bis zum letzten Tag und bis in die letzten Stunden des letzten Tages ausschöpfen will, läuft ein erhöhtes Risiko und muss die Folgen tragen, wenn sich dieses Risiko realisiert.

Es ist ferner zu berücksichtigen, dass selbst dann, wenn man unterstellt, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen hat, dadurch die Zustellung der Kündigung am 31.03.2005 jedenfalls nicht unmöglich wurde und von einer Zugangsvereitelung deshalb nicht gesprochen werden kann. Denn es hätte trotz dieses Umstandes eine Reihe von Möglichkeiten für die Beklagte gegeben, die Zustellung der Kündigung noch am 31.03.2005 zu bewerkstelligen. So wäre es ohne weiteres möglich gewesen, um 16:45 Uhr, als angeblich das Fehlen des Klägers festgestellt wurde, einen anderen Mitarbeiter der Beklagten zu beauftragen, das Kündigungsschreiben dem Kläger noch am selben Tag in dessen Wohnung zu übergeben. Ebenso wäre es möglich gewesen, beispielsweise ein Taxiunternehmen mit der Überbringung des Schriftstücks in die Wohnung des Klägers zu beauftragen. Dies hätte sich durch einen Telefonanruf erledigen lassen und hinsichtlich des Termins des Geschäftsführers der Beklagten in E nur einen Aufschub von allenfalls einigen Minuten bedeutet. Nicht zuletzt hätte der Geschäftsführer der Beklagten selbst nach seinem Termin in E bei seiner Rückkehr den Kläger in dessen Wohnung aufsuchen und das Kündigungsschreiben übergeben können. Bereits anhand dieser sicher nicht abschließenden Aufzählung von Möglichkeiten wird deutlich, dass jedenfalls das von der Beklagtenseite dem Kläger unterstellte Verhalten die Zustellung der Kündigung am 31.03.2005 nicht unmöglich gemacht hat.

Von einer Zugangsvereitelung kann daher, wie das Arbeitsgericht mit Recht entschieden hat, nicht gesprochen werden.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Absatz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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