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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 07.01.2008
Aktenzeichen: 14 Sa 1311/07
Rechtsgebiete: BGB, EFZG


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
EFZG § 5 Abs. 1 Satz 1
Die Versäumung der Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung einer Arbeitsunfähigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG rechtfertigt nach einschlägiger Abmahnung regelmäßig keine außerordentliche Kündigung; in Betracht kann aber eine ordentliche Kündigung kommen (im Anschluss an BAG, Urteil vom 15.01.1986 - 7 AZR 128/83 - AP Nr. 93 zu § 626 BGB).
Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.08.2007 - 6 Ca 980/07 - wird teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Kündigung des Beklagten vom 30.01.2007 sein Ende gefunden hat.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.390,00 € brutto zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Rechtswidrigkeit einer fristlosen Kündigung, daraus resultierender Annahmeverzugslohnansprüche, nachdem die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts über eine ebenfalls ausgesprochene fristgerechte Kündigung rechtskräftig geworden ist.

Der Beklagte ist Inhaber eines Kantinenbetriebes mit weniger als fünf Arbeitnehmern. Die am 04.04.1960 geborene Klägerin war seit dem 01.02.2002 dort als Küchenhilfe/Kassiererin zu einer monatlichen Vergütung von 1.390,00 € brutto tätig.

Die Klägerin arbeitete in Vollzeit bei einer arbeitstäglichen Arbeitszeit von 05:30 Uhr bis 14.30 Uhr.

Ab dem 12.01.2007 war die Klägerin zunächst bis zum 24.01.2007 arbeitsunfähig krank geschrieben. Sie meldete sich am 12.01.2007 telefonisch bei dem Beklagten um 09:30 Uhr und teilte ihre Arbeitsunfähigkeit mit.

Die Klägerin wurde alsdann weiter arbeitsunfähig krank geschrieben vom 25.01.2007 bis zum 27.01.2007. Die diesbezügliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reichte die Klägerin persönlich bei dem Beklagten am 25.01.2007 gegen 18:30 Uhr ein.

Mit Schreiben vom 26.01.2007 (Bl. 4 d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht nach Ziffer 5 des Arbeitsvertrages zum 28.02.2007.

Aufgrund einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde die Klägerin ab Montag, den 29.01.2007 weiter arbeitsunfähig geschrieben. Sie reichte die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am Abend des 29.01.2007 bei dem Beklagten ein.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.01.2007 (Bl. 19 d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt wegen Verletzung der Meldepflicht nach § 5 EntgeltFG.

Durch Urteil vom 14.08.2007 hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage und die Vergütungsklage für den Monat Februar 2007 abgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, dass Arbeitsverhältnis sei bereits durch die fristlose Kündigung des Beklagten rechtswirksam aufgelöst worden, weil die Hartnäckigkeit des Pflichtverstoßes der Klägerin und die Missachtung der Interessen des Beklagten in Bezug auf die Einhaltung der rechtzeitigen Erfüllung der Meldepflichten für eine außerordentliche Kündigung ausreichend seien.

Gegen dieses ihm am 01.10.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin nur bezogen auf die fristlose Kündigung vom 30.01.2007 und den daraus folgenden Vergütungsanspruch für den Monat Februar 2007 Berufung einlegen lassen, hingegen das Urteil bezogen auf die Rechtswirksamkeit der fristgerechten Kündigung vom 26.01.2007 rechtskräftig werden lassen.

Zur Begründung der Berufung lässt die Klägerin vortragen, dass sie nicht gegen ihre Verpflichtungen aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EntgeltFG verstoßen habe. Sie habe sich an den Tagen, an denen sie aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit einen Arzt habe aufsuchen müssen, zuvor morgens unverzüglich jeweils versucht, den Beklagten über dessen Handynummer zu kontaktieren. Allerdings habe der Beklagte das Handy regelmäßig nicht eingeschaltet gehabt, so dass nur die Möglichkeit bestanden habe, über dessen Mailbox eine Nachricht zu hinterlassen. Insoweit müsse die Frage gestellt werden, aus welchem Grund der Beklagte gerade in den Zeiten, in denen er auf dringende Nachrichten angewiesen sei, um aufgrund von Krankheitsfällen personelle Umstrukturierungsmaßnahmen vornehmen zu können, sein Mobiltelefon nicht eingeschaltet gehabt habe. Auf die Abmahnung vom 02.09.2005 könne sich der Beklagte nicht berufen, da diese keinen zeitlichen Zusammenhang zum vorliegenden Sachverhalt aufweise; sie beziehe sich zudem auf eine fehlende Krankmeldung am ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit am 22. bzw. 29.08.2005. Vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung sei daher eine erneute Abmahnung erforderlich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 14.08.2007 - 6 Ca 980/07 -

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 30.01.2007 sein Ende gefunden hat,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.390,00 € brutto zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Klägerin habe durch ihr Verhalten gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Krankmeldung verstoßen. Denn sie sei verpflichtet gewesen, sich zu Beginn bzw. vor ihrer Arbeitszeit um 05:30 Uhr krank zu melden, damit der Beklagte die entsprechenden personellen Maßnahmen habe treffen können. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie nicht Willens sei, die einschlägigen gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen, und zwar trotz einschlägiger Abmahnungen des Beklagten. Insbesondere habe der Beklagte aufgrund der nicht eingehaltenen rechtzeitigen Mitteilungsverpflichtung an den einzelnen Tage keine auffangenden Maßnahmen mehr treffen können. Dabei habe die Klägerin ebenso wie alle anderen Angestellten alle für eine Meldung erforderlichen Telefonnummern besessen, insbesondere die Telefonnummer der Kantine selbst, das Büro der Kantine, die private Telefonnummer des Berufungsbeklagten sowie seine Handynummer.

Da der Berufungsbeklagt täglich zwischen 05:30 Uhr bis zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr in der Kantine anwesend sei, sei es kein Problem ihn zu erreichen (Schriftsatz der Beklagtenseite vom 02.01.2008 Seite 2). Tatsächlich habe sich die Klägerin nicht gemeldet und auch nicht auf die Mailbox des Beklagten gesprochen, obwohl sie aufgrund der Abmahnung vom 02.09.2005 (Bl. 95 d. A.) sowie einer weiteren Abmahnung vom 29.03.2006, deren Ausspruch und Erhalt die Klägerin bestritten hat, gewarnt gewesen sei. Bestritten werde der Vortrag der Klägerin, dass sie im Fall eines krankheitsbedingten Ausfalls unproblematisch durch Frau Haag habe ersetzt werden können. Vielmehr hätte der Beklagte im Fall der Krankheit der Klägerin versuchen können, die erkrankte Klägerin durch eine regelmäßig nicht vormittags arbeitende, einspringende Teilzeitkraft zu ersetzen.

Der Anspruch auf die Vergütung für den Monat Februar 2007 sei unbegründet. Denn die Klägerin habe nach Erhalt der fristlosen Kündigung ihre Arbeitsleistung dem Berufungsbeklagten nicht mehr angeboten und keinen Kontakt zu ihm aufgenommen und sei auch nicht mehr zu ihren Arbeitszeiten zum Dienst erschienen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die allein auf die Rechtswidrigkeit der fristlosen Kündigung und den daraus folgenden Vergütungsanspruch für den Monat Februar 2007 bezogene Vergütung ist zulässig und begründet.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 64 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Zulässigerweise hat die Klägerin ihre Berufung auf die Rechtswidrigkeit der fristlosen Kündigung vom 30.01.2007 und den daraus folgenden Vergütungsanspruch für den Monat Februar 2007 beschränkt. Eine solche Beschränkung ist zulässig. Sie führt dazu, dass der übrige Teil des erstinstanzlichen Urteils, der den Streitgegenstand der fristgerechten Kündigung vom 26.01.2007 betrifft, von der Berufung nicht erfasst und damit rechtskräftig geworden ist, so dass rechtskräftig feststeht, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 26.01.2007 am 28.02.2007 sein Ende gefunden hat.

II. Die auf die Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 30.01.2007 und den daraus resultierenden Vergütungsanspruch für den Monat Februar 2007 beschränkte Berufung ist begründet. Die fristlose Kündigung vom 30.01.2007 ist rechtsunwirksam. Die Klägerin hat auch Anspruch auf die Vergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 28.02.2007.

1. Die fristlose Kündigung vom 30.01.2007 ist rechtsunwirksam.

a) Ein ausreichender Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.

§ 626 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei ist die Prüfung, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in zwei Stufen vorzunehmen. Zum einen muss ein Grund vorliegen, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (siehe BAG Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 36/06 - AP Nr. 179 zu § 626 BGB m. w. N.; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage, § 626 BGB, Randziffer 29).

Des weiteren muss dieser Kündigungsgrund im Rahmen einer Interessenabwägung zu einem Überwiegen der Interessen des Kündigenden führen (siehe BAG Urteil vom 29.01.1997 - 2 AZR 292/96 - AP Nr. 131 zu § 626 BGB; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage, § 626 BGB, Randziffer 30).

Gemessen an den Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB liegt im vorliegenden Fall bereits an sich kein ausreichender Grund vor, der die Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machen würde.

b) Bei der Beurteilung einer Unzumutbarkeit der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis durch den Beklagten bei Ausspruch der außerordentlichen Kündigung bereits zuvor ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt worden war. Aufgrund dessen endete das Arbeitsverhältnis ohnehin am 28.02.2007, so dass der Pflichtverstoß der Klägerin ein solches Gewicht haben müsste, dass selbst eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vom 30.01.2007 bis zum 28.02.2007 für den Beklagten unzumutbar sein müsste. Dieses ist jedoch nicht der Fall.

Der Beklagte wirft der Klägerin Verstöße gegen die Meldepflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EntgeltFG vor. Nach dieser Bestimmung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer jeweils unverzüglich mitzuteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung setzt im Regelfall voraus, dass sich der Arbeitnehmer jeweils zu Arbeitsbeginn arbeitsunfähig krank meldet. Im vorliegenden Fall folgt daraus, dass die Klägerin jeweils zu Arbeitsbeginn um 05:30 Uhr sich hätte krank melden müssen. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe sich jeweils an den fraglichen Tagen zu Arbeitsbeginn um 05:30 Uhr versucht krank zu melden, der Beklagte habe jedoch sein Handy ausgeschaltet gehabt, kann dahinstehen, ob dieser Vortrag zutrifft. Unterstellt man zugunsten des Beklagten, dass der Vortrag der Klägerin nicht zutrifft, ergibt sich hieraus gleichwohl kein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Dies gilt auch, wenn man weiterhin zugunsten des Beklagten unterstellt, dass die Klägerin zumindest durch das Abmahnungsschreiben vom 02.09.2005 (Bl. 95 d. A.) ausreichend und einschlägig abgemahnt worden ist. Eine weitere Abmahnung ist von der Beklagtenseite nicht vorgelegt und trotz des Bestreitens der Klägerin für einen diesbezüglichen Zugang eines weiteren Abmahnschreibens vom 29.03.2006 kein Beweis angetreten worden.

Unterstellt man damit zugunsten des Beklagten die Rechtswirksamkeit der Abmahnung vom 02.09.2005 und Meldepflichtversäumnisse der Klägerin im Januar 2007, ergibt sich hieraus gleichwohl kein Grund für eine außerordentliche Kündigung.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung und in der Literatur besteht übereinstimmend die Auffassung, dass die Verletzung einer Nebenpflicht anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit, nämlich der unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit oder der Pflicht zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit, nach erfolgloser Abmahnung eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann (siehe BAG, Urteil vom 16.08.1991 - 2 AZR 604/90 -, NZA 1993, Seite 17; BAG, Urteil vom 15.01.1986 - 7 AZR 128/83 -, AP-Nr. 93 zu § 626 BGB; Schmidt Entgeltfortzahlungsgesetz § 5 Rz. 177; Erfurter Kommentar-Dörner, 8. Aufl. 2008, § 5 EntgeltFG Rz. 18).

Eine außerordentliche Kündigung kommt bei solchen Nebenpflichtverletzungen hingegen nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht (siehe BAG, Urteil vom 15.01.1986 - 7 AZR 128/83 -, AP-Nr. 93 zu § 626 BGB; KR-Fischermeier, 8. Aufl. § 626 BGB Rz. 426; Erfurter Kommentar-Dörner, 8. Aufl. 2008, § 5 EntgeltFG, Rz. 18; Schmidt § 5 EntgeltFG Rz. 178).

Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu festgestellt, dass angesichts des regelmäßig geringeren Gewichts solcher Nebenpflichtverletzungen es der Feststellung besonders erschwerender Umstände des Einzelfalles bedürfe, die ausnahmsweise die Würdigung rechtfertigten, dem Arbeitgeber sei die Fortsetzung des Arbeitverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar (siehe BAG, Urteil vom 15.01.1986 - 7 AZR 128/83 -, AP-Nr. 93 zu § 626 BGB).

Solche Umstände, die ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden, liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

Dabei ist davon auszugehen, dass die ordentliche Kündigung die nach einer Abmahnung wegen einer solchen Nebenpflichtverletzung ausgesprochen wird, die ausreichende Sanktion für ein solches Fehlverhalten darstellt. Denn bereits aufgrund einer solchen ordentlichen Kündigung verliert der Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist seinen Arbeitsplatz. Dementsprechend hat der Beklagte bereits mit Kündigungsschreiben vom 26.01.2007 das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt. Nach Ausspruch dieser Kündigung konnte für eine außerordentliche Kündigung jedoch nur noch die vom Beklagten behauptete verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit am 29.01.2007 relevant worden. Diese mögliche zusätzliche Nebenpflichtverletzung rechtfertigt es jedoch nicht, das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos zu beenden.

Erschwerende Umstände, die ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Gegen eine besonders gravierende Nebenpflichtverletzungen spricht, selbst wenn man den Vortrag des Beklagten zugrunde legt, dass auch nach dem Vortrag des Beklagten die Meldepflicht nicht etwa überhaupt nicht erfüllt worden wäre, sondern lediglich eine verspätete Erfüllung vorliegt. Denn unstreitig hat die Klägerin auch nach dem Vortrag des Beklagten ihre Arbeitsunfähigkeit zumindest am jeweils ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit angezeigt, wenngleich dies nach dem Vortrag des Beklagten, nicht jeweils zu Beginn der Arbeitszeit, sondern erst zum Ende des jeweiligen Arbeitstages erfolgt sein soll.

Es konnte zudem vom Beklagten nicht dargetan werden, dass die möglicherweise verspätetete Erfüllung der Meldepflicht schwerwiegende betriebliche Auswirkungen gehabt hätte. Zwar ist insoweit die besondere Situation des Beklagten als Arbeitgeber eines Kleinbetriebes zu berücksichtigen. Es ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass schwerwiegende betriebliche Beeinträchtigungen aufgetreten sind, die bei rechtzeitiger Meldung hätten vermieden werden können. Der Beklagte hat sich diesbezüglich darauf berufen, er habe die Möglichkeit gehabt, personell umzudisponieren und Teilzeitkräfte zusätzlich einsetzen zu können, wenn er rechtzeitig jeweils zu Arbeitsbeginn um 05:30 Uhr die Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit erhalten hätte. Andererseits hat der Beklagte vortragen lassen, er sei selbst ebenfalls arbeitstäglich ab ca. 05:30 Uhr im Betrieb anwesend gewesen. Da er dann aber spätestens kurz nach Arbeitsbeginn ohnehin feststellen musste, dass die Klägerin nicht anwesend war, ist nichts dafür ersichtlich, warum diese Möglichkeit der personellen Umdisposition nicht auch um 05:45 Uhr oder um 06:00 Uhr des jeweiligen Arbeitstages möglich gewesen wäre. Wenn der Beklagte darauf abstellt, er hätte bei rechtzeitiger Mitteilung der Krankheit zu Beginn der Arbeitszeit versuchen können, die erkrankte Klägerin durch eine regelmäßige nicht vormittags arbeitende, einspringende Teilzeitkraft zu ersetzen, so hätte er diesen Versuch in der selben Weise unternehmen können, wenn er das Ausbleiben der Klägerin um 05:45 Uhr oder um 06:00 Uhr feststellte. Bei der Meldepflichtverletzung können nur solche betrieblichen Auswirkungen erschwerend berücksichtigt werden, die durch eine verspätete Erfüllung der Meldepflicht verursacht werden, nicht aber solche, durch die Arbeitsunfähigkeit selbst ausgelöst werden.

Denn die Arbeitsunfähigkeit selbst ist keine Pflichtverletzung; negative Auswirkungen die aus der Arbeitsunfähigkeit selbst folgen, können daher nicht erschwerend berücksichtigt werden.

Da gravierende betriebliche Auswirkungen, die bei frühzeitigerer Meldung vermeidbar geswesen wären, weder dargetan noch ersichtlich sind, kam nach allem eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB nicht in Betracht.

Die außerordentliche Kündigung war daher rechtsunwirksam; antragsgemäß war dies festzustellen.

2. Der Klägerin steht auch die restliche Vergütung für den Monat Februar 2007 in Höhe von 1.390,00 € brutto zu.

Der Anspruch folgt, soweit die Klägerin über den 30.01.2007 hinaus arbeitsunfähig krank war aus § 3 EntgeltFG, im Übrigen aus § 615 BGB.

Aufgrund der Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 30.01.2007 hat das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 28.02.2007 fortbestanden.

Da die Klägerin unstreitig zumindest bis zum 10.02.2007 weiterhin arbeitsunfähig krank geschrieben war, folgt ihr Vergütungsanspruch für den diesbezüglichen Zeitraum aus § 3 EntgeltFG. Soweit der Beklagte für den daran anschließenden Zeitraum eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bestritten hat, folgt ihr Vergütungsanspruch jedenfalls aus § 615 BGB. Denn insoweit hat sich der Beklagte in Annahmeverzug befunden. Ein Arbeitsangebot der Klägerin war diesbezüglich gemäß § 296 Satz 1 BGB entbehrlich. Denn nach § 296 BGB ist ein tatsächliches oder wörtliches Arbeitsangebot entbehrlich, wenn ein Arbeitgeber aufgrund einer rechtsunwirksamen Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat und damit seine Mitwirkungshandlung, die in der Zurverfügungstellung des Arbeitsplatzes besteht, nicht mehr erbringen will (siehe BAG, Urteil vom 19.01.1999 - 9 AZR 679/97 -, NZA 1999, Seite 925).

Überflüssig ist ein Angebot des Arbeitnehmers auch dann, wenn der Arbeitnehmer bei Ausspruch der Kündigung arbeitsunfähig krank war; eine Pflicht zur Gesundmeldung besteht insoweit nicht, wenn der Arbeitnehmer durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage seine weitere Leistungsbereitschaft deutlich gemacht hat (siehe BAG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 AZR 179/94 -, der Betrieb 1995, Seite 1181).

Im vorliegenden Fall ist diese Leistungsbereitschaft durch die am 09.02.2007 gegen die außerordentliche Kündigung bei Gericht eingegangene Kündigungsschutzklage in ausreichender Weise dokumentiert worden. Der Vergütungsanspruch für den Monat Februar 2007 steht der Klägerin daher zu.

III. Die Kosten des Rechtsstreits konnten gemäß § 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufgehoben werden. Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern auf einer Anwendung höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze beruhte und kein Fall von Divergenz vorlag.

Ende der Entscheidung

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