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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: 14 Sa 1356/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
1. Eine als Verdachtskündigung ausgesprochene Kündigung kann auch als Tatkündigung Bestand haben (im Anschluss an BAG, Urteil vom 6.12.2001 - 2 AZR 496/00 - NZA 2002, 847).

2. Verwendet der Arbeitnehmer während der von ihm angegebenen Arbeitszeit in erheblichem Umfang einen Firmen-Lkw zur Durchführung von privaten Möbeltransporten über erhebliche Entfernungen und unter Nutzung des vom Arbeitgeber gestellten Treibstoffs, kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.


Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 22.08.2007 - 2 Ca 794/07 - abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Reinigungstechnik. Sie stellt ihren regelmäßig gewerblichen Kunden Reinigungsgeräte, insbesondere Teilereinigungs- und Lackierpistolenreinigungsgeräte zur Verfügung. Diese Geräte müssen in regelmäßigen Abständen gewartet werden, insbesondere muss die verbrauchte bzw. verschmutzte Reinigungsflüssigkeit ausgewechselt werden.

Der Kläger, geboren am 08.04.1960, war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 6 ff. d. A.) ab dem 23.02.1993 in der Niederlassung der Beklagte in T als Lagerarbeiter zu einem monatlichen Verdienst von ca. 2.500,00 € beschäftigt.

Schärfster Mitbewerber der Beklagten ist die Firma M . In der Vergangenheit waren einzelne Mitarbeiter der Niederlassung in T zu diesem Mitbewerber gewechselt, insbesondere war der frühere Vertriebsleiter der Beklagten, Herr P , auf eine Position als Geschäftsführer zur Firma M gewechselt.

Aufgrund des Abhandenkommens verschiedener Geräte veranlasste die Beklagte, dass ihre Reinigungsgeräte ab dem 01.08.2005 eine geheime Kennzeichnung erhielten.

Nachdem die Beklagte einen ihrer Großkunden, die Firma G GmbH & Co KG, verloren hatte, stellte der Niederlassungsleiter der Beklagten, Herr B , fest, dass 2 der dorthin von der Firma M Reinigungstechnik GmbH gelieferten Reinigungsgeräte die von der Beklagten angebrachte Kennzeichnung aufwiesen. Beide Geräte waren zuvor vom Aufbereiter an die K Niederlassung der Beklagten ausgeliefert worden, wobei der Kläger unter dem 19.12.2006 bzw. 16.01.2007 den Empfang der Geräte quittiert hatte.

Die Beklagte, die aufgrund der Vorkommnisse den Verdacht hegte, dass der Kläger Geräte und Materialien der Beklagten an die Konkurrenzfirma M weitergab, schaltete einen Detektiv ein. Dieser stellte fest, dass der Kläger am 27.02.2007 nach der Anlieferung von Teilreinigungsgeräten und sonstiger Materialien an die Niederlassung K , diese kommissionierte und sein Auslieferungsfahrzeug belud.

Sodann fuhr er nach S und bog in die Straße ein, in der die Firma M GmbH ihren Sitz hat.

Der Detektiv beobachtete an dem darauf folgendem Montag, den 05.03.2007, wie der Kläger erneut mit seinem Lieferfahrzeug zur Konkurrenzfirma M in S fuhr. Ausweislich des Beobachtungsprotokolls (Bl. 82 d. A.) fuhr der Kläger mit seinem Lieferfahrzeug in die Halle. Der Detektiv hielt fest, dass es bemerkenswert sei, dass das Hallentor anschließend umgehend geschlossen wurde. 26 Minuten nach Schließung des Hallentors wurde das Hallentor wieder geöffnet und der Kläger verließ mit seinem Lieferfahrzeug das Firmengelände. Während des gesamten weiteren Tages verblieb das Hallentor nach Beobachtung des Detektivs offen.

Daraufhin erstattete die Beklagte Strafanzeige mit Schreiben vom 08.03.2007 (Bl. 116 ff. d. A.) unter anderem gegen Herrn P sowie auch gegen den Kläger und schilderte darin die gegen Herrn P und weitere Mitarbeiter der Konkurrenzfirma M sowie gegen den Kläger vorliegende Verdachtsmomente.

In der Strafanzeige wurde darauf hingewiesen, dass am darauf folgenden Montag, dem 12.03.2007, wiederum eine Lieferung ankommen werde, so dass man vermute, dass der Kläger auch am 12.03.2007 mit dem Firmen-Lkw das Gelände der Konkurrenzfirma M aufsuchen werde.

Am darauf folgenden Montag, den 12.03.2007, fuhr der Kläger entsprechend der zuvor geäußerten Erwartung der Beklagten tatsächlich mit seinem Lieferfahrzeug erneut zur Firma M . Nachdem der beobachtende Detektiv beobachtet hatte, dass der Kläger mit dem Lieferfahrzeug in die offene Halle der Firma M einfuhr und das Hallentor alsdann verschlossen wurde, verständigte er die Polizei. Die Polizei begab sich darauf unverzüglich zur Firma M . Vor Ort stellten die Polizeibeamten bei ihrem Eintreffen ausweislich des Polizeiprotokolls (Bl. 132 d. A.) Folgendes fest:

"Hier wurde in der Halle der Firma das Fahrzeug der Firma S angetroffen. Die Heckklappe des Fahrzeuges war geöffnet und der vorläufig festgenommene Mitarbeiter der Firma S , Herr H , befand sich bei Ladetätigkeiten.

Herr H kam gerade mit dem leeren Hubwagen zum Fahrzeug zurück."

In seiner polizeilichen Vernehmung vom 12.03.2007 (Bl. 133 f. d. A.) gab der Kläger zur Erklärung, warum er die Firma M aufgesucht habe, an, er habe eine Couch/Sofa abholen wollen, das von Herrn P gewesen sei. Auf den Vorhalt des Polizeibeamten, dass Herr P davon nichts erzählt habe, antwortete der Kläger: "Der wird wohl andere Gedanken im Kopf gehabt haben." In der von der Beklagten durchgeführten Anhörung des Klägers vom 13.03.2007 (Protokoll Bl. 83 ff. d. A.) bekräftigte der Kläger, er habe mit dem firmeneigenen Lkw bei der Firma M ein schwarzes Sofa abholen wollen. In den Ergänzungen zum Protokoll wurde darauf hingewiesen, dass demgegenüber Herr P gegenüber R von der Kriminalpolizei die Aussage gemacht habe, dass Herr H ein schwarzes Mofa habe abholen wollen, was dem Beamten auch gezeigt wurde (Bl. 85 d. A.).

Mit Schreiben vom 14.03.2007 (Bl. 71 bis 75 d. A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers an.

Mit Schreiben vom 19.03.2007 (Bl. 87 d. A.) stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung zu und führte zur Begründung aus, schon die Anwesenheit mit Fahrzeug, Maschinen und Material in den Räumen des Wettbewerbers stelle eine Verletzung des Arbeitsvertrages und Grund für eine außerordentliche Kündigung dar.

Der gegen diese Kündigung gerichteten Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht durch Urteil vom 22.08.2007 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass der für eine Verdachtskündigung erforderliche dringende Tatverdacht nicht vorliege. Zwar habe sich der Kläger dadurch, dass er mit dem Lieferwagen der Beklagten in die Halle des Wettbewerbers gefahren sei, verdächtig gemacht, an Eigentumsdelikten zu Lasten der Beklagten beteiligt gewesen zu sein. Es mangele jedoch an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zu dem Wettbewerber verbracht habe. Insbesondere könne ein Zugriff anderer Mitarbeiter auf die abhanden gekommenen Geräte nicht ausgeschlossen werden. Aus den Vorgängen vom 27.02., 05.03. und 12.03.2007 könne auch deshalb kein dringender Tatverdacht abgeleitet werden, weil bislang völlig offen sei, was der Kläger an den besagten Tagen bei dem Wettbewerber genau gemacht habe. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte fristgerecht Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf den 05.01.2008 am 04.01.2008 begründen lassen.

Die Beklagte bringt vor, die Kündigung sei zumindest als Verdachtskündigung gerechtfertigt. Denn es bestehe ein dringender Verdacht, dass der Kläger an Eigentumsdelikten zu Lasten der Beklagten beteiligt gewesen sei. Dafür spreche insbesondere, dass der Kläger am 27.02.2007, am 05.03.2007 und am 12.03.2007 mit dem Lieferfahrzeug bei der Konkurrenzfirma gewesen sei, ohne dass dies irgendeine betriebliche Veranlassung gehabt habe. Entscheidend sei zudem die Antreffsituation am 12.03.2007. Es spreche zudem gegen den Kläger, dass er immer an den Tagen, an denen er morgens die wöchentlichen Lieferungen entgegen genommen habe, jeweils zum Wettbewerber gefahren sei. Unabhängig hiervon sei ein Kündigungsgrund auch deshalb gegeben, weil der Kläger während der Dienstzeit sich beim Wettbewerber aufgehalten habe und es keinen betrieblichen Anlass für diese Fahrten gegeben habe.

Die Beklagte beantragt

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 22.08.2007 - 2 Ca 794/07 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger bestreitet, am 12.03.2007 bei Ladetätigkeiten angetroffen worden zu sein. Der Kläger habe am 12.03.2007 nur ein schwarzes Sofa abholen wollen, das ihm Herr P versprochen habe. Es sei zwar richtig, dass die gelegentlichen Besuche bei der Firma M nicht in Ordnung gewesen seien. Es habe sich aber um Kontakte rein privater Natur gehandelt, zudem hätten diese während der Pausen stattgefunden. Bei seinen Besuchen sei das Hallentor jeweils geschlossen worden, da die Halle von der angrenzenden Bundesstraße einsehbar sei. Mit den abhanden gekommenen Gegenständen der Beklagten habe er nichts zu tun. Jeder Mitarbeiter der Niederlassung komme für solche Entwendungen in Frage.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, ist auch in der Sache erfolgreich. Die außerordentliche Kündigung vom 19.03.2007 ist rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos aufgelöst.

I. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung liegen vor.

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB muss ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gegeben sein. Dieser liegt vor.

Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, dass gerade der Verdacht eines strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört hat. § 626 Abs. 1 BGB lässt eine Verdachtskündigung dann zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (siehe BAG, Urteil vom 06.11.2003 - 2 AZR 631/02 - AP Nr. 39 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen; BAG, Urteil vom 05.04.2001 - 2 AZR 217/00 - NZA 2001, S. 837).

2. Im vorliegenden Fall ist die Kündigung sowohl als Verdachtskündigung als auch als Tatkündigung gerechtfertigt.

a) Als Verdachtskündigung ist die Kündigung gerechtfertigt, da der dringende Verdacht besteht, dass der Kläger am 27.02.2007, am 05.03.2007 und am 12.03.2007 Lagerbestände seines Arbeitgebers mit dem Lieferfahrzeug des Arbeitgebers zum Konkurrenzbetrieb der Firma M verbracht hat und dort abgeladen hat bzw. abladen wollte.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger auch an kriminellen Handlungen bzgl. der Geräte, die bei der Firma S in E und bei der Firma H in B festgestellt wurden, beteiligt war. Allein die Tatsache, dass der Kläger an 3 Montagen hintereinander, an denen morgens jeweils Lieferanten Waren bei der Beklagten abgeliefert hatten, sich anschließend mit dem Lieferfahrzeug der Beklagten zu dem Konkurrenzbetrieb des Beklagten begeben hat, ohne dass dies eine betriebliche Veranlassung erfordert hätte, rechtfertigt einen entsprechenden Verdacht der Entwendung vom Firmeneigentum. Wie bereits der Betriebsrat in seiner zustimmenden Stellungnahme zur Kündigung mit Recht ausgeführt hat, war bereits das dreimalige Aufsuchen einen Konkurrenten mit dem Lieferfahrzeug der Beklagten ein grober Verstoß gegen den Arbeitsvertrag und begründete einen entsprechenden Verdacht.

Durch die Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 10.03.2008 ist dieser Verdacht nicht nur dringlich, sondern erdrückend geworden. Dafür spricht zunächst, dass es keine betriebliche Veranlassung für diese Besuche bei dem Konkurrenzbetrieb der Beklagten gab. Der Kläger hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2008 eingeräumt, dass es beispielsweise für den Aufenthalt bei der Firma M am 12.03.2007 keine betriebliche Veranlassung gab und dass das Aufsuchen des Konkurrenzbetriebs auch nicht am Weg lag, denn der Kläger hat diesbezüglich erklärt, er habe am 12.03.2007 nur einen Reparaturauftrag in T zu erledigen gehabt, wo er bei einem Kunden eine Waschmaschine zu reparieren gehabt habe. Statt dessen ist der Kläger jedoch mit dem Lieferfahrzeug der Beklagten von T in das etwa 15 km entfernte S gefahren. Angesichts der Entfernung, der Fahrzeit und der Aufenthaltsdauer ist es auch ausgeschlossen, dass es sich dabei um eine Pause handeln könnte, zumal der Kläger dies auch in keinem Fall als Pause deklariert, sondern als Arbeitszeit hat berechnen lassen.

Dringend wird der Verdacht durch die von den Polizeibeamten am 12.03.2007 festgestellte Antreffsituation. Denn das Lieferfahrzeug befand sich bei Eintreffen der Polizei in der Halle der Konkurrenzfirma mit geöffneten Ladeklappen. In dem Polizeiprotokoll heißt es dazu weiter: "Herr H kam gerade mit dem leeren Hubwagen zum Fahrzeug zurück." Bereits diese Feststellung steht im Widerspruch zur Behauptung des Klägers, er habe ein schwarzes Sofa, das ihm Herr P versprochen habe, aufladen wollen. Denn eine solche Absicht kann nicht erklären, weshalb der Kläger mit dem leeren Hubwagen zum Fahrzeug zurückkam. Hätte der Kläger wirklich ein Sofa mit dem Hubwagen aufladen wollen, hätte er sich mit dem Sofa beladenen Hubwagen auf den Weg zum Fahrzeug befinden müssen. Demgegenüber spricht die Rückkehr mit dem leeren Hubwagen zum Fahrzeug gerade dafür, dass nicht eine Beladung des Fahrzeugs, sondern eine Entladung des Fahrzeugs vorgenommen werden sollte. Durch die Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 10.03.2008 ist der Verdacht erdrückend geworden. So hat der Kläger erklärt, er habe dieses Sofa, das er angeblich abtransportieren wollte, von früheren privaten Besuchen bei Herrn P gekannt. Er habe erst Tage später erfahren, dass das Sofa, das er von Herrn P habe haben wollen, noch gar nicht im Betrieb der Firma M gewesen sei, sondern noch bei Herrn P zu hause gestanden habe. Der Kläger hat ferner erklärt, er habe mit Herrn P nicht abgesprochen, wo das Sofa abgeholt werden solle. Er sei davon ausgegangen, dass Herr P das Sofa mit zur Firma bringen werde. Als er am 12.03.2007 im Betrieb der Firma M angekommen sei, habe er nicht zunächst gefragt, ob das Sofa da sei. Er habe auch nicht nach Herrn P gefragt, sondern vielmehr zuerst die Ladeklappen geöffnet.

All diese Erklärungen bedeuten zunächst einmal, dass der Kläger überhaupt nicht sicher sein konnte, dass das Sofa, das er angeblich abholen wollte, sich tatsächlich im Betrieb befand und nicht noch bei Herrn P zu hause. Hinzukommt, dass der Kläger nach eigener Aussage keine Absprache mit Herrn P dahingehend getroffen hat, dass das Sofa am 12.03.2007 im Betrieb abholbereit zur Verfügung stehen würde. Eine Erklärung dafür, weshalb er gleichwohl annehmen konnte, Herr P würde das Sofa mit in den Betrieb bringen, hat der Kläger nicht zu geben vermocht. Vor diesem Hintergrund kommt der Reihenfolge des Vorgehens des Klägers bei seiner Ankunft am 12.03.2007 entscheidende Bedeutung zu. Obwohl er überhaupt nicht sicher sein konnte, dass sich das Sofa im Betrieb befinden würde, hat er nach eigener Aussage zuerst die Ladeklappen geöffnet und den Hubwagen bewegt, ohne zuvor nach Herrn P zu fragen und auch ohne zuvor zu fragen, ob das Sofa überhaupt im Betrieb war. Verstärkt wird der Verdacht schließlich noch durch die Erklärungen des Klägers, weshalb das Hallentor jeweils nach seinem Eintreffen geschlossen worden ist. Der Kläger hat hierzu erklärt, dies habe er veranlasst, damit er nicht entdeckt werde. Bei der Firma M handele es ich um eine Konkurrenzfirma, deshalb habe er nicht sichtbar sein wollen. Damit steht fest, dass der Kläger die Abschirmung und Heimlichkeit bewusst organisiert hat, um sein Tun zu verbergen.

Angesichts dieser vertrauenszerstörenden Handlungen musste sich der für die Beklagte mehr als dringende Verdacht ergeben, dass er Lieferung aus ihrem Firmeneigentum an die Konkurrenzfirma M verbrachte. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten standen der Beklagten nicht zur Verfügung. Insbesondere hatte sie die erforderliche Anhörung des Klägers (zur Anhörungspflicht siehe BAG, Urteil vom 26.09.2002 - 2 AZR 424/01 - AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen) durchgeführt. Auch in dieser Anhörung hatte der Kläger keine nachvollziehbare Erklärung für sein Verhalten vorbringen können. Insbesondere fehlte es an jeglicher Erklärung, weshalb der Kläger sein Tun damit rechtfertigte, ein schwarzes Sofa von Herrn P abholen zu wollen, während Herr P in seiner Polizeivernehmung angegeben hatte, der Kläger habe eine schwarzes Mofa abholen wollen und dieses Mofa den Polizeibeamten auch gezeigt hatte.

Der aus dem Ganzen resultierende mehr als dringende Tatverdacht hat das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört.

b) Unabhängig vom Vorstehenden ist die Kündigung allerdings auch als Tatkündigung wegen der unstreitig vorliegenden Pflichtverletzungen des Klägers ohne Abmahnung gerechtfertigt.

Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine als Verdachtskündigung ausgesprochene Kündigung auch als Tatkündigung Bestand haben kann (siehe BAG, Urteil vom 06.12.2001 - 2 AZR 496/00 - AP Nr. 36 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen).

Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Kläger nach eigener Aussage vorhatte, das Sofa mit dem Lieferfahrzeug der Beklagten während der Arbeitszeit zu seinem Wohnort in das ca. 50 km entfernte E zu schaffen. Für dieses rein privat veranlasste Vorhaben hätte der Kläger in erheblichem Umfang Material und Betriebsstoffe seines Arbeitgebers in Anspruch genommen und sich die dafür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit bezahlen lassen. Er hätte damit das Vermögen seines Arbeitgebers in erheblicher Weise geschädigt. Mit einer Duldung dieses, den Vertrauensbereich betreffenden Verhaltens, hätte der Kläger nicht rechnen können. Eine Abmahnung ist in einem solchen Fall entbehrlich (siehe BAG, Urteil vom 04.06.1997 - 2 AZR 526/96 - NZA 1997, S. 1281).

3. Die abschließend vorzunehmende Interessenabwägung fällt nicht zugunsten des Klägers aus. Zwar ist seine langjährige Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite steht, dass der Kläger in erheblicher vertrauenszerstörender Weise gehandelt hat und das Vorgehen des Klägers am 12.03.2007 kein Einzelfall war. Denn der Kläger hatte zuvor ebenfalls in der Arbeitszeit und unter Benutzung des firmeneigenen Lieferfahrzeugs die Konkurrenzfirma bereits am 27.02. und am 05.03.2007 aufgesucht. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 10.03.2008 zugegeben, dass er im Jahr so etwa 20 Besuche bei der Firma M mit dem Firmenfahrzeug gemacht habe. Angesichts dieses Umfangs der Nutzung von Firmenressourcen für private Zwecke konnte die Interessenabwägung nicht zugunsten des Klägers ausfallen.

II. Nach allem war die außerordentliche Kündigung der Beklagten rechtswirksam. Die Berufung der Beklagten hatte daher Erfolg. Dem Kläger waren daher auch die Kosten des gesamten Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte, sondern auf der Anwendung höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze beruhte und kein Fall von Divergenz vorlag.

Ende der Entscheidung

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