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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 14 Sa 385/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist gegeben, wenn ein auf einer auswärtigen Baustelle eingesetzter Arbeitnehmer in die Arbeitszeitnachweise falsche Zeitangaben einträgt und Überstunden geltend macht, die er tatsächlich nicht geleistet hat.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2006 - 20 Ca 10122/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Der Kläger ist am 10.02.1956 geboren und seit dem 15.02.1995 bei der Beklagten als Lüftungsmonteur beschäftigt. Sein monatlicher Verdienst beträgt 2.548,96 €.

In der Zeit vom 26.09. bis 08.10.2005 war der Kläger für die Beklagte, die ein Unternehmen der Klima-, Kälte- und Lüftungstechnik betreibt, auf der Baustelle im K in A beschäftigt. Der Kläger fuhr an diesen Tagen mit seinem privaten Pkw zur Baustelle und parkte diesen im Parkhaus des K .

Für die beiden Arbeitswochen reichte der Kläger Wochenrapporte und von ihm unterschriebene Arbeitsberichte ein, in denen jeweils als Arbeitsbeginn 07.00 Uhr eingesetzt war, eine einstündige Mittagspause abgezogen wurde und ein Ende der arbeitstäglichen Arbeitszeit für die meisten Arbeitstage mit 16.00 Uhr bzw. 17.00 Uhr angegeben wurde (Bl. 30 u. 31 sowie 34 u. 35 d. A.).

Der Kläger reichte bei der Beklagten ferner zur Erstattung Parkquittungen für die einzelnen Arbeitstage ein (Bl. 32 u. 36 d. A.). Hieraus ergab sich, dass der Kläger meistens erst nach 07.00 Uhr in das Parkhaus eingefahren war und dieses mit seinem Privat-Pkw oft vor 16.00 Uhr oder 17.00 Uhr zum Teil schon um 14.30 Uhr oder 15.00 Uhr verlassen hatte.

Aus diesem Grund kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 21.10.2005 (Bl. 14 ff. d. A.) fristlos, hilfsweise fristgerecht. Im Kündigungsschreiben stellte die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Arbeitszeiten und die Parkzeiten gegenüber (Bl. 15 d. A.) und warf dem Kläger vor, wesentlich mehr Stunden abgerechnet als tatsächlich gearbeitet zu haben sowie zusätzlich Überstunden geltend gemacht zu haben, die tatsächlich gar nicht angefallen seien.

Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht Köln durch Urteil vom 25.01.2006 (Bl. 72 ff. d. A.) abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vom Kläger eingelegte Berufung.

Zur Begründung hat der Kläger geltend gemacht, das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Es sei im Betrieb der Beklagten häufig vorgekommen, dass von der regulären Arbeitszeit, die montags bis freitags um 07.00 Uhr beginne und montags bis donnerstags um 16.00 Uhr ende und am Freitag um 14.30 Uhr ende, je nach Einsatzort abgewichen worden sei. Der Kläger habe bereits erstinstanzlich behauptet, an den Tagen 26.09., 27.09., 04.10. und 07.10. die Pausen durchgearbeitet zu haben, am 28.09.2005 früher angefangen und die Pause durchgearbeitet zu haben und am 29.09., 30.09. und 05.10.2005 jeweils nicht sofort ins Parkhaus eingefahren zu sein, sondern das Fahrzeug zunächst anderweitig abgestellt und zudem auch an diesen Tagen die Pausen durchgearbeitet zu haben. Mit diesem Vortrag sei der Kläger zu Unrecht nicht gehört worden. Angesichts dieses konkreten Vortrags des Klägers im Hinblick auf Rechtfertigungs- und Entschuldigungstatsachen müsse die Beweislast für die Unrichtigkeit dieses Vortrages bei der Beklagten angesiedelt werden.

Zudem sei eine Interessenabwägung vorzunehmen, die zugunsten des Klägers ausfallen müsse.

Schließlich habe die Beklagte die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2006, Az.: 20 Ca 10122/05 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 21.10.2005 weder fristlos noch fristgerecht zum 28.02.2006 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Falsch sei der Vortrag des Klägers, er habe an den fraglichen Tagen die Pausen durchgearbeitet. Dies widerspreche seiner eigenen Abrechnung, in der er jeweils eine Stunde Pause abgezogen habe. Hinzu komme, dass der Kläger die Parkquittungen manipuliert und die Ausfahrtszeit geschwärzt bzw. gestrichen habe, um den Widerspruch zu den Angaben in den Wochenrapporten und Arbeitsberichten zu verdecken. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Gründen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 64 ArbGG. Sie ist auch fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen.

1. Ein ausreichender Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt vor.

Eine fristlose Kündigung ist nur dann begründet, wenn Tatsachen vorliegen, die dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gemäß § 626 Abs. 1 BGB unzumutbar machen. Solche Tatsachen liegen hier vor.

Der Kläger hat ausgehend von dem unstreitigen Sachverhalt mehrere Kündigungsgründe verwirklicht, von denen jeder einzelne an sich bereits geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu begründen. Umso mehr gilt dies, wenn alle Kündigungsgründe gemeinsam gewertet werden.

a. Als Kündigungsgrund an sich geeignet ist bereits die unstreitige Tatsache, dass der Kläger die Rapporte und Arbeitsberichte für praktisch alle Tage des Arbeitszeitraums vom 26.09. bis 08.10.2005 wissentlich falsch ausgefüllt hat.

So stimmt in praktisch keinem Fall die Anfangszeit, selbst wenn man die Richtigkeit des übrigen Vortrags des Klägers unterstellt. Denn der Kläger will eine Reihe von Tagen vor 07.00 Uhr angefangen sein zu arbeiten, während die Rapporte und Arbeitsberichte jeweils 07.00 Uhr als Arbeitsbeginn ausweisen.

Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sind auch die Pausenangabe in den Rapporten und Arbeitsberichten an praktisch allen Arbeitstagen falsch, denn der Kläger will, obwohl er in den Rapporten und Arbeitsberichten jeweils eine einstündige Mittagspause angegeben hat, tatsächlich an den meisten Tagen die Pausen durchgearbeitet haben.

Falsch ist im Übrigen für eine Reihe von Tagen die Angabe über das Arbeitszeitende. Während der Kläger in den Rapporten und Arbeitsberichten jeweils 16.00 Uhr oder 17.00 Uhr angegeben hat, hat die Arbeitszeit des Klägers tatsächlich an verschiedenen Tagen deutlich eher geendet, teils bereits um 14.30 Uhr, teils zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr.

Auch wenn man an dieser Stelle unterstellt, das der Vortrag des Klägers richtig sein könnte und er vor 07.00 Uhr angefangen hat und die Pausen durchgearbeitet hat, bleibt doch der Umstand, dass die Zeitangaben über das Arbeitszeitende in den Rapporten und Arbeitsberichten eindeutig falsch waren, ebenso die bereits erwähnten Anfangszeiten und die Pausenzeiten.

Die Rapporte und die Arbeitsberichte dienen jedoch der Dokumentation und der Kontrolle der Arbeit des Klägers durch die Beklagte. Dadurch, dass der Kläger in den Rapporten und Arbeitsberichten - ausgehend von seinem eigenen Vortrag - praktisch an keinem Tag richtige Angaben gemacht hat, sondern wissentlich falsche Anfangs-, Pausen- und Endzeiten eingetragen hat, hat er die Rapporte und Wochenberichte wertlos und die darin liegende Arbeitszeitkontrolle unmöglich gemacht.

Rapporte und Wochenberichte, die praktisch kein einziges richtiges Element enthalten, sind weder für die Dokumentation noch für die Kontrolle des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber in irgendeiner Form brauchbar.

Mit den durchgängigen Falschangaben hat der Kläger das Vertrauensverhältnis zerstört.

Dass diese systematischen Falschangaben durch eine Anweisung der Arbeitgeberseite vorgegeben gewesen wären, hat der Kläger nicht behaupten können.

Mit Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ausweislich des Protokolls (Bl. 54 d. A.) lediglich erklärt hat, es habe eine Anweisung der früheren Mitarbeiterin Frau P gegeben, bei einem Arbeitsbeginn um 04.00 Uhr oder 05.00 Uhr morgens jeweils 07.00 Uhr als Arbeitsbeginn einzutragen.

Der Kläger hat andererseits aber unstreitig gestellt, dass es keinerlei Anweisungen von Frau P gegeben habe, Pausen einzutragen, auch wenn diese nicht gemacht wurden. Im Übrigen ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Klägers, dass jedenfalls eine Ausnahmesituation mit einem Arbeitsbeginn bereits um 04.00 Uhr oder 05.00 Uhr morgens in den hier streitigen beiden Arbeitswochen nicht gegeben war.

b. Für eine Kündigung an sich geeignet ist auch der weitere Umstand, dass der Kläger die Parkquittungen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts manipuliert hat.

Der Kläger trägt hierzu vor, es sei ihm nur darum gegangen, die Zeiten mit einem Edding-Stift zu markieren; beim Übereinanderlegen der Parkquittungen müsse es dann zu Verwischungen gekommen sein (Bl. 32 u. 34 d. A.).

Dagegen ist die erkennende Kammer nach Inaugenscheinnahme der Quittungen zu der Überzeugung gelangt, dass es sich nicht um Verwischungen, sondern um bewusste Veränderungen handelt.

Besonders deutlich wird dies daran, dass eine Parkquittung, nämlich die für den 30.09.2005 mit einem Kugelschreiber manipuliert worden ist und zwar in der Weise, dass die Parkzeit nicht durch einen Strich unterstrichen, sondern durch eine Vielzahl von Strichen durchgestrichen wurde und damit versucht wurde, die Lesbarkeit der Parkzeit zu verhindern. Auch bei den übrigen Parkquittungen handelt es sich nicht um zufällige Verwischungen sondern um passgenaue Streichungen.

c. Ein dritter bereits an sich geeigneter Kündigungsgrund liegt darin, dass der Kläger durch die Wochenrapporte und Arbeitsberichte zudem versucht hat, der Beklagten Überstunden für den 29.09.2005, für den 06.10.2005 und für den 07.10.2005 in Rechnung zu stellen, die er nach seinem eigenen Vortrag nicht gemacht haben kann. Denn selbst wenn man auch hier, zugunsten des Klägers unterstellt, dass der Kläger bereits vor 07.00 Uhr mit seiner Arbeit begonnen und die Pausen durchgearbeitet hat um, wie er vorgetragen hat, dass arbeitstägliche Stundensoll von 8 Stunden zu erreichen, so folgt hieraus nicht, dass der Kläger auch Überstunden verrichtet hätte. Tatsächlich hat er diese aber angegeben und versucht, bei der Beklagten abzurechnen. Ein solcher Täuschungsversuch zu Lasten des Arbeitgebers rechtfertigt die außerordentliche Kündigung.

d. Unabhängig von den vorgenannten, für eine Kündigung bereits ausreichenden Tatsachen ist darauf hinzuweisen, dass schließlich ein Kündigungsgrund auch dadurch verwirklicht ist, dass der Kläger tatsächlich auch die Regelarbeitszeit entgegen seinen Angaben in den Arbeitsnachweisen zu erheblichen Teilen nicht gearbeitet hat.

Der Kläger hat dies zwar behauptet, indem er sich insbesondere darauf berufen hat, die Pausen durchgearbeitet zu haben.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann dies jedoch nicht als substantiierte Behauptung angesehen werden. Denn der Kläger hat weder den Widerspruch aufklären können, der darin besteht, dass er selbst in seinen Rapporten und Arbeitsberichten die Pausen als solche angegeben und aus der Arbeitszeitberechnung herausgenommen hat.

Es ist ferner kein Vortrag des Klägers dazu erfolgt, wie sein jetziger Vortrag dazu passt, dass auch die Arbeitskollegen des Klägers Pausen angegeben und nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagtenseite auch tatsächlich gemacht haben.

Es fehlt ferner jeglicher Vortrag dazu, was der Kläger in den Pausen jeweils gearbeitet haben will.

Aus diesem Grund ist das Arbeitsgericht auch unter zutreffender Einschätzung der Darlegungs- und Beweislast zu dem Ergebnis gekommen, dass hierin ein weiterer Kündigungsgrund liegt.

2. Die abschließend vorzunehmende Interessenabwägung ergibt für den Kläger kein günstigeres Bild. Zwar ist die nicht unerhebliche Beschäftigungszugehörigkeit des Klägers zu seinen Gunsten in Ansatz zu bringen. Auf der anderen Seite steht jedoch, dass der Kläger nicht nur in einem Einzelfall sondern über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg für jeden Tag falsche Angaben gemacht und die Parkhausquittungen manipuliert hat. Dieses bewusste und systematische Vorgehen hat die Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhältnisses zerstört.

Die Beklagte musste aufgrund dieses Vorgehens befürchten, auch in Zukunft getäuscht zu werden und völlig untaugliche Rapporte und Arbeitsberichte zu erhalten.

III. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Absatz 2 BGB ist gewahrt.

Der Kündigungsgrund fogt daraus, dass der Kläger über zwei volle Wochen hinweg für jeden Tag falsche Arbeitszeitangaben gemacht hatte. Dabei ergibt sich der vollständige Kündigungsgrund erst daraus, dass es sich nicht nur um einen Einzelfall handelte, bezogen auf einen einzelnen Arbeitstag, sondern um den kompletten Zeitraum von zwei Wochen.

Vollständige Kenntnis konnte auf Arbeitgeberseite daher erst nach Ende des Arbeitseinsatzes am 08.10.2005 bestehen.

Gerechnet ab diesem Zeitpunkt hat die Beklagte innerhalb von zwei Wochen gemäß § 626 Abs. 2 BGB die Kündigung ausgesprochen.

IV. Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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