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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.12.2007
Aktenzeichen: 14 Sa 654/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Der Konzernbezug des Kündigungsschutzes kann auch aus einer Betriebsvereinbarung folgen, in der sich der Arbeitgeber verpflichtet hat, den Arbeitnehmern, deren Arbeitsplatz betriebsbedingt wegfällt, ein adäquates Arbeitsplatzangebot im Konzern zu machen.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 03.05.2007 - 3 Ca 2013/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die betriebsbedingte Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die am 27.03.1949 geborene Klägerin war seit dem 23.10.1995 bei verschiedenen Unternehmen - zuletzt bei der Beklagten - im Konzernverbund der D P A beschäftigt, und zwar als Sekretärin/Assistentin der Geschäftsführung mit einem Jahresverdienst von zuletzt ca. 53.000,-- EUR.

Arbeitsvertragliche Basis war der Anstellungsvertrag vom 26.08.1997 (Bl. 11 ff. d. A.), der in § 1 Abs. 2 (Bl. 12 d. A.) eine Konzernversetzungsklausel enthielt.

Die Beklagte beschloss ihre bisherige Geschäftstätigkeit zum 31.12.2003 aufzugeben. Daraufhin wurde eine Betriebsvereinbarung (Interessenausgleich/Sozialplan) zwischen der Beklagten und dem Konzernbetriebsrat mit Wirkung ab dem 17.10.2003 geschlossen (Bl. 35 ff. d. A.). In § 4 Ziffer 4.1 Abs. 1 war festgelegt:

"Alle unbefristet Beschäftigten der D , deren Arbeitsplatz aufgrund der in § 2 beschriebenen Maßnahme wegfällt, erhalten ein adäquates Arbeitsplatzangebot der D W N N bzw. D W E L N in B /B auf lokalvertraglicher Basis. Das Arbeitsplatzangebot beinhaltet folgende Angaben: Organisationseinheit, Funktion, Dotierung und Standort. Dieses Angebot wird den Beschäftigten schriftlich eine Woche vor dem durchzuführenden Personalgespräch unterbreitet. Für Abwesenheiten wird entsprechend Sorge getragen. Die Beschäftigten haben die Möglichkeit, sich an den Betriebsrat der D zu wenden."

Ferner hieß es in § 8 Abs. 1 dieser Betriebsvereinbarung:

"Lehnen die Beschäftigten das bzw. die Arbeitsplatzangebote gem. § 3 Punkt 3.1 Absätze 3, 4 und 5, gem. § 4 Punkt 4.1 Absatz 3 und § 6 Absätze 2 und 3 ab, so wird das Arbeitsverhältnis mit der D G oder deren Rechtsnachfolgerin beendet. Zum Ausgleich der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile erhält der Beschäftigte eine nach Abs. 3 zu berechnende Abfindung."

Mit E-Mail vom 05.12.2003 (Bl. 130 d. A.) fragte die Klägerin an, wie ihr Arbeitsvertrag mit der Beklagten fortgeführt werde, wenn sie sich nicht dazu entschließen sollte, den neuen Arbeitsvertrag mit der D P E E G + C . K abzuschließen. Daraufhin erhielt die Klägerin mit E-Mail vom 08.12.2003 (Bl. 130 d. A.) die Antwort, dass für den Fall, dass sie das Angebot der D nicht annehmen sollte, sie ein Beschäftigungsangebot bei der D in B erhalten werde. Falls die Klägerin dieses ablehne, erhalte sie ein Arbeitsplatzangebot innerhalb des Konzerns D P W in D . Die Klägerin arbeitete zu dieser Zeit als persönliche Assistentin/Sekretärin für Herrn D . Da Herr D im Laufe der Zeit in verschiedenen Konzernunternehmen als Mitglied der Geschäftsleitung arbeitete, wurde die Klägerin jeweils in dem Unternehmen faktisch eingesetzt, bei dem sich Herr D gerade befand.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 15.03.2004 die Inanspruchnahme von Altersteilzeit beantragt hatte, erhielt sie mit Schreiben vom 19.04.2004 folgende Antwort:

"Antrag auf Altersteilzeit - Ihr Schreiben vom 15.03.2004

Sehr geehrte Frau B ,

wir kommen zurück auf Ihr Schreiben vom 15.03.2004, in dem Sie die Inanspruchnahme von Altersteilzeit beantragen.

Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die D P E E G das Modell der Altersteilzeit seinen Mitarbeitern/innen aus betrieblichen Gründen nicht anbietet. Ihrem Antrag können wir somit leider nicht entsprechen.

Ihrem Wunsch entnehmen wir, dass ein von Ihnen beabsichtigter arbeitsvertraglicher Wechsel zur D P E E D G & C O zunächst nicht in Betracht kommt. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen als Arbeitnehmerin der D P E E G gemäß den Regelungen der Betriebsvereinbarung (Interessenausgleich/Soziaplan) gem. §§ 111, 112 BetrVG anlässlich der Betriebseinschränkung, Teilstilllegung und grundlegender Organisationsänderung der D P E E G vom 20.10.2003 ein Arbeitsplatzangebot bei der D W N N /S bzw. D W E L N in B /B unterbreiten.

Frau A L (Tel.: 0228 - 182 20653) wird zu diesem Zweck in den nächsten Tagen auf Sie zukommen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung."

Mit Wirkung zum 01.11.2005 wechselte Herr D wieder zur D P A und zwar als Mitglied des Bereichsvorstandes Briefvertrieb D . Herr D setzte sich dafür ein, dass die Klägerin mit ihm zur D P A wechseln konnte. Nachdem die Klägerin im Dezember 2005 eine Auseinandersetzung mit Herrn D hatte, kündigte die D P A vor Dienstantritt mit Schreiben vom 28.12.2005 (Bl. 53 d. A.). Mit Begleitschreiben vom 28.12.2005 (Bl. 54 d. A.) wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr bestehendes Arbeitsverhältnis zur Beklagten von dieser Kündigung unberührt bleibe.

Ab Anfang 2006 wurde die Klägerin bei der D P A in einem Sekretärinnenpool als Springerin eingesetzt. Die Personalleiterin der D P A teilte der Klägerin mit E-Mail vom 14.03.2006 mit ,dass man für die Klägerin ab dem 21.03.2006 wiederum eine interessante Tätigkeit finden werde. Eine weitere E-Mail erhielt die Klägerin unter dem Datum 26.04.2006, in der sie gebeten wurde, am Nachmittag, des 26.04.2006 um 14.30 Uhr zu Frau T zu kommen, um den weiteren Einsatz festzulegen. Unter dem Datum 10.04.2006 erhielt die Klägerin ein Schreiben zu Zielerreichung/Tantieme 2005, in dem es hieß (Bl. 131 d. A.):

"Sehr geehrte Frau D B ,

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass Sie Ihre Ziele für 2005 zu 100 % erreicht haben.

Nach der Auswertung der Zielvereinbarung, haben Sie unsere Erwartungen in vollem Umfang erfüllt und übertroffen. Sie haben damit einen ausgezeichneten Beitrag zum Erfolg von D E geleistet.

Die Ihnen demnach zustehende Tantieme in Höhe von 4.263,60 € brutto wird Ihnen mit Ihren nächsten Gehaltszahlungen überwiesen werden.

Zusätzlich hat uns Herr D gebeten, Ihnen eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 852,72 € entsprechend nochmals 20 % Ihrer maximalen Tantieme für das Übertreffen der ihnen gestellten Anforderungen zukommen zu lassen.

Bei der Anweisung kommt es aus organisatorischen Gründen zu einer anteiligen Auszahlung über zwei Monate. Mit Ihrem Gehalt für April 2006 erhalten Sie die Summe von 3.847,05 € brutto, mit ihrem Gehalt für Mai 2005 die Summe von 1.269,27 € brutto.

Wir möchten diese Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen unsere Anerkennung für Ihr Engagement und Ihre Leistungen auszudrücken, auf die wir auch weiterhin zählen."

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.05.2006 wandte sich die Klägerin gegen die wiederholte Beschäftigung als Springerin seit dem 01.01.2006 und verwies darauf, dass sie einer derartigen Beschäftigung nur unter Vorbehalt zugestimmt habe, nunmehr aber erwarte, dass eine vertragsgemäße Beschäftigung für sie gefunden werde.

Mit Schreiben vom 28.06.2006 (Bl. 21 d. A.) sprach die Beklagte die folgenden Kündigung aus:

"Sehr geehrte Frau d B ,

hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis betriebsbedingt auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung Interessenausgleich /Sozialplan gem. §§ 111, 112 BetrVG anlässlich der Betriebseinschränkung, Teilstilllegung und grundlegender Organisationsänderung der D P E E G zum 31.12.2006."

Hiergegen richtete sich die Kündigungsschutzklage der Klägerin, mit der sie zugleich ihre Weiterbeschäftigung begehrte.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 28.06.2006 zum 31.12.2006 nicht aufgelöst werden wird, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Sekretärin/Assistentin der Geschäftsführung weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 03.05.2007 (Bl. 169 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Bonn dem Antrag auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung stattgegeben, den Weiterbeschäftigungsantrag hingegen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die Kündigung schon daran scheitere, dass die Beklagte dadurch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, dass sie der Klägerin nicht zuvor im Wege der Änderungskündigung die Weiterbeschäftigung im Sekretärinnenpool der D P als Springerin angeboten habe. Hingegen könne die Klägerin nicht ihre Weiterbeschäftigung als Sekretärin/Assistentin der Geschäftsführung begehren, da die ursprüngliche Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin als Assistentin der Geschäftsführung des Herrn D entfallen sei.

Gegen dieses Urteil hat nur die Beklagte Berufung eingelegt.

Im Laufe des Berufungsverfahrens ist die Beklagte durch Verschmelzungsvertrag mit der D P A verschmolzen worden.

Die Beklagte hält die ausgesprochene Kündigung für rechtswirksam. Der ursprüngliche Arbeitsplatz der Klägerin sei weggefallen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit gebe es nicht. Die Beklagte könne auch nicht darauf verwiesen werden, zunächst eine Änderungskündigung auszusprechen. Denn einen freien Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten gebe es nicht. Die Beklagte habe der Klägerin auch keinen Arbeitsplatz im Konzern anbieten können. Dazu sei sie weder befugt gewesen noch faktisch in der Lage. Die Voraussetzungen, die die Rechtssprechung an einen konzernbezogenen Kündigungsschutz stelle, lägen nicht vor. Die Beklagte habe auch nicht die Möglichkeit, die Klägerin im Sekretärinnenpool der D P A einzusetzen. Der bisherige Einsatz der Klägerin dort begründe keine Kompetenz für die Beklagte, entsprechende Arbeitsplatzangebote auszusprechen

Die Konzernversetzungsklausel sei im Übrigen wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 10 BGB rechtsunwirksam. Im Übrigen habe die Beklagte keinen bestimmenden Einfluss auf ein anderes konzernangehöriges Unternehmen oder die D P A . Die E-Mails, die die Personalleiterin Frau T versandt habe, habe sie in ihrer Eigenschaft als Personalleiterin der D P A , nicht für die Beklagte versandt.

Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen Verstoß gegen den Interessenausgleich/Sozialplan berufen, denn dieser sei zum 31.03.2005 ausgelaufen. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf die Unwirksamkeit der Betriebsratsanhörung berufen, denn im Zeitpunkt der Kündigung sei der Betriebsrat nicht mehr im Amt gewesen. Der alte Betriebsrat sei jedoch vorsorglich angehört worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 03.05.2005 - 3 Ca 2013/06 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Einwand der Beklagten, dass ihr kein Weisungsrecht gegenüber der D P A oder einem sonstigen konzernangehörigen Unternehmen zustehe, greife nicht, denn hier sei aufgrund kollektiv- und einzelvertraglicher Vereinbarungen ein Konzernbezug des Kündigungsschutzes festgelegt worden. Dies ergäbe sich sowohl aus der Konzernversetzungsklausel, von der die Beklagte in den vergangenen Jahren umfangreich Gebrauch gemacht habe, als auch aus der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich/Soziaplan, der die Beklagte verpflichtet habe, vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung ein Arbeitsplatzangebot im Konzern zu unterbreiten. Zum anderen sei aus der Praxis in der Vergangenheit auch ein bestimmender Einfluss des Arbeitgebers abzuleiten, wie sich zuletzt aus der seit Anfang des Kalenderjahres 2006 praktizierten Verfahrensweise, die Klägerin als Sekretärin bei der D P A einzusetzen, unübersehbar ergebe. Nicht zuletzt ergebe sich dies auch aus der Tatsache, dass die Beklagte zwischenzeitlich alle anderen Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz bei der Beklagten weggefallen sei, in andere Konzernunternehmen vermittelt habe, obwohl es sich um insgesamt 150 - 200 Arbeitnehmer insgesamt gehandelt habe. Die Kündigung sei im Übrigen schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte nicht das in der Betriebsvereinbarung vom 17.10.2003 festgelegte Verfahren eingehalten und der Klägerin ein ordnungsgemäßes Angebot gemacht habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 ArbGG. Sie ist auch fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. In der Sache hatte die Berufung keinen Erfolg. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht die Rechtswidrigkeit der Kündigung, die die Beklagte ausgesprochen hat, festgestellt.

Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts kann Bezug genommen werden. Zur Unterstreichung und im Hinblick auf den Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz ist Folgendes festzuhalten.

1. Die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Beendigungskündigung scheitert bereits daran, dass die Beklagte nicht zuvor eine Änderungskündigung ausgesprochen hat, wozu sie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet gewesen wäre.

a. Der Arbeitgeber muss vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer von sich aus eine beiden Parteien objektiv mögliche und zumutbare Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anbieten. Regelmäßig hat der Arbeitnehmer dann selbst zu entscheiden, ob er eine Weiterbeschäftigung unter möglicherweise erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält und zumindest unter Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung gemäß § 2 KSchG annehmen will oder nicht. Eine Beendigungskündigung kommt erst dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer unmissverständlich dargestellt hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen im Falle des Ausspruchs einer Änderungskündigung auf keinen Fall, auch nicht unter Vorbehalt, annehmen (BAG, Urteil vom 21.04.2005 - 2 AZR 244/04, AP KSchG 1969, § 2 Nr. 80).

b. Gemessen an diesen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgenden Grundsätzen wäre hier der Ausspruch einer Änderungskündigung vorrangig gewesen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen - , wenn die Tätigkeit der Klägerin im Sekretärinnenpool als nicht vertragsgerechte weil geringerwertige Tätigkeit anzusehen ist. Erst recht würde die Kündigung scheitern, wenn die Tätigkeit im Sekretärinnenpool als vertragsgerechte Tätigkeit anzusehen wäre, denn dann wäre der Arbeitsplatz, auf dem die Klägerin zuletzt beschäftigt war, ohnehin nicht weggefallen.

Dem Vorrang der Änderungskündigung kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass die Voraussetzungen des konzernbezogenen Kündigungsschutzes hier nicht einschlägig wären. Der Konzernbezug ergibt sich bereits aus der Betriebsvereinbarung vom 27.10.2003. Anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass der Konzernbezug aus einer kollektivrechtlichen Zusage des Arbeitgebers folgen kann. In einem solchen Fall bedarf es keiner zusätzlichen Voraussetzungen dergestalt, dass das zu kündigende Unternehmen bestimmenden Einfluss auf das aufnehmende Unternehmen haben müsste, denn mit der kollektivrechtlichen Zusage geht der Arbeitgeber eine Verpflichtung ein, für deren Erfüllung er einzustehen hat (s. BAG, Urteil vom 10.05.2007 - 2 AZR 626/05 - NZA 2007, Seite 1278).

Die Betriebsvereinbarung vom 27.10.2003 enthielt eine solche Verpflichtung. Denn es hieß dort in § 4 unter der Überschrift "Arbeitsplatzsichernde Maßnahmen für die übrigen Bereiche", dass alle unbefristet Beschäftigten der Beklagten, deren Arbeitsplatz aufgrund der Aufgabe der Geschäftstätigkeit wegfiel, ein adäquates Arbeitsplatzangebot erhalten würden. Erst bei Ablehnung entsprechender Arbeitsplatzangebote konnte nach § 8 der Betriebsvereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen.

Dies war auch als unmittelbar rechtlich verbindliche, für die Betroffenen mit Rechtsansprüchen verbundene Regelung gemeint. Dies verdeutlicht das Verhalten der Beklagten. Denn die Beklagte hat mit Schreiben vom 19.04.2004 der Klägerin angekündigt, "gemäß den Regelungen der Betriebsvereinbarung" ein Arbeitsplatzangebot bei der D zu unterbreiten. Sie hat damit zu erkennen gegeben, dass sie sich auch im Fall der Klägerin an die Zusagen aus der Betriebsvereinbarung als Arbeitgeberin gebunden fühlt. Dies hatte zuvor auch bereits die an die Klägerin gerichtete E-Mail vom 08.12.2003 (Bl. 130 d. A.) zum Ausdruck gebracht, in der es hieß, dass für den Fall, dass die Klägerin das Angebot der D nicht annehme, ihr gemäß § 4 der Betriebsvereinbarung ein Beschäftigungsangebot bei der D in B unterbreitet werde und für den Fall, dass sie dieses nicht annehme, die Klägerin ein Arbeitsplatzangebot innerhalb des Konzerns D P W in D erhalten werde.

Die Beklagte selbst hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Verpflichtung aus der Betriebsvereinbarung auch für die Klägerin gilt und dass die Beklagte sich als Arbeitgeberin daran gebunden fühlte.

c. Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, die Betriebsvereinbarung habe nur bis zum 31.03.2005 gegolten, denn die Betriebsvereinbarung zur Änderung der ursprünglichen Betriebsvereinbarung bezieht sich nur darauf, dass in § 1 der abändernden Betriebsvereinbarung geregelt worden ist, dass über den 31.12.2004 hinaus bis zum 31.03.2005 von den dort beschäftigten Mitarbeitern noch Abwicklungs- und Unterstützungsarbeiten für die D zu leisten sind. Hinsichtlich der Verpflichtungen zum Angebot anderweitiger Arbeitsplätze wie auch zur Zahlung einer entsprechenden Abfindung bei Ablehnung entsprechender Angebote enthält weder die Betriebsvereinbarung vom 27.10.2003 noch die abändernde Betriebsvereinbarung eine Befristungsregelung. Die Fortgeltung der diesbezüglichen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung werden auch dadurch unterstrichen, dass die Beklagte in ihrem Kündigungsschreiben vom 28.06.2006 die Kündigung ausdrücklich "auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung" ausspricht, was nicht erklärbar wäre, wenn die Betriebsvereinbarung insoweit außer Kraft getreten wäre. Damit bleibt festzuhalten, dass bereits aus der Betriebsvereinbarung und den darauf fußenden individuellen Zusagen an die Klägerin der Konzernbezug folgt.

d. Unabhängig vom Vorstehenden folgt der Konzernbezug aus der arbeitsvertraglichen Konzernversetzungsklausel und dem bestimmenden Einfluss des Beschäftigungsbetriebes auf den Einsatz der Klägerin. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bereits seit längerem anerkannt, dass ein Konzernbezug dann gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer einen sich auf den gesamten Konzernbereich beziehenden Arbeitsvertrag abgeschlossen hat und sich arbeitsvertraglich mit einer den Konzern umfassenden Zuweisung von Arbeitsplätzen einverstanden erklärt hat und der Arbeitgeber rechtlich oder nach den üblichen Verfahrensweisen im Konzern tatsächlich in der Lage ist, den Arbeitnehmer in einem anderen Konzernunternehmen unterzubringen (s. BAG 14.10.1982 - 2 AZR 568/80, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern). Bei der Prüfung, ob ein bestimmender Einfluss des Beschäftigungsbetriebes auf einen anderweitigen Einsatz im Konzern möglich ist, spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen oder nur faktisch besteht (BAG, Urteil vom 23.03.2006 - 2 AZR 162/05 - , NZA 2007, Seite 30 ff.).

e. Im vorliegenden Fall ist hierzu festzustellen, dass eine Konzernversetzungsklausel in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages enthalten ist. Unklarheiten oder Unvollständigkeiten dieser Klausel könnten sich wie aus der Wertung des § 305 c Abs. 2 BGB abzuleiten ist, nur zu Lasten des Verwenders, also der Beklagten, nicht aber zu ihren Gunsten auswirken. Die faktische Möglichkeit, die Klägerin an anderen Stellen im Konzern unterzubringen, ist im vorliegenden Fall gegeben. Dies wird bereits im Schreiben der Beklagten vom 19.04.2004 deutlich, in dem die Beklagte die Unterbreitung eines entsprechenden Angebots angekündigt hat. Dies wird darüber hinaus daran deutlich, dass die Klägerin tatsächlich im Verlaufe ihres Arbeitsverhältnisses häufig in anderen Konzernunternehmen eingesetzt worden ist, was die Beklagte durch die Aufführung und Anerkennung der Beschäftigungszeiten bei anderen Konzernunternehmen in ihrem Schreiben vom 8.4.2002 (Bl. 20 d.A.) unterstrichen hat. Es wird schließlich unübersehbar daran deutlich, dass die Klägerin tatsächlich, worauf das Arbeitsgericht mit Recht entscheidend abgestellt hat, zuletzt im Sekretärinnenpool der D P A beschäftigt worden ist.

Anlass für die Kündigung ist ersichtlich nicht gewesen, dass diese Möglichkeit, einen solchen Einsatz im Konzern zu erreichen, entfallen wäre, sondern allein das anwaltliche Schreiben der Klägerin, mit dem die Klägerin die mangelnde Vertragskonformität ihrer Beschäftigung als Springerin rügte. Ohne dieses Schreiben hätte die Beklagte ersichtlich keinen Anlass gesehen, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu beenden. Dies wird auch daran deutlich, dass der weitere Einsatz der Klägerin geplant wurde, und zwar sogar durch die Personalleiterin der Konzernmutter, so in der E-Mail vom 14.03.2006, in der angekündigt wurde, man werde wiederum eine interessante Tätigkeit für die Klägerin finde. Der bestimmende Einfluss manifestiert sich damit in dem Umstand, dass die Beklagte der Personalleitung der Konzernmutter die Einsatzplanung für die Klägerin überantwortet hatte und diese Planung von dort tatsächlich wahrgenommen wurde. Dies wird durch die tatsächlich praktizierte Verfahrensweise in allen anderen von der Geschäftsaufgabe betroffenen Fällen bestätigt, da unstreitig insgesamt für 150 bis 200 betroffene Arbeitnehmer anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten im Konzern oder sonstige einvernehmliche Lösungen ohne Kündigungen gefunden wurden.

Die Weiterbeschäftigungsabsicht kommt schließlich in dem Schreiben der Beklagten vom 10.04.2006 (Bl. 131 d. A.) zum Ausdruck, in dem die Beklagte bestätigte, dass die Klägerin die Erwartungen in vollem Umfang erfüllt und übertroffen habe und in dem die Beklagte ausführte, sie nehme die Gelegenheit wahr die Anerkennung für das Engagement und die Leistungen der Klägerin auszudrücken, auf "die wir auch weiterhin zählen".

Damit ist mehr als deutlich, dass der Beschäftigung der Klägerin als Springerin bei der D P A nichts im Wege gestanden hätte, so dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin diese Tätigkeit zumindest im Wege der Änderungskündigung anzubieten. Bereits aus diesem Grund konnte die Kündigung der Beklagten keinen Bestand haben.

2. Unabhängig hiervon ist die Kündigung auch deshalb rechtsunwirksam, weil die Beklagte die Verpflichtungen aus der Betriebsvereinbarung vom 27.10.2003 nicht eingehalten hat. Wie bereits dargelegt, enthält die Betriebsvereinbarung unmittelbar für die Klägerin geltende Verpflichtungen. Ein entsprechender Rechtsbindungswille lag vor, weil die Betriebspartner bei Abschluss der Betriebsvereinbarung den betroffenen Arbeitnehmern eine entsprechend gesicherte Rechtsposition verschaffen wollten. Dass auch die Beklagte die Betriebsvereinbarung so verstanden hat, ergibt sich aus ihrem eigenen Verhalten, insbesondere aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.04.2004, das ausdrücklich auf die Regelungen der Betriebsvereinbarung Bezug nahm.

Die Verpflichtung bestand darin, der Klägerin ein adäquates Arbeitsplatzangebot zu machen, für das nach § 4 Ziffer 4.1 Abs. 1 vorgesehen war, dass das Angebot schriftlich zu erfolgen hatte, und zwar eine Woche vor dem durchzuführenden Personalgespräch. Dementsprechend hatte die Beklagte im Schreiben vom 19.04.2004 angekündigt, der Klägerin - so wörtlich - "gemäß den Regelungen der Betriebsvereinbarung" ein Arbeitsplatzangebot zu machen, und hatte zugleich angekündigt, dass Frau A L zu diesem Zweck in den nächsten Tagen auf die Klägerin zukommen werde. Tatsächlich ist unstreitig weder ein schriftliches Angebot erfolgt, noch hat ein entsprechendes Personalgespräch stattgefunden. In diesem Zusammenhang kann die Beklagte nicht damit gehört werden, die Klägerin habe zuvor in ihrem Schreiben vom 15.03.2004 ein entsprechendes Angebot abgelehnt. In dem Schreiben vom 15.03.2004 hatte die Klägerin die Inanspruchnahme von Altersteilzeit beantragt. Es ist nicht ersichtlich, wie dies als Ablehnung eines anderweitigen Arbeitsplatzes interpretiert werden kann.

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, die Klägerin habe es verabsäumt, auf das Schreiben vom 19.04.2004 zu reagieren. Denn die Beklagte selbst hatte in jenem Schreiben angekündigt, dass sie ein Angebot machen und ein Gespräch führen werde. Beide Zusagen hatte die Beklagte jedoch nicht eingehalten. Da die Möglichkeit, die Klägerin als Assistentin von Herrn D weiterzubeschäftigen, nicht realisiert wurde, und die Beklagte in ihrem Begleitschreiben vom 28.12.2005 (Bl. 54 d.A.) klargestellt hatte, dass dadurch das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Beklagten unberührt bleibe, wäre die Beklagte, um ihre Verpflichtungen aus der Betriebsvereinbarung vom 27.10.2003 einzuhalten, verpflichtet gewesen, der Klägerin ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot zu machen. Solange dies nicht geschehen war, kam eine Kündigung wegen § 8 der Betriebsvereinbarung nicht in Betracht.

III. Nach allem hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg und musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern unter Anwendung höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze zu entscheiden war.

Ende der Entscheidung

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