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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.05.2006
Aktenzeichen: 14 Ta 123/06
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 99
Besteht in einem Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG zwischen den Betriebspartnern Streit über die Rechweite des Informationsanspruchs des Betriebsrats bei einer Umgruppierung, ist als Streitwert der Regelstreitwert des § 23 Abs. 3 RVG anzusetzen.
Tenor:

Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 6. März 2006 gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 2 März 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers stellte mit am 21.09.2004 bei Gericht eingegangene Antragsschrift folgende Anträge:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG in jedem der nachfolgenden 37 Einzelfälle unter Wahrung der Informations- und Beteiligungsrechte des Antragstellers zur Eingruppierung der nachfolgenden Mitarbeiter durchzuführen, sofern die Antragsgegnerin diese in die neuen Vergütungsgruppen des Entgelttarifvertrages (Firmen-TV) für Arbeitnehmer der D mit Wirkung vom 01.01.2004 eingruppieren will:

S , W , K , K , H , F , Z , K , L , L , K , K , W , P , H , F , G , M , R , R , J , B , M , R , B , P , D , M , S , Cz , H , S , O , U , P , B , B .

Hilfsweise

für den Fall, dass das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass das Mitbestimmungsverfahren in diesen 37 Einzelfällen zur Eingruppierung der vorgenannten Mitarbeiter gemäß Ziffer 1 ordnungsgemäß nach § 99 BetrVG von der Antragsgegnerin durchgeführt worden ist:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn für jeden Einzelfall einzuleiten, wegen der fehlenden Zustimmung des Antragstellers zu der Eingruppierung der Mitarbeiter

1) W

in die Vergütungsgruppe 4 des Entgeltrahmentarifvertrages für Arbeitnehmer der D mit Wirkung vom 01.01.2004.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn für jeden Einzelfall einzuleiten, wegen der fehlenden Zustimmung des Antragstellers zu der Eingruppierung der Mitarbeiter

2) C ,

3) U ,

in die Vergütungsgruppe 5 des Entgeltrahmentarifvertrages für Arbeitnehmer der D mit Wirkung vom 01.01.2004.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn für jeden Einzelfall einzuleiten, wegen der fehlenden Zustimmung des Antragstellers zu der Eingruppierung der Mitarbeiter

4) M ,

5) M ,

6) R ,

7) H ,

8) S ,

9) B ,

in die Vergütungsgruppe 6 des Entgeltrahmentarifvertrages für Arbeitnehmer der D mit Wirkung vom 01.01.2004.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn für jeden Einzelfall einzuleiten, wegen der fehlenden Zustimmung des Antragstellers zu der Eingruppierung der Mitarbeiter

10) L ,

in die Vergütungsgruppe 7 des Entgeltrahmentarifvertrages für Arbeitnehmer der D mit Wirkung vom 01.01.2004.

Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus den Ziffern 2.) bis 5.) wird der Antragsgegnerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld angedroht.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, Ein-/Umgruppierungen vorzunehmen, ohne dass die Zustimmung des Betriebsrats zu diesen Ein-/Umgruppierungen vorliegt bzw. die fehlende Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist.

Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus Ziffer 7.) wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 € angedroht.

Hilfsweise,

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin durch die von ihr vorgenommenen Eingruppierungen ohne Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt hat.

Nach Erledigung des Verfahrens beantragten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers Streitwertfestsetzung.

Das Arbeitsgericht hörte hierzu die Beteiligten und ihre Bevollmächtigten und setzte alsdann den Streitwert durch Beschluss vom 02.03.2006 auf insgesamt 13.000,00 € fest, und zwar für den Antrag zu 1) auf 4.000,00 €, für die Anträge zu 2) bis 5) auf 1/8 des Regelstreitwertes von 4.000,00 € je Arbeitnehmer, somit auf 10 x 500,00 € = 5.000,00 € und für die Anträge zu 7) und 9) jeweils den halben Regelstreitwert von jeweils 2.000,00 € (siehe Bl. 100 und Bl. 84. d. A.).

Hiergegen richtet sich die am 11.03.2006 eingegangen Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers. Sie begehren eine Streitwertfestsetzung auf 399.193,61 €, hilfsweise auf 95.983,78 €. Sie machen geltend, es handele sich um 37 Fälle in denen die Eingruppierung streitig gewesen sei. Jede Eingruppierung sei mit dem dreifachen Monatsverdienst des einzugruppierenden Arbeitnehmers zu bewerten, so dass sich hieraus der errechnete Betrag ergebe. Selbst wenn man Abschläge deshalb vornehme, weil die Verfahren auf einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung beruhten, ergebe sich ein Streitwert von 95.983,78 €. Zu dem sei zu berücksichtigen, dass das Arbeitsgericht Düsseldorf in einem vergleichbaren Verfahren den Streitwert auf 60.000,00 € festgesetzt habe.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 10.03.2006).

II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Streitwertentscheidung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden.

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aus § 33 Abs. 3 RVG. Die Beschwerdefrist ist eingehalten. Auch ist der Beschwerdewert von mehr als 200,00 € erreicht.

2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die Streitwertentscheidung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden.

a) Der Antrag zu 1) ist zutreffend mit dem Regelstreitwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten in Höhe von 4.000,00 € gemäß § 23 Abs. 3 RVG festgesetzt worden. Dabei ist zu berücksichtigen, das Streitgegenstand des Antrages zu 1) allein der Umfang der Informationspflichten der Antragsgegnerseite war. Die Beteiligten stritten darüber, welche Angaben der Antragsgegner dem Antragsteller im Mitbestimmungsverfahren zur Eingruppierung hätte machen müssen. Es war jedoch unstreitig, dass von den 37 im Antrag zu 1) genannten Einzelfällen in 25 Fällen der Antragsteller bereits vor Einleitung des Beschlussverfahrens im August 2004 seine vorläufige Zustimmung zu der von der Antragsgegnerseite gewünschten Eingruppierung erteilt hatte; in zwei weiteren Fällen waren Mitarbeiter entsprechend den Vorstellungen des Antragstellers eingruppiert worden. Als streitig verblieben lediglich die zehn Fälle, die in den Anträgen zu 2) bis 5) aufgeführt sind. Da nur die Reichweite der Informationspflichten im Rahmen des § 99 BetrVG der Streitgegenstand war, insbesondere die Frage, ob die Antragsgegnerseite von sich die Gehälter der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätte mitteilen müssen, handelte es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, denn informationsbezogene Pflichten und Unterlassungsansprüche zählen im Beschlussverfahren zu den nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten, siehe Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 5. Auflage, § 84 Randziffer 12ff., § 85 Randziffer 6f.

Anhaltspunkte dafür, von dem Regelstreitwert von 4.000,00 € nach oben abzuweichen, sind nicht ersichtlich, zumal nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses infrage stand, wie dies bei der Einstellung der Fall ist, ferner die Antragsgegnerseite die Verpflichtungen aus § 99 BetrVG nicht grundsätzlich infrage gestellt hatte, sondern lediglich die Reichweite des Informationsanspruchs der Antragstellerseite zur Diskussion stand.

b) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das Arbeitsgericht für die Anträge zu 2) bis 5), die die zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen, in denen die Eingruppierung streitig blieb, für jeden Streitfall 1/8 des Regelstreitwerts von 4.000,00 € gesetzt hat. Zunächst gilt auch insoweit, dass es sich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt, weil die Informationsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz in Bezug auf die vorgenommenen Eingruppierungen infrage standen. Dabei lag eine Bemessung mit einem 1/8 des Regelstreitwerts von 4.000,00 € für jeden Einzelfall im zulässigen Streitwertermessen des Arbeitsgerichts. Zu berücksichtigen war jedenfalls, dass abweichend von der Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf, auf die sich die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers berufen, die Antragsgegnerseite hier das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG nicht grundsätzlich infrage gestellt hatte, sondern Streit lediglich zu der Frage der Informationspflichten und dazu bestand, ob - aufgrund vollständiger Information - die Zustimmung nach § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG bereits als erteilt galt. Da dies alle zehn Fälle einheitlich betraf, lag die diesbezügliche Festsetzung im Streitwertermessen des Arbeitsgerichts.

c) Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht die Anträge zu 7) und 9) jeweils mit der Hälfte des Regelstreitwerts aus § 23 Abs. 3 RVG bemessen hat. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerseiten das nach § 99 BetrVG bestehende Mitbestimmungsrecht nicht grundsätzlich negiert hatte, so dass der Streitgegenstand von vornherein eingeschränkt war.

Die Beschwerde hatte daher keinen Erfolg.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist kein weitergehendes Rechtsmittel gegeben.



Ende der Entscheidung

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