Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 02.05.2005
Aktenzeichen: 2 (5) Sa 1607/04
Rechtsgebiete: KSchG, InsO


Vorschriften:

KSchG § 1
InsO § 113
Hat der Insolvenzverwalter einen Betrieb vollständig zerschlagen und stillgelegt, so führt eine "Rekonstruktion" des Betriebs durch Erwerb der Betriebsmittel von Dritten durch neuen "Betriebsinhaber" nicht zu einem Betriebsübergang.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn - 5 Ca 1171/03 - vom 22.09.2004 wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision für den Kläger wird gegen die Beklagte zu 2. zugelassen. Gegen die Beklagte zu 1. wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung der Gemeinschuldnerin vom 17.03.2003, einer Kündigung des Insolvenzverwalters, des Beklagten zu 1) vom 17.04.2003, um die Frage ob das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist und deshalb diese verpflichtet ist den Kläger zu beschäftigen, um Vergütungsansprüche für die Zeit ab Massearmut sowie über einen Wiedereinstellungsanspruch. Der Kläger, geboren im Jahr 1955, war bei der Gemeinschuldnerin seit dem 02.11.1979 als Auslieferungsfahrer zu einer Bruttovergütung von 11.04 €/Stunde zuzüglich Prämienund Überstundenzuschlägen beschäftigt. Die Gemeinschuldnerin betrieb einen Möbeleinzelhandel in denselben Räumen, in denen sich nun der Betrieb der Beklagten zu 2) befindet. Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin war A Eigentümer des Betriebsgrundstücks war P . Das Grundstück haftete der F H als Sicherheit für Betriebskredite. Die Gemeinschuldnerin hatte zum Zeitpunkt der Kündigung ca. 20 Mitarbeiter. Die Möbel wurden im wesentlichen über eine Möbeleinkaufsgenossenschaft bei Herstellern geordert. Es wurde ein Vollsortiment vorgehalten, wobei für den Kunden die Möglichkeit bestand, auch Ware zu kaufen, welche nicht vorrätig und nicht im Eigentum der Geschäftsinhaberin war, sondern erst beim Hersteller geordert werden musste. Regelmäßig wurden die Möbel durch die Gemeinschuldnerin ausgeliefert und aufgebaut. Daneben gab es aber auch bereits einen Bereich für Mitnahmemöbel. Ende des Jahres 2002 geriet der Betrieb der Gemeinschuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten. Der Geschäftsführer entschloss sich im Januar 2003 einen Ausverkauf durchzuführen. Dabei bediente er sich der Firma S des Einzelkaufmanns W . Der Ausverkauf endete am 09.02.2003. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch nicht sämtliche Möbel abverkauft worden. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen war der weitere Verkauf nach diesem Zeitpunkt unzulässig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Geschäftsräume danach tatsächlich für das Publikum geschlossen waren, ob und in welchem Umfang danach mit Wissen des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin noch neue Verkäufe getätigt wurden. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin stellte nach Ende des Ausverkaufs Insolvenzantrag und kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 17.03.2003, zugegangen am 25.03.2003 zum 30.09.2003. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der am 10.04.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage. Am 15.04.2003 wurde die Insolvenz eröffnet. Das Verfahren war bereits mit Eröffnung massearm. Bis zur Insolvenzeröffnung waren unstreitig noch Auslieferungen von bereits zuvor gekauften Möbeln durchgeführt worden. Auch wurde noch eine Inventarliste erstellt. Ab etwa Mitte April war der Betrieb vollständig eingestellt. Am 17.04.2003 kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit der Kündigungsfrist aus § 113 S. 2 InsO zum 31.07.2003. Mit Eingang bei Gericht am 25.04.2003 nahm der Kläger das Verfahren gegenüber dem Insolvenzverwalter dem Beklagten zu 1) auf und griff auch dessen Kündigung an. Der Insolvenzverwalter begründet die Kündigung damit, dass ebenso wie schon in der Kündigung der Gemeinschuldnerin zum Ausdruck gekommen, der Betrieb stillgelegt und aufgelöst werde. Er hat am 23.04.2003 die restlichen Möbel an den Einzelkaufmann K , der bereits den Ausverkauf durchgeführt hatte, veräußert. Das Betriebsgrundstück wurde nach Auflösung des Pachtvertrages an den Eigentümer, den Bruder des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin zurückgegeben. Auf Betreiben und mit Zustimmung der F wurde das Grundstück sodann von der Beklagten zu 2), die zwischenzeitlich von dem Einzelkaufmann K gegründet worden war und deren Geschäftsführer er nunmehr ist, angepachtet. Etwa Mitte Mai eröffnete die Beklagte zu 2) in den angepachteten Betriebsräumen wiederum einen Möbeleinzelhandel. Sie beschäftigte zunächst 10 Mitarbeiter, davon nach Vortrag des Klägers wenigstens 3 von ursprünglich ca. 20 Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin, nach Vortrag der Beklagten 6 dieser Mitarbeiter. Die Beklagte zu 2) nutzte zumindest ca. einen Monat lang eines der früheren Betriebsfahrzeuge. Sie hatte zu Beginn der Geschäftstätigkeit nicht dieselben Öffnungszeiten wie die Gemeinschuldnerin sondern war im wesentlichen nur nachmittags und Samstags geöffnet. Die Beklagte zu 2) vertritt die Ansicht, es handele sich nicht um einen Betriebsübergang, denn das Einkaufskonzept der Beklagten sei ein völlig anderes. Statt neue Möbel bei Herstellern über einen Möbeleinkaufsverband zu ordern, werden durch die Beklagte zu 2) Möbel aus Insolvenzen, Restbeständen und Überproduktionen aufgekauft. Lediglich im Küchenbereich ist unverändert eine Bestellung einzelner Küchenelemente aus einem Sortimentsprogramm möglich. Der Umfang dieser Abteilung am gesamten Umsatz und damit die Bedeutung dieser Abteilung für den Gesamtbetrieb ist nicht durch Auswertung von betrieblichen Daten dargestellt worden. Aus Prospektmaterial der Beklagten zu 2) ist zu schließen, dass auch Dielenmöbel und Wohnzimmeranbauschränke/Bücherregale individuell vom Kunden aus einem Programm zusammengestellt werden können. Im übrigen ist auch unstreitig, dass einzelne Möbel durchaus denen entsprechen, die vorher im Sortiment der Gemeinschuldnerin waren. Allerdings sei dies eher zufällig der Fall, da die Beklagte zu 2) bei Insolvenzen ankaufe, was geboten werde. Der Kunde könne damit nur die Gegenstände erwerben, die in der Ausstellung gezeigt werden, sowie solche, die als Lagerware vorrätig sind. Verändert ist auch die Verkaufsstrategie, als dass die Möbel in erster Linie zum Selbstabholen und Selbstaufbauen angeboten werden. Während früher Transport und Aufbau zu den betrieblichen Aufgaben gehörten und auch die Preiskalkulation dieses beeinhaltete, werden die Möbel nun zum Discounterpreis als Abholware angeboten. Nur auf Einzelwunsch und gegen Aufpreis wird der Aufbau durchgeführt. Soweit der Kunde dies wünscht, wird der Transport durch eine Spedition vermittelt. Aufgrund der geänderten Ein- und Verkaufsstruktur sei auch der Bedarf an Personal grundsätzlich geringer sowie anders strukturiert. Gut ausgebildete Fachverkäufer würden nicht mehr benötigt, da der Verkauf bei der Beklagten zu 2) nicht beratungsintensiv sei. Durch die anderen Betriebsstrukturen sei auch der Tätigkeitsbereich des Klägers betroffen. Anstelle des Aufbaus von Möbeln bei Kunden, falle im Wesentlichen nur noch die Abholung von Möbeln aus insolventen Möbelhäusern und der Aufbau der Möbel im Betrieb an. Diese Tätigkeit sei dem Kläger unter Wegfall der "Mittagpauschale" ansonsten aber gleichen Vergütungsbedingungen vom Geschäftsführer der Beklagten zu 2) angeboten worden, vom Kläger aber nicht angenommen worden. Der Kläger behauptet hierzu, er habe ein erstes Angebot zunächst überdenken wollen. Als er sich dann zur Annahme entschieden habe, seien ihm nur deutlich verschlechterte Bedingungen ( 7 Euro/Stunde) und lediglich eine Befristung von "Monat zu Monat" angeboten worden. Der Klägerer hat zuletzt beantragt, 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17.03.2003 nicht aufgelöst worden ist; 2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 17.04.2003 nicht aufgelöst worden ist; 3. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht; 4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen auf seinem Arbeitsplatz als Auslieferungsfahrer und Küchenmonteur zu beschäftigen; 5. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 8.400,00 Euro brutto abzüglich 2.330,72 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 17.09.2003 zu bezahlen; 6. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 4.800 Euro brutto abzüglich durch den Kläger bezogenen Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 01.08.2003 bis zum 30.09.2003 in Höhe von 1.244,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins nach § 247 BGB seit dem 30.10.2003 zu bezahlen; 7. hilfsweise, die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger als Auslieferungsmonteur wieder einzustellen; Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Dem hat das Arbeitsgericht entsprochen. Es hat im wesentlichen durch Auslegung und Wertung das Vorliegen eines Betriebsüberganges verneint. Hiergegen wendet sich der Kläger in vollem Umfang mit der Berufung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Gemeinschuldnerin ist durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 17.04.2003 mit dem 31.07.2003 beendet worden. Die Kündigung ist gemäß § 1 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt, da der Insolvenzverwalter bei Kündigungsauspruch den nicht bestrittenen und nicht widerlegten Beschluss gefasst hat, an der bereits durch die Gemeinschuldnerin begonnenen Betriebseinstellung festzuhalten, den Betrieb stillzulegen und in seine Einzelteile zu zerschlagen. Die Kündigung des Insolvenzverwalters war vor derjenigen der Gemeinschuldnerin zu prüfen, da sie zu einem früheren Beendigungsdatum führt. Der Entschluss, den Betrieb stillzulegen und aufzulösen war bereits zuvor von der Gemeinschuldnerin gefasst worden. Auch wenn noch nach dem Ausverkauf einzelne Kaufverträge wettbewerbswidrig zustande gekommen sein sollten, so ist doch nichts dafür dargetan, dass die Gemeinschuldnerin und insbesondere der Insolvenzverwalter nach der Insolvenzeröffnung am 15.04.2003 noch aktiv werbend am Markt tätig waren, dass von diesen noch neue Möbel eingekauft worden wären oder das verbliebene Restsortiment aufgestockt oder ergänzt worden wäre. Selbst die Durchführung von Abwicklungsarbeiten war zumindest 3 Wochen vor der Neueröffnung des Möbelhandels der Beklagten zu 2) vollständig unterbrochen und der Betrieb geschlossen. Alle Arbeitsverhältnisse waren gekündigt und zuletzt auch alle Arbeitnehmer freigestellt. Der Insolvenzverwalter war auch nicht mehr in der Lage über die Immobilie zu verfügen oder diese zu nutzen, da sie an den Grundstückseigentümer zurückgegeben worden war. Er hatte auch wegen der Sicherungsrechte der F keinen Einfluss auf die weitere Verwertung und Benutzung der Immobilie. Die unternehmerische Entscheidung, den Betrieb zu zerschlagen ist deshalb bei Kündigungsausspruch getroffen gewesen. Dies bedingt die Wirksamkeit der Kündigung. Auf Grund der Wirksamkeit der Kündigung vom 17.04.2003 ist die Entscheidung über die Kündigung vom 17.03.2003, die das Arbeitsverhältnis erst zum 30.09.2003 beendet hätte, nicht mehr zur Entscheidung angefallen. Damit steht auch fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht im Sinne des § 613 a Abs. 4 BGB wegen eines Betriebsübergangs gekündigt wurde und die Kündigung aus diesem Grund unwirksam sein könnte. Zum Zeitpunkt der Kündigung, auf den für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung abzustellen ist, war, wie oben dargestellt, eine Fortführung des Betriebes nicht beabsichtigt und durch den Insolvenzverwalter nach Rückgabe des Betriebsgrundstücks schon am 15.04.2003 auch gar nicht mehr möglich gewesen. Auch die weiteren Anträge, die sich gegen die Beklagte zu 2) richten, sind nicht begründet. Mit dem Antrag zu 3) begehrt der Kläger in zulässiger Weise die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und der Beklagten zu 2). Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitgeber bzw. einem Betriebserwerber kommt grundsätzlich in Betracht, wenn es trotz einer ursprünglich vorgesehenen Stilllegung des Betriebes oder eines Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit aus anderen Gründen und einer in Folge dessen wirksam ausgesprochenen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen im Sinne des § 1 KSchG nachträglich zu einem Betriebsübergang und damit zur Fortführung des Betriebes oder der Entstehung einer anderen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer kommt (BAG vom 27.02.1997 - 2 AZR 160/96 - ). Das BAG hat insoweit in seinen Entscheidungen vom 13.05.2004 - 4 AZR 198/03 und erneut vom 28.10.2004 - 8 AZR 199/04 - NZA 2005 S. 405 entschieden, dass ein solcher Fortsetzungs- oder Wiedereinstellungsanspruch nicht besteht, wenn der Betriebsübergang erst zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist und die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den zuletzt zitierten Sachverhalten allerdings dadurch, dass, falls man die Aktivitäten der Beklagten zu 2) ab Mitte Mai 2003 als Betriebsübergang werten möchte, die Kündigungsfrist des Klägers jedenfalls noch nicht abgelaufen war.

Auch für den Fall des Betriebsübergangs während des Laufs der Kündigungsfrist wird in der Literatur der Fortsetzungsanspruch gegenüber dem Erwerber teilweise abgelehnt. Dem ist das BAG jedoch soweit ersichtlich bislang nicht gefolgt. In seinen grundlegenden Entscheidungen zum Wiedereinstellungs- und Weiterbeschäftigungsanspruch (z. B. 16.05.2002 - 8 AZR 320/01 - ) hat das BAG herausgestellt, dass Rechtsgrundlage des Fortsetzungs-/Wiedereinstellungsanspruchs die Fürsorgepflicht im noch bestehenden Arbeitsverhältnis ist. Der Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsanspruch korrigiert eine aufgrund einer im Kündigungszeitpunkt richtigen Prognose gefällte Kündigungsentscheidung, wenn sich während des Laufs der Kündigungsfrist die Tatsachengrundlagen in der Weise verändern, dass die ursprüngliche Prognose unrichtig wird. Die erkennende Kammer fasst dabei die Entscheidungen des BAG vom 13.05.2004 und 28.10.2004 dahingehend auf, dass in den dortigen Fällen sich die Fürsorgepflicht des Insolvenzverwalters nicht realisiert hat, weil der Betriebsübergang gerade noch nicht zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, zudem das Arbeitsverhältnis noch bestand. Dabei ist bislang in den Fällen, in denen ein Wiedereinstellungsanspruch als möglich diskutiert wurde, derjenige, der die Kündigung ausgesprochen hat von seinem ursprünglichen Vorhaben, den Betrieb stillzulegen wieder abgewichen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich hiervon dadurch, dass der Insolvenzverwalter seine Entscheidung den Betrieb zu zerschlagen, zu keinem Zeitpunkt rückgängig gemacht hat. Vielmehr sind die Wirkungen des Betriebsübergangs (falls man einen solchen annehmen will, was weiter unten noch zu prüfen sein wird) entgegen dem erklärten Willen des Insolvenzverwalters und ohne dessen Zutun eingetreten. Dieser hatte keinerlei Einflussmöglichkeiten darauf, ob und wie das Betriebsgrundstück weiter genutzt wird. Auch hat er den Restbestand der Möbel nicht an die Beklagte zu 2) sondern lediglich an deren Geschäftsführer als Einzelkaufmann veräußert. Auch auf das Zustandekommen einzelner Arbeitsverträge zwischen der Beklagten zu 2) und den Arbeitnehmern hat der Beklagte zu 1) keinen Einfluss gehabt und genommen. Insbesondere die Tatsache, dass über die Nutzung des Betriebsgrundstücks letztlich die Sicherungsgeberin, die F zu entscheiden hatte, belegt, dass es zu keinem Zeitpunkt im Laufe der Kündigungsfrist des Klägers durch den Insolvenzverwalter zu einer Änderung seiner Stilllegungsentscheidung gekommen ist. Er hat tatsächlich die vollständige Betriebszerschlagung durchgeführt und alle hierfür erforderlichen Rechtsgeschäfte getätigt. Demgegenüber hat die Beklagte zu 2) aufgrund eigener wirtschaftlicher Entscheidungen und durch Rechtsgeschäfte mit verschiedenen Rechtsträgern den zerschlagenen Betrieb ohne Zusammenwirkung mit dem Insolvenzverwalter "rekonstruiert". Sie hat dabei möglicherweise Kenntnisse aus dem Ausverkauf verwertet und Informationen von der Gemeinschuldnerin bzw. von deren Geschäftsführer erhalten. Gleichwohl ist keinerlei Einflussnahme des Insolvenzverwalters auf den Abschluss der verschiedenen Rechtsgeschäfte möglich gewesen. Die erkennende Kammer vertritt die Ansicht, dass bereits aus diesem Grund die Vorschriften über den Betriebsübergang jedenfalls in der Insolvenz keine Anwendung finden können. Hinzu kommt, dass im Falle einer massearmen Insolvenz wie im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 613 a BGB insbesondere das Anerkennen eines Betriebsübergangs trotz fehlender Mitwirkung des Insolvenzverwalters dazu führen würde, dass die nicht befriedigten Masseansprüche also insbesondere die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und Vergütungsanspruch eine zügige Verwertung des Betriebsvermögens verhindern würden. Denn der Betriebserwerber würde im Fall der Massearmut auch für die nicht befriedigten Masseansprüche haften. Jeder Käufer von wesentlichen Betriebsmitteln aus dritter Hand müsste dann damit rechnen, dass die Frage eines nachträglichen Betriebsübergangs streitig werden könnte, insbesondere dann, wenn er einen ähnlichen Betrieb auf demselben Betriebsgrundstück ansiedelt. Eine verschlechterte Verwertungsmöglichkeit bedeutet aber im Insolvenzverfahren auch eine Benachteiligung aller Gläubiger, in deren Interesse der Insolvenzverwalter die gleichmäßige und gerechte Befriedigung zu regeln hat. Kann wegen des Risikos, dass der Erwerb wesentlicher Betriebsmittel, auch wenn sie von einem Dritten erworben werden, zur Annahme eines Betriebsübergangs führt, ein möglicher Interessent die Kaufverträge erst nach Ablauf der letzten Kündigungsfristen abschließen, so wird hierdurch der Wert des Betriebsvermögens erneut erheblich geschmälert und eine Verwertung unnötig verzögert. Auch dies spricht dafür, einen Fortsetzungsanspruch aus § 613 a BGB in der Insolvenz jedenfalls dann nicht anzuerkennen, wenn der Betrieb durch den Insolvenzverwalter bereits still gelegt war und dieser am "Wiederaufleben" nicht mitgewirkt hat. Ob darüber hinaus die Tatbestandsvoraussetzungen eines Betriebsübergangs im Sinne des § 613 a BGB tatsächlich gegeben sind, erscheint wie bereits die erste Instanz ausführlich und ins Einzeln gehende geprüft hat, sehr zweifelhaft. Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (ständige Rechtsprechung des BAG, u. a. Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 320/01 m. w. N.). Die Subsumption wird im vorliegenden Fall dadurch erschwert, dass eine Gewichtung der einzelnen Tatbestandsmerkmale weder vom Gesetzgeber vorgesehen ist, noch durch die Rechtsprechung bislang ausgearbeitet wurde. Für einen Betriebsübergang spricht die Tatsache, dass es sich nach wie vor um einen Betrieb des Möbeleinzelhandels handelt, dass dieser in einer relativ strukturschwachen Gegend in demselben Gebäude stattfindet und das Teile des Betriebes, deren genaue Größe in Abgrenzung zum Gesamtbetrieb weder die Klägerin noch der Beklagte zu 2) zahlenmäßig belegt hat, unverändert geblieben sind. So hat sich im Bereich der Küchenabteilung nichts geändert. Ebenso ist es nach wie vor möglich, Schrankwände bzw. Bücherregale sowie Dielenmöbel aus einem Programm auszuwählen und zusammenzustellen. Welcher Umsatz auf diese nicht selbständigen Betriebsteile im alten bzw. im neuen Betrieb konkret entfällt, konnte nicht dargestellt werden. Auch ist es nach wie vor möglich, dass Möbel angeliefert und aufgebaut werden. Jedenfalls wirbt die Beklagte mit diesen Leistungen in ihrem Prospekt. In welchem Umfang dies bisher der Fall war und inwieweit im neuen Betrieb hiervon Gebrauch gemacht wird, ist nicht dargestellt. Ob hierüber überhaupt im Betrieb der Gemeinschuldnerin eine Statistik geführt wurde, ist nicht bekannt. Eine Schätzung erscheint nach Ansicht der Kammer nicht geeignet, ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Bedeutung dieses Elements in der Betriebsstruktur abzugeben. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich auch bei der Bewertung, der Änderung der Einkaufsstruktur. Aus Sicht des Kunden kann es dann zum Abschluss des Kaufvertrages kommen, wenn das Möbelstück, welches er sich angeschaut hat, ihm nach Preis und Ausführung gefällt. Auf die Frage, ob dieses Möbelstück zuvor bei einem anderen Möbelhändler, der insolvent geworden ist, angeboten wurde, kommt es dem Kunden wahrscheinlich nicht an. Eine sichere Aussage, in welchem Maße hierdurch und durch den Selbstauffbau der Möbel vielleicht eine andere Kundengruppe angesprochen wird, erscheint nicht möglich. Andererseits gehört zum Betrieb eines Möbeleinzelhandels auch die Struktur des Einkaufs. Welchen Anteil die Einkaufsadministration und Verwaltung am Gesamtbetrieb hatte und hat, ist aber ebenfalls nicht dargestellt. Auch über die Frage, ob Kunden sich davon leiten lassen, dass sie schon einmal Kunde von Möbel A waren oder ob sie erstmals durch die Werbeprospekte der Beklagten zu 2) angesprochen werden, weil sie ausschließlich an Schnäppchen interessiert sind, kann nur spekuliert werden. Auch hierzu können keine bindenden Feststellungen getroffen werden, zumal nicht bekannt ist, aus welchem Grund die Kunden der Gemeinschuldnerin vorrangig den Betrieb aufgesucht haben. Auch die Tatsache, dass der Betrieb in den von der Beklagten zu 2) geschaffenen Strukturen einerseits mit weniger Arbeitnehmern auskommt und nur ca. die Hälfte des bisherigen Personals benötigt, andererseits aber 6 oder 7 der ursprünglichen Mitarbeiter einsetzt, spricht sowohl gegen als auch für die Annahme eines Betriebsübergangs. Allein die Tatsache, dass die Beklagte zu 2) einen Teil der unverkäuflichen Restbestände der Gemeinschuldnerin in ihren Betriebsräumen zum Verkauf stellte, ist nicht als wesentliches Element eines Betriebsübergangs eines Möbeleinzelhandelgeschäfts anzusehen. Denn im Einzelhandel ist zum einen der Wechsel des Sortiments durch den Abverkauf ohnehin zwingend. Im Möbeleinzelhandel kommt dabei hinzu, dass bspw. eine neue Küche oder ein neues Bett selten öfter als im Abstand von 10 Jahren erworben werden. Selbst Polstermöbel werden kaum vor Ablauf von 5 Jahren ausgetauscht, sodass weder das aktuelle Sortiment kennzeichnend für den Betrieb eines Möbelhauses ist noch von einer wesentlichen Kundenbindung ausgegangen werden kann. Zudem entsprach der übernommene Teil der Möbel nur ca. einem Achtel des regelmäßigen Gesamtbestandes, der zuvor vorgehalten wurde. Damit bleibt nach Ansicht der Kammer die Frage der Betriebsidentität in der Schwebe, sofern man nicht die vollständige Zerschlagung des ursprünglichen Betriebes durch den Insolvenzverwalter als wesentliches Kriterium dafür ansieht, dass der durch die Beklagte zu 2) mit teilweisen Änderungen "rekonstruierte" Betrieb nicht dieselbe wirtschaftliche Einheit darstellt. Aufgrund der Abweisung des Feststellungsantrages zu 3) hatte das Gericht auch über den Hilfsantrag auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den ursprünglichen Bedingungen zu entscheiden. Da ein solcher Anspruch nur als Nebenpflicht im noch bestehenden Arbeitsverhältnis anerkannt ist, ohne Betriebsübergang aber auch eine Nebenpflicht nicht übergegangen ist, ist auch der Hilfsantrag abzuweisen. Zusätzlich ergeben sich weitere Bedenken aus der Rechtsprechung des BAG zum Wiedereinstellungsanspruch, insbesondere aus der Entscheidung vom 28.06.2000 - 7 AZR 904/98 - . Denn dem Wiedereinstellungsanspruch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegen stehen. Diese können auch darin bestehen, dass der Arbeitgeber den in Betracht kommenden Arbeitsplatz bereits wieder besetzt hat. Lediglich der Arbeitgeber, der den Wiedereinstellungsanspruch treuwidrig vereitelt, ist nicht schutzwürdig. Ob die Besetzung des Arbeitsplatzes erfolgt ist, weil der Kläger ein zumutbares Angebot nicht rechtzeitig oder ein späteres unzumutbares Angebot nicht angenommen hat, insbesondere auch, wann der Arbeitsplatz besetzt wurde, hat die Kammer nicht aufgeklärt. Dies war nach der obern vertretenen Rechtsansicht zum Betriebsübergang nicht erforderlich. Nach alledem folgt aus dem fehlenden Betriebsübergang die Abweisung der weiteren geltend gemachten Ansprüche. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Wegen der bislang nicht entschiedenen Rechtsfrage, inwieweit ein Betriebsübergang anzunehmen ist, wenn dieser völlig ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters erfolgt bzw. der Frage, ob in diesen Fällen insbesondere in der massearmen Insolvenz Ansprüche aus § 613 a BGB entstehen können, wurde die Revision gegen die Beklagte zu 2) zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück