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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.03.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 1501/05
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 22 Abs. 3
BAT Anl. 1 a Allgemeine Vergütungsordnung
Auch nach 13jähriger fehlerhafter Eingruppierung ist dem Vertrauensschutz genüge getan, wenn der Arbeitgeber die überhöhte Vergütung nur zu je 1/5 bei zukünftigen Tariferhöhungen zur Anrechnung bringt und Arbeitnehmer die älter als 55 Jahre sind, völlig anrechnungsfrei lässt.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.10.2005 - 2 Ca 3302/05 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin im Wege der korrigierenden Rückgruppierung richtigerweise in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 einzugruppieren war, als sie die derzeit von ihr ausgeübten Tätigkeiten übernommen hat. Aus dieser Vergütungsgruppe ist nach 6 Jahren ein einmaliger Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 7b möglich. Tatsächlich wurde die Klägerin bereits 1991 bei im Wesentlichen gleichen Tätigkeiten in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1b eingruppiert. Die Beteiligten gingen dabei davon aus, dass die allgemeinen Vergütungsgruppen und nicht die Vergütungsgruppen für Bezügeberechner Anwendung finden könnten. Dies wurde damit begründet, dass die Klägerin sowohl Beamtenbezüge als auch Angestelltenbezüge berechnete. Diese Tatbestände sind in der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 mit einem oder miteinander verknüpft. Bei der Eingruppierung im Jahre 1991 ging die Beklagte davon aus, dass Angestellte, die nicht entweder die eine oder die andere Bezügeberechnung sondern mehrere der aufgeführten Vergütungsordnungen bearbeiteten wegen entsprechend erweiterter Fachkenntnisse nicht in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 einzugruppieren waren.

Die Parteien haben mitgeteilt, dass die Vergütungsdifferenz zwischen der richtigen Vergütungsgruppe und der zuletzt an die Klägerin gezahlten Vergütungsgruppe ca. 246,00 € monatlich beträgt. Die Beklagte wendet auf die Klägerin einen Erlass an, der dazu führt, dass derzeit die absolut erreichte Vergütungshöhe unverändert weiter gezahlt wird. Die Differenz zwischen gezahlter Vergütung und tariflich richtiger Vergütung ist als individuelle Zulage ausgewiesen. Diese wird in 5 Stufen bei der jeweils nächsten Tariflohnerhöhung abgeschmolzen. Soweit die jeweilige Tariflohnerhöhung nicht die Höhe von 1/5 der Zulage erreicht, kann es auch zu einer Verringerung der effektiven Vergütung kommen. Im Rahmen dieses Erlasses ist geregelt, dass Mitarbeiter, die bei Aufdeckung des Rückgruppierungstatbestandes bereits das 55. Lebensjahr vollendet haben, die individuelle Zulage anrechnungsfrei behalten. Der Klägerin wurde die Rückgruppierungsentscheidung 3 Tage vor Erreichen des 55. Lebensjahres zugestellt. Die Beklagte hat hierzu in der Kammerverhandlung vorgetragen, dass man bemüht gewesen sei, den Zeitpunkt möglichst hinaus zu schieben, allerdings sei seitens der Aufsichtsbehörden mit Dienstaufsichtsbeschwerde gedroht worden und man habe sich deshalb gezwungen gesehen, die Rückgruppierung noch vor Erreichen des 55. Lebensjahres durchzuführen.

Die Parteien haben im Übrigen mitgeteilt, dass die Klägerin in absehbarer Zeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wird, da sie einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hat. Je nach Dauer der Tarifvertragslaufzeiten wird sie deshalb nicht mehr von sämtlichen Anrechnungen betroffen werden.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass jedenfalls die mehrfache Überprüfung der Vergütungsgruppe im Rahmen der Ersteingruppierung sowie der Höhergruppierung aus Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1b nach Vergütungsgruppe IVb dazu führen müssten, dass bei ihr ein schutzwürdiges, nicht mehr zu beseitigendes Vertrauen in die Richtigkeit der Eingruppierung entstanden sei. Jedenfalls sei der Zeitraum von insgesamt 13 Jahren der angeblich fehlerhaften Eingruppierung solang, dass eine Rückgruppierung nicht mehr zulässig sei. Hätte sie von Anfang an gewusst, dass die Eingruppierung falsch sei, so hätte damals noch die Möglichkeit bestanden, sich in jüngeren Jahren auf eine andere, richtig bewertete Stelle zu bewerben.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin weiterhin in Vergütungsgruppe Vb mit Bewährungsaufstieg nach IVb BAT eingruppiert ist.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.10.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass die Tätigkeiten, die der Klägerin seit 1991 im wesentlichen unverändert und schwerpunktmäßig übertragen sind, in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 einzugruppieren sind. Hierauf ist nach 6 Jahren ein letzter Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 7b möglich. Danach ist eine weitere Höhergruppierung für Bezügeberechner, denen keine Mitarbeiter unterstellt sind, nicht mehr möglich. Dies ergibt sich aus der Vorbemerkung 1 zur Anlage 1a BAT. Denn Tätigkeiten, für die eine spezielle Beschreibung in den Vergütungsgruppen erfolgt, könne nicht gleichzeitig unter die allgemeinen Vergütungsgruppen und deren Steigerungsmöglichkeiten subsummiert werden.

Für Bezügeberechner spielt es deshalb keine Rolle, dass in der Beschreibung der Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 die einzelnen Tätigkeiten mit einem oder verknüpft sind. Gegebenenfalls hätte man für jede dieser einzelnen Tätigkeiten einen eigenen Arbeitsvorgang bilden können. Dann wären die einzelnen Arbeitsvorgänge (Berechnung von Beamtenbesoldung und Berechnung von Angestelltenvergütung) jeder für sich aber ebenfalls in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 16 einzugruppieren gewesen. Die Tatsache, dass mehrere Arbeitsvorgänge, die einer Vergütungsgruppe zuzuordnen sind, verrichtet werden, führt nicht dazu, dass insgesamt eine höhere Vergütungsgruppe erreicht werden kann als die Ausgangsgruppe. Da die Tätigkeiten auch von Anfang an im Wesentlichen gleichgelagert waren und allenfalls die am höchsten bewerteten Tätigkeiten in dem Bereich zwischen mehr als 50 % und weniger als 90 % schwankten, welches aber nicht eingruppierungsrelevant ist, ergibt sich, dass die Beklagte die Tatbestandsvoraussetzungen der fehlerhaften Eingruppierung bzw. der zulässigen Rückgruppierung dargelegt hat.

Der Klägerin steht auch ein höherer Vertrauensschutz als ihr aufgrund der Erlasslage derzeit gewährt wird nicht zu.

Zwischen den Parteien ist zunächst kein Vertrag des Inhalts zustande gekommen, dass die Beklagte sich verpflichtet hätte, dauerhaft und ohne Rücksicht auf die tarifliche Einordnung der Tätigkeiten Vergütung nach Vergütungsgruppe IVb zu zahlen. Sämtliche Verträge und Schriftstücke sind mangels besonderer Anhaltspunkte nur dahin auszulegen, dass die Beklagte der Klägerin das Ergebnis einer Tarifanwendung mitteilt. Auch die Vergütungsüberprüfungen die im Rahmen der Höhergruppierung von Vergütungsgruppe Vb nach Vergütungsgruppe IVb vorgenommen wurden, lassen erkennen, dass die Beklagte lediglich Tarifanwendung praktiziert und nicht Willenserklärungen abgibt. Bei der Klägerin liegen auch im Gegensatz zu ihrer Kollegin keine besonderen schutzwürdigen Sachverhalte dahingehend vor, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt einmal bereits mit Tätigkeiten betraut gewesen wäre, die zu Recht eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe Vb bzw. nach Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe IVb rechtfertigen würde.

Es kann auch dahinstehen, ob die Klägerin als Bezügeberechnerin überhaupt schutzwürdig sein kann, da die Kenntnisse im Tarifrecht zu ihren Arbeitsaufgaben gehörten. Die von der Beklagten angewandte Erlassregelung zum Vertrauensschutz ist jedenfalls nach Ansicht der Kammer ausreichend, um das durch bloßen Zeitablauf erweckte Vertrauen in die Richtigkeit der Eingruppierungsbeurteilung angemessen zu honorieren. Im Übrigen folgt auch das Landesarbeitsgericht der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach es für die Verwirkung des Rechts zur Rückgruppierung nicht ausreicht, dass die falsche Vergütungsgruppe bereits eine lange Zeit angewandt worden ist. Zusätzlich muss auch ein Verhalten gegeben sein, das im Arbeitnehmer das berechtigte Vertrauen erweckt, der Arbeitgeber werde das Recht der Rückgruppierung nicht mehr ausüben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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