Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 11.05.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 18/09
Rechtsgebiete: TV-L, TVÜ-L
Vorschriften:
TV-L § 20 | |
TVÜ-L § 21 |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.10.2008 - Az.: 7 Ca 2236/08 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten die Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 zurückzuzahlen.
Der Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.05.2006 seit dem 19.06.2006 als wissenschaftlicher Angestellter im Fachbereich Medizin der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war zum 31.03.2008 befristet. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis am 14.01.2008 zum Ablauf des 29.02.2008. Der Kläger ist Gewerkschaftsmitglied, die Beklagte Mitglied in der Tarifgemeinschaft der Länder.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages galt für Beschäftigte des Landes NRW kein Tarifvertrag über Sonderzuwendungen mehr. Der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 und über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977 waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages gekündigt und befanden sich nur für diejenigen Mitarbeiter im Nachwirkungszustand, die bereits vor der Kündigung des Tarifvertrages dem Geltungsbereich unterfielen. Deshalb regelten die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages Folgendes:
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der gekündigte Beihilfetarifvertrag findet keine Anwendung.
Die gekündigten Tarifverträge über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 und über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 werden bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung mit der Maßgabe angewendet, dass für die Höhe der Zuwendung der tarifliche Bemessungssatz, höchstens aber derjenige Bemessungssatz zugrunde gelegt wird, der für vergleichbare Beamte des Arbeitgebers jeweils maßgebend ist und ein Urlaubsgeld nur gezahlt wird, wenn und soweit vergleichbare Beamte des Arbeitgebers ebenfalls ein Urlaubsgeld erhalten.
Zum 01.11.2006 trat der TV-L in Kraft. In § 39 Abs. 1 TV-L waren vom sofortigen Inkrafttreten lediglich § 26 Abs. 1 und 2 sowie § 27 TV-L ausgenommen. Nach § 1 TV-L ist dieser auf den Kläger anwendbar. § 20 TV-L regelt zur Sonderzahlung anders als der Tarifvertrag über die Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 keine Rückzahlungsverpflichtung mehr. Anspruchsbegründend ist vielmehr der Bestand des Arbeitsverhältnisses am 01.12. eines Jahres. Die Absätze 2 bis 5 des § 20 TV-L regeln im Weiteren die Höhe und die Feststellung der Bemessungsgrundlage der Sonderzahlung.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt zusätzlich auch dem TVÜ-L. Dieser ist nach seinem § 1 anwendbar für Angestellte, deren Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedsverbandes der TdL ist, über den 31.10.2006 hinaus fortbesteht, und die am 01.11.2006 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen. Soweit im Einzelfall ausdrücklich bestimmt, gilt der TVÜ-L nach § 1 Abs. 2 auch für nach dem 31.10.2006 neu begonnene Arbeitsverhältnisse. Nach § 1 Abs. 4 TVÜ-L gelten die Bestimmungen des TV-L, soweit der TVÜ-L keine abweichenden Regelungen trifft.
§ 21 TVÜ-L regelt zur Jahressonderzahlung für die Jahre 2006 und 2007 Folgendes:
1. Für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis bereits am 30.06.2003 bestanden hat und die bis zum 31.10.2006 für die Zuwendung der tariflichen Nachwirkung unterliegen, richtet sich die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L.
2. Für die Beschäftigten, mit denen arbeitsvertraglich vor dem 31.10.2006 abweichende Vereinbarungen zur Zuwendung und zum Urlaubsgeld getroffen worden sind, gilt:
a. Im Jahr 2006 richtet sich der Anspruch auf Zuwendung und Urlaubsgeld nach dem am 19.05.2006 geltenden Landesregelungen;
b. Im Jahr 2007 wird die nach den jeweiligen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zustehende Summe aus Zuwendung und Urlaubsgeld um 50/100 des Differenzbetrages zu der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L erhöht, sofern die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L höher wäre;
c. ab dem Jahr 2008 gilt § 20 TV-L.
Der Arbeitgeber kann die Angleichungsschritte hinsichtlich des Umfanges und/oder der Zeitfolge schneller vorziehen.
3. Nach dem 31.10.2006 neu eingestellte Beschäftigte erhalten die Jahressonderzahlungen in den Jahren 2006 und 2007 in Höhe des Betrages, der ihnen nach Abs. 2 zustehen würde, wenn das Arbeitsverhältnis am 30.10.2006 bestanden hätte.
Der Streit der Parteien geht nun darum, ob die bisherige tarifliche Rückzahlungsverpflichtung bei Ausscheiden vor dem 31.03. des Folgejahres für die dem Kläger im Jahr 2007 gezahlte Sonderzuwendung weiterhin anwendbar ist oder ob der Kläger die Sonderzahlung vollständig behalten kann, obwohl er selbst sein Arbeitsverhältnis zum 29.02.2008 gekündigt hat.
Zusätzlich ist die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung streitig. Die Beklagte hat eine Nettorückzahlung gegenüber dem Kläger geltend gemacht, deren Höhe für den Kläger nicht nachvollziehbar ist.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, an die Beklagte aus der Zuwendung eine Nettozuvielzahlung in Höhe von 1.128,34 € an die Beklagte zurückzuzahlen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.10.2008 - 7 Ca 2236/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der geäußerten Rechtsansichten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Aachen der negativen Feststellungsklage des Klägers entsprochen. Diese ist auch zulässig, da bei dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber erwartet werden kann, dass der Feststellungsstreit geeignet ist, die Frage der Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der Sonderzuwendung abschließend zu klären.
Die Sonderzahlung, die der Kläger für das Jahr 2007 erhalten hat, unterliegt nicht der Rückzahlungsverpflichtung nach § 1 Abs. 1 S. 3 des Tarifvertrages für eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973.
Der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 galt zwischen den Parteien nicht unmittelbar, obwohl beide tarifgebunden sind. Da der Tarifvertrag bereits gekündigt war und der Kläger erst im Nachwirkungszeitraum in das Arbeitsverhältnis eingetreten ist, ist eine normative Geltung dieses Tarifvertrages nicht gegeben. Vielmehr galt der Tarifvertrag über die Zuwendung von Angestellten durch § 2 des Arbeitsvertrages, der ihn in Bezug nahm. Diese Bezugnahmeregelung war allerdings ausdrücklich beschränkt bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung. Diese Regelung ist ohne Weiteres dahingehend auszulegen, dass die Parteien unabhängig von der Frage, ob eine arbeitsvertragliche Regelung günstiger oder ungünstiger sein würde als eine nachfolgende tarifvertragliche Regelung, mit einer neuen tarifvertraglichen Regelung die arbeitsvertragliche Klausel ablösen wollten. Diese sollte nur die Übergangszeit nach der Kündigung des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte abdecken, da der Kläger anderenfalls keinerlei Sonderzahlungsanspruch erworben hätte. Mit dem 01.11.2006 ist damit grundsätzlich der TV-L auf das Arbeitsverhältnis auch hinsichtlich der Sonderzahlung anwendbar geworden. Ebenso ist gleichzeitig der TVÜ-L anwendbar geworden, da das Arbeitsverhältnis der Parteien sowohl kraft normativer Geltung diesen Tarifverträgen unterfällt als auch aufgrund § 2 S. 1 dieses Arbeitsvertrages durch Inbezugnahme. Die Frage der Rückzahlungsverpflichtung ergibt sich damit durch Auslegung der §§ 1, 39 und 20 TV-L sowie § 1 und 21 des TVÜ-L.
Bei der Auslegung legt das Gericht die vom Bundesarbeitsgericht herausgearbeiteten Auslegungsregeln für Tarifverträge zugrunde. Danach erfolgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien die Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG vom 21.03.2001 - 10 AZR 41/00 -). Zudem kann ein Arbeitnehmer erwarten, dass die Tarifvertragsparteien sich bemühen, die Regelungen so auszugestalten, dass auch ein juristisch nicht gebildeter Laie in der Lage ist, die für ihn geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen zu verstehen.
Auszugehen ist damit davon, dass die Tarifvertragsparteien den TV-L zum 01.11.2006 in Kraft gesetzt haben. Anders als beispielsweise beim TVöD-VKA ist die Regelung über die Sonderzuwendung hinsichtlich ihres Inkrafttretens nicht ausdrücklich erwähnt und insbesondere nicht nach hinten hinausgeschoben. Von dieser grundsätzlichen Regelung, die insbesondere für alle ab dem 01.11.2006 neu eingestellten Mitarbeiter gilt, regelt der TVÜ-L gemäß seinem Geltungsbereich nach § 1 Abs. 4 nur insoweit Abweichungen, als er diese ausdrücklich in diesem Tarifvertrag trifft. Der Kläger unterfällt auch unstreitig § 1 Abs. 1 des TVÜ-L, so dass sich letztlich durch Auslegung des § 21 TVÜ-L ergibt, ob die Rückzahlungsverpflichtung des § 1 des Tarifvertrages über die Zuwendung für Angestellte noch Anwendung findet.
Nach Auffassung der Kammer ergibt die Anwendung der oben aufgeführten Auslegungskriterien, dass zumindest hinsichtlich der Zuwendung für das Jahr 2007 für den Kläger eine Rückzahlungsverpflichtung nicht mehr bestand. Die Überleitungsvorschrift des § 21 TVÜ-L unterscheidet zunächst zwischen Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnis der tarifvertraglichen Nachwirkung unterlag. Diese Mitarbeiter haben in den Jahren 2003 bis 2005 jeweils die bisherige hohe tarifliche Zuwendung weiter erhalten. Deshalb gilt für diese Mitarbeiter ohne Übergangsfrist bereits ab dem Jahr 2006 das neue Zuwendungsrecht aus § 20 TV-L. Es kann damit festgestellt werden, dass zumindest für diese Beschäftigtengruppe bereits unmittelbar die Rückzahlungsverpflichtung mit Inkrafttreten des TV-L endete und eine Weitergeltung insoweit nicht beabsichtigt war.
Hinsichtlich derjenigen Mitarbeiter, mit denen arbeitsvertraglich eine abweichende Vereinbarung geregelt wurde, soll für das Jahr 2006 die am 19.05.2006 geltende Landesregelung anwendbar sein. Der Tarifvertragswortlaut verwendet hier den Begriff "Anspruch auf Zuwendung und Urlaubsgeld" und bezieht sich damit für das Jahr 2006 auf eine Gesamtregelung. Dies kann dafür sprechen, dass die Tarifvertragsparteien im Jahr 2006 die Rückzahlungsverpflichtung noch beibehalten wollten, obwohl sie für einen Teil der Beschäftigten nicht mehr galt. Da die Zuwendung für 2006 zwischen den Parteien nicht streitig ist, kann dahinstehen, inwieweit die arbeitsvertragliche Vereinbarung mit ihrer Höhenbegrenzung durch Bezugnahme auf das Beamtenrecht einer "geltenden" Landesregelung entspricht. Festzuhalten ist allerdings, dass die Tarifvertragsparteien für das Jahr 2007 einen anderen Wortlaut als für die Regelung des Jahres 2006 gewählt haben. Für das Jahr 2007 wird nicht auf eine außerhalb des Tarifvertrages geltende Gesamtregelung Bezug genommen, sondern lediglich eine Vergleichsberechnung hinsichtlich der nach dem Arbeitsvertrag zustehenden Summe und der Summe der Sonderzahlung, die sich bei Anwendung des § 20 TV-L der Höhe nach ergibt, angeordnet. § 21 Abs. 2 b TVÜ-L greift damit in die grundsätzliche Regelung des § 20 TV-L nur noch insoweit ein, dass er eine Summenkorrektur hinsichtlich derjenigen Mitarbeiter vorsieht, deren arbeitsvertraglicher Anspruch niedriger wäre, als der tarifvertragliche Anspruch. Eine allgemeine Weitergeltung der Rückzahlungsklausel als Teil einer Gesamtregelung kann diesem Absatz deshalb nicht entnommen werden.
Unabhängig von der Tatsache, dass nach der im Arbeitsvertrag standartmäßig verwendeten Klausel diese mit dem grundsätzlichen Inkrafttreten des TV-L ihre Wirkung verloren hat, hätte es nahegelegen, dass die Tarifvertragsparteien auf die Landesregelungen Bezug nehmen, wenn diese insgesamt für alle Mitarbeiter fortgelten sollten und nur bei den Mitarbeitern, deren vertragliche Sonderzahlung unterhalb der Höhe aus § 20 TV-L lag, angepasst werden sollte. Der verwendete Wortlaut, der nur von der nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zustehenden Summe spricht, legt deshalb die Auslegung nahe, dass ausschließlich eine hypothetische Vergleichsberechnung mit der bereits abgelösten arbeitsvertraglichen Summe durchgeführt werden sollte um die Finanzkraft der Länder nicht überzustrapazieren. In den Fällen, in denen eine sofortige Angleichung zu einer Erhöhung der Zuwendung geführt hätte, sollte den Ländern eine Übergangszeit bleiben. Dass dies der alleinige Sinn der Regelung war, ergibt sich daraus, dass alle anderen vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere diejenigen, die eine höhere Zuwendung begründeten, vom Wortlaut des § 21 Abs. 2 b TVÜ-L nicht erfasst wurden und somit nicht weitergalten. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen, deren Wirksamkeit mit dem Inkrafttreten des neuen Tarifvertrages beschränkt war und die zu einer höheren Zuwendung als derjenigen aus § 20 TV-L geführt hätten, sind damit im Jahr 2007 bereits vollständig abgelöst worden. Auch für diese Mitarbeiter galt damit gemäß § 20 TV-L ebenfalls keine Rückzahlungsverpflichtung mehr. Die letzten von der Sonderregelung des Jahres 2007 erfassten Mitarbeiter wurden dann klarstellend durch § 21 Abs. 2 c ab 2008 ebenfalls von § 20 TV-L erfasst.
Dafür, dass sich die Übergangsvorschriften lediglich auf die Höhe der Zuwendung, nicht aber auf die Rückzahlungsvoraussetzungen bezogen, spricht nicht nur, dass nach § 1 Abs. 4 TVÜ-L die Bestimmungen des TV-L grundsätzlich Vorrang haben und nur insoweit nicht mit dem 01.11.2006 zur Anwendung kommen, als sich ausdrückliche Abweichungen im TVÜ-L finden sondern auch, dass in § 21 Abs. 2 S. 2 den Arbeitgebern vorbehalten wurde, die Angleichungsschritte hinsichtlich des Umfangs und/oder der Zeitfolge schneller vorzuziehen. Eine Angleichungsnotwendigkeit im Hinblick auf die nach Ansicht der Beklagten gegebenen Unterschiede in der Rückzahlungspflicht wurde von den Tarifvertragsparteien nicht gesehen. Auch dies spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem zumindest im Jahre 2007 unmittelbar geltenden Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung ausgingen und lediglich noch die von den Ländern haushaltsmäßig zu bewältigenden Anpassungen der Höhe der Sonderzahlung durch § 21 TVÜ-L umgesetzt werden sollten.
Auch § 21 Abs. 3 TVÜ-L spricht nicht gegen die hier vorgenommene Auslegung. Zwar ergeben sich ohnehin erhebliche Bedenken an dem Inhalt dieser Tarifvertragsvorschrift, da nicht festgestellt werden kann, welche arbeitsvertragliche Klausel die nach dem 31.10.2006 neu eingestellten Beschäftigten abgeschlossen hätten, wenn ihr Arbeitsverhältnis vor diesem Zeitpunkt bereits bestanden hätte. Allenfalls kann hier gesagt werden, dass für das Jahr 2006 die am 19.05.2006 geltenden Landesregelungen den Anspruch des Jahres 2006 bestimmen sollten. Für das Jahr 2007 wird auf arbeitsvertragliche Vereinbarungen Bezug genommen, die die Mitarbeiter, die erst nach dem 31.10.2006 ins Arbeitsverhältnis eingetreten sind, ohnehin nicht abgeschlossen haben. Auch hier ergibt sich aber nur ein Regelungswille der Tarifvertragsparteien im Hinblick auf die Höhe der Zuwendung und nicht auf eine generelle oder teilweise Rückzahlungsverpflichtung.
Zudem ergibt die nach der Auslegung der Beklagten vorzunehmende Gruppenbildung innerhalb der Mitarbeiterschaft in Rückzahlungsverpflichtete und Nichtrückzahlungsverpflichtete keinen Sinn. Es bleibt unklar, welchen Zweck eine nur teilweise Umsetzung des doch grundsätzlich gewollten Wegfalls der Rückzahlungsverpflichtung haben soll und in welchem Zusammenhang dies mit der jeweiligen Höhe
Nach alledem kann festgestellt werden, dass es den Tarifvertragsparteien leicht möglich gewesen wäre, die Regelung des § 20 TV-L zunächst von dem allgemeinen Zeitpunkt des Inkrafttretens auszunehmen und damit die Rückzahlungsverpflichtung bei Ausscheiden vor dem 31.03. des Folgejahres aufrecht zu erhalten, bis die Übergangszeiträume abgeschlossen waren. Die Tarifvertragsparteien haben aber den anderen Weg, nämlich den der unmittelbaren Inkraftsetzung des TVÜ-L gewählt und für das Jahr 2007 nur für einen Teil der Arbeitnehmerschaft eine verlangsamte Anpassung an die Summe der nach dem TV-L geschuldeten Zuwendung vorgenommen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger zu den von § 21 Abs. 2 b betroffenen Mitarbeitern gehört oder ob die Summenkorrektur im Jahr 2007 nicht auf ihn Anwendung findet, denn jedenfalls ergeben sich aus der Gesamtregelung und dem Ineinandergreifen der verschiedenen tariflichen Regelungen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rückzahlungsverpflichtung des § 1 Abs. 1 des Tarifvertrag über die Zuwendung für Angestellte auf sein Arbeitsverhältnis im Jahr 2007 noch Anwendung fand.
Selbst nach Ansicht der Beklagten ergibt sich zudem ein Wertungswiderspruch aus § 21 Abs. 2 c, denn bei unbeschränkter Geltung des § 20 TV-L ab dem "Jahr 2008" und nicht erst für die im Jahr 2008 auszuzahlende Zuwendung, ergibt sich, dass die Rückzahlungsverpflichtung für Sachverhalte, die erst im Jahr 2008 zur Rückzahlung führen, nicht mehr gegeben sein dürfte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision wurde wegen der den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Köln überschreitenden Bedeutung der Tarifvertragsauslegung zugelassen.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.