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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 09.06.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 265/08
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 16
Die Differenzierung der Rentenanpassungen in der Leistungsordnung des Essener Verbandes zwischen vorzeitig ausgeschiedenen (nach § 16 BetrAVG) und betriebstreuen (nach Leistungsordnung) Mitarbeitern stellt weder unmittelbar noch mittelbar eine Altersdiskriminierung dar.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.12.2007 - Az.: 5 Ca 7894/07 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Betriebsrentenanpassung, die er auf zwei Begründungswegen verfolgt.

Der Kläger ist am 25.03.1939 geboren und war vom 01.05.1967 bis zum 30.06.1991 Arbeitnehmer der Beklagten. Er erhielt eine Ruhegeldzusage nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes. Hierbei handelt es sich um ein Konditionenkartell von Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. Das Konditionenkartell hat zur Folge, dass alle dem Essener Verband angeschlossenen Unternehmen ihren Mitarbeitern eine Betriebsrentenzusage nach einheitlichen Konditionen erteilen.

Dabei unterscheidet die Leistungsordnung des Essener Verbandes zwei verschiedene Varianten für die Anpassung der Betriebsrente. Arbeitnehmer, die bis zum Bezug der gesetzlichen Altersrente oder bis zum Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente im Arbeitsverhältnis zum Zusagearbeitgeber bleiben, erhalten eine Betriebsrente nach Teil I der Versorgungsordnung. Hierbei erfolgen die Anpassungsentscheidungen für alle angeschlossenen Mitgliedsunternehmen durch Beschluss des Essener Verbandes.

Mitarbeiter, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintritt in die Altersrente ausscheiden, erhalten eine Versorgung lediglich nach Teil II der Versorgungsordnung. Die Anpassung der Betriebsrente wird vom Arbeitgeber nach § 16 BetrAVG vorgenommen.

Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2002 Altersrente und erhält durch die Beklagte eine betriebliche Altersrente in Höhe von 484,40 € brutto monatlich. Zum 01.01.2005 sind die Ruhegeldbezüge nach Teil I der Leistungsordnung des Essener Verbandes um 0,75 %, ab 01.01.2006 um 1,50 % und ab 01.01.2007 um 2 % angepasst worden. Dementsprechend ergäbe sich ab Januar 2007 für den Kläger eine um 20,86 € höhere Betriebsrente. Diesen Betrag macht der Kläger mit seinen Anträgen zu 1. und 2. geltend. Er vertritt hierbei die Ansicht, dass die Differenzierung nach Teil I und Teil II der Leistungsordnung des Essener Verbandes eine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle. Diejenigen Mitarbeiter, die lediglich eine Betriebsrentenanpassung nach § 16 BetrAVG (Teil II Leistungsordnung) erhalten, seien regelmäßig in einem jüngeren Alter aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, als die Mitarbeiter, die die verbesserte Anpassung erhielten. Die Regelung sei auch nicht geeignet Betriebstreue zu fördern, da einerseits Mitarbeiter mit langjähriger Betriebszugehörigkeit bei vorzeitigem Ausscheiden lediglich die schlechtere Anpassungsregelung erhielten, während Mitarbeiter mit kurzer Betriebszugehörigkeitsdauer, die erst in höherem Alter eingestellt worden seien, gleichwohl die verbesserten Anpassungsregelungen erhielten, obwohl ihre Betriebszugehörigkeit in absoluten Zahlen kürzer gedauert habe als diejenige der vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeiter. Die Beklagte verteidigt die Differenzierung mit der Begründung, dass es möglich sein müsse, einen Anreiz zu schaffen, Arbeitnehmer von einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abzuhalten. Nicht die Dauer der Betriebszugehörigkeit sondern die Art des Ausscheidens werde privilegiert.

Hilfsweise stützt der Kläger sein Anpassungsverlangen auch auf § 16 BetrAVG. Hier verlangt er eine Anpassung beginnend mit dem 01.01.2005 in Höhe von 18,83 € netto monatlich. Hierbei geht er als erstem Überprüfungsstichtag vom 01.01.2005 aus und legt einen Verbraucherpreisindex von 102,9 für Januar 2002 und 106,9 für Januar 2005 zugrunde.

Die Beklagte geht demgegenüber davon aus, dass sie den Anpassungsstichtag 31.12.2005 zugrunde legen dürfe, da sie die in einem Kalenderjahr fälligen Anpassungsüberprüfungen auf diesen Tag bündele. Sie hat geltend gemacht, dass ihre wirtschaftliche Lage eine solche Anpassung nicht zulasse. Weder verfüge das Unternehmen über genügend Eigenkapital noch sei eine hinreichende Eigenkapitalverzinsung gegeben. Die Beklagte legt hierzu die Geschäftsberichte seit dem Jahr 1995 vor und erläutert im Einzelnen die Entwicklung der Eigenkapitaldeckung und des Jahresüberschusses.

Aufgrund Verlusten in den Jahren 1994 und 1995 erlitt die Beklagte einen nahezu vollständigen Eigenkapitalverzehr. Noch im Jahr 2004 erwirtschaftete die Beklagte einen Jahresfehlbetrag von 8,8 Millionen, wodurch sich das Eigenkapital auf 169,3 Millionen € gegenüber 482,9 Millionen € zum 01.01.1987 bzw. 326,51 Millionen € zum Jahr 1993 belief. Auch zum Ende des Kalenderjahres 2005 arbeitete die Beklagte mit einem Verlustvortrag von 21, 6 Millionen €. Das Eigenkapital konnte allerdings auf 236,6 Millionen € aufgestockt werden. Hierfür war ein außerordentliches Ergebnis in Höhe von 26, 1 Millionen € maßgeblich. Erst zum 31.12.2006 erreichte die Eigenkapitalquote mit 322,3 Millionen € annähernd den Wert des Jahres 1983 von etwa 16 %. Erst zum Jahresende 2007 stieg die Eigenkapitalquote auf 40,4 %. Das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern belief sich auf 95,5 Millionen €. Erstmals nach nahezu 20 Jahren zahlte die Beklagte im Jahr 2008 eine Dividende an die Anteilseigner. Der Kläger leitet hieraus ab, dass eine Anpassungsentscheidung zum 01.01.2005 hätte getroffen werden können, zumal die Beklagte nicht dargelegt habe, in welcher Höhe durch eine Anpassung Kosten verursacht worden wären.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung beantragt der Kläger,

unter Abänderung des am 14.12.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln - 5 Ca 7894/07 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 362,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2007 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.10.2007 über die gezahlten 484,40 € hinaus weitere 20,86 € (insgesamt 505,26 €) zu zahlen;

hilfsweise

3. die Beklagte zu verurteilen, eine Betriebsrentenanpassung gemäß den Vorgaben des § 16 BetrAVG vorzunehmen und an den Kläger einen Betrag in Höhe von 677,88 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 18,83 € netto seit dem 01.01.2005 und jeweils aus weiteren 18,83 € netto

seit dem 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005;

seit dem 01.01.2006, 01.02.2006, 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006, 01.06.2006, 01.07.2006, 01.08.2006, 01.09.2006, 01.10.2006, 01.11.2006, 01.12.2006;

seit dem 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007, 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2007, 01.07.2007, 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, sowie seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der geäußerten Rechtsansichten und insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage der Beklagten wird auf den Akteninhalt und die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I. Dem Kläger steht eine Anpassung seiner Betriebsrente gemäß Teil I der Leistungsordnung des Essener Verbandes nicht zu. Die Differenzierung innerhalb der Versorgungsberechtigten stellt keine unzulässige Altersdiskriminierung nach § 10 AGG dar.

Das AGG ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, da das Betriebsrentengesetz insoweit keine vorrangige Sonderregelung enthält. Vielmehr regelt § 16 BetrAVG ohne Differenzierung nach Alter oder Ausscheidensgrund für alle Bezieher einer Betriebsrente einen garantierten Mindeststandard, nach dem Anpassungsentscheidungen zu treffen sind.

Die in der Leistungsordnung des Essener Verbandes vorgesehene Differenzierung der Anpassungsentscheidungen für Mitarbeiter, die eine Versorgung nach Teil I oder nach Teil II erhalten, enthält bereits keine Differenzierung nach dem Lebensalter, da sich eine am Alter orientierte Gruppenbildung überhaupt nicht feststellen lässt. So können unter den Versorgungsberechtigten nach Teil I Mitarbeiter jedes beliebigen Lebensalters sein, da die verbesserte Anpassung nach Teil I § 9 Abs. 2 Leistungsordnung A EssenerVerband auch denjenigen Mitarbeitern zugute kommt, die dienstunfähig vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Auch ist nicht das Ausscheiden mit dem 65. Lebensjahr für die Altersrente maßgeblich, sondern die Inanspruchnahme der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Dienst des Arbeitgebers. In der Gruppe der bevorzugten Mitarbeiter befinden sich somit sowohl Mitarbeiter jedes beliebigen Lebensalters, soweit sie mit Erhalt einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, sowie zusätzlich Mitarbeiter, die die gesetzliche Rente bereits vor dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen haben. Demgegenüber befinden sich in der zweiten Arbeitnehmergruppe ebenfalls Mitarbeiter, die zwischen dem 35. Lebensjahr und einem Tag vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. Eine klare Gruppenabgrenzung ist nicht nach dem Alter möglich, sondern nach der Ursache des Ausscheidens. Privilegiert sind alle diejenigen Mitarbeiter, die ihre Arbeitskraft keinem anderen Arbeitgeber mehr anbieten konnten, sondern unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis in die Altersrente oder Erwerbsunfähigkeitsrente gewechselt sind.

Selbst wenn man unterstellt, dass in der zweiten Gruppe die Anzahl der Mitarbeiter, die vor Erreichen des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, signifikant höher ist als in der ersten Gruppe und damit mittelbar eine Benachteiligung wegen des Alters gegeben sein könnte, so ist diese nach § 10 AGG objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Die Beklagte bezweckt mit dieser Regelung die Förderung der Betriebstreue, welche nicht, wie der Kläger meint, gleichzusetzen ist mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Vielmehr geht es vorliegend darum, einen Mitarbeiter von einer auf eigener Entscheidung beruhenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuhalten. Letztlich soll durch die bessere Versorgung die Kündigungsentscheidung eines Mitarbeiters erschwert werden. Das eingesetzte Mittel ist dabei angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Versorgung nach der Versorgungsordnung des Essener Verbandes um einen Konditionenkartell handelt, auch angemessen und erforderlich. Alle Mitgliedsunternehmen des Essener Verbandes bieten ihren Angestellten die gleiche Versorgung. Damit sind gerade die unmittelbaren Konkurrenten der Beklagten besonders attraktive zukünftige Arbeitgeber, da bei einem Wechsel zur Konkurrenz für den Arbeitnehmer sich nach Ablauf der Fristen für die Unverfallbarkeit eine gleichstrukturierte Betriebsrente auch beim Konkurrenzarbeitgeber ergibt. Die Differenzierung nach dem Ausscheidensgrund ist deshalb im Rahmen der Altersversorgung die einzige Möglichkeit das bereits bestehende Arbeitsverhältnis auf dieser Ebene attraktiver auszugestalten als ein Arbeitsverhältnis nach Wechsel zur Konkurrenz. Nur diejenigen Betriebszugehörigkeitszeiten, die bei einem Mitglied des Essener Verbandes unmittelbar vor dem Übergang in die gesetzliche Rente abgeleistet wurden, führen zur verbesserten Versorgungsanpassung und privilegieren damit diejenigen Belegschaftsmitglieder, die von einem Wechsel zur Konkurrenz absehen. Die mittelbare Kündigungserschwernis ist auch nicht so erheblich, dass sie unzulässig in das Recht, das Arbeitsverhältnis nach eigenen Bedürfnissen zu beenden, eingreifen würde. Zum einen stellt sie in denjenigen Betrieben, die eine Anpassung nach § 16 BetrAVG tatsächlich vornehmen können, nur eine äußerst geringfügige Verbesserung (im Fall des Klägers von ca. 2 € pro Monat) dar. Auch in den Fällen, in denen eine Anpassung nach § 16 BetrAVG zu Recht unterbleibt, ist die Besserstellung gemessen an der grundsätzlich als Anwartschaft über § 2 BetrAVG abgesicherten Rente nicht so erheblich, dass unzulässig auf die Willensbildung des Arbeitnehmers eingewirkt würde.

Auch soweit von der differenzierenden Behandlung Mitarbeiter betroffen werden, die ihr Arbeitsverhältnis nicht durch Eigenkündigung beendet haben, sondern möglicherweise sogar gegen ihren Willen durch arbeitgeberseitige Kündigung oder Aufhebungsvertrag aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente oder bis zum Eintritt einer Erwerbsunfähigkeit spiegelt auch den Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber wieder. Eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers beruht regelmäßig darauf, dass entweder die angebotene Arbeitskraft nicht mehr betriebswirtschaftlich sinnvoll verwertet werden kann oder die angebotene Arbeitsleistung als solche entwertet ist, weil zukünftige erhebliche Pflichtverletzungen zu erwarten sind (verhaltensbedingte Kündigung). Auch in diesen Fällen, in denen die Erwartung einer dauerhaften Zusammenarbeit durch arbeitgeberseitig veranlasste Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht realisiert werden kann, knüpft die Differenzierung nicht an das Alter, sondern an die Tatsache an, dass der gesetzliche Anwartschaftsschutz (§ 2 BetrAVG) und Anpassungsschutz (§ 16 BetrAVG) den Wert realisieren, den das Arbeitsverhältnis während einer eingeschränkten Dauer gehabt hat, während sich die verbesserte Anpassungsregelung nach Teil I der Leistungsordnung letztlich als Bonus dafür darstellt, dass das Arbeitsverhältnis während seiner gesamten Dauer bis zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für den Arbeitgeber werthaltig war.

Damit war der Hauptantrag des Klägers sowohl nach Ziffer 1. für die rückständigen Leistungen ab 01.01.2005 als auch für die Zukunft einschließlich der Zinsforderungen abzuweisen.

II. Der Kläger kann von der Beklagten auch keine Anpassung seiner Rente nach § 16 BetrAVG verlangen. Dabei liegt der Anpassungsstichtag nicht wie der Kläger meint am 01.01.2005 oder wie die Beklagte meint am 31.12.2005, sondern der 31.12.2004 ist als Anpassungsstichtag zu Grunde zu legen.

In der Entscheidung vom 12.06.2007 - 3 AZR 83/03 - hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Zusammenfassung von Anpassungsstichtagen in einem Jahr zulässig ist, soweit sich die erste Anpassungsentscheidung um höchstens sechs Monate verzögert (Rz. 14). In allen anderen Fällen der Bündelung von Anpassungsentscheidungen sind diese zum vorherigen Stichtag vorzunehmen, da ein Vorziehen der Anpassungsentscheidung über die Dauer des Betriebsrentenbezuges keine Nachteile beinhaltet. Demnach wäre der 31.12.2004 zugrunde zu legen, da der Kläger seit dem 01.01.2002 Rente bezieht und der Anpassungsstichtag 31.12.2005 länger als ein halbes Jahr nach dem Ablauf des 3-Jahreszeitlaufes am 01.01.2005 liegt.

Zur Beurteilung der künftigen Belastbarkeit der Beklagten konnte vorliegend die absolute Höhe der durch eine Anpassungsentscheidung auf alle Rentner zu verteilenden zusätzlichen Ausgaben unberücksichtig bleiben, da zum Anpassungsstichtag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten mit 0,00 € zu prognostizieren war.

Ein Unternehmen kann die Anpassung der Betriebsrenten insoweit ablehnen, als dieses hierdurch übermäßig belastet würde. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Anpassungsentscheidung annehmen darf, es werde ihm mit einiger Wahrscheinlichkeit künftig nicht möglich sein, den Teuerungsausgleich aus den Wertzuwächsen des Unternehmens und dessen Erträgen aufzubringen. Die Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitgebers und der aktiven Arbeitnehmer hat in die Prognoseentscheidung einzufließen. Maßgeblich ist dabei zum einen die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers als zukunftsbezogene Größe. Die wirtschaftlichen Verhältnisse vor dem Anpassungsstichtag sind dabei insoweit von Bedeutung, als daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden können.

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist dabei ebenfalls zu berücksichtigen. Sie kann die frühere Prognose bestätigen oder entkräften. Insgesamt steht dem Arbeitgeber bei der Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ein Beurteilungsspielraum zu, so dass eine durch Tatsachen gestützte Wahrscheinlichkeit ausreicht, um eine Überforderung der Beklagten annehmen zu können (vgl. BAG vom 23.05.2000 - 3 AZR 83/99). Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass eine Anpassung dann nicht erfolgen muss, wenn das Eigenkapital unter das Stammkapital der Gesellschaft gesunken ist und deshalb die erzielten Gewinne nicht ausgeschüttet werden, sondern durch zusätzliche Einlagen eine Kapitalrücklage gebildet wird. Diese Gewinne stehen der Ausschüttung an die Betriebsrentner nicht zur Verfügung ebenso, wie Investitionen zu keinen verfügbaren Wertsteigerungen eines Unternehmens führen. Die Erhaltung und die Wiedererlangung der Unternehmenssubstanz sind damit berechtigte unternehmerische Anliegen, die im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und dem Erhalt der vorhandenen Arbeitsplätze einer Betriebsrentenanpassung vorgehen (vgl. BAG vom 23.01.2001 - 3 AZR 287/00 - und vom 18.02.2003 - 3 AZR 172/02). Darüber hinaus ist selbst dann eine Betriebsrentenanpassung nicht erforderlich, wenn das eingesetzte Kapital nicht ausreichend verzinst wird. Hierbei dienen allerdings nicht die ausgezahlten Dividenden als Maßstab, da die Ausschüttungspolitik keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Belastbarkeit eines Unternehmens zulässt.

Zusätzlich ist bei der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, dass außergewöhnliche Ereignisse, also insbesondere außergewöhnliche Gewinnsituationen, nicht in die Prognoseentscheidung einbezogen werden, da sie keine Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung des Unternehmens zulassen (BAG vom 18.02.2003 - 3 AZR 172/02). Auszugehen ist damit von den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen, die testiert wurden und in den jeweiligen Jahresberichten der Beklagten referiert wurden. Da der Kläger die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse nicht angegriffen hat, konnten die von der Beklagten mitgeteilten Daten zugrunde gelegt werden. Danach hat die Beklagte zunächst im Jahr 2002 lediglich einen Jahresüberschuss von 2 Millionen erwirtschaftet und ist mit einem Verlustvortrag von 69,6 Millionen € in das Folgejahr gegangen. Der Jahresüberschuss wurde zur Substanzerhöhung dem Eigenkapital zugeführt, welches auf 107 Millionen € stieg. Auch im Jahr 2003 lag der Jahresüberschuss nur bei 1,5 Millionen € und wurde zur Senkung des Verlustvortrags verwendet. Im Jahr 2004 wurde kein Gewinn erwirtschaftet, sondern ein Jahresfehlbetrag von 8,8 Millionen €, wodurch der Verlustvortrag erneut anstieg auf 76,9 Millionen €. Die drei dem Überprüfungsstichtag vorangegangenen Jahre rechtfertigten deshalb keine Erwartung im Hinblick auf einen Abbau des Verlustvortrages. Vielmehr ging die Tendenz in die entgegengesetzte Richtung. Auch die weitere Entwicklung der Beklagten belegt die Richtigkeit dieser Prognose. Das außerordentliche Ergebnis von 46,1 Millionen € resultierend aus der Veräußerung des Marineservicegeschäftes ist bei der Berechnung des Jahresüberschusses für das Jahr 2005 grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Der dann verbleibende Überschuss von ca. 9 Millionen € führte selbst unter Berücksichtigung des außerordentlichen Ergebnisses nur dazu, dass der Verlustvortrag auf 21,6 Millionen € sank. Damit war die Prognose für das Jahr 2005 jedenfalls zutreffend, dass ein zur Verteilung auch an die Betriebsrentner gegebener Jahresüberschuss nicht erwirtschaftet werden würde. Auch die tatsächliche Entwicklung im Jahr 2006 widerspricht der Prognosesituation zum 31.12.2004 nicht. Danach konnte erstmals der Verlustvortrag ausgeglichen werden. Auch dies beruhte allerdings auf einem außerordentlichen Ergebnis in Höhe von 12 Millionen €, welches regelmäßig für die Ertragskraft des Unternehmens nicht maßgeblich ist. Der Bilanzgewinn von 7,7 Millionen € wurde vollständig zur Erhöhung des Eigenkapitals verwendet. Erstmals seit 20 Jahren erzielte die Beklagte im Jahr 2007 einen Bilanzgewinn, der auch zur Ausschüttung an die Aktionäre gelangte. Unter Berücksichtigung der Prognosesituation zum 31.12.2004 und der Tatsache, dass jedenfalls bis zum Ende des Geschäftsjahres 2006 gerade soviel Gewinne gemacht wurden, um unter Zuhilfenahme der Sondereinnahmen den Verlustvortrag auf Null zu senken, kann nicht gesagt werden, dass ausgehend von den in der Vergangenheit vorliegenden Daten am 31.12.2004 eine Prognoseentscheidung dahingehend, dass auch nur eine teilweise Anpassung der Betriebsrenten im folgenden 3-Jahreszeitraum hinreichend sicher aus den Unternehmensgewinnen geleistet werden könnte, richtig gewesen wäre.

Damit unterlag auch der Hilfsantrag des Klägers der Abweisung. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde zugelassen, da insbesondere die Frage der Zulässigkeit einer Differenzierung bei der Anpassungsentscheidung nicht höchstrichterlich entschieden ist.

Ende der Entscheidung

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