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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 25.05.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 335/09
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 2 |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.01.2009 - 8 Ca 2188/08 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer dem Kläger am 29.02.2008 ausgesprochenen vorsorglichen Änderungskündigung mit Auslauffrist zum 30.09.2008. Der Kläger, der am 12.08.1958 geboren und einem Kind unterhaltspflichtig ist, ist unter Anrechnung von Vordienstzeiten seit dem 01.10.1988 bei der Beklagte beschäftigt. Er ist als Fachberater in der Organisationseinheit 220 zu einer Bruttovergütung von 7.500,00 € eingesetzt. Der Kläger war in K eingesetzt. Derzeit ist er in K eingesetzt. Die Beklagte beabsichtigt, den Kläger mit dem 01.01.2013 in F einzusetzen. Im Arbeitsvertrag des Klägers ist zu den Einstellungsbedingungen Folgendes vereinbart:
Als Dienstort wird K vereinbart. Es besteht Einvernehmen darüber, dass nach Maßgabe betrieblicher Bedürfnisse Ihr Arbeitsplatz auch im SRZ-Nord in D sein kann.
Nach Aufzählung der einzelnen Arbeitsbedingungen enthält der Arbeitsvertrag folgenden Absatz:
Soweit vorstehend keine abweichenden Regelungen vereinbart sind, finden auf das Beschäftigungsverhältnis die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrags in der für Sparkassenangestellte jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Die Beklagte hat behauptet, dass die Organisationseinheit des Klägers zum Hauptsitz nach F verlegt worden sei. Der Kläger gehöre jedoch zu einer Gruppe ausgewählter Mitarbeiter, die als soziale Härtefälle noch bis zum 31.12.2012 in K beschäftigt werden. Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass sie die Tätigkeit in F durch Ausübung ihres Direktionsrechts anordnen könne. Vorsorglich hat sie dem Kläger jedoch die angegriffene Änderungskündigung mit Auslauffrist zum 30.09.2008 ausgesprochen. Die geänderten Arbeitsbedingungen, die die Beklagte mit der Änderungskündigung angeboten hat, würden ab dem 01.10.2008 wie folgt lauten:
1. Ab dem 01.10.2008 ist Ihr neuer Arbeitsort der SI-Standort F .
2. Abweichend von Ziffer 1 werden Sie ab dem 01.10.2008 befristet auf Basis der Regelungen des Tarifsozialplans (Protokollnotiz Ziffer 1.2) für die Dauer von 51 Monaten (4,25 Jahren) in K eingesetzt. Der SI-Standort K ist somit für den og. Zeitraum ihr Arbeitsort.
3. Nach Ablauf der 51 Monate wechseln sie automatisch an Ihren Arbeitsort, den SI-Standort F .
4. Im Übrigen gelten die Regelungen Ihres Arbeitsvertrages unverändert fort.
Der Kläger hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte vorzeitig gekündigt habe, da bislang eine Versetzung nach F überhaupt nicht ausgesprochen sei. Es sei nicht absehbar, ob nicht doch zum 01.01.2013 Arbeit in K verbleibe. Zudem sei die Auswahl eines Arbeitsplatzes in M , einem Standort, der ebenfalls bei der Beklagten verbleibt, für ihn weniger einschneidend als eine Tätigkeit in F .
Die Beklagte hält die hilfsweise Änderungskündigung zum jetzigen Zeitpunkt bereits deshalb für notwendig, weil der beibehaltene Arbeitsort einen "Übergangscharakter" erhalten solle. Zudem sehe ein Tarifvertrag vor, dass die betriebsbedingte Kündigung des Klägers der Zustimmung des Betriebsrats bedürfe. Nur für eine Kündigung im Zusammenhang mit der hier vorliegenden Standortverlagerung sei der Arbeitgeberin ein Zeitfenster eröffnet, binnen dem die Kündigung ohne Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochen werden kann.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigung für unwirksam erachtet, da ein dringendes Bedürfnis, den Arbeitsvertrag des Klägers bereits zum 01.10.2008 zu ändern angesichts der Tatsache, dass eine Beschäftigung in F erst ab dem 01.01.2013 geplant ist, nicht ersichtlich sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht mit Wirkung zum 01.10.2008 mit anderen Vertragsbedingungen fortgesetzt worden, sondern besteht zu den Vertragsbedingungen, die im Arbeitsvertrag vom 01.07.1994 festgelegt wurden.
Dabei ergibt sich zunächst durch Auslegung des Arbeitsvertrages, dass die Beklagte dem Kläger nicht mittels Direktionsrecht einen Arbeitsplatz in F zuweisen kann. Die Auslegung nach §§ 333, 157 BGB ergibt vielmehr, dass durch den Arbeitsvertrag der Parteien das Direktionsrecht grundsätzlich auf einen Arbeitsplatz im Stadtgebiet K beschränkt ist. Darüber hinaus besteht noch aus betriebsbedingten Gründen die Möglichkeit, dem Kläger einen Arbeitsplatz in D zuzuweisen. Bereits der Wortlaut der Vereinbarung spricht davon, dass der Arbeitsort, der im Vertrag genannt ist, nicht durch Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten festgelegt wurde, sondern Ergebnis einer Vereinbarung ist.
Es hätte für die Beklagte nahe gelegen, sich Gedanken darüber zu machen, welche Regelung sie wirklich im Vertrag vereinbaren will. Soll nur der Arbeitsort gekennzeichnet werden, an dem das Arbeitsverhältnisses aufgenommen werden soll, so hätte in den Vertrag aufgenommen werden können: "Sie nehmen Ihre Arbeit am Arbeitsort Köln auf." Sodann hätte sich die Frage der Versetzbarkeit nach dem im Übrigen vereinbarten BAT geregelt. Hätte sich die Beklagte ein unternehmensweites Direktionsrecht vorbehalten wollen, hätte sie auch dies ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufnehmen können. Sie hätte auch klarstellen können, dass durch die vertragliche Regelung keinerlei Einschränkung des Direktionsrechts in örtlicher Hinsicht erfolgen soll. Alles dies findet sich aber nicht im Arbeitsvertrag. Vielmehr gilt die Verweisung auf den BAT und das dort geregelte Versetzungsrechts nur subsidiär und soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn in den vorherigen Regelungspunkten nichts oder nichts Abweichendes geregelt ist. Die einzelne Aufzählung der Arbeitsorte und die Kennzeichnung, dass dies auf Vereinbarung beruhe, stellt aber eine solche vertragliche Regelung dar. Damit ergibt sich, dass die Beklagte den Kläger nicht durch Ausübung des Direktionsrechts nach F versetzen, d. h. ihm Arbeit in F zuweisen kann. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung war damit erforderlich, um den Kläger in F beschäftigen zu können.
Durch Auslegung des Kündigungsschreibens ergibt sich weiter, dass die Beklagte bereits mit Wirkung zum 30.09.2008 den Arbeitsvertrag der Parteien derart ändern will, dass nach Ablauf dieses Datums der Arbeitsvertrag bereits den alleinigen Arbeitsort in F ausweist. Gleichwohl soll der Kläger noch bis zum 31.12.2012 seine Arbeitsleistung in K erbringen, so dass keine Änderung des Arbeitsvertrags zum 01.10.2008 erforderlich ist. Bereits aus diesem Grund ist die Änderungskündigung unwirksam, da das Änderungsangebot bereits zu einem Zeitpunkt in den Arbeitsvertrag eingreift, zu dem eine Arbeit in F überhaupt nicht erbracht werden soll. Selbst wenn man unterstellt, dass in der Zeit bis zum 01.01.2013 keinerlei Tatbestände mehr eintreten könnten, die die unternehmerische Entscheidung hinfällig machen oder eine weitere Umstrukturierung mit anderen Arbeitsorten erforderlich machen, so ist jedenfalls bei dem ordentlich unkündbaren Kläger ein Eingriff in die arbeitsvertraglichen Bedingungen frühestens mit Auslauffrist zum 31.12.2012 möglich, wenn erst zu diesem Zeitpunkt die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit in K endet. Es nicht ersichtlich, dass es aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich ist, in den Bestandsschutz eines nur noch außerordentlich kündbaren Mitarbeiters in der Weise einzugreifen, dass die Vertragsbedingungen schon zu einem Zeitpunkt vor dem 31.12.2012 geändert werden müssten. Die Änderungskündigung eines ordentlich unkündbaren Mitarbeiters setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis unter keinen Umständen mehr zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt werden kann. Damit sich der ordentlich unkündbare Mitarbeiter nicht schlechter steht als ordentlich kündbare Mitarbeiter soll dabei die höchste Kündigungsfrist bis zur Änderung der Arbeitsbedingungen als Auslauffrist eingehalten werden. Dies setzt allerdings voraus, dass das Arbeitsverhältnis sinnentleert wäre, wenn der Arbeitsvertrag unverändert bestehen bliebe. Dies ist vorliegend nicht erkennbar, denn der bisherige Arbeitsvertrag kann ohne jede Abänderung bis zum 31.12.2012 praktiziert werden.
Ob darüber hinaus die Kündigung ohnehin vorzeitig war, da der ungeheuer lange Vorlauf bis zur tatsächlichen Änderung der Arbeitsbedingungen auch dazu führt, dass möglicherweise zusätzlich noch entstehender Kündigungsschutz, wie beispielsweise eines Eintreten einer Schwerbehinderung oder aber die Bewerbungsmöglichkeit auf zwischenzeitlich anderweitig frei werdende Arbeitsplätze vereitelt werden, kann deshalb vorliegend dahinstehen. Jedoch spricht vieles dafür, dass die Argumentation des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Entscheidung vom 21.01.2009 - 12 Sa 1287/08 - auch im vorliegenden Fall tragfähig ist.
Auch die Tatsache, dass der Beklagten nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht, um betriebsbedingte Kündigungen ohne die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrats aussprechen zu können, spricht nicht dafür, dass der unveränderte Fortbestand des bisherigen Arbeitsvertrages für die Beklagte unzumutbar und sinnentleert geworden wäre. Die Zustimmungsbedürftigkeit für betriebsbedingte Kündigungen soll gerade eine Verstärkung der Arbeitnehmerrechte herbeiführen. Dem würde widersprechen, wenn eine vorzeitige außerordentliche Änderungskündigung gerade damit gerechtfertigt werden könnte, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein höheres Schutzniveau für die Arbeitsverträge zu beachten ist, welches umgangen werden soll.
Eine Änderungskündigung mit dem einzigen Ziel, den bisherigen vertraglichen Arbeitsort zum "Übergangsarbeitsort" für eine Übergangszeit von 4 Jahren zu machen ist ebenfalls nicht dringend betrieblich erforderlich. Denn an den tatsächlichen Bedingungen der Arbeitsleistung ändert sich nichts. Der Eingriff in den Arbeitsvertrag durch Kündigung zum Zweck der "Umwidmung" des Arbeitsortes Köln ist unverhältnismäßig.
Nach alledem steht fest, dass die im Arbeitsvertrag vom 01.07.1994 vereinbarten Arbeitsbedingungen auch nach dem 30.09.2008 unverändert das Arbeitsverhältnis der Parteien regeln.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.
Ende der Entscheidung
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