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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 13.11.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 671/06
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO, KSchG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 102
ZPO § 313
KSchG § 1
ArbGG § 67 Abs. 4
Eine Beschäftigungsmöglichkeit, die erst mehrere Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist oder gar erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht entsteht, kann einen Wiedereinstellungsanspruch nicht begründen (BAG - 7 AZR 904/98).
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 26.04.2006 - 6 Ca 5165/05 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Der Antrag aus dem Schriftsatz vom 16.10.2006 wird ebenfalls kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung vom 27.10.2005 zum 30.11.2005 sowie um einen im Berufungsverfahren erstmals gestellten Wiedereinstellungsanspruch.

Der am 30.09.1979 geborene Kläger, ohne Unterhaltsverpflichtungen, ist seit dem 06.11.2000 bei der Beklagten als Heizungsmonteur zuletzt mit Lohngruppe M 3 beschäftigt gewesen. Die Beklagte ist u.a. in die Abteilungen LK (Lüftung/Klima) L (Lüftung Kirchenheizungen) und W (Wasser) gegliedert. Nachdem der Kläger ab Anfang 2005 kurzzeitig in der Abteilung LK eingesetzt war, war er bis zur Kündigung in der Abteilung L beschäftigt. Im Herbst 2005 traf die Beklagte die Entscheidung, die Abteilung W auf 60 % des bisherigen Arbeitskräfteumfangs zu verringern. Sie hat hierzu angeführt, dass nicht nur ein genereller Umsatzrückgang hierfür entscheidend sei sondern auch die Schwierigkeit, mit eigenen Arbeitnehmern angemessene Erlöse zu erwirtschaften. Die Abteilung W war bis dahin mit 10 Arbeitnehmern besetzt. Diese konnten der Beklagten im Jahr durchschnittlich 15.000 Arbeitsstunden anbieten. Die Beklagte traf die Entscheidung, die Arbeitskapazität dieser Abteilung auf 9.000 Arbeitsstunden im Jahr zu beschränken. Eventuell darüber hinausgehende Arbeitskräftebedarf sollte durch Fremdvergabe an Subunternehmer erbracht werden.

Die Beklagte führte nach einem Punkteschema eine Sozialauswahl durch. Hierbei waren auch Mitarbeiter der Abteilung L betroffen. Die Beklagte sprach 4 Mitarbeitern mit der geringsten Punktzahl eine Kündigung aus und versetzte zum Ausgleich 3 Mitarbeiter aus der Abteilung W in die Abteilung L. Wie unstreitig geblieben ist, hat die Beklagte die Arbeitskraftkapazität in der Abteilung W bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht nicht mehr erhöht. Teilweise war die Abteilung sogar nur mit 5 Arbeitnehmern besetzt.

Der Betriebsrat widersprach der Kündigung des Klägers. Daraufhin erreichte der Kläger in einem von ihm angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren die Weiterbeschäftigung, die in der Abteilung L durchgeführt wird.

Nach Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers trat zunächst der Mitarbeiter D aus der Abteilung L vorzeitig in den Ruhestand. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dies bei Ausspruch der 4 Kündigungen bereits absehbar war. Die Beklagte stellte den Mitarbeiter F , der ebenfalls gekündigt worden war, dessen Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitarbeiters D noch nicht abgelaufen war und der im übrigen 61 Punkte nach dem Punkteschema erreicht hatte, auf dieser Stelle in der Abteilung L wieder ein.

Im März 2006 kündigte der Obermonteur O aus der Abteilung W. Dieser Mitarbeiter war überwiegend mit hochwertigen Schweißertätigkeiten beschäftigt. Im Juni 2004 annoncierte die Beklagte eine solche Stelle in der A Zeitung. Darüber hinaus suchte sie intern unter dem Datum 06.06.2006 einen Heizungsmonteur für den Montagebereich W und einen Gas- und Wasserinstallateur/Heizungsmonteur für den Kundendienst W. Die Bewerbungen des Klägers auf diese Stellen blieben unberücksichtigt. Die Beklagte hat hierzu behauptet, der Kläger erfülle nicht das Anforderungsprofil für die Tätigkeit. Keine dieser Stellen wurde zwischenzeitlich neu besetzt. Die Beklagte entschloss sich jedoch, da Arbeitskräfte nach dem von ihr gewünschten Anforderungsprofil auf dem Arbeitsmarkt nicht erhältlich waren, den Mitarbeiter S für die Tätigkeiten des Obermonteurs O einzuarbeiten. Mit dem Abschluss dieser Einarbeitung wird zum Ende des Jahres 2006 gerechnet. Zu diesem Zeitpunkt soll die derzeit nur aus 5 Personen bestehende Abteilung W um den Mitarbeiter S aufgestockt werden. Der Kläger ist der Ansicht, dass dann in der Abteilung L spätestens ein Arbeitsplatz frei werde, den er besetzten könne. Im übrigen folgert er aus den Zeitungsannoncen, dass die Beklagte ihr Arbeitsplatzkonzept nicht ernsthaft durchgeführt habe bzw. dieses von Anfang an nicht tragfähig gewesen sei.

Wie zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist, wurde in den Abteilungen LK und W im Februar, März, Juni und Juli 2005 Kurzarbeit durchgeführt. Die Beklagte hat behauptet, erneut für den Jahresbeginn 2007 Kurzarbeit beim Betriebsrat beantragt zu haben.

Weiterhin hat die Beklagte dargestellt, dass ein Großkunde sich nicht damit zufrieden gegeben habe, dass Aufträge durch Subunternehmer der Beklagten erfüllt werden. Im August 2006 habe die Beklagte deshalb den Betriebsrat hierüber informiert und Neueinstellungen für den Fall erwogen, dass der Auftragsumfang nicht mit eigenem Personal bearbeitet werden könne. Zu Neueinstellungen ist es jedoch nicht gekommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die unternehmerische Entscheidung als maßgeblich für den Arbeitsplatzwegfall angesehen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, Überstunden abzubauen und dadurch die Anzahl der von ihr vorgehaltenen Arbeitsplätze zu erhöhen. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger die Stelle eines Abnahmemonteurs in der Abteilung L anzubieten, die nach Lohngruppe 5 vergütet wird, da es sich insoweit um eine höherwertige Stelle handele.

Erstmals mit Schriftsatz vom 16.10.2006 hat der Kläger einen Wiedereinstellungsanspruch geltend gemacht. Er vertritt hierzu die Ansicht, aus dem Beschäftigungsanspruch aus § 102 BetrVG folge, dass ein Wiedereinstellungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zu berücksichtigen sei.

Er beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen, Aktenzeichen 6 Ca 5165/05, vom 26.04.2006

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.10.2005 nicht zum 30.11.2005 aufgelöst worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch sonstige Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht;

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 30.11.2005 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits als Heizungsmonteur zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung zu unveränderten Bedingungen als Heizungsmonteur anzunehmen und den Kläger zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages vom 08.11.2000 wieder einzustellen

und äußerst hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung als Heizungsmonteur für den Montagebereich W anzunehmen und den Kläger wieder einzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zusätzlich darauf, dass die im einstweiligen Verfügungsverfahren vom Kläger durchgesetzte Beschäftigung nicht belege, dass ein weiterer Arbeitsplatz in der Abteilung L dauerhaft eingerichtet worden sei. Vielmehr sei es immer möglich, Arbeiten die 50 Personen erledigen können auch auf 51 Personen zu verteilen. Weiterhin ist sie der Ansicht, dass im Falle der Bejahung eines Wiedereinstellungsanspruchs jedenfalls die beiden sozial schutzwürdigeren ebenfalls gekündigten Mitarbeiter, denen bislang keine Wiedereinstellung angeboten werden konnte, vor dem Kläger zu berücksichtigen seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die betriebsbedingte Kündigung vom 27.10.2005 mit dem 30.11.2005 beendet worden, da Kündigungsgründe im Sinne des § 1 KSchG gegeben sind.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht Aachen festgestellt, dass die unternehmerische Entscheidung, die Abteilung W zukünftig statt mit 10 Arbeitnehmern nur noch mit 6 Arbeitnehmern zu besetzen zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger geführt hat. Denn auch dann, wenn das Arbeitsvolumen in der Abteilung L nach der Planung der Beklagten gleich bleiben sollte, ergab sich durch die soziale Vergleichbarkeit der Mitarbeiter und die hierdurch bedingte Versetzungspflicht, dass die Überkapazitäten in der Abteilung W durch Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Abteilung L und Versetzung von Mitarbeitern von W nach L an den tatsächlichen Arbeitskräftebedarf angepasst werden konnten.

Diese unternehmerische Entscheidung ist auch auf Dauer angelegt gewesen. Der Kläger konnte nicht vortragen, dass die Beklagte zwischenzeitlich tatsächlich Neueinstellungen vorgenommen hat. Auch wenn im August 2006 ein Großkunde den Einsatz von Subunternehmern nicht mehr gewünscht hat, so war jedenfalls der danach vorliegende Auftragsumfang nicht derartig hoch, dass die Beklagte ihre Arbeitsorganisation hätte ändern müssen und Neueinstellungen hätte vornehmen müssen. Vielmehr konnte sie den verbliebenen Auftragseingang mit den aktuell beschäftigten Mitarbeitern bewältigen. Der Rückgang der Arbeitnehmerzahl hat nicht einmal Anfang des Jahres 2005 dazu geführt, dass Kurzarbeit völlig vermeidbar war. Vielmehr reichte das Auftragsvolumen in den Monaten Februar und März sowie Juni und Juli 2005 nicht aus, um die verringerte Belegschaft vollständig zu beschäftigen. Selbst die Tatsache, dass lange nach Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers 2 Mitarbeiter aus der Abteilung L ausgeschieden sind hat nur dazu geführt, dass einer der Arbeitsplätze mit einem ebenfalls gekündigten Arbeitnehmer nachbesetzt wurde. Die durch die Kündigung des Obermonteurs O frei gewordene Stelle ist bislang nicht entgültig nachgesetzt worden. Soweit der Mitarbeiter S für dessen Tätigkeiten eingearbeitet wird, ist jedenfalls bislang auch kein Mitarbeiter neu eingestellt worden, der die bisherigen Tätigkeiten des Mitarbeiters S übernimmt. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass die betriebsorganisatorische Konzeption der Beklagten nicht auf Dauer angelegt wäre bzw. nicht tragfähig sondern willkürlich wäre.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch entschieden, dass die zum Zeitpunkt der Kündigung freie Stelle des Abnahmemonteurs in der Abteilung L nicht dem Kläger angeboten werden musste. Die Tätigkeiten sind in der tariflichen Wertigkeit 2 Stufen höher angesiedelt und erfordern erweiterte Kenntnisse, auch wenn sie als Basis eine Ausbildung voraussetzen, wie der Kläger sie vorweisen kann. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Arbeitgeber höherwertige Arbeitsplätze nicht mit Arbeitnehmern besetzen muss, deren bisheriger Arbeitsplatz niedriger wertige Tätigkeiten zum Inhalt hat. Nicht erforderlich ist dabei, dass es sich insoweit um Arbeitsplätze handelt, die in der betrieblichen Hierarchie mit erweiterten Anweisungsbefugnissen oder Personalverantwortung verbunden sind. Ein nicht vergleichbarer Arbeitsplatz ist bereits dadurch gekennzeichnet, dass die Anforderungen, die nach dem tariflichen Eingruppierungsschema an Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitsplatzinhabers gestellt werden, höher bewertet werden. Ein Arbeitgeber, der die Eignung eines Arbeitnehmers für einen derartigen beruflichen Aufstieg bisher nicht gesehen hat, soll nicht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens gezwungen sein, Arbeitnehmer auf einem höherwertigen Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen, denen er eine solche Beschäftigung ohne Kündigungsdruck nicht angeboten hätte. Denn die Arbeitsgerichte können nicht das unternehmerische Risiko dafür übernehmen, dass ein Mitarbeiter, der bislang erweiterte oder schwierigere Arbeitsaufgaben nicht wahrgenommen hat, für diese Tätigkeiten überhaupt geeignet ist. Aus diesem Grunde beschränkt sich die Sozialauswahl auf vergleichbare Arbeitsplätze, die gleichwertig sind und deshalb allenfalls eine geringfügige Einarbeitungszeit erfordern, nicht aber den zukünftigen Erwerb von zusätzlichen qualifizierenden Kenntnissen voraussetzen.

Auch die derzeitige Beschäftigung des Klägers in der Abteilung L aufgrund des gesetzlichen Schuldverhältnisses aus § 102 BetrVG belegt nicht, dass die Beklagte ihre unternehmerische Organisationsentscheidung aufgegeben hat. Vielmehr ist sie derzeit lediglich gehindert, ihr Organisationskonzept vollständig umzusetzen. Es ist ihr auch nicht zuzumuten, einen sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmer für die Zeit der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers zu entlassen, um nachzuweisen, dass ihr unternehmerisches Konzept tatsächlich tragfähig und umsetzbar ist.

Es kann dahin stehen, ob die Berufung hinsichtlich des allgemeinen Fortbestehensantrags (Antrag zu 2.) überhaupt ordnungsgemäß begründet wurde. Jedenfalls ist der Antrag offensichtlich unbegründet, da der Kläger nicht geltend gemacht hat, dass die Beklagte weitere Beendigungstatbestände im vorliegenden Verfahren gesetzt hat.

Der Weiterbeschäftigungsantrag war, soweit es sich um einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag handelt, nicht nur deshalb abzuweisen, weil der Kläger mit der Kündigungsschutzklage nicht obsiegt hat, sondern auch, weil der Kläger bereits im Besitz eines Beschäftigungstitels ist und deshalb ein weitergehendes Rechtsschutzinteresse für diesen Antrag nicht festzustellen ist.

Auch die Anträge aus dem Schriftsatz vom 16.10.2006 auf Wiedereinstellung waren abzuweisen. Die Anträge stelle neue Angriffs- und Verteidigungsmittel dar, die nach § 67 Abs. 4 ArbGG grundsätzlich in der Berufungsbegründung vorzubringen waren. Sie können nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts zugelassen werden, wenn sie nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen. Dies war vorliegend der Fall, da sich die Beklagte voll umfänglich zu dem neuen Vortrag des Klägers eingelassen hat.

Der Wiedereinstellungsanspruch ist jedoch weder in der Form des ersten noch des zweiten Hilfsantrags begründet. Die erkennende Kammer schließt sich insoweit zunächst den Entscheidungen des 7. und 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts an, die einen Wiedereinstellungsanspruch für eine Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist grundsätzlich abgelehnt haben (vgl. BAG 7 AZR 904/98 vom 28.06.2000; 8 AZR 199/04 vom 28.10.2004 zitiert nach JURIS). Dabei hat der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts insbesondere zur Dogmatik des Wiedereinstellungsanspruchs erläutert, dass die Beschränkung der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht auf die Kündigungsfrist und der Grundsatz des Vertrauensschutzes auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die letztlich beide durch Artikel 12 GG geschützt sind, beruht. Die dem Staat obliegende grundrechtliche Schutzpflicht wird durch das Kündigungsschutzrecht so ausgeformt, dass der Verlust des Arbeitsplatzes dem Arbeitnehmer regelmäßig auch von verfassungswegen zugemutet wird, wenn eine Kündigung den Erfordernissen des Kündigungsschutzrechts standhält. Deshalb ist das Interesse an der Erhaltung des Arbeitsplatzes durch Artikel 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt. Eine Ausdehnung im vorliegenden Fall ist auch nicht deshalb angezeigt, weil es zwischen den Parteien zu einem gesetzlichen Schuldverhältnis aufgrund § 102 BetrVG gekommen ist. Dieses stellt an sich schon eine Ausdehnung des Schutzes für den Arbeitnehmer dar und damit eine Verschiebung der Abwägungsinteressen zugunsten des Arbeitnehmers. Eine Erweiterung der Fürsorgepflichten, obwohl sich letztlich im Kündigungsschutzprozess herausstellt, dass der Widerspruch des Betriebsrates unbegründet war, erscheint deshalb dogmatisch nicht möglich. Denn gerade das Ergebnis des Kündigungsschutzprozesses widerlegt, dass die vom Betriebsrat angenommenen Widerspruchsgründe tatsächlich zur Unwirksamkeit der Kündigung geführt haben.

Auch soweit der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts einen Wiedereinstellungsanspruch bejaht hat, beruhte dies zum einen auf einer ausdrücklichen einzelvertraglichen Zusage (2 AZR 749/00 vom 21.02.2002) oder lag eine Sachverhaltsänderung im Lauf der Kündigungsfrist zu Grunde (2 AZR 140/97 vom 04.12.1997). Auch soweit in dieser zuletzt zitierten Entscheidung unentschieden blieb, ob ein Wiedereinstellungsanspruch nach Ablauf der Kündigungsfrist bejaht werden kann, hat der 2. Senat in der Entscheidung vom 07.11.2002 (2 AZR 599/01) klargestellt, dass er jedenfalls einen Wiedereinstellungsanspruch bei einem neuen nach Kündigungsausspruch erst in Gang gesetzten Kausalverlauf ablehnt und insbesondere eine Prozessbeschäftigung nicht für ausreichend hält, einen zugunsten des Arbeitnehmers wirkenden Vertrauenstatbestand darzustellen.

Neben der dogmatischen Begründung durch den 7. Senat (7 AZR 904/98) ist zudem aus rechtstatsächlicher Sicht zu berücksichtigen, dass ein für die Dauer der Weiterbeschäftigung oder des Prozesses ausgedehnter Wiedereinstellungsanspruch dem durch den Prozess angestrebten Rechtsfrieden widersprechen würde, indem er das ohnehin bestehende Interesse, eine Prozessbeschäftigung möglichst lange auszudehnen noch weiter verstärken würde.

Unabhängig von diesen dogmatischen Überlegungen hat der Kläger aber auch nicht dargestellt, dass die Beklagte tatsächlich uneingeschränkt die Entscheidung getroffen hat, einen Arbeitsplatz, der von einem Arbeitnehmer mit den Qualifikationen des Klägers eingenommen werden kann, neu zu schaffen und dauerhaft zu besetzen. Denn letztlich sind alle Überlegungen der Beklagten, die durch die Annoncen von Juni 2006 dokumentiert wurden, dadurch überholt worden, dass das vorhandene Arbeitsvolumen jedenfalls keine Neueinstellung erforderlich gemacht hat und die Auslastung so gering war, dass die Durchführung von Kurzarbeit im Jahr 2006 unvermeidlich war. Auch eine entgültige Entscheidung, ab dem 01.01.2007 die möglicherweise dann von dem Mitarbeiter S freigemachte Stelle nachzubesetzen, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht als offen bezeichnet. Sie hat darauf hingewiesen, dass die derzeitige Auslastungslage es erforderlich gemacht habe, erneut mit dem Betriebsrat in Gespräche zur Anordnung von Kurzarbeit für Januar/Februar 2007 einzutreten.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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