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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 27.10.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 681/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Die nachhaltige Verfolgung seiner nächsten Vorgesetzten mit einem unbegründeten Klageerzwingungsverfahren kann im Einzelfall, wenn sie der Durchsetzung nicht gegebener arbeitsrechtlicher Ansprüche dient und angesichts der Zeugenaussagen erkennbar nicht erweisliche Straftaten zur Grundlage hat, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.03.2008 - Az.: 1 Ca 2250/07 - abgeändert:

Auf den Hilfsantrag wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein Schlusszeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 93 %, die Beklagte zu 7 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Hinsichtlich der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Beide Parteien haben das Urteil mit der Berufung angegriffen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.03.2008 - 1 Ca 2250/07 - teilweise abzuändern, soweit das Arbeitsgericht Bonn der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers und zur Zahlung von 3.223,16 € brutto nebst Zinsen verurteilt hat und die Klage insoweit vollständig abzuweisen.

Der Kläger beantragt

die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Er beantragt im Berufungsverfahren

1. die Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.03.2008 - 1 Ca 2250/07 - und die Feststellung, dass die Versetzung des Klägers in die Werkstatt des Instituts für Physikalische und Theoretische Chemie unwirksam ist;

2. das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger in der Forschungsgruppe des Prof. Dr. V im Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität B als Elektro-Ingenieur zu beschäftigen;

3. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn weitere 20.699,72 € abzüglich 4.781,92 € netto, die auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen sind, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.435,97 € ab dem 01.09.2007, aus weiteren 3.653,95 € ab dem 01.10.2007, aus weiteren 3.653,95 € ab dem 01.11.2007, aus weiteren 3.653,95 € ab dem 01.12.2007, aus weiteren 3.653,95 € abzüglich 1.630,20 € ab dem 01.01.2008, aus weiteren 3.653,95 € abzüglich 1.630,20 € ab dem 01.02.2008 zu zahlen.

Der Kläger hat klargestellt, dass er hilfsweise für den Fall des Obsiegens der Beklagten mit deren Berufung weiterhin den Hilfsantrag aufrecht erhält, ihm ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, dass sich auf Führung und Leistung erstreckt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere der geäußerten Rechtsansichten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Auf die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage mit Ausnahme des hilfsweisen Zeugniserteilungsanspruchs vollständig abzuweisen.

Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund außerordentlicher Kündigung vom 10.08.2007 mit Zugang des Kündigungsschreibens am 10.08.2007 geendet.

Da die Personalvertretung ebenso wie das Integrationsamt ordnungsgemäß angehört wurden, bestehen insoweit keine Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung.

Die Kündigung ist als außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB wirksam, da Kündigungsgründe gegeben sind, die es der Beklagten unzumutbar machen, den Ablauf einer auch nur hypothetisch berechneten ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten und da diese Kündigungsgründe der Beklagten erst innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB bekannt wurden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18.05.2007 ein Klageerzwingungsverfahren gegen seine Vorgesetzten Prof. Dr. K W und Herrn M B eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war ihm der Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte bekannt, aus dem sich ergab, dass sämtliche anderen Zeugen die vom Kläger geschilderten Sachverhalte nicht bestätigt haben. Weiterhin war dem Kläger bei Einreichung des Klageerzwingungsschriftsatzes vom 18.05.2007 durch das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.03.2007 im Verfahren 1 (4) Ca 2250/06 bewusst, dass im Einzelfall die Erstattung einer Strafanzeige, wenn sie auf wissentlich unwahren oder leichtfertig falschen Angaben beruht, grundsätzlich die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Weiter zu berücksichtigen ist, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits arbeitsrechtlich durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, ohne die zwischen den Parteien streitige Sachfrage, ob der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet war, in der Werkstatt unter dem Vorgesetzten B Arbeitsleistungen zu erbringen, zu klären.

Die Situation bei Einleitung des Klageerzwingungsverfahrens stellt sich damit anders dar, als bei der ersten Anzeigeerstattung durch die Ehefrau des Klägers. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben im Vorverfahren über die erste Kündigung zum Ausdruck gebracht, dass zu Gunsten des Klägers bei der ersten Anzeigeerstattung zugrunde zu legen ist, dass zu diesem Zeitpunkt die entgegenstehenden Zeugenaussagen der weiteren Mitarbeiter noch nicht vorlagen und der Kläger zumindest subjektiv noch entschuldbar handelte. Diese Sachlage war bei Einleitung des Klageerzwingungsverfahrens nicht mehr gegeben. Zum einen kannte der Kläger die Aussagen der Beschuldigten und der weiteren Zeugen und wusste, dass keiner der vernommenen Mitarbeiter seine Sachverhaltsdarstellung bestätigt hatte. Der Kläger selbst hat zum Ausdruck gebracht, dass er nicht damit rechne, dass die Zeugen zu einem späteren Zeitpunkt eine andere Aussage machen werden. Auch wusste der Kläger durch das erstinstanzliche Urteil, dass die Anzeigeerstattung grundsätzlich ungeeignet war, um die arbeitsrechtliche Sachfrage zu klären und dass die Anzeigeerstattung grundsätzlich auch ein Grund zur fristlosen Kündigung darstellen kann. Vom Kläger war also zu erwarten, dass er spätestens, nachdem die Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft zurückgewiesen wurde, es sich sehr genau überlegen musste, ob er die Behauptung, seine Vorgesetzten seien der Rechtsbeugung, der Nötigung, der Freiheitsberaubung, des Betruges und der üblen Nachrede schuldig geworden, aufrecht erhalten wollte. Eine solche Abwägung hat der Kläger nicht vorgenommen, obwohl er leicht zu dem Ergebnis hätte kommen können, dass nach zweimaliger Verfahrenseinstellung und der gegebenen Begründung, dass die erhobenen Vorwürfe auch nicht ansatzweise erweislich seien, keinerlei Erfolgsaussichten für das Klageerzwingungsverfahren gegeben sind. Damit lässt sein Verhalten allein den Rückschluss zu, dass der Kläger das Verhältnis zu den Vorgesetzten B und Prof. W bewusst zerstören wollte, um diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger unmöglich zu machen. Gerade die Tatsache, dass der Kläger formal überhaupt nicht berechtigt war, Antrag auf Klageerzwingung zu stellen, dass er gleichwohl an den von ihm aufgestellten und nicht erweislichen Behauptungen festgehalten hat, die geeignet sind, seine Vorgesetzten und deren Ansehen im Betrieb erheblich zu beschädigen, spricht dafür, dass es dem Kläger tatsächlich nicht in erster Linie um die strafrechtliche Verfolgung ging, sondern darum, die Beklagte zu veranlassen, dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen und nicht an der Versetzung in die Werkstatt festzuhalten. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es insbesondere dem Vorgesetzten B nach den Vorkommnissen im Zusammenhang mit der Anzeigeerstattung, der Beschwerde und dem Klageerzwingungsverfahren nicht mehr zumutbar ist, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Spätestens, nachdem der Kläger durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht vertreten und beraten war, hätte der Kläger den arbeitsrechtlichen Konflikt durch Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte und den geeigneten Antrag, den er allerdings erstmals am 14.12.2007 im vorliegenden Verfahren angekündigt hat, klären lassen können, ohne das Betriebsklima weiter negativ zu beeinflussen und ohne die ersichtlich unbeweisbaren Behauptungen der Folter und der Freiheitsberaubung aufrecht zu erhalten. Statt dessen hat der Kläger mit der Einleitung des Klageerzwingungsverfahrens zum Ausdruck gebracht, dass ihm an der fachgerichtlichen Überprüfung der streitigen Versetzung nicht gelegen ist, sondern ein sinnvolles Zusammenarbeiten zwischen ihm und den Vorgesetzten B und Prof. W möglichst verhindert werden soll.

Das gewählte Mittel der Strafverfolgung war dabei nicht nur ungeeignet, sondern auch das erstrebte Ziel, nämlich Verhinderung der Weiterarbeit in der Werkstatt war nicht vom Arbeitsvertrag des Klägers gedeckt. Der Kläger hat das Klageerzwingungsverfahren vielmehr instrumentalisiert, um sich einer berechtigten Arbeitsanweisung zu entziehen.

Die Versetzung des Klägers in die Werkstatt des Instituts für Physikalische und Theoretische Chemie war zumindest seit der Zustimmung des Personalrats am 02.02.2006 wirksam. Der ursprüngliche Arbeitsplatz des Klägers unter Prof. Dr. Ba war entfallen, da zum einen der Nachfolger von Prof. Dr. Ba keinen Dipl.-Ing. Elektrotechnik mehr beschäftigt. Zudem hatte die Beklagte die Organisationsentscheidung getroffen, möglichst alle Anforderungen nach elektrotechnischen Dienstleistungen in der elektrotechnischen Werkstatt zusammenzufassen. Diese Organisations-entscheidung ist sowohl durch die grundgesetzlich geschützte Freiheit der Wissenschaft als auch durch die arbeitgeberseitige Berufsfreiheit geschützt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, eine einmal geschaffene betriebliche Organisation aufrecht zu erhalten. Eine Verpflichtung, einen Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt zu schaffen oder aufrecht zu erhalten bestand nicht. Einen anderen freien Arbeitsplatz für einen Dipl.-Ing. der Elektrotechnik hat der Kläger auch nicht benennen können. Dieser ist auch im Nachhinein weder durch Mitarbeiter des Integrationsamtes noch des Personalrates aufgezeigt worden.

Zudem ergab sich das Versetzungsrecht der Beklagten sowohl aus § 106 GewO, als auch aus dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Tarifvertrag. Dieses Direktionsrecht entfällt auch nicht dadurch, dass ein Arbeitgeber über eine lange Zeit kein Bedürfnis hat, die Arbeitsumstände eines Arbeitnehmers zu ändern. Hätte der Kläger Recht mit seiner Ansicht, dass das Direktionsrecht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn es über eine längere Zeit nicht ausgeübt wurde, würde das einen Arbeitgeber zwingen, zum Erhalt des Direktionsrechts routinemäßige unsinnige Versetzungen vorzunehmen, um das Recht nicht zu verlieren. Zudem übersieht der Kläger, dass ein möglichst weites Direktionsrecht im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer liegt, denn je weiter die Versetzungsmöglichkeiten gestaltet sind, desto größer ist der Kreis der vergleichbaren Arbeitsplätze im Falle eines Kündigungsrechtsstreits. Wäre der Kläger bei Ausscheiden von Prof. Dr. Ba nicht versetzbar gewesen, so hätte die Beklagte ihn ohne weiteres betriebsbedingt kündigen können, denn die Beklagte war, wie bereits oben dargestellt, in der Organisation der Arbeit frei und musste den Kläger nicht in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. V , der lediglich einen Chemie-Ingenieur gebrauchen konnte, belassen. Da Prof. Dr. V keinen Elektro-Ingenieur beschäftigt, wäre die Situation des Klägers, wenn er nicht versetzbar gewesen wäre, derjenigen eines Heizers auf der E-Lok vergleichbar.

Dem Kläger konnte auch arbeitsvertraglich ein Arbeitsplatz zugewiesen werden, bei dem er nicht unmittelbar einem Professor zuarbeitete, sondern einem Werkstattleiter untergeordnet war. Hierarchieebenen und erst recht die jeweilige Person des Vorgesetzten sind für die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger am neuen Arbeitsplatz Arbeitstätigkeiten zugeordnet wurden, die seiner tarifvertraglichen Eingruppierung entsprachen, ohne Belang. Auch die Frage, ob der Arbeitsplatz als Einzelarbeitsplatz ausgestaltet ist oder die Arbeit mit mehreren Mitarbeitern zusammen in einem Raum zu erbringen ist, ist nach den anzuwendenden Eingruppierungskriterien unerheblich. Maßgeblich ist vielmehr lediglich, ob die Tätigkeiten, die dem Kläger in der Werkstatt zugeordnet werden sollten, nach dessen Einarbeitung und Vertrautmachung mit den Arbeitsmethoden und Arbeitsbedingungen in der Werkstatt die zutreffende Vergütungsgruppe erfüllt hätten.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Zuweisung vertragsgerechter Arbeit dann erfüllt, wenn sie in Tätigkeiten aus der Vergütungsgruppe IV a der Vergütungsordnung zuweist. Da die Vergütungsgruppe IV a in verschiedene Fallgruppen unterteilt ist, innerhalb der Vergütungsgruppe aber kein Anspruch eines Arbeitnehmers besteht, Tätigkeiten ausschließlich aus einer bestimmten Fallgruppe verrichten zu können, gehört zu den Tätigkeiten, die die Beklagte dem Kläger zuordnen kann, auch die Tätigkeiten, die in Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 10 c und Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 10 b beschrieben sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits die selbständige Erledigung neuartiger Versuche nach kurzer Weisung in einer Versuchswerkstatt den Tätigkeiten eines Dipl.-Ingenieurs nach Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 21 entspricht. Nur dann, wenn es dem Kläger gelungen wäre, darzustellen, dass er bereits vor der Versetzung in die Institutswerkstatt richtigerweise in Vergütungsgruppe III einzugruppieren gewesen wäre, hätten dem Kläger in der Werkstatt Arbeiten aus einer der Fallgruppen 2, 2 a, 2 c, 2 b der Vergütungsgruppe III zugeordnet werden müssen. Allerdings ist der Vortrag des Klägers im Hinblick auf eine solche Eingruppierung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung unschlüssig geblieben. Weder die Vorlage des Zwischenzeugnisses, noch die Vorlage der Arbeitsplatzbeschreibung für die Tätigkeiten unter Prof. Dr. Ba rechtfertigen den Schluss darauf, dass die Tätigkeiten des Klägers bereits vor sechs oder acht Jahren durchgehend solche nach Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 10 bzw. IV a Fallgruppe 10 a gewesen wären. Für eine solche Darlegung, die voraussetzt, dass der Kläger in den vergangenen acht bzw. sechs Jahren vor der Versetzung dauerhaft mit Tätigkeiten dieser Fallgruppen beschäftigt war, wäre im Einzelnen eine langfristige Beschreibung der tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten erforderlich gewesen, um den Rückschluss zulassen zu können, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger mit Tätigkeiten normaler Wertigkeit beschäftigt war und in welchem Umfang Tätigkeiten verrichtet wurden, die über die selbständige Erledigung neuartiger Versuche nach kurzer Weisung hinausgingen. Da der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 06.03.2008 überhaupt eine höhere Vergütungsgruppe als Vergütungsgruppe IV a geltend gemacht hat und dabei zudem noch verkannt hat, dass ein Anspruch auf Tätigkeiten aus einer bestimmten Fallgruppe nicht besteht, war die Beklagte bei der Versetzung in die Werkstatt berechtigt, den Kläger jedenfalls auch Tätigkeiten der Fallgruppen 10 c und 10 b aus Vergütungsgruppe IV a zuzuordnen. Aufgrund der bislang nur äußerst kurzen Tätigkeit in der Werkstatt kann auch nicht gesagt werden, dass der Kläger nicht zu mindestens 50 % seiner Arbeitszeit mit tarifgerechten Tätigkeiten hätte beschäftigt werden können.

Weiterhin zu berücksichtigen ist auch, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Einleitung des Klageerzwingungsverfahrens alles Erforderliche getan hatte, um für den Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz einzurichten. Neben der Einschaltung des betrieblichen Fürsorgers und des Integrationsamtes hatte sich nicht zuletzt eine Hörgeräteakustikerin mehrere Wochen lang damit befasst, dem Kläger ein schmerzfreies Arbeiten in der Werkstatt zu ermöglichen. Unverzüglich, nachdem feststand, dass dies durch Anpassung des Hörgerätes nicht zu erreichen sein würde, wurde dem Kläger ein Schreibtisch im Büro des Vorgesetzten B zur Verfügung gestellt, der nun durch die räumliche Trennung von den Lärmquellen der Behinderung des Klägers gerecht wurde. Sowohl der letzte dem Kläger zugewiesene Arbeitsort als auch die Zuordnung des Klägers zur elektrotechnischen Werkstatt selbst entsprachen damit dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht. Bis zum heutigen Tag hat der Kläger keinen Arbeitsplatz benennen können, der tatsächlich existiert und nicht erst neu geschaffen werden müsste und der vom Kläger besetzt werden könnte.

Damit steht fest, dass dem Kläger keinerlei Unrecht im Hinblick auf die vorgenommene Versetzung geschehen ist. Der Kläger hätte dies bei Einleitung des Klageerzwingungsverfahrens ohne Weiteres auch erkennen können. Dies alles rechtfertigt den Rückschluss, dass es dem Kläger tatsächlich auch darum ging, seine Vorgesetzten bei der Beklagten in Misskredit zu bringen und seine arbeitsrechtliche Position dadurch zu verbessern, dass es den Angeschuldigten unmöglich werden sollte, mit dem Kläger unbefangen und sachdienlich zusammenzuarbeiten.

Diese Veränderung der Situation zwischen der ersten Anzeigeerstattung durch die Ehefrau des Klägers und der nachhaltigen und fortgesetzten Verfolgung seiner Vorgesetzten in offensichtlicher Erkenntnis, dass die vorgetragenen Vorwürfe in keiner Weise beweisbar sein würden, stellt deshalb nicht nur einen neuen Kündigungssachverhalt dar, sondern ist auch von der Wertigkeit nunmehr anders zu bewerten, als bei der Einleitung des Strafverfahrens.

Auch die Einzelfallabwägung führt nicht dazu, dass das Interesse des Klägers am Erhalt des Arbeitsverhältnisses das Beendigungsinteresse der Beklagten überwiegt. Dabei hat die erkennende Kammer insbesondere berücksichtigt, dass die Chancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt voraussichtlich trotz des grundsätzlich erheblichen Bedarfs an Dipl.-Ingenieuren auch seiner Fachrichtung nur gering sind, denn es ist dem Kläger seit Ausspruch bereits der ersten fristlosen Kündigung zu keinem Zeitpunkt gelungen, auch nur einen befristeten Arbeitsvertag bei einem anderen Arbeitgeber abzuschließen. Auch die Schwerbehinderung, das Alter und die Unterhaltspflichten des Klägers wurden von der Kammer gewürdigt. Gleichwohl ist es der Beklagten unzumutbar, den Kläger auch nur einen Arbeitstag länger zusammen mit Herrn B und unter dessen Anweisungen sowie unter dem weiteren Vorgesetzten Prof. Wandelt arbeiten zu lassen. Die nachhaltige unbegründete strafrechtliche Verfolgung der beiden nächsten unmittelbaren Vorgesetzten wider besseres Wissen, dass die behaupteten Straftaten nicht erweislich sein werden, führen in der Einzelfallabwägung dazu, dass es der Beklagten nicht einmal zumutbar ist, die Arbeitsleistung während einer auch nur hypothetischen Auslauffrist entgegen zu nehmen.

Damit war das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn auch im Hinblick auf die ausgesprochene Weiterbeschäftigung des Klägers abzuändern. Durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 10.08.2007 ist der Weiterbeschäftigungsanspruch entfallen, ebenso steht dem Kläger für das Jahr 2007 weder die tarifliche Einmalzahlung in Höhe von 300,00 € noch die tarifliche Sonderzahlung in Höhe von 2.923,16 € zu, da insoweit die Zahlungsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Auf den Hilfsantrag war die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger das begehrte Schlusszeugnis zu erteilen, da sie bisher trotz der von ihr als gegeben angesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis nicht erteilt hat.

Demgegenüber war die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Es bleibt insoweit bei der erstinstanzlich bereits ausgesprochenen Klageabweisung. Allerdings ist diese nunmehr damit begründet, dass das Feststellungsinteresse für die Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung in die Werkstatt des Instituts für Physikalische und Theoretische Chemie deshalb entfallen ist, weil das Arbeitsverhältnis am 10.08.2007 geendet hat, Zahlungsansprüche aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem 10.08.2007 nicht mehr gegeben sind und ebenso der Beschäftigungsanspruch bei Prof. Dr. V für die Zeit nach Wirksamkeit der Kündigung nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, da der Kläger aufgrund des Obsiegens mit seinem Hilfsantrag zur Zeugniserteilung im Verhältnis der Streitwerte zueinander teilweise obsiegt hat.

Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen, insbesondere da die letztendliche Entscheidung auf der Einzelfallabwägung und Bewertung der Schwere der Vertragspflichtverletzung des Klägers beruht.

Ende der Entscheidung

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