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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.10.2002
Aktenzeichen: 2 Sa 690/02
Rechtsgebiete: ArbeitszeitG, Richtl. EG 93/04


Vorschriften:

ArbeitszeitG § 2
Richtl. EG 93/04 Art. 2
Weder aus dem Arbeitszeitgesetz noch aus der Richtlinie 93/04 EG folgt, dass für die gesamte Arbeitszeit die gleiche Vergütung geschuldet wird. Insbesondere sind die Tarifvertragsparteien frei, für bestimmte Tätigkeiten festzulegen, dass der Regelverdienst, der normaler Weise nach 38,5 Stunden erarbeitet ist, erst nach 46,5 Arbeitsstunden verdient ist.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 2 Sa 690/02

Verkündet m: 14.10.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14.10.2002 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Olesch als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Schauerte und Schergel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.04.2002 - 7 Ca 5120/01 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien darum, ob die über 38,5 Stunden hinausgehende Arbeitszeit des Klägers gesondert zu vergüten ist. Der Kläger ist als Schulhausmeister bei der beklagten Stadt seit dem 01.11.1998 tätig. Er erhält Vergütung nach Vergütungsgruppe VII BAT. Sein Arbeitsverhältnis bestimmt sich im übrigen nach dem BAT und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen. Da der Kläger als Schulhausmeister eingesetzt ist, findet auf ihn gemäß der arbeitsvertraglichen Inbezugnahmeklausel § 6 Abschnitt B des Bezirkszusatztarifvertrages A (im folgenden BZT-A/NRW) Anwendung. § 6 Abs. 3 BZT-A/NRW lautet wie folgt:

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 46,5 Stunden. § 15 Abs. 2 und 3 BAT finden keine Anwendung. ...

Die Tarifvertragsparteien haben hierzu eine Protokollerklärung abgegeben, die besagt, dass die Festlegung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in Höhe von 46,5 Stunden darauf beruht, dass innerhalb dieser Zeit 31 1/4 Stunden reine Arbeitszeit liegen soll und weitere 15 1/4 Stunden Arbeitsbereitschaft gegeben sein soll. Geht man davon aus, dass innerhalb der 15 1/4 Stunden Arbeitsbereitschaft nur etwa zur Hälfte der Zeit tatsächliche Arbeit geleistet wird, gelangt man zu einem Gesamtarbeitsvolumen von ungefähr 38 3/4 Stunden.

Der Kläger meint nun, aus europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Richtlinie 93/104/EG vom 23.11.1993 in Verbindung mit dem EuGH-Urteil vom 03.10.2000 (Aktenzeichen C-303/98) ergebe sich, dass alle über 38,5 hinausgehenden Wochenstunden zusätzlich bezahlt werden müssten, da Arbeitsbereitschaft Arbeitszeit sei. Die Bezahlung dieser Arbeitszeit müsse mit Überstundenzuschlag erfolgen. Das Arbeitsgericht Aachen hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge wie folgt weiter:

Er beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.04.2002 - 7 Ca 5120/01 - zu verurteilen, die vom Kläger nach § 6 Abschnitt B Absatz 3 BZT-A/NRW geleisteten und zu leistenden und als Arbeitsbereitschaft gewerteten Zeiten von 15 1/4 Stunden wöchentlich in vollem Umfang als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz anzuerkennen,

2. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.04.2002 - 7 Ca 5120/01 - zu verurteilen, an den Kläger für seit dem 01.10.2000 geleistete Mehrarbeitsstunden Mehrarbeitsvergütung in Höhe von 4.008,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetztes seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung ist nicht begründet.

Wie bereits das Arbeitsgericht in erster Instanz ausgeführt hat, besteht bereits ein Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags zu 1) nicht. Im zwischen den Parteien anwendbaren Tarifvertrag ist ausdrücklich geregelt, dass der Kläger eine wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen von 46,5 Stunden zu leisten hat. Diese Arbeitszeit ist vom Arbeitnehmer geschuldet unabhängig davon, wie viel tatsächliche Arbeit in dieser Zeit anfällt. Damit haben die Tarifvertragsparteien bereits zum Ausdruck gebracht, dass die gesamte Arbeitsleistung eines Schulhausmeisters innerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt.

Die Protokollerklärung, die § 6 Absatz 3 BZT-A NRW beigefügt ist, soll den betroffenen Schulhausmeister nur erklären, warum sie statt 38,5 Stunden 46,5 Stunden arbeiten müssen, um auf die gleiche Vergütung zu kommen, wie ein anderer Angestellter, der unter den Geltungsbereich des BAT fällt und für dasselbe Geld nur 38,5 Stunden arbeiten muss.

Dabei sind die Tarifvertragsparteien frei, im Einzelnen festzulegen, welche Vergütung für welche Arbeitsleistung angemessen ist. Für Schulhausmeister haben sie festgelegt, dass der Vergütungssatz, der normalerweise nach Ableistung von 38,5 Wochenstunden verdient ist, bei einem Hausmeister erst verdient werden kann, wenn dieser 46,5 Stunden gearbeitet hat. Der Kläger muss sich letztlich damit abfinden, dass die Tarifvertragsparteien ihm eine Arbeitszeit von 46,5 Stunden ausdrücklich zumuten, gleichwohl aber der Ansicht sind, nach Ableistung dieser Zeit habe er nur soviel verdient, wie ein anderer Arbeitnehmer, der nur 38,5 Stunden arbeiten muss.

Warum dies so ist, haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung zu Absatz 3 niedergelegt. Sie gehen davon aus, dass innerhalb der 46,5 Stunden umfassenden Arbeitszeit für einen Schulhausmeister nicht unerhebliche Zeiten des Leerlaufs gegeben sind, in denen er, ohne dass dies näher kontrolliert würde, überhaupt keine Arbeit erbringt. Nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien ist es einem Schulhausmeister aufgrund der von ihm zu erfüllenden Arbeitsaufgaben möglich, während der Arbeitszeit in einem Umfang von ungefähr 7,5 Stunden wöchentlich Dinge zu tun, die andere Arbeitnehmer nur in ihrer Freizeit durchführen können. So kann er Klavierspielen, Zeitung lesen, Fernsehen schauen, oder privat im Internet surfen, er muss nur sicher stellen, diese Tätigkeiten unterbrechen und die Arbeit auf Anforderung aufzunehmen zu können.

Da sich die Tarifvertragsparteien mit der Festlegung, dass ein Schulhausmeister wöchentlich 46,5 Stunden Arbeitszeit erbringen muss, noch unterhalb der Schwelle befinden, die in Artikel 2 der Richtlinie 93/104 EG und § 3 Arbeitszeitgesetz festgelegt ist, ist die tarifliche Regelung auch im übrigen nicht zu beanstanden.

Damit ergibt sich, dass die Arbeitszeit im Sinne des Tarifvertrages, die vom Kläger zu leisten ist, auch Arbeitszeit im Sinne des § 2 Arbeitszeitgesetz ist, weshalb ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse des Klägers nicht ersichtlich ist.

Hieraus folgt auch weiterhin, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu Recht abgewiesen wurde. Zum einen besagt weder die EG-Richtlinie 93/104 etwas darüber, wie Arbeitszeit zu bezahlen ist, noch findet sich mit Ausnahme von Nachtarbeit hierzu irgendeine Regelung im Arbeitszeitgesetz. Vielmehr legen die Tarifvertragsparteien selbständig den Maßstab fest, aus dem sich ergibt, für welche Arbeitszeit welche Vergütung geschuldet ist. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung, da er nicht dargestellt hat, dass er mehr als wöchentlich 46,5 Stunden gearbeitet hat. Die innerhalb der Regelarbeitszeit von 46,5 Stunden Arbeitsleistung ist mit der Grundvergütung bereits abgegolten. Im übrigen verkennt der Kläger, dass die Zielrichtung sowohl der EG-Richtlinie als auch des Arbeitszeitgesetzes dahingeht, Arbeitnehmer vor Überforderung ihrer Gesundheit zu schützen. Nicht Regelungsinhalt ist es aber, für alle Arbeitnehmer eines Arbeitgebers einheitliche Arbeitszeitvolumina festzulegen, oder in das tarifvertraglich oder einzelvertraglich festgelegte Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung zu geschuldeter Gesamtvergütung einzugreifen. Nicht einmal dann, wenn der Kläger die von den Tarifvertragsparteien bei der Festlegung des Verhältnisses von geschuldeter Arbeitsleistung zu geschuldeter Vergütung berücksichtigten Leerlaufzeiten nicht im Sinne einer partiellen Freizeitgestaltung nutzen könnte, würde sich hieraus ein weiterer Vergütungsanspruch ergeben. Denn solange der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist es Sache der Tarifvertragsparteien, im Rahmen von Tarifverhandlungen für eine Ausgewogenheit zwischen geschuldeter Arbeitsleistung und geschuldeter Vergütung zu sorgen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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