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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.12.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 743/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 77
Keine Gleichbehandlung mit auf Grund Regelungsabrede höhergruppierter Vergleichsgruppe.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.03.2008 - Az.: 11 (20) Ca 7875/04 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insbesondere wird hinsichtlich der anwendbaren tariflichen Vorschriften des Entgelttarifvertrages sowie des Überleitungstarifvertrages auf diese Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass die Ersteingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe D durch den Überleitungstarif vorgegeben worden sei. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip liege im Vergleich zu Mitarbeitern der Arbeitsgruppe TW 12, die nach Entgeltgruppe E bezahlt werden, nicht vor, da die Arbeitsaufgaben nicht identisch seien. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung und trägt zum einen vor, dass er die Voraussetzungen der Entgeltgruppe E deshalb erfülle, weil er neben seiner im Jahr 2000 abgeschlossenen Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker eine weitere zertifizierte Ausbildung zum Qualitätsassistenten beim T absolviert habe, so dass er die Eingruppierungsvoraussetzungen der doppelten Weiterbildung im Sinne der Entgeltgruppe E erfülle. Hinsichtlich der Gleichbehandlung mit Mitarbeitern aus der Arbeitsgruppe TW 12 macht er geltend, dass die Qualifikationen für die beiden Arbeitsgruppen (TW 11 und TW 12) nahezu identisch seien. In der Zeit unmittelbar nach Inkrafttreten des neuen Entgelttarifvertrages hätten die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe TW 11 in den Randzeiten, d. h. vor dem regulären Arbeitsbeginn, nach Ende der Regelarbeitszeit sowie an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen auch die Tätigkeiten der Mitarbeiter der Gruppe TW 12 mit verrichtet.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist im Mai 2008 beendet worden.

Der Kläger stellt den Antrag,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.03.2008 - 11 (20) Ca 7875/04 - abzuändern und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen des für ihn einschlägigen Entgelttarifvertrages für die Mitarbeiter des Bodenpersonals der L C GmbH in die Vergütungsgruppe E 1 einzustufen ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 22.100,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 300,00 € beginnend mit dem 01.09.2002 bis 01.07.2004, aus jeweils 344,63 € beginnend mit dem 01.08.2004 bis 01.10.2005, aus 669,26 € seit 01.11.2005, aus 354,63 € seit 01.12.2005, aus jeweils 351,66 € seit 01.01.2006 bis 01.10.2006, auch 703,32 € seit 01.11.2006, aus jeweils 351,66 € seit 01.12.2006 bis 01.07.2007, aus jeweils 362,91 € seit 01.05. und 01.06.2007 und aus jeweils 402,63 € seit 01.07.2007 bis 01.01.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie beruft sich zunächst darauf, dass die Überleitung der Vergütungsgruppe aufgrund Überleitungstarifvertrags keinerlei Entscheidungsspielraum für die Arbeitgeberin sowie den Betriebsrat eröffnet habe. Gleichwohl sei betriebsintern für einige Arbeitsplätze Einigkeit zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat hergestellt worden, dass diese entgegen dem Überleitungstarifvertrag anzuheben seien. Hierunter fallen die Arbeitnehmer der Arbeitsgruppen TW 12 bis TW 14. Maßgeblich sei, dass diese aufgrund der unstreitig andersartigen Tätigkeit ein höheres Maß von Entscheidungen zu fällen hätten. Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe TW 11 umfasse demgegenüber hauptsächlich Routinetätigkeiten nämlich Kontrollen innerhalb vorgegebener Systeme. Dies sei der Hintergrund gewesen, weshalb mit dem Betriebsrat Einigkeit darüber hergestellt worden sei, die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe TW 12 nach der Vergütungsgruppe E zu bezahlen. Letztlich handele es sich um ein vom Überleitungstarifvertrag losgelöstes betriebsinternes Vergütungssystem. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, da sich die Tätigkeiten, wie unstreitig ist, unterscheiden. Die Ansicht des Klägers, dass die Tätigkeiten gleichgewichtig seien, teile die Beklagte und der Betriebsrat eben nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Dem Kläger steht keine Vergütung nach Vergütungsgruppe E des Entgelttarifvertrages Nr. 1 für die Mitarbeiter des Bodenpersonals der L C GmbH zu. Aufgrund des Überleitungstarifvertrages, der für jeden einzelnen Arbeitsplatz die Zuordnung der bisherigen Vergütungsgruppe zur Eingruppierung in den neuen Tarifvertrag regelte ergab sich eine Überleitung des Klägers lediglich in die Vergütungsgruppe D Stufe 1.

Auch durch die vom Kläger zwischenzeitlich erworbene Weiterbildung zum Qualitätsassistenten ergibt sich kein höherer Vergütungsanspruch. Dies ist unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger nicht mitgeteilt hat, ab welchem Datum genau er die Weiterbildung abgeschlossen hatte. Denn die tarifliche Eingruppierung setzt voraus, dass die für die Eingruppierung maßgebliche Aus- und Weiterbildung zur Durchführung der übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Der Kläger hat insoweit weder dargestellt, welche Kenntnisse und Fähigkeiten mit der Ausbildung zum Qualitätsassistenten verbunden sind noch, dass diese für die ihm konkret übertragene Tätigkeit eingesetzt werden müssen. Damit bleibt es dabei, dass, solange sich die Arbeitsinhalte nicht ändern, grundsätzlich durch den Überleitungstarifvertrag festgelegt ist, welche Tätigkeit welcher tariflichen Eingruppierung entspricht.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Mitarbeitern der Arbeitsgruppe TW 12 zu. Für Mitarbeiter dieser Arbeitsgruppe ergibt sich die Bezahlung nach Vergütungsgruppe E lediglich aufgrund der zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat getroffenen Neubewertung der Arbeitsplätze. Arbeitgeber und Betriebsrat haben damit einvernehmlich für diese Arbeitsplätze ein betriebsinternes freiwilliges Vergütungssystem geschaffen, welches über den Überleitungstarifvertrag hinaus geht. Maßgeblich für die Anhebung der Vergütung auf einzelnen Arbeitsplätzen war dabei nicht das nach dem Tarifvertrag für die Eingruppierung maßgebliche Kriterium der Kenntnisse und des Ausbildungsstandes, sondern das Maß der Entscheidungsdichte und Entscheidungsqualität. Die innerbetriebliche Bewertung dieses Merkmals, um einzelnen Arbeitsplätzen eine bessere Vergütung zuzuordnen, als sie nach dem Tarifvertrag vorgesehen war, stand dem Betriebsrat im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber frei. Der Kläger mag seine Tätigkeit als gleich wertvoll ansehen, inhaltlich gleich ist sie, wie unstreitig geblieben ist, jedoch nicht.

Die gleiche Vergütung wie Mitarbeitern der Arbeitsgruppe TW 12 stünde dem Kläger deshalb nur dann zu, wenn er nachweisen könnte, dass er zu mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Tätigkeiten verrichtet, die von der Arbeitsgruppe TW 12 regelmäßig erbracht werden. Die Darlegung, dass er in den Randzeiten, also vor oder nach der regelmäßigen Arbeitszeit Tätigkeit verrichtet, die grundsätzlich der Arbeitsgruppe TW 12 zugeordnet sind, ist nicht geeignet überprüfen zu können, ob er mehr als die Hälfte aller seiner Arbeitsstunden mit Tätigkeiten der Arbeitsgruppe TW 12 eingesetzt ist. Dass er tatsächlich in der Lage ist, die Tätigkeiten, die Arbeitnehmer der Arbeitsgruppe TW 12 verrichten, auch zu erbringen, führt demgegenüber nicht dazu, dass ihm dieselbe Vergütung wie denjenigen Mitarbeitern zusteht, die mit mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe TW 12 tatsächlich ausüben.

Ein Anspruch des Klägers auf die höhere Vergütung ergibt sich auch nicht daraus, dass Arbeitgeberin und Betriebsrat gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG gehindert sind, in Betriebsvereinbarungen bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, wenn diese bereits tarifvertraglich geregelt sind. Es kann dahinstehen, ob im Falle eines solchen Verstoßes gegen § 77 BetrVG der Kläger für sich eine Gleichbehandlung im Unrecht mit den bessergestellten Mitarbeitern der TW 12 verlangen könnte. Denn zum einen handelt es sich bei der Abmachung der höherwertigen Eingruppierung zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat mangels Einhaltung der Schriftform allenfalls um eine Regelungsabrede, für die nach allgemeiner Ansicht § 77 Abs. 3 BetrVG keine Sperrwirkung erzeugt (Fitting BetrVG 24. Aufl. § 77 Rdnr. 102). Zudem beurteilt sich die Besserstellung der Arbeitsgruppe TW 12 nach dem Merkmal der Entscheidungsqualität, welches nach dem Tarifvertrag nicht für die Eingruppierung maßgeblich ist. Letztlich ist die Vergütungsdifferenz damit als Zulage für das Vorliegen von besonderen Entscheidungsvorgängen zu qualifizieren, die die Tätigkeit der Vergleichsgruppe aus den Tätigkeiten anderer Mitarbeiter mit gleichen Ausbildungserfordernissen heraushebt. Dies führt selbst dann zur berechtigten Differenzierung, wenn man die Rechtsgrundlage der Besserstellung lediglich in einer ebenfalls zulässigen Allgemeinzusage der Arbeitgeberin sehen würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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