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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 21.02.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 991/04
Rechtsgebiete: MTV Cockpit Lufthansa
Vorschriften:
MTV Cockpit Lufthansa § 13 | |
MTV Cockpit Lufthansa § 20 | |
MTV Cockpit Lufthansa § 5 | |
MTV Cockpit Lufthansa § 9 |
2. Die Regelung, dass vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit als Arbeitsunfähigkeit gilt, ist nur deklaratorisch. Unter Zugrundelegung der arbeitsrechtlichen Definitionen ist ein Flugzeugführer, der wegen einer körperlichen Normabweichung nicht mehr in der Lage ist, ein Verkehrsflugzeug zu führen, arbeitsunfähig.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.02.2004 - 3 Ca 6144/02 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war seit Mai 1971 bis zum 31.12.2001 bei der Beklagten als Pilot angestellt. Er macht restliche Zahlungsansprüche geltend, die auf zwei verschiedenen Sachverhaltskomplexen beruhen.
Zum einen begehrt der Kläger eine erhöhte Lohnfortzahlung in Höhe von 2.989,50 €. Sowohl im Juni als auch im August des Jahres 2000 war der Kläger einige Tage mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung erkrankt. Der zu diesem Zeitpunkt auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag (Manteltarifvertrag NR. 5 für das Cockpitpersonal gültig ab 01.04.1996) regelt in § 5 Abs. 1 die Aufteilung der Vergütung in verschiedene Vergütungsbestandteile. Einer dieser Vergütungsbestandteile ist die Mehrflugstundenvergütung, die im maßgeblichen Zeitraum dann gezahlt wurde, wenn im Kalendermonat mehr als 73 Flugstunden angefallen sind. § 13 desselben Tarifvertrages regelt in Absatz 2 die Berechnung der Höhe der Krankenbezüge im Falle der Entgeltfortzahlung. Danach werden aus § 5 die Vergütungsbestandteile a, b, d und f weiter gezahlt nicht jedoch die Mehrflugstundenvergütung. Der Tarifvertrag sieht auch nicht vor, dass für die aufgrund Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Arbeitstage ein hypothetischer Anteil an Mehrflugstunden den tatsächlich geleisteten Mehrflugstunden zugerechnet wird.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass ihm diejenigen Flugstunden zu den in den fraglichen Monat tatsächlich geleisteten Flugstunden hinzu addiert werden müssen, die aufgrund seiner Erkrankung als tatsächliche Flugstunden für ihn ausgefallen seien, zu denen er aber ursprünglich eingeteilt gewesen sei. Unter Hinzuaddierung dieser Zeiten hätte der Kläger im Juni 2000 die Mehrflugstundenobergrenze um 10,21 und im August 2000 diese Grenze um 3,99 Stunden überschritten.
Einen weiteren Zahlungsanspruch macht der Kläger für die Zeit vom 09.04.2001 bis zum 14.11.2001 geltend. Der Kläger war zunächst ab dem 15.02.2001 arbeitsunfähig. Die Beklagte gewährte ihm bis zum 28.03.2001 Lohnfortzahlung. Danach gewährte sie ihm Krankenbezüge vom 29.03.2001 bis zum 14.11.2001. Diese errechnen sich nach § 13 des MTV Cockpit gültig ab 01.01.2001. Wegen der langen Beschäftigungsdauer hat der Kläger Anspruch auf 39 Wochen Zuschuss zum Krankengeld. Dieser Zuschuss errechnet sich nach § 13 Abs. 3 des MTV Cockpit, in dem zunächst die für die Lohnfortzahlung bis zur Dauer von 6 Wochen zugrunde zulegenden Bezüge (nach diesem Tarifvertrag die Bezüge aus § 5 Abs. 1 a, b, e = Monatsvergütung einschließlich Schichtzulage, FFO Zulage und weitere Zulagen) ermittelt werden. Hiervon werden die gesetzlichen Abzüge und das gesetzliche Krankengeld abgezogen. Diese gilt unabhängig davon, ob ein Arbeitnehmer tatsächlich Krankengeld bezieht, weil er in einer gesetzlichen Krankenkasse kranken-versicherungspflichtig ist oder wegen Überschreitung der Bemessungsgrenzen ausschließlich eine freiwillige Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hat. Auf diesen Betrag werden die gesetzlichen Steuern addiert, sodass der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Krankengeldes hinsichtlich seiner Nettovergütung bis zu 39 Wochen lang in Höhe der Entgelt-fortzahlungsverpflichtung für die ersten 6 Wochen der Erkrankung abgesichert bleibt.
Ab dem 09.04.2001 wurde der Kläger für dauernd flugdienstuntauglich befunden. Die Gründe hierfür hat der Kläger nicht mitgeteilt. Er hat der Beklagten allerdings angeboten, für andere Arbeitstätigkeiten einsetzbar zu sein.
Nach § 20 des MTV Cockpit endet das Arbeitsverhältnis bei dauernder Flugdienstuntauglichkeit nach Ablauf der ansonsten anwendbaren Kündigungsfrist. § 20 Abs. 1 c des Tarifvertrages sieht in diesem Fall folgende Vergütungsregelung vor: Dem Mitarbeiter steht von dem Tage an, an dem die dauernde Flugdienstuntauglichkeit festgestellt wird, die Grundvergütung (§ 5 Abs. 1 a) zu, soweit er nicht gemäß § 13 Krankenbezüge beanspruchen kann. Für die Zeit vom 15.11.2001, nach Ablauf der 39-wöchigen Frist für den Krankengeldzuschuss erhielt der Kläger bis zum 31.12.2001 diese Übergangsvergütung. Da hierauf ein hypothetisches oder tatsächlich gezahltes Krankengeld nach dem Wortlaut des Tarifvertrages keine Anrechnung findet, ist diese Vergütung für den Kläger höher als die Vergütung während der Zeit des Zuschusses nach § 13 MTV.
Der Kläger schließt aus § 13 Abs. 10 MTV, dass die Flugdienstuntauglichkeit nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen ist und begehrt deshalb für die gesamte Zeit ab 09.04.2001 die anrechnungsfreie Bezahlung nach § 20 MTV. Er hat hierzu behauptet, eine Arbeitsunfähigkeit sei nicht bescheinigt worden Flugdienstuntauglichkeit und Arbeitsunfähigkeit seien verschiedene Begriffe, was sich bereits daraus ergebe, dass die vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit nach § 13 Abs. 10 MTV nur als Arbeitsunfähigkeit gelte. Dort heißt es weiter:
"Vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit steht einer Urlaubsgewährung nicht entgegen, wenn gleichzeitig Arbeitsfähigkeit besteht."
§ 13 Abs. 11 MTV lautet:
"Wird bei bestehender Flugdienstuntauglichkeit durch ärztliche Feststellung gleichzeitig Arbeitsfähigkeit bescheinigt, bleibt der Mitarbeiter zur Verrichtung anderer zumutbarer Arbeiten gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung verpflichtet; die Höhe dieser Vergütung muss netto mindestens den Krankenbezügen entsprechen."
Abs. 12:
"Wird während der vorübergehenden Flugdienstuntauglichkeit durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit befristet auf einen Zeitraum von längstens 3 Jahren festgestellt, so ruht das Arbeitsverhältnis ab dem im Bescheid genannten Zeitpunkt der Feststellung."
Der Kläger vertritt weiter die Ansicht, dass ein Nachweis der Arbeitsfähigkeit nicht von ihm verlangt werden könne. Von seiner privaten Krankenversicherung habe er auch nur aus Kulanzgründen für 3 Monate Krankengeld bezogen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung beantragt der Kläger,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.02.2004 - 3 Ca 6144/02 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 46.686,47 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der begehrten Mehrstundenvergütung zur Entgeltfortzahlung vertritt sie die Ansicht, dass die Herausnahme dieses Vergütungsanteils den tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten entspreche, die § 4 Abs. 4 Entgeltfortzahlungsgesetz ermöglicht. Letztlich handele es sich um eine Erschwerniszulage, die erst dann gezahlt werde, wenn die Erschwernis im konkreten Monat eingetreten sei.
Hinsichtlich der Vergütung für die Zeit der dauernden Flugdienstuntauglichkeit vertritt die Beklagte die Ansicht, dass sich aus der dauernden Flugdienstuntauglichkeit ergebe, dass der Kläger für die konkret von ihm geschuldete Arbeit als Pilot arbeitsunfähig gewesen sei. Der Kläger habe seine Arbeitsfähigkeit zumindest durch ärztliches Attest nachweisen müssen. Zudem erfasse § 13 Abs. 11 sowohl vorübergehende als auch dauernde Flugdienstuntauglichkeit, woraus zwingend folge, dass die Arbeitsfähigkeit durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden müsse. Der Fiktion des § 13 Abs. 10, 1. Satz (vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit gilt als Arbeitsunfähigkeit) sei keine besondere Bedeutung beizumessen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten insbesondere der geäußerten Rechtsansichten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerechte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
1. Die Regelung der Tarifvertragsparteien, im Manteltarifvertrag Nr. 5 für das Cockpitspersonal gültig ab 01.04.1996 in § 13 Abs. 2 die Mehrflugstundenvergütung von der Lohnfortzahlung auszunehmen, ist durch § 4 Abs. 4 Entgeltfortzahlungsgesetz gerechtfertigt. Dies hat das BAG in der Entscheidung vom 13.03.2002 - 5 AZR 648/00 - (NZA 2002, S. 744) für den Fall der Herausnahme von Nachtschichtzuschlägen aus der Berechnungsgrundlage entschieden. Danach kann abgesehen von § 4 Abs. 4 von den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (§ 12 Entgeltfortzahlungsgesetz). § 4 Abs. 4 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz erlaubt jedoch die Festlegung einer von den Absätzen 1, 1 a und 3 abweichenden Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgeltes durch Tarifvertrag.
Eine abweichend festgelegte Bemessungsgrundlage ist auch dann gegeben, wenn von den Tarifvertragsparteien Umfang und Bestandteile des zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts bestimmt werden. Solange die Grundvergütung und im vorliegenden Fall die weiteren Zuschläge mit Ausnahme der Mehrflugstundenvergütung in vollem Umfang in die Entgeltfortzahlung einbezogen wird, ist von dem Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz nicht unzulässig abgewichen worden. Dies folgt insbesondere auch daraus, dass die Mehrflugstundenvergütung letztlich dem Ausgleich einer besonderen Arbeitsbelastung dient (Urteil des BAG vom 05.11.2003 - 5 AZR 8/03 - ). Diese besondere Arbeitsbelastung wird von den Tarifvertragsparteien offensichtlich erst dann gesehen, wenn eine bestimmte Anzahl von tatsächlich im Monat geleisteten Flugstunden überschritten wird. Die Tarifvertragsparteien sind nicht gezwungen, diese besondere Belastung bereits anzuerkennen, wenn sie pro rata temporis angefallen ist, also beispielsweise bei einem Einsatz nur in einem halben Monat die Mehrflugstundengrenze zu halbieren und statt bei 73 Stunden bei 36,5 Stunden anzusetzen. Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 26.11.2003 (4 AZR 693/02) auch entschieden, dass die Anrechnungsvorschrift in § 9 MTV keine Verpflichtung begründet, in jedem Fall des Ausfalls von Arbeitstagen eine Gutschrift der Mehrflugstunden vorzusehen.
Insoweit waren die Tarifvertragsparteien auch frei, für ausgefallene Tage aufgrund Urlaubs eine Gutschrift von Mehrflugstunden vorzusehen, dies aber bei Arbeitsunfähigkeit nicht vorzusehen. Insbesondere rechtfertigt sich die Regelung der Gutschrift der Mehrflugstunden wegen Urlaubs dadurch, dass sie einerseits als eine Art zusätzlicher Urlaubsvergütung gewertet werden kann und andererseits alle Piloten gleichmäßig betrifft, da allen in gleichem Maße ein Urlaubsanspruch zusteht. Demgegenüber ist der Fall der Arbeitsunfähigkeit außerhalb der regulären und steuerbaren/berechenbaren Kosten des Arbeitsverhältnisses angesetzt. Damit ergibt sich weder, dass die Beklagte verpflichtet wäre, dem Kläger hypothetische Flugstunden, wie sie nach dem ursprünglichen Dienstplan für ihn vorgesehen waren in den beiden Monaten Juni und August 2000 gutschreiben müsste, noch dass die Beklagte dem Kläger eine durchschnittliche Flugstundenzahl (analog § 9 MTV) pro ausgefallenem Arbeitstag gutschreiben müsste.
2. Dem Kläger steht auch nicht die begehrte Vergütung für die Zeit der dauernden Flugdienstuntauglichkeit vom 09.04.2001 bis zum 15.11.2001 zu. Dabei kann es dahinstehen, ob die Regelung des § 13 Abs. 10 des MTV Cockpit mit Gültigkeit ab 01.01.2001 tatsächlich nur dahingehend auszulegen ist, dass nur die ausdrücklich genannte vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit als Arbeitsunfähigkeit gilt oder ob es sich um eine ungenaue Formulierung der Tarifvertragsparteien handelt, die die dauernde Flugdienstuntauglichkeit von dieser Fiktion nicht ausschließt. Für Letzteres könnte zunächst sprechen, dass in § 13 Abs. 10 die vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit genannt ist, während § 13 Abs. 11 nicht zwischen vorübergehender oder dauernder Flugdienstuntauglichkeit unterscheidet. Zudem könnte hierfür sprechen, dass die Tarifvertragsparteien sich möglicherweise eines Abgrenzungserfordernisses nicht bewusst waren, da bei dauernder Flugdienstuntauglichkeit das Arbeitsverhältnis ohnehin nach § 20 MTV sehr schnell, nämlich mit der regelmäßigen Kündigungsfrist endet. Weiterhin könnte dafür, dass die Tarifvertragsparteien in die Regelungen des § 13 auch die dauernde Flugdienstuntauglichkeit mit aufnehmen wollten sprechen, dass die in § 20 MTV geregelte vorrangige Ausschöpfung der Bezüge nach § 13 grundsätzlich eine Besserstellung der Arbeitnehmer bedeutet. Denn solange Krankenbezüge nach § 13 gezahlt werden, steht der Arbeitnehmer sich unter Berücksichtigung des Krankengeldes in seiner Nettovergütung besser als bei der ausschließlichen Bezahlung der Grundvergütung nach § 20.
Eine Entscheidung kann jedoch dahinstehen, denn die in § 13 Abs. 10 geregelte Fiktion, wonach die vorübergehende Flugdienstuntauglichkeit als Arbeitsunfähigkeit gilt, ist letztlich nur deklaratorisch. Arbeitsunfähigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne ist dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer nicht fähig ist seiner geschuldeten Erwerbstätigkeit nachzugehen, also seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen. Entgeltfortzahlung setzt darüber hinaus voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit auf Krankheit beruht. Ein Pilot, der Flugdienstuntauglich ist, ist damit ohnehin immer auch arbeitsunfähig, denn er kann die geschuldete Leistung "Führen eines Verkehrsflugzeugs" auf Grund eines regelwidrigen körperlichen Zustands nicht erbringen. Dies folgt daraus, dass der Begriff der Arbeitsunfähigkeit jeweils nach der geschuldeten Leistung zu beurteilen ist. Ein Pianist mit einer Nagelbettentzündung am Finger kann außer Stande sein ein Konzert zu geben und ist damit arbeitsunfähig. Ein Lehrer kann mit dem gleichen Symptom jedoch Unterricht erteilen.
Von dieser Definition zu unterscheiden ist die Frage, ob in jedem Fall der Arbeitsunfähigkeit auch Entgeltfortzahlungen zu leisten ist. Nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz muss die Arbeitsunfähigkeit in Folge Krankheit eingetreten sein. Sinnvollerweise hätten die Tarifvertragsparteien deshalb zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Flugdienstuntauglichkeit stets als durch Krankheit verursacht ansehen wollen. Auch dies hätte allerdings lediglich klarstellende Funktion gehabt. Denn unter Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch im Sinne des § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand zu verstehen, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Krankheit im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts ist damit nicht identisch mit dem Krankheitsbegriff des allgemeinen Sprachgebrauchs. Damit ergibt sich, dass bei Piloten bereits aufgrund ihres Berufes ein bestimmter körperlicher "Idealzustand" geschuldet ist, um die Arbeitsleistung überhaupt erbringen zu können. Abweichungen hiervon z. B. nicht korrigierbare Fehlsichtigkeit stellen damit gleichzeitig auch einen regelwidrigen körperlichen Zustand dar, der die Arbeitsunfähigkeit herbeiführt. Umgekehrt führt auch in vielen Fällen eine schwere Erkrankung (bspw. Diabetes) nicht in jedem Beruf zwingend zur Arbeitsunfähigkeit. Danach ergibt sich letztendlich, dass aufgrund der festgestellten Flugdienstuntauglichkeit auch feststeht, dass der Kläger aufgrund eines regelwidrigen körperlichen Zustandes nicht in der Lage war die individuell geschuldete Arbeitsleistung als Pilot zu erbringen. Denn sein körperlicher Zustand war nicht so, wie es für eine Pilotentätigkeit erforderlich, war sondern hiervon abweichend.
Die Regelungen in § 13 Abs. 10 und 11 des MTV Cockpit weisen damit darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff "Arbeitsfähigkeit" in dem konkreten Zusammenhang eine andere Bedeutung beigelegt haben, als die besondere oben dargestellte arbeitsrechtliche Definition. Denn das Arbeitsrecht kennt den Begriff der teilweisen Arbeitsfähigkeit nicht. Ist die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht möglich, so muss der Arbeitnehmer nicht die verbliebene oder eingeschränkte Arbeitskraft für eine andere als die geschuldete Arbeitsleistung anbieten oder zur Verfügung stellen. Gerade dies wollten die Tarifvertragsparteien allerdings möglich machen, indem sie für den Fall einer Fähigkeit zu Tätigkeiten außerhalb der geschuldeten Pilotenarbeitsleistung ein besonderes Direktionsrecht für die Arbeitgeberin eröffneten. Soweit der Arbeitnehmer also für grundsätzlich nicht geschuldete Tätigkeiten körperlich in der Lage war und damit bei einem anderen Berufsbild "arbeitsfähig" gewesen wäre, war der Arbeitgeberin ein besonderes erweitertes Direktionsrecht eingeräumt. Gleiches galt für die Möglichkeit Urlaub abzuwickeln mit der Folge, dass für diese Zeiträume eine höhere, verbesserte Vergütungsgrundlage gegeben war und die Arbeitgeberin vom Entgeltfortzahlungsrisiko entlastet werden konnte. Denn der Beruf des Piloten ist wegen dem besonderen Maß an körperlicher Fitness und der Tatsache, dass bereits geringe Abweichungen vom körperliche Regelzustand die Arbeitsunfähigkeit herbeiführen in besonderem Maße von der finanziellen Belastung mit Entgeltfortzahlungskosten bedroht.
Die tarifliche Regelung in § 13 Abs. 10 ist damit nach Ansicht der erkennenden Kammer nicht geeignet die Annahme zu rechtfertigen, bei dauernder Flugunfähigkeit sei stets Arbeitsfähigkeit gegeben und damit eine Vergütungszahlung nach § 13 MTV, die derjenige nach § 20 MTV vorgeht, bei dauernder Flugdienstuntauglichkeit ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Da der Rechtsstreit auf der Auslegung von tarifvertraglichen Vorschriften beruht, die bezirksübergreifend Anwendung finden, wurde die Revision zugelassen.
Ende der Entscheidung
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