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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.09.2004
Aktenzeichen: 2 TaBV 1/04
Rechtsgebiete: PostPersRG, BetrVG


Vorschriften:

PostPersRG § 24
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 95
Die Verteilung von Planstellen auf die einzelnen Betriebe der Post AG, die zur Beförderung von Beamten zur Verfügung gestellt werden, ist nicht mitbestimmt. Auch wenn die Arbeitgeberin die Zuweisung der Planstellen an die Betriebe nach von ihr aufgestellten Kriterien vornimmt, handelt es sich nicht um von ihr geschaffene Entgeltstrukturen, sondern um Vorgaben hinsichtlich der nicht mitbestimmten Personalstruktur.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 TaBV 1/04

Verkündet am 06. September 2004

In dem Beschlussverfahren

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Anhörung vom 06.09.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Olesch als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Frenking und Behrendt

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 17.09.2003 - 5 BV 58/03 - abgeändert:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Antragsteller ist der Gesamtbetriebsrat bei der D P AG, die in 167 Betrieben, die vom Zuständigkeitsbereich des Gesamtbetriebsrats umfasst sind, neben Arbeitern und Angestellten eine große Zahl von Beamten beschäftigt. Insgesamt beträgt der Beschäftigtenstand ca. 225.000 Beschäftigte, hiervon ca. 75.000 Beamtinnen und Beamte.

Die bei der D P AG beschäftigten Beamten sind unmittelbare Bundesbeamte (§ 2 Abs. 3 PostPersRG). Für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes gelten diese Beamten als Arbeitnehmer (§ 24 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG). In Personalangelegenheiten der Beamten ist die spezielle Beteiligungsregelung der §§ 28, 29 PostPersRG in Verbindung mit den dort erwähnten Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes anwendbar.

Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bei der Festlegung der Kriterien für die Zuweisung der Planstellen an die einzelnen Betriebe mit Ausnahme der Zuweisung der Planstellen an die Zentrale. Die Planstellen für die Beamtinnen und Beamten werden von der Antragsgegnerin nach Genehmigung des Stellenplans durch das Bundesministerium für Finanzen und nach Anhörung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation den einzelnen Betrieben zugewiesen. Die Zuweisung erfolgt in halbjährlichen Abständen. Für das Jahr 2003 umfasste die Anzahl aller Planstellen 76.380. Für das Jahr 2004 sind lediglich noch 73.843 Planstellen vorgesehen, so dass insgesamt 2.537 Planstellen abgebaut werden. Der Abbau dieser Planstellen verteilt sich allerdings nicht auf alle Besoldungsgruppen gleichmäßig, vielmehr ergibt sich auch für das Jahr 2004 ein Planstellenzuwachs zumindest in den Besoldungsgruppen A 16 plus Z, A 15, A 13 vz und A 12.

Die Arbeitgeberin ist bei der Zuweisung von Planstellen zu einzelnen Betrieben in der Vergangenheit zunächst so vorgegangen, dass diejenigen Planstellen, in die ein Beamter bereits eingewiesen war, streitlos den Betrieben zugeordnet wurden, in denen jeweils die Arbeitsposten angesiedelt waren, die von den Beamten ausgefüllt wurden. Darüber hinaus wurden in der Vergangenheit in den Betrieben durch die Betriebsleiter Formblätter ausgefüllt, auf Grund deren die einzelnen Betriebe Planstellen für zur Beförderung anstehende Beamte anfordern konnten. Den Betriebsleitern wurde mitgeteilt, dass der einzelne Betrieb Planstellen für solche Beamten anfordern kann, die zu einem vorgegebenen Stichtag alle Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllen, dienstlich und persönlich für eine Beförderung voll geeignet sind, die laufbahnrechtliche Erprobungszeit hinter sich gebracht haben und denen ein höherwertiger Arbeitsplatz bereits förmlich übertragen war. Nach dieser Vorabfrage wurden die zur Verfügung stehenden noch unbesetzten Planstellen sodann auf die einzelnen Betriebe ohne Beteiligung des Gesamtbetriebsrates verteilt.

In den Betrieben der Arbeitgeberin ist eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Ausschreibung und Vergabe von Arbeitsposten" anwendbar, die die Mitbestimmungsrechte bei der Vergabe des Arbeitspostens abschließend regelt. Insoweit ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass es vorliegend nicht um Mitbestimmungsrechte aus dem Fragenkomplex, welche natürliche Person welche Arbeitsaufgaben verrichtet, geht. Nicht streitig ist auch, dass der Abstand der einzelnen Besoldungsgruppen zueinander durch das Bundesbesoldungsgesetz geregelt ist, ebenso wie die Zuordnung einzelner Funktionen zu den verschiedenen Besoldungsgruppen nicht streitig ist.

Der Antragsteller vertritt die Ansicht, dass sich ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ergebe, da sich mittelbar die Lohnstruktur eines Betriebes dadurch kennzeichne, in welchem Verhältnis die Anzahl der Beförderungsstellen zu den der Ausgangsvergütungsgruppen steht. Zudem sei die Verteilung der Planstellen auf die Betriebe mittelbar inhaltlich auch einer Auswahlrichtlinie nach § 95 gleichzustellen, die deshalb mitbestimmt sei.

Demgegenüber vertritt die Arbeitgeberin die Ansicht, dass die Entscheidung darüber, welchem Betrieb welche Anzahl von (freien) Beförderungsstellen zugeordnet werde, eine Frage der nicht mitbestimmten Betriebsstruktur darstelle. Im Übrigen sei die Frage der Beamtenbesoldung umfassend gesetzlich geregelt. So ergebe sich die Zuordnung der Funktionen zu den einzelnen Besoldungsgruppen aus § 18 BBesG, das Grundgehalt des Beamten folge aus § 19 BBesG und ergebe sich aus dem verliehenen Amt. Aus § 25 BBesG ergebe sich, dass ein Beförderungsamt nur dann eingerichtet werden dürfe, wenn sich dieses nach seiner Funktion deutlich von dem Eingangsamt abhebe. Hinsichtlich der konkreten Beförderung einer einzelnen Person bestehe ohnehin Einigkeit, dass diese nach den Grundsätzen der Bestenauslese vorzunehmen sei, welche bereits gesetzlich und grundgesetzlich vorgeschrieben ist.

Wie in der letzten mündlichen Verhandlung auch von Seiten des Gesamtbetriebsrates eingeräumt wurde, kann sich auf eine einem Betrieb zugewiesene noch nicht besetzte Planstelle jeder Beamte bewerben, auch soweit er nicht dem Betrieb angehört, dem die Planstelle zugewiesen wurde.

Das Arbeitsgericht Bonn hat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 für gegeben angesehen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass in der Abfrage bei den einzelnen Betrieben, welche Planstellen für beförderungsfähige Beamte benötigt würden, Kriterien aufgestellt worden seien, die einen abstrakten Rahmen für die Bildung von Besoldungs- und Beförderungsmodalitäten schafften. Diese sei Grundlage für die innerbetriebliche Lohngestaltung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Der Beschluss vom 17.09.2003 wurde der Arbeitgeberin am 08.01.2004 zugestellt. Sie legte hiergegen am 19.01.2004 Beschwerde ein und begründete sie nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 19.03.2004 am 18.03.2004.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 17.09.2003 - 5 BV 68/03 - aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,

nach Beschränkung seines Feststellungsbegehrens auf die Mitbestimmung bei der Verteilung von Planstellen, soweit nicht bereits die Zuweisung an einzelne Betriebe im Stellenplan selbst erfolgt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Auf die zulässige und fristgerechte Beschwerde der Arbeitgeberin war der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn aufzuheben und der Feststellungsantrag auch in der zuletzt beantragten Fassung zurückzuweisen.

Dem Gesamtbetriebsrat steht das begehrte Mitbestimmungsrecht nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Verbindung mit § 50 BetrVG, § 24 PostPersG zu.

Die Zuordnung von Planstellen zu einzelnen Betrieben stellt keine Frage der betrieblichen Lohngestaltung dar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll die Beteiligung des Betriebsrats in Fragen der Lohngestaltung die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmens orientierten Lohngestaltung schützen. Es geht um die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges. Die Mitbestimmung des Betriebsrats soll die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit gewährleisten (vgl. dazu etwa BAG - 1 ABR 4/99 - vom 29.02.2000, NZA 2000, S. 1066).

Bereits auf der Grundlage dieser Voraussetzungen erscheint ein Mitbestimmungsrecht deshalb zweifelhaft, weil es dem Gesamtbetriebsrat gerade nicht um die innerhalb eines jeweiligen Betriebes vorliegende Lohngerechtigkeit geht, sondern um Verteilungsfragen zwischen einzelnen Betrieben. Insoweit ist die Frage, welche Planstellen welchem Betrieb zugeordnet werden, eher vergleichbar mit der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, welchem Betrieb welcher zur Verteilung stehende "Topf" an Vergütung zugeordnet wird. Bei der Festlegung des Dotierungsrahmens ist der Arbeitgeber unzweifelhaft frei. Eine überbetriebliche Lohngerechtigkeit sieht das Betriebsverfassungsgesetz in § 87 Abs. 1 Nr. 10 nicht vor. Insbesondere ergibt sich auch keine Verpflichtung eines Arbeitgebers, Vergütungsgefüge zwischen einzelnen Betrieben aus Gleichbehandlungsgründen gleichartig auszugestalten. Allein aus diesem Gesichtspunkt könnte das Mitbestimmungsrecht, welches vorliegend ausschließlich der Gesamtbetriebsrat für sich in Anspruch nimmt, bereits zu verneinen sein. Denn es geht nicht um die Verteilung innerhalb eines Betriebes sondern zwischen Betrieben.

Die erkennende Kammer stützt ihre Entscheidung aber auch darauf, dass die Festlegung, welche betriebliche Hierarchieebene in welchem Betrieb mit wie viel Planstellen ausgestattet wird, zu den nicht mitbestimmten Regelungsgegenständen der unternehmerischen Freiheit gehört. Denn durch die Zuordnung von Planstellen zu einzelnen Betrieben bestimmt die Arbeitgeberin, mit welcher Anzahl von Beförderungsstellen die betrieblichen Aufgaben im einzelnen Betrieb durchgeführt und erledigt werden sollen.

Die Einteilung eines Betriebes in Hierarchieebenen, die Festlegung des Verhältnisses von Vorgesetzten zu nachgeordneten Mitarbeitern und damit letztendlich auch die konkrete Ausgestaltung des Stellenkegels im einzelnen Betrieb ist eine Frage der Personalstruktur und keine Frage der Entgeltstruktur des einzelnen Betriebes.

Zudem ist die Möglichkeit eines einzelnen Beamten, eine bestimmte Beförderungsstelle zu besetzen unabhängig davon, welchem Betrieb diese Planstelle zugewiesen wird. Denn jeder Beamte kann sich auf eine freie Planstelle auch in anderen Betrieben bewerben. Da die Auswahl des Beamten, der die Planstelle erhält, zwischen den Parteien gerade nicht im Streit ist, sondern letztendlich nach Eignung und Leistung im Rahmen der grundgesetzlichen Vorgaben erfolgen muss, beeinflusst die Zuweisung der Planstellen zu den einzelnen Betrieben allenfalls die faktische Möglichkeit der Kenntnisnahme von vorhandenen Beförderungsstellen. Dies wiederum ist eine Frage der Ausschreibung, die vorliegend ebenfalls nicht streitgegenständlich ist. Auch der mittelbare Nachteil, dass ein Beamter, um eine Beförderungsstelle zu erhalten ggf. den Betrieb wechseln muss, ist keine Regelung der Entgeltgerechtigkeit des einzelnen Betriebes.

Auch die Tatsache, dass die Arbeitgeberin ggf. ihre Betriebsstrukturen, die durch die Verteilung der Planstellen auf die einzelnen Betriebe gekennzeichnet sind, nach allgemeinen Kriterien gleichmäßig gestaltet führt nicht dazu, dass insoweit ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG entsteht. Denn auch die Entscheidung eines Arbeitgebers, auf je fünf Arbeiter an einer Maschine einen Vorarbeiterarbeitsplatz einzurichten, unterliegt nicht der Mitbestimmung. Zwar wird auch hierdurch mittelbar das Gehaltsgefüge des Betriebes strukturiert, indem nach abstrakten Kriterien das Verhältnis der Anzahl von Arbeitsplätzen mit geringerer Vergütung zu Arbeitsplätzen mit höherer Vergütung festgelegt wird. Gleichwohl handelt es sich um eine Frage der Arbeitsplatzstruktur und nicht der Vergütungsstruktur. Dementsprechend ist auch die Zugrundelegung von allgemeinen Kriterien bei der Planung, welche Stellen für welche Betriebe angefordert werden sollen und wie tatsächlich bewilligte Stellen später auf die Betriebe verteilt werden sollen, keine Frage eines Entlohnungsgrundsatzes, sondern eines Strukturgrundsatzes.

Ein Mitbestimmungsrecht folgt auch nicht aus § 95 BetrVG. Insoweit folgt das Landesarbeitsgericht der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.12.2002 - 1 ABR 27/01 -.

Danach sind Auswahlrichtlinien Grundsätze, die zu berücksichtigen sind, wenn bei beabsichtigten personellen Einzelmaßnahmen, für die mehrere Arbeitnehmer oder Bewerber infrage kommen, zu entscheiden ist, welchem gegenüber sie vorgenommen werden sollen. Sinn und Zweck von Auswahlrichtlinien ist es festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die betreffende personelle Einzelmaßnahme erfolgen soll, um die jeweilige Personalentscheidung zu versachlichen und für die Betroffenen durchschaubar zu machen. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er und nicht ein anderer von einer ihn belastenden Personalmaßnahme betroffen wird oder warum eine günstige Maßnahme nicht ihn, sondern einen anderen trifft. Da wie oben bereits dargestellt, mit der Zuordnung von Beförderungsstellen zu einzelnen Betrieben nicht feststeht, welcher Beamte diese Beförderungsstelle tatsächlich erhalten soll, geht es vorliegend gerade nicht um die Festlegung der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen oder der sozialen Gesichtspunkte, die der Beförderung zu Grunde liegen.

Zudem ergibt sich aus § 95 BetrVG, dass die vorliegende Frage der Verteilung von Planstellen auf einzelne Betriebe deshalb keine Frage der Aufstellung einer Auswahlrichtlinie ist, weil nur in Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern der örtliche Betriebsrat die Aufstellung von Auswahlrichtlinien verlangen kann. Die örtlichen Betriebsräte sind aber im vorliegenden Verfahren gerade deshalb nicht beteiligt, weil der Gesamtbetriebsrat für sich das originäre Recht geltend macht, vor einer innerbetrieblichen Entscheidung der Zuordnung einer Planstelle zu einem einzelnen Beamten, das heißt vor einer Beförderung bei der Verteilung der Beförderungsstellen auf die Betriebe mitbestimmen zu können.

Ende der Entscheidung

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