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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.08.2005
Aktenzeichen: 3 (8) Sa 486/05
Rechtsgebiete: ZPO, KSchG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 256
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 4
BGB § 613 a
1) Die nach Insolvenzeröffnung gegen die Insolvenzschuldnerin erhobene Klage macht den Insolvenzverwalter nicht zur Partei und wahrt deshalb auch nicht die Klagefrist des § 4 KSchG.

2) Zu den Voraussetzungen eines allgemeinen Feststellungsantrags im Kündigungsschutzprozess (Anschluss an ständige BAG-Rechtsprechung).

3) Führt ein Arbeitgeber ernsthafte Verhandlungen über den Verkauf des Betriebs oder von Betriebsteilen, so schließt dies das Vorliegen eines Stilllegungsbeschlusses aus.


Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.02.2005 - 2 Ca 2725/04 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 12.07.2004 und 26.08.2004 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Gerichtskosten haben der Kläger und die Beklagte zu 2) jeweils zu 1/4 und der Beklagte zu 1) zu 1/2 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte zu 1) seine eigenen Kosten sowie die Kosten des Klägers zu 1/2, die Beklagte zu 2) ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Klägers zu 1/4 und der Kläger 1/4 seiner eigenen Kosten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten zuletzt in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit zweier ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigungen. Der Kläger ist seit dem 01.09.1986 bei der Firma R GmbH & Co. KG als Verkaufsleiter mit einem monatlichen Bruttogehalt von 6.919,24 € beschäftigt. Mit Schreiben vom 12.07.2004 kündigte diese das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.01.2005. Am 20.07.2004 wurde über das Vermögen der Firma R GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 30.07.2004 hat der Kläger gegen diese Kündigung Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 12.07.2004 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 04.08.2004 richtete der Kläger seine Klage am 16.08.2004 gegen den beklagten Insolvenzverwalter. Dieser kündigte mit Schreiben vom 26.08.2004 das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut zum 30.11.2004. Der Kläger erweiterte daraufhin seine Klage mit einem am 13.01.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz und beantragte nunmehr festzustellen, dass das zwischen ihm und der Firma R bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 12.07.2004 und 26.08.2004 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht. Außerdem erweiterte der Kläger seine Klage auch gegenüber der Firma Z und begehrte von dieser die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, beide Kündigungen seien nach § 613 a Abs. 4 BGB rechtsunwirksam, da der Betrieb der Gemeinschuldnerin nicht stillgelegt worden, sondern auf die Firma Z im Wege eines Betriebsüberganges übergegangen sei. Es seien ohne Unterbrechung weiterhin neue Geräte verkauft, gefertigt und ausgeliefert worden. Dies sei bis zum 01.12.2004 durch die Gemeinschuldnerin und danach durch die Firma Z geschehen. Der Betrieb der Gemeinschuldnerin sei nicht stillgelegt worden. Es fehle bereits an einem entsprechenden Stilllegungsbeschluss. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen ihm und der Firma R bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 12.07.2004 und 26.08.2004 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;

2. die Beklagte zu 2) zu verpflichten, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte zu 1) hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe die Folgekündigung vom 26.08.2004 nicht rechtzeitig klageweise angegriffen, sodass die Rechtswirksamkeit dieser zum 30.11.2004 ausgesprochenen Kündigung gemäß § 7 KSchG fingiert werde. Im Übrigen sei die Kündigung ausgesprochen worden, weil eine Übernahme des Betriebs nicht zu realisieren gewesen sei. Dies gelte unabhängig davon, dass der Unternehmensgründer, Herr R auch nach Ausspruch der Kündigung weiter bemüht gewesen sei, eine Auffanglösung zu finden. Die Beklagte zu 2) hat das Vorliegen eines Betriebsüberganges bestritten und die Auffassung vertreten, dass es insoweit jedenfalls an der notwendigen Identität einer betrieblichen Einheit fehle. Der wesentliche Unterschied zwischen der betrieblichen Tätigkeit der Gemeinschuldnerin und der Beklagten zu 2) liege darin, dass letztere nach einem gänzlich anderen Konzept, nämlich insbesondere ohne eigenen Vertrieb arbeite. Mit Urteil vom 16.02.2005 hat das Arbeitsgericht Siegburg die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Gemeinschuldnerin sei durch die Kündigung des beklagten Insolvenzverwalters vom 26.08.2004 zum 30.11.2004 beendet worden, denn der Kläger habe gegen diese Kündigung nicht innerhalb der dreiwöchigen Frist des § 4 KSchG Klage erhoben. Gemäß § 7 KSchG gelte die Kündigung daher als sozial gerechtfertigt und sei mithin rechtswirksam. Gegen dieses ihm am 09.03.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.04.2005 Berufung eingelegt und diese am 09.05.2005 begründet. Er ist weiterhin der Auffassung, die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG sei auch bezüglich der Folgekündigung vom 26.08.2004 gewahrt, da insoweit der bereits mit der Klageschrift gestellte allgemeine Feststellungsantrag, der in dem Zusatz "sondern fortbesteht" zum Ausdruck komme, zum Tragen komme. Zwar sei für diesen allgemeinen Feststellungsantrag ein besonderes Feststellungsinteresse erforderlich. Der hierfür zu leistende Sachvortrag könne aber auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist bei einer später ausgesprochenen weiteren Kündigung nachgeholt und ergänzt werden. Im Übrigen sei gerade die vorliegende Insolvenzsituation ein typischer Fall, in dem regelmäßig Folgekündigungen durch den Insolvenzverwalter ausgesprochen würden. Schließlich habe der Kläger der Folgekündigung auch sofort außergerichtlich widersprochen. In der Sache bestreitet der Kläger weiterhin das Vorliegen eines Stilllegungsbeschlusses und einer entsprechenden Stilllegungsabsicht des Beklagten zu 1). Der Betrieb sie nämlich nicht stillgelegt, sondern an die Beklagte zu 2) veräußert worden. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.02.2005 - 2 Ca 2725/04 - abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Firma R bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 12.07.2004 und 26.08.2004 nicht aufgelöst worden ist;

2. die Beklagte zu 2) zu verpflichten, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Beide Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Der beklagte Insolvenzverwalter verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Er trägt vor, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei beschlossen worden, das Unternehmen stillzulegen. Diese Maßnahme sei unumgänglich gewesen, nachdem alle Möglichkeiten einer Fortführung auch nur eines Unternehmensteils nach entsprechender Prüfung gescheitert seien. Zwar habe auch der beklagte Insolvenzverwalter zunächst nach einer Auffanglösung gesucht, da an einer Fortführung von vornherein lebhaftes Interesse bestanden habe. Gleichwohl habe sich eine Möglichkeit hierzu jedoch nicht ergeben. So sei es dann Mitte Juli 2004 zum Stilllegungsbeschluss gekommen. Die Beklagte zu 2) verteidigt gleichermaßen die erstinstanzliche Entscheidung. Darüber hinaus bestreitet sie weiterhin das Vorliegen eines Betriebsübergangs. Der beklagte Insolvenzverwalter habe ihr Anfang Dezember 2004 vielmehr lediglich Teile der Gemeinschuldnerin verkauft. Dies sei geschehen, nachdem er in den Monaten zuvor mit den verschiedensten Übernahmeinteressenten verhandelt habe, eine Veräußerung des gesamten Betriebes aber letztlich an den unzureichenden Kaufvertragsangeboten gescheitert sei. So sei es richtig, dass der Insolvenzverwalter auch in der Zeit von Mitte Juli bis Mitte November 2004 mit der Geschäftsführerin der Firma Z letztlich ergebnislos verhandelt habe. In der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2005 haben der Kläger und die Beklagte zu 2) den sie betreffenden Rechtsstreit im Hinblick auf den insoweit in der Berufungsinstanz anhängigen Weiterbeschäftigungsantrag durch Teilvergleich erledigt. Auf das Sitzungsprotokoll vom 17.08.2005 wird Bezug genommen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die nach dem in der Berufungsinstanz zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) geschlossenen Teilvergleich allein noch anhängige Klage gegenüber dem beklagten Insolvenzverwalter ist begründet. Die streitgegenständlichen Kündigungen vom 12.07.2004 und 26.08.2004 sind rechtsunwirksam und haben das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht beendet. 1. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit beider streitgegenständlicher Kündigungen rechtzeitig klageweise geltend gemacht und die Dreiwochenfrist des § 4 S. 1 KSchG gewahrt. Nach der vorgenannten Vorschrift muss ein Arbeitnehmer, wenn er geltend machen will, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Diese gesetzliche Voraussetzung hat der Kläger erfüllt. a) Das gilt zunächst für die von der Gemeinschuldnerin mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters am 12.07.2004 ausgesprochene Kündigung. Gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung hat sich der Kläger mit der am 30.07.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage gewendet. Zwar hat er diese Klage ausweislich des Rubrums in der Klageschrift gegen die Gemeinschuldnerin gerichtet, obwohl im Zeitpunkt des Klageeingangs beim Arbeitsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin bereits eröffnet war. Demgemäß war die Klage - worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - richtigerweise nicht mehr gegen die Gemeinschuldnerin, sondern gegen den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu richten. Eine Klage gegen die Gemeinschuldnerin macht den Insolvenzverwalter nicht zur Partei (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.1994 - XII ZR 53/93 - , BGHZ 127, 156) und wahrt deshalb auch nicht die Klagefrist des § 4 KSchG (vgl. BAG, Urteil vom 17.01.2002 - 2 AZR 57/01 - , EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 62). Gleichwohl ist die Klagefrist des § 4 KSchG im vorliegenden Fall gewahrt. Denn auch wenn ausweislich des Rubrums der Klageschrift die Gemeinschuldnerin anstelle des Insolvenzverwalters verklagt ist, ist immer zu prüfen, ob der Fehler durch eine Rubrumsberichtigung beseitigt werden kann. Genau dies ist vorliegend der Fall. Denn für die Parteistellung im Prozess ist nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgeblich. Vielmehr ist im Wege der Auslegung der Klageschrift das tatsächliche Klagebegehren zu ermitteln und auf diese Weise festzustellen, wer die beklagte Partei ist. Lässt sich bspw. der Klageschrift entnehmen, dass der Insolvenzverwalter die Kündigung ausgesprochen hat, oder auch nur, dass das Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin eröffnet worden ist, so ist regelmäßig eine Ergänzung des Beklagtenrubrums möglich (BAG, Urteil vom 17.01.2002 - 2 AZR 57/01 - , EzA § 4 KSchG n. F. Nr. 62). Die letztgenannte Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Der Kläger hat der Klageschrift neben dem Kündigungsschreiben und seinem Arbeitsvertrag auch den Insolvenzeröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 20.07.2004 in Kopie beigefügt. In Anwendung der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts ist daher das ursprüngliche Beklagtenrubrum dahingehend ergänzend zu berichtigen, dass nicht die Schuldnerin, sondern der beklagte Insolvenzverwalter auf Beklagtenseite Partei des Rechtsstreits ist. Mit der am 30.07.2004 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 12.07.2004 gerichteten Klage hat der Kläger mithin diese Kündigung innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 S. 1 KSchG fristgerecht gegenüber dem beklagten Insolvenzverwalter angegriffen. b) Die vorgenannte Dreiwochenfrist des § 4 S. 1 KSchG ist auch bezüglich der Folgekündigung des beklagten Insolvenzverwalters vom 26.08.2004 gewahrt. Zwar genügt die vom Kläger wegen dieser Kündigung erstmalig am 13.01.2005 vorgenommenen Klageerweiterung für sich betrachtet den gesetzlichen Erfordernissen des § 4 S. 1 KSchG nicht. Diese Klageerweiterung ist deutlich außerhalb der gesetzlichen Dreiwochenfrist erfolgt. Gleichwohl ist die gegen diese Folgekündigung gerichtete Klage nicht verfristet. Denn die Geltendmachung der Unwirksamkeit dieser Folgekündigung ist von dem seitens des Klägers bereits mit der Klageschrift erhobenen weiteren allgemeinen Feststellungsantrag mit umfasst. Es ist in der Rechtsprechung des BAG anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer gegen eine Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. Diese Anträge kann er gemäß § 260 ZPO zulässig in einer Klage verbinden (BAG, Urteil vom 21.01.1988 - 2 AZR 581/86 - , EzA § 4 KSchG n. F. Nr. 33; BAG, Urteil vom 13.03.1997 - 2 AZR 512/97 - , EzA § 4 KSchG n. F. Nr. 57 m. u. w. N. aus der Rechtsprechung). Dabei ist nach dem herrschenden sogenannten punktuellen Streitgegenstandsbegriff Gegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete, mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin. Demgegenüber ist Streitgegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO im allgemeinen die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis über diesen Termin hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht. Bei der Bestimmung des Streitgegenstands einer solchen Klage kommt es allerdings auch auf den gestellten Antrag und/oder darauf an, was der Kläger erkennbar gewollt hat (BAG, Urteil vom 13.03.1997 - 2 AZR 512/96 - EzA § 4 KSchG n. F. Nr. 57 m. w. N.). Bei einer zulässigen allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO wird der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Einbeziehung eventueller Kündigungen geprüft; es sind deshalb alle möglichen Beendigungsgründe zu erörtern und die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils erfasst alle diese Beendigungsgründe. Ist eine weitere Kündigung in den Prozess eingeführt worden, so kommt es nicht darauf an, wann dies geschehen ist. Die Feststellungsklage nach § 256 ZPO setzt auch im Kündigungsschutzprozess ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Hierfür ist es erforderlich, dass der klagende Arbeitnehmer über eine bereits angegriffene Kündigung hinaus weitere streitige Beendigungstatbestände in den Prozess einführt oder wenigstens deren Möglichkeit darstellt und damit belegt, warum der die Klage nach § 4 KSchG erweiternde Antrag zulässig ist (vgl. BAG, a. a. O.). Diese Modifikation der Klage kann dabei nach der ständigen Rechtsprechung des BAG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erfolgen. Das BAG wendet insofern den Grundgedanken des § 6 KSchG entsprechend an. Denn die tragende Erwägung, dass der Arbeitnehmer mit der Erhebung einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO dem Arbeitgeber deutlich gemacht habe, er wolle am Bestand des Arbeitsverhältnisses ungeachtet aller Kündigungs- bzw. Beendigungstatbestände festhalten, gilt während der Prozessdauer solange fort, als neue Tatsachen in den Prozess eingeführt werden können (vgl. BAG, a. a. O.). Nach der Rechtsprechung des 2. sowie des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts gilt daher, dass für die Klage nach § 256 ZPO zum Nachweis eines Interesses an alsbaldiger Feststellung Tatsachenvortrag zur Möglichkeit weiterer Beendigungsgründe erforderlich ist. Derartiger Sachvortrag ist aber, wie oben dargestellt worden ist, im Fall einer ursprünglich mangels Begründung unzulässigen allgemeinen Feststellungsklage auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG nachholbar und ergänzbar. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.1997 - 2 AZR 512/96, EzA § 4 KSchG n. F. Nr. 57; BAG, Urteil vom 10.10.2002 - 2 AZR 622/01 - , § 4 KSchG n. F. Nr. 64 jeweils m. u. w. N. aus Rechtsprechung und Schrifttum). Wird daher durch eine allgemeine Feststellungsklage auf ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach § 256 ZPO eine eventuell später ausgesprochene Kündigung miterfasst, ist der beklagte Arbeitgeber gehalten, den ihm günstigeren Beendigungstatbestand in den Prozess einzubringen, weil er sich auf diesen nach rechtskräftiger antragsgemäßer Feststellung nicht mehr berufen könnte. Der Arbeitnehmer muss seinerseits nach Kenntnis von einer weiteren Kündigung diese in den Prozess einführen und unter teilweiser Einschränkung des Feststellungsantrages eine dem Wortlaut des § 4 KSchG angepasste Antragstellung vornehmen, wobei in Anwendung des Rechtsgedankens des § 6 KSchG eine verlängerte Anrufungsfrist durch die bis dahin verfolgte Feststellungsklage gewährleistet wird (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.1997, a. a. O.). Sämtliche vorgenannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger hat den ursprünglichen Kündigungsschutzantrag in der Klageschrift vom 30.07.2004 mit einem allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO verbunden. Dies wird durch den Antragszusatz "sondern fortbesteht" zum Ausdruck gebracht. Ein derartiger Antragszusatz entspricht der weit verbreiteten Praxis (vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigungen und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Auflage Rz. 1886). Er wird üblicher Weise gestellt, um die sogenannte Schleppnetzwirkung des allgemeinen Feststellungsantrages zu erzielen und damit Folgekündigungen prozessual zu erfassen. Selbst wenn man insoweit dem Beklagten folgend von einer Auslegungsbedürftigkeit ausgehen wollte und man darüber hinaus ebenfalls mit dem Beklagten diesen Zusatz jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung mangels konkretisierenden Sachvortrages nicht als allgemeinen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ansehen wollte, so ergibt jedenfalls die Auslegung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz, dass dieser Zusatz als allgemeiner Feststellungsantrag gestellt werden sollte. Entscheidendes Indiz hierfür ist die bereits erstinstanzlich erfolgte Klageerweiterung wegen der Folgekündigung. Damit hat der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass auch diese Folgekündigung auf ihre Rechtmäßigkeit hin gerichtlich zu überprüfen ist. Das Bundesarbeitsgericht weist insoweit zutreffend auf die Pflicht des Richters nach § 139 ZPO hin, wonach klarzustellen ist, was der Kläger mit seinen Anträgen bezweckt. Spätestens im Rahmen der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz hat der klägerische Prozessbevollmächtigte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der ursprüngliche Antragszusatz "sondern fortbesteht" in der Klageschrift als selbständiger allgemeiner Feststellungsantrag gemeint war. Nichts anderes hätte eine Ausübung des Fragerechts in der ersten Instanz ergeben. Insgesamt ist somit mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im vorliegenden Fall von einer fristgerechten Klageerhebung bezüglich beider streitgegenständlicher Kündigungen auszugehen. 2. Die Kündigung des Beklagten vom 26.08.2004 ist rechtsunwirksam, denn sie ist sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG und hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zum 30.11.2004 beendet. Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung u. a. dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Dabei ist der kündigende Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG für das Vorliegen der kündigungsbegründenden Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Dieser Darlegungspflicht ist der beklagte Insolvenzverwalter nicht nachgekommen. Er beruft sich zur Begründung der Kündigung auf eine Betriebsstilllegung. Die Betriebsstilllegung ist grundsätzlich eine unternehmerische Entscheidung, die eine betriebsbedingte Kündigung regelmäßig rechtfertigt. Sie setzt den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für einen seiner Dauer nach unbestimmten wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben. Eine aus diesem Grund erklärte ordentliche Kündigung ist immer nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die auf eine Betriebsstilllegung gerichtete unternehmerische Entscheidung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen hat und eine vernünftige betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass bis zum Auslaufen der Kündigungsfrist der Arbeitnehmer entbehrt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 18.01.2001 - 2 AZR 514/99 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 109). Wird im Zeitpunkt der Kündigung über die Veräußerung des Betriebes verhandelt und letztlich nur vorsorglich mit der Begründung gekündigt, der Betrieb solle zu einem bestimmten Zeitpunkt stillgelegt werden, falls eine Veräußerung scheitere, ist die Grundlage für eine Negativprognose im vorgenannten Sinn noch nicht hinreichend und die Kündigung unwirksam (BAG, Urteil vom 27.09.1984 - EzA § 613 a BGB Nr. 40; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Auflage, Rz. 972 m.w.N.). Genau dies ist vorliegend der Fall. Zum einen fehlt es an einem hinreichend konkreten Sachvortrag des beklagten Insolvenzverwalters zur Darlegung des erforderlichen Betriebsstilllegungsbeschlusses. Der Beklagte hat lediglich vorgetragen, bereits vor der Insolvenzeröffnung sei ein Stilllegungsbeschluss zu Stande gekommen. Wann dies genau geschehen ist ist ebenso unklar wie die vermeintlich handelnden Personen. Hierzu fehlt jeglicher Sachvortrag. Zum anderen steht nach den unstreitig gebliebenen Sachvortrag der Beklagten zu 2) in der Berufungsinstanz fest, dass der Beklagte zu 1) jedenfalls bis Mitte November intensiv mit verschiedenen Interessenten über die Möglichkeit einer Veräußerung des gesamten Betriebes oder jedenfalls von Betriebsteilen verhandelt hat. Betriebsstilllegung und Betriebsübergang schließen sich jedoch gegenseitig aus (BAG, Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - NZA 2003, 93). Allein das Führen ernsthafter Kaufvertragsverhandlungen über Teile des Betriebes schließt das Vorliegen eines ernsthaften Stilllegungsbeschlusses, wie er vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung für eine Betriebsstilllegung als Kündigungsgrund gefordert wird, aus. Jedenfalls hat eine mögliche Betriebsstilllegung danach im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung noch nicht die erforderlichen greifbaren Formen angenommen. Nach allem ist damit der Beklagte für das Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes darlegungs- und beweisfällig geblieben. 3. Das gleiche gilt im Grundsatz für die zuvor am 12.07.2004 ausgesprochene aber wegen der längeren Kündigungsfrist erst nach der Kündigung vom 26.08.2004 zum 31.01.2005 wirkenden Kündigung. Die oben dargestellten Rechtsausführungen greifen für diese mehr als einen Monat zuvor ausgesprochenen erst recht. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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