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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 13.02.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 1238/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
KSchG § 9
Fällt die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Rahmen einer betrieblichen Umorganisation nicht weg, sondern sie wird lediglich verlagert und anschließend von einem neu eingestellten Arbeitnehmer ausgeübt, so ist die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitnehmers als sog. Austauschkündigung rechtsunwirksam.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.08.2007 - 9 Ca 4408/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung sowie einen hilfsweisen Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Die 1948 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 15.06.1995 bei der Beklagten, einer Tochtergesellschaft des W , gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 13.08.1998 als Sekretärin/Assistentin des Geschäftsführers mit einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 6.060,-- EUR beschäftigt. Ihr Aufgabenbereich bestand zunächst in der Leitung des Geschäftsleitungs-Sekretariates. Seit 2003 wurde ihr zusätzlich die Leitung der Verwaltung und des Personals übertragen. Mit Schreiben vom 18.05.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.09.2006 und stellte sie von der Arbeitsleistung frei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 01.08.2007 der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 18.05. 2006 nicht aufgelöst worden ist. Gleichzeitig hat es den Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei zwar der Arbeitsplatz der Klägerin weggefallen, gleichzeitig seien aber die bisherigen Aufgaben der Klägerin in ganz überwiegendem Umfang in eine neue Stelle integriert worden. Bei dieser Sachlage wäre nach dem ultima-ratio-Prinzip eine Änderungskündigung mit dem Angebot einer Reduzierung der Arbeitszeit und entsprechender Gehaltsreduzierung um ca. 30 % vorrangig und erforderlich gewesen. Die Zurückweisung des Auflösungsantrags hat das Arbeitsgericht auf die fehlende Darlegung tragfähiger Auflösungsgründe durch die Beklagte gestützt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl.125 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 10.09.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.10.2007 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 10.12.2007 begründet.

Die Beklagte hält die streitgegenständliche Kündigung weiterhin für rechtmäßig, jedenfalls aber ihren Auflösungsantrag für begründet. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und führt aus, dass der Arbeitsplatz der Klägerin durch die am 21.02.2006 getroffene Unternehmerentscheidung weggefallen sei. Anlass hierfür sei zum einen die schlichte Überbesetzung des Sekretariats des neuen Geschäftsführers Z gewesen. Zum anderen stehe die Umorganisation auch mit dem Verhalten der Klägerin im Kontext des Fehlverhaltens des früheren Geschäftsführers im Zusammenhang. Auch aus diesem Grund habe man sich entschieden, bestimmte vertrauliche Aufgaben, die bislang dem Sekretariat zugeordnet gewesen seien, diesem zu entziehen und auf einer deutlich hierarchisch über dem Sekretariat angesiedelten Stabsstelle unmittelbar unterhalb der Geschäftsführung zu installieren. Mit dieser hierarchischen Verschiebung eines Teils der Aufgaben der Klägerin sei auch eine qualitative Änderung verbunden gewesen. Anstelle der früher streng weisungsgebundenen Arbeit sei nunmehr eine eigenverantwortliche Zuarbeit für die Geschäftsführung getreten. Wegen dieses geänderten Anforderungsprofils handele es sich im Ergebnis um einen zu 100 % neu eingerichteten Arbeitsplatz. Ferner seien die unterschiedlichen Ausbildungsstände der Klägerin und der Mitarbeiterin E zu berücksichtigen. Letztere habe Abitur und sei gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau mit einem Zusatzstudium im Bereich Personalentwicklung und Wirtschaftswissenschaften und sei seit über zehn Jahren im Bereich des Controllings tätig. Die Klägerin verfüge weder über das entsprechende Know How, noch über die entsprechende praktische Erfahrung für die neue Tätigkeit und sei nach der Erinnerung der Beklagten gelernte Buchhändlerin. Hinsichtlich des Auflösungsantrags nimmt die Beklagte - wie bereits erstinstanzlich - auf die schriftsätzlichen Äußerungen des klägerischen Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren Bezug und meint aus Begriffen wie "planmäßiges Täuschungsmanöver" und "Etikettenschwindel" werde deutlich, dass der Beklagten unlauteres, und somit in letzter Konsequenz betrügerisches Prozessverhalten vorgeworfen werde. Für den Geschäftsführer der Beklagten sei damit jedwede Vertrauensbasis entfallen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.08.2007 - Aktenzeichen 9 Ca 4408/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise zum Antrag zu 1. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.08.2007 - Aktenzeichen 9 Ca 4408/06 - abzuändern und das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung nach § 10 KSchG aufzulösen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei und verteidigt diese sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung. Sie trägt vor, dass sich ihr Tätigkeitsbereich nicht auf die Position einer Sekretärin reduzieren lasse, sondern ihre Aufgabe gleichzeitig in der Leitung von Verwaltung und Personal bestanden habe. Sämtliche Aufgabenfelder habe sie auch ausschließlich selbstständig bearbeitet, ohne dass der frühere Geschäftsführer - von wenigen Ausnahmefällen abgesehen - konkrete Weisungen erteilt habe. Dies zeige sich auch an dem hier nach Ausspruch der Kündigung erteilten Zeugnis, das gerade auch ihre Tätigkeit als Verwaltungs- und Personalleiterin ausweise. Die Klägerin sei also gerade nicht nur eine "Chefsekretärin" gewesen. Dabei sei sie auch früher bereits unmittelbar der Geschäftsleitung unterstellt gewesen. Mit der Umstrukturierung sei also keine Änderung der Hierarchistrukturen verbunden gewesen. Auch eine qualitative Änderung der Aufgaben habe nicht stattgefunden, da die Klägerin früher bereits überwiegend selbstständig tätig gewesen sei. Auch eine mangelnde Qualifizierung könne man ihr nicht attestieren. Insofern sei zu berücksichtigen, dass auch die Mitarbeiterin E seinerzeit als Sekretärin des dortigen Prokuristen und Leiter der Finanzabteilung in das Arbeitsverhältnis bei der W -M eingetreten sei und sich ihre Controlling-Kenntnisse erst nach und nach angeeignet habe. Schließlich tritt die Klägerin der erstinstanzlichen Entscheidung auch bezüglich des abgewiesenen Auflösungsantrages bei und meint, dass Auflösungsgründe in Anbetracht des Ausnahmecharakters von § 9 KSchG und den aus diesem Grunde hohen tatbestandlichen Anforderungen nicht gegeben seien. Insbesondere hat die Klägerin niemanden aus dem Bereich der Geschäftsführung der Beklagten in persönlicher oder sonstiger Weise angegangen, geschweige denn herabgesetzt oder beleidigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung sowie die Unbegründetheit des hilfsweise von Seiten der Beklagten gestellten Auflösungsantrages festgestellt.

1. Die Kündigung vom 18.05.2006 ist rechtsunwirksam, weil sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 KSchG).

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einstellung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (vgl. BAG, Urteil vom 24.04.1979 - 2 AZR 940/77 - BAGE 32, 150; BAG, Urteil vom 29.03.1990 - 2 AZR 369/89 - BAGE 65, 61; BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71). Bei Kündigungen, die auf innerbetriebliche Gründe gestützt werden, muss der Arbeitgeber daher im Einzelnen darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken (BAG, Urteil vom 24.10.1979 - 2 AZR 940/77 - , AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 456/98 - , NZA 1999, 1157, 1160).

b) Einen derartigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für die Klägerin hat die Beklagte auch zweitinstanzlich nicht darzulegen vermocht. Sie begründet die streitgegenständliche Kündigung damit, dass der Arbeitsplatz der Klägerin, die bei der Beklagten als Chefsekretärin beschäftigt gewesen sei, im Wege einer innerbetrieblichen Umorganisation bedingt durch den Geschäftsführerwechsel weggefallen sei. Da der neue Geschäftsführer aufgrund seiner auch künftig weiter geführten Tätigkeit für den W bereits über ein eigenes Sekretariat mit 2 Sekretärinnen verfüge, benötige er keine weiteren 2 1/2 Sekretariatsarbeitskräfte bei der Beklagten. Außerdem sei die Beklagte bewusst der Empfehlung der Innenrevision gefolgt und habe die bislang von der Klägerin als Chefsekretärin ausgeübten Verwaltungs- und Personalleitungstätigkeiten anderweitig organisiert und einer neu eingerichteten Stabsstelle zugeordnet. Gleichzeitig sei das Anforderungsprofil dahingehend geändert worden, dass die Verwaltungs- und Personalleitungstätigkeit nunmehr weitestgehend selbstständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden solle. Unstreitig ist im Zuge dieser Umorganisation eine neue Mitarbeiterin, die Arbeitnehmerin E mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betraut worden.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht diese Begründung nicht ausreichen lassen, um einen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs der Klägerin annehmen zu können. Vielmehr handelt es sich bei der streitgegenständlichen Kündigung um den Fall einer sog. Austauschkündigung. Eine solche liegt immer dann vor, wenn der ursprüngliche Beschäftigungsbedarf nach wie vor vorhanden ist und lediglich an anderer Stelle im Betrieb aufgrund einer betrieblichen Umorganisation von einem anderen Arbeitnehmer erfüllt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.1996 - 2 AZR 200/96 - NZA 1997, 202; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Auflage, Rz. 963; APS/Kiel, Kündigungsrecht, 3. Auflage, § 1 KSchG, Rz.523 ff.).

Genau dieses hat die Beklagte jedoch im vorliegenden Fall getan. Unstreitig bestand die Tätigkeit der Klägerin zu 70 % aus Verwaltungs- und Personalleitungstätigkeiten. Diese Tätigkeiten fallen weiterhin an und werden nunmehr von der Arbeitnehmerin E im Rahmen einer neu geschaffenen Stabsstelle des Finanz- und Personal-Controllings erledigt. Damit steht fest, dass jedenfalls im Umfang von 70 % der Beschäftigungsbedarf der Klägerin nicht weggefallen, sondern lediglich verlagert worden ist. Bewirkt eine betriebliche Umorganisation aber lediglich eine Verlagerung von Aufgaben ohne gleichzeitige Reduzierung des Beschäftigungsumfangs, so kann dies kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG darstellen, das eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen würde. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt insoweit als Ausfluss des das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden ultima-ratio-Prinzips der Vorrang der Änderungskündigung vor einer Beendigungskündigung zum Tragen (vgl. BAG, Urteil vom 21.04.2005 - 2 AZR 132/04 - NZA 2005, 1289).

c) Dem steht auch nicht das Anforderungsprofil der von der Beklagten neu eingerichteten Stabsstelle entgegen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beklagte dargelegt und bewiesen hätte, dass die Klägerin die nunmehr dieser Stabsstelle zugewiesenen Tätigkeiten nicht ausüben könnte. Hierfür fehlt jedoch jeglicher substantiierte Sachvortrag der Beklagten. Die Beklagte hat lediglich pauschal vorgetragen, die Klägerin habe früher überwiegend weisungsabhängig gearbeitet und in der neuen Stabsstellenfunktion werde eine weitestgehend selbstständige Arbeitsweise verlangt. In dieser Pauschalität ist der Vortrag weder für die Klägerin einlassungsfähig, noch einer Beweiserhebung zugänglich. Die Beklagte hätte hier im einzelnen vortragen müssen, welche Tätigkeiten, die die Klägerin bisher beanstandungsfrei ausgeübt hat, nunmehr eine derart weitgehende Änderung erfahren haben sollen, dass die Klägerin nicht mehr zu ihrer Erledigung in der Lage wäre. Hierfür fehlen jedoch jegliche konkreten Anhaltspunkte.

Nach allem ist daher auch nach der betrieblichen Umorganisation von einer weiter fortbestehenden grundsätzlichen Eignung der Klägerin zur Ausübung der weiterhin anfallenden Verwaltungs- und Personalleitungstätigkeiten auszugehen. Berücksichtigt man zusätzlich die deutlich höhere soziale Schutzbedürftigkeit der Klägerin aufgrund ihres Lebensalters und ihrer erheblich längeren Betriebszugehörigkeit gegenüber der neu eingestellten jüngeren Mitarbeiterin E , wird deutlich, dass die Beklagte der Klägerin jedenfalls im Umfang von 70 % ihrer bisherigen Tätigkeit die nunmehr der neuen Stabsstelle zugeordneten Aufgaben zur Erledigung hätte anbieten müssen. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Die von daher als Austauschkündigung zu wertende streitgegenständliche Beendigungskündigung ist somit insgesamt rechtsunwirksam.

2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht auch den hilfsweise gestellten Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen. Auch insoweit führt der Sach- und Rechtsvortrag der Beklagten im Berufungsverfahren zu keiner anderen rechtlichen Würdigung.

a) Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG stellt das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch gerichtliche Entscheidung gegen Zahlung einer Abfindung fest, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Im Interesse eines wirksamen Bestandsschutzes sind insoweit nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts strenge Anforderungen zu stellen (BAG, Urteil vom 14.01.1993 - 2 AZR 343/92 - NZA 1994, 309, 311; BAG, Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04 - NZA 2006, 363, 364 f.). Erforderlich ist mithin eine an strengen Maßstäben ausgerichtete Prognoseentscheidung dahin, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen gerichtlichen Verhandlung in Anbetracht aller Umstände noch eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien zu erwarten ist. Dabei ist insbesondere auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen, denn wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer schon jahrelang ohne wesentliche Beanstandungen zusammengearbeitet haben, sind regelmäßig Auflösungsgründe von größerem Gewicht erforderlich, um eine Auflösungsprognose zu rechtfertigen (vgl. APS/Biebl, aaO, § 9 KSchG, Rz. 56 m. w. N).

b) Legt man diese, bewusst hohen tatbestandlichen Anforderungen zugrunde, kommt eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien zukünftig nicht möglich wäre, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte stützt sich insoweit wesentlich auf Äußerungen der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigen im vorliegenden Kündigungsrechtsstreit. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hier von "Etikettenschwindel" und einem "planmäßigen Täuschungsmanöver" gesprochen. Zwar ist allgemein anerkannt, dass sich auch aus dem Verhalten des Prozessbevollmächtigten Auflösungsgründe ergeben können. Dabei ist allerdings stets zu berücksichtigen, dass Erklärungen im laufenden Kündigungsschutzverfahren durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (vgl. BAG, Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04 - , NZA 2006, 363, 365). Dies ist auch hier der Fall. Gerade in Anbetracht der rechtlichen Qualifizierung der streitgegenständlichen Kündigung als unwirksame Austauschkündigung liegen Begriffe, wie die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin gebrauchten, nahe. Ein Rückschluss auf die fehlende Möglichkeit einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit kann aus derartigen Prozesserklärungen daher jedenfalls nicht gezogen werden. Sonstige weitergehende Auflösungsgründe werden von der Beklagten nicht substantiiert dargelegt. Insgesamt scheidet daher auch eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus.

III. Nach allem musste somit der Berufung der Beklagten der Erfolg versagt bleiben, da die Beklagte das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, ist sie gemäß §§ 64 Abs. 6 S.1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere ging es nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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