Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 1272/05
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 626
KSchG § 1 Abs. 2
Lehnt eine als sog. Zweitkraft in einem Kindergarten tätige Kinderpflegerin Anweisungen sowohl ihrer Gruppenleiterin als auch der Kindergartenleiterin mit der Begründung ab, diese entsprächen nicht ihrem persönlichen pädagogischen Konzept, so stellt dieses Verhalten bei Vorliegen einer einschlägigen Abmahnung eine zur Kündigung berechtigende Arbeitsverweigerung dar.
Tenor:

1. Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.07.2005 - 5 Ca 12556/04 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung haben die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4 zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung und über die Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung der Klägerin. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.07.2005 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung vom 08.12.2004 erst zum 31.03.2005 sein Ende gefunden hat und hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 493,26 € netto zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Gegen dieses der Klägerin am 19.08.2005 und der Beklagten am 22.08.2005 zugestellte Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre am 19.09.2005 eingelegte Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.11.2005 begründet, die Beklagte ihre am 22.09.2005 eingelegte Berufung am 21.10.2005.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet worden ist. Sie hält darüber hinaus aber auch weiterhin eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Sie weist darauf hin, dass sie "nur" Kinderpflegerin sei und als teilzeitbeschäftigte Zweitkraft gearbeitet habe. Im Umgang mit dem verhaltensauffälligen Kind habe sie sich überfordert gefühlt. Auch handele es sich bei dem unstreitigen Vorfall vom 29.11.2004 um den einzigen Fall eines möglichen Fehlverhaltens in vier Jahren. Die Klägerin meint, es sei jedenfalls eine nochmalige vorherige Abmahnung erforderlich gewesen, denn man müsse dem Arbeitnehmer immer eine Chance geben, zu vertragstreuem Verhalten zurückzufinden.

Mit einem weiteren, am Tag vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz rügt die Klägerin, dass sie von der Beklagten nicht am pädagogischen Konzept beteiligt worden sei. Am 29.11.2004 sei es auch nicht nur darum gegangen, einen "Störenfried" zu beaufsichtigen. Dies hätte ohne weiteres auch die Praktikantin tun können. Es sei auch überhaupt nicht in Frage gekommen, ein aus damaliger Sicht der Klägerin nicht normales Kind zu betreuen. Hierzu habe sie sicherlich nicht die notwendige Ausbildung gehabt. Im Übrigen nimmt die Klägerin erstmals zu den weiteren beklagtenseits gerügten Vertragsverstößen aus der Vergangenheit Stellung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 5 Ca 12556/04 - vom 08.07.2005 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 08.12.2004 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.07.2005 - 5 Ca 12556/04 - abzuändern und unter Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 493,26 € netto an die Klägerin die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte sieht in dem Verhalten der Klägerin am 29.11.2004 weiterhin eine beharrliche Arbeitsverweigerung und hält die fristlose Kündigung für rechtswirksam. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie nicht willens sei, die ihr obliegende Pflicht zur Beaufsichtigung der Kinder gewissenhaft zu erfüllen. Eine Kinderpflegerin, die Kinder unbeaufsichtigt lasse, sei - erst recht nach einer einschlägigen Abmahnung - in einer Kindertagesstätte nicht tragbar. Auch habe es entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts vor Ausspruch einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht noch einmal einer weiteren Abmahnung bedurft. Eine solche Abmahnung sei nämlich entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer erkennbar nicht gewillt sei, sich vertragsgerecht zu verhalten. Genau dies sei bei der Klägerin der Fall. Sie nehme nämlich für sich in Anspruch, die pädagogische Leitung ausüben zu können und kritisiere das pädagogische Konzept der Gruppenleiterin Frau S . Schließlich habe sie sich sogar der Leiterin des Kindergartens widersetzt und deren Weisungen nicht ausgeführt, weil sie ihr eigenes "pädagogisches Konzept" für tragfähiger erachtet habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, weil sie statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden sind (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Beide Berufungen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die außerordentliche Kündigung der Beklagten für unwirksam erachtet und gleichzeitig die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen fristgerechten Kündigung festgestellt.

1. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 08.12.2004 nicht zum 15.12.2004 beendet worden.

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist hierfür eine zweistufige Prüfung durchzuführen. Zunächst ist zu klären, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden. Erst nach Bejahung dieser Frage ist dann im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung das Einzelfallurteil zu fällen (vgl. beispielsweise BAG, Urt. v. 25.03.2004 - 2 AZR 341/03 -, EzA § 626 BGB 2002, Nr. 6 m. w. N.).

aa) Die Klägerin hat unstreitig am 29.11.2004 eine Anweisung der ihr vorgesetzten Gruppenleiterin nicht befolgt, ein verhaltensauffälliges Kind zu beaufsichtigen. Sie hat ebenfalls unstreitig an ihrer Weigerung festgehalten, obwohl sie wiederholt sowohl von der Gruppenleiterin als auch daran anschließend von der Kindergartenleiterin entsprechend angewiesen worden ist. Die Beklagte sieht hierin eine beharrliche Arbeitsverweigerung. Eine derartige beharrliche Arbeitsverweigerung stellt in aller Regel eine Verhalten dar, das an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (vgl. BAG, Urt. v. 21.11.1996 - 2 AZR 357/05 -, NZA 1997, 487, 490; BAG, Urt. v. 05.04.2001 - 2 AZR 580/99 -, NZA 2001, 893, 895; APS/Dörner, 2. Aufl., § 626 BGB Rziff. 209 ff. m. w. N.).

bb) Unter Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts stellt die Verhaltensweise der Klägerin eine beharrliche Arbeitsverweigerung im vorgenannten Sinn dar. Voraussetzung hierfür ist eine willentliche Nachhaltigkeit in der Person des Arbeitnehmers. Dieser muss die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen. Darüber hinaus muss sich aus seinem Verhalten ergeben, dass er auch in Zukunft seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen wird (BAG, a. a. O.; Stahlhacke/ Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl., Rziff. 638). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin ist nach ihrer eigenen erstinstanzlichen Einlassung der Anweisung ihrer Gruppenleiterin ganz bewusst nicht nachgekommen. Sie hat nicht mit dem verhaltensauffälligen Kind den Gruppenraum verlassen, weil sie hierin ein aus pädagogischer Sicht falsches Vorgehen gesehen hat. Sie war vielmehr der Auffassung, das Kind dürfe nicht isoliert, sondern müsse integriert werden. Hieran hat sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht festgehalten. Auch auf nochmalige Nachfrage des Gerichts hat sie nach wie vor ihr persönliches pädagogisches Konzept für richtig erachtet und über die beklagtenseitigen Weisungen gestellt. War die Klägerin somit nach wie vor selbst im mündlichen Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht weiterhin von der Richtigkeit ihres seinerzeitigen Verhaltens überzeugt, so bestehen an der bewussten Arbeitsverweigerung und an der entsprechenden Nachhaltigkeit ihres Verhaltens offensichtlich keine Zweifel.

b) Gleichwohl ist eine außerordentliche, fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB - wie eingangs dargestellt - nur dann rechtswirksam, wenn dem Kündigendem eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Im Rahmen der danach vorzunehmenden einzelfallbezogenen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Klägerin an einer jedenfalls befristeten Fortführung des Arbeitsverhältnisses das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung. Zwar war die Klägerin im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung erst seit rund vier Jahren bei der Beklagten beschäftigt und weist auch nach ihren übrigen Sozialdaten aufgrund ihres noch vergleichsweise jungen Lebensalters und der nicht bestehenden Unterhaltspflichten eine eher geringe Schutzwürdigkeit auf. Gleichwohl ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine außerordentliche, fristlose Kündigung einen erheblichen, tiefgreifenden Einschnitt im beruflichen Werdegang eines jeden Arbeitnehmers darstellt. Eine solche Kündigung führt regelmäßig zu finanziellen Nachteilen im Verhältnis zur Arbeitsverwaltung und hat insbesondere erhebliche Auswirkungen auf die Vermittelbarkeit des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt. Letzteres gilt umso mehr, als es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine solche mit vergleichsweise begrenzten Einsatzmöglichkeiten handelt. Der Makel einer außerordentlichen Kündigung wiegt hier besonders schwer. Demgegenüber ist die Belastung der Beklagten aufgrund einer dreimonatigen Weiterbeschäftigung der Klägerin für die Dauer der Kündigungsfrist deutlich geringer zu gewichten. Zwar ist die Beklagte dann für diesen Zeitraum zur Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung an die Klägerin verpflichtet. Sie erhält jedoch als Gegenwert auch deren Arbeitsleistung. Selbst nach der erfolgten beharrlichen Arbeitsverweigerung kann daher der Beklagten zugemutet werden, die Klägerin - ggf. im Wege einer unmittelbaren Beaufsichtigung durch die Kindergartenleiterin - für drei Monate weiterzubeschäftigen und das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzuführen.

2. Ebenso wie die Berufung der Beklagten ist auch die Berufung der Klägerin unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung für rechtmäßig erachtet und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.03.2005 sein Ende gefunden hat.

a) Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG, dessen allgemeine Anwendbarkeitsvoraussetzungen im vorliegenden Fall unstreitig erfüllt sind, liegt ein verhaltensbedingter, die Kündigung rechtfertigender Grund immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht schuldhaft verletzt, das Arbeitsverhältnis dadurch konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien billigenswert und angemessen erscheint (BAG, Urt. v. 17.06.2002 - 2 AZR 62/02 -, EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59; BAG, Urt. v. 24.06.2004 - 2 AZR 63/03 - , EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65 jeweils m. w. N.).

b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat ihre vertragliche Hauptleistungspflicht schuldhaft verletzt. Sie ist bewusst und nachhaltig einer rechtmäßigen Weisung ihrer Vorgesetzten nicht nachgekommen. Hierdurch ist auch das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt worden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Vorliegen eines an sich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigenden Grundes Bezug genommen werden. Schließlich besteht auch keine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung für die Klägerin bei der Beklagten. Die Klägerin ist in dem Evangelischen Kindergarten in K als sog. Zweitkraft tätig. Anderweitige Einsatzmöglichkeiten bestehen unstreitig nicht. Nach allem muss daher die Lösung des Arbeitsverhältnisses als insgesamt billigenswert und angemessen erachtet werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte allein wegen der besonderen belastenden und für die Klägerin nachteiligen Auswirkungen einer außerordentlichen Kündigung von einer sofortigen Auflösung Abstand nehmen musste. Eine dauerhafte Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin kann ihr jedoch aufgrund der Schwere und der Nachhaltigkeit des Vertragsverstoßes nicht zugemutet werden. Nicht zuletzt die im Termin vor dem Berufungsgericht seitens der Klägerin gezeigte Uneinsichtigkeit in ihr Fehlverhalten hat dies deutlich gemacht.

c) Schließlich fehlt es auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an einer nochmaligen vorherigen einschlägigen Abmahnung für die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung. Zwar ist es zutreffend, dass vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung der Arbeitnehmer regelmäßig abzumahnen ist und ihm mit einer einschlägigen Abmahnung die Gefährdung des Fortbestandes seines Arbeitsverhältnisses deutlich gemacht wird. Dies folgt aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit und entspricht der ganz herrschenden Lehre und Rechtsprechung (vgl. nur Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz zum Arbeitsverhältnis, 9. Aufl., Rziff. 1172 m. umfassenden weiteren Nachweisen).

Eine solche einschlägige Abmahnung liegt hier unstreitig vor. Die Klägerin ist am 28.11.2003 mehrfach schriftlich abgemahnt worden. Dabei wird der Klägerin in einer Abmahnung ausdrücklich vorgeworfen, sie habe wiederholt dienstliche Anweisungen ihrer Gruppenleiterin nicht oder nur widerwillig befolgt. Konkret geht es um eine Arbeitsverweigerung am 14.11.2003, als sich die Klägerin nämlich geweigert hat, entgegen der Anweisung der Gruppenleiterin im Hof Aufsichtsdienst zu leisten. Mit dieser schriftlichen Abmahnung ist die Klägerin auch hinreichend deutlich darauf hingewiesen worden, dass künftige Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten mit arbeitsrechtlichen Schritten bis hin zur fristlosen Kündigung sanktioniert werden würden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Abmahnung vom 28.11.2003 auch keinesfalls durch Zeitablauf wirkungslos geworden. Eine Regelfrist, nach der eine Abmahnung wirkungslos wird, existiert nicht. Vielmehr kann nur aufgrund aller Umstände des Einzelfalls ermittelt werden, ob eine einschlägige Abmahnung noch Wirkung entfaltet (vgl. BAG, Urt. v. 09.08.1984, NZA 1985, 124; BAG, Urt. v. 18.11.1986, NZA 1987, 418; DLW/Dörner, Handbuch Arbeitsrecht, 4. Aufl., Teil D Rziff. 1376 f.). Die Wirkungsdauer einer Abmahnung hängt danach insbesondere von der Schwere der abgemahnten Vertragsverletzung ab, so dass der Arbeitgeber bei schwereren Vertragsverletzungen im Wiederholungsfall auch nach längerer Zeit eine Kündigung ohne erneute Abmahnung eher aussprechen kann, als bei leichteren Vertragsverletzungen (APS/Dörner, 2. Aufl., § 1 KSchG Rziff. 422; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl., Rziff. 3, jeweils m. umfassenden w. N.). So hat zuletzt das BAG mit Urt. v. 10.10.2002 entschieden, dass selbst nach dreieinhalb Jahren eine Abmahnung allein aufgrund des Zeitablaufs ihre Wirkung noch nicht zwingend verloren hat (vgl. BAG, Urt. v. 10.10.2002 - 2 AZR 418/01 -, EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 1). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so kann der Abmahnung vom 28.11.2003 jedenfalls ihre fortbestehende Wirksamkeit nicht abgesprochen werden. Es handelt sich hierbei um eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung, also eines unmittelbar die Hauptleistungspflicht der Klägerin betreffenden Fehlverhaltens. Eine derartige Abmahnung kann allenfalls bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände bereits nach einem derart kurzem Zeitraum von einem Jahr in ihrer Wirksamkeit gemindert sein. Solche besonderen Umstände sind aber im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich.

d) Nach allem bleibt es somit bei der Wirksamkeit der streitgegenständlichen hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung der Beklagten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere betrifft die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.

Ende der Entscheidung

Zurück