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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 26.05.2004
Aktenzeichen: 3 Sa 1447/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 611 |
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 26. Mai 2004
In Sachen
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kreitner als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Frenking und Winthuis
für Recht erkannt:
Tenor:
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.08.2003 - 7 Ca 1879/03 - teilweise abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.046,-- € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2003 zu zahlen.
2) Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 92 % und der Beklagte zu 8 %.
4) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung einer ihm von der klagenden Arbeitgeberin gewährten Studienbeihilfe.
Die Klägerin ist eine bekannte Automobilherstellerin, die in ihren sechs inländischen Produktionswerken mehrere tausend Auszubildende beschäftigt. Der am 25.07.1972 geborene Beklagte begann im Jahr 1994 bei der Klägerin eine Berufsausbildung zum Automobilmechaniker, die er am 16.01.1997 erfolgreich abschloss, woraufhin die Klägerin ihn mit Arbeitsvertrag vom 17.01.1997 in ein Arbeitsverhältnis übernahm. Denjenigen Auszubildenden, die einen guten Ausbildungsabschluss erreichen, bietet die Klägerin die Möglichkeit einer Studienförderung an. Eine derartige Förderung wurde zwischen den Parteien am 08.10.1997 vereinbart. In dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Klägerin dem Beklagten ab 01.10.1997 für die Dauer eines Studiums (Regelstudienzeit: 8 Semester) an einer Fachhochschule, Hochschule oder Universität für die Fachrichtung Fahrzeugbau eine Studienbeihilfe von 1.000,-- DM brutto monatlich zu zahlen. Die schriftliche Vereinbarung vom 08.10.1997 enthält darüber hinaus u.a. folgende Bestimmungen:
"5. Der Beihilfeempfänger verpflichtet sich, nach erfolgreichem Studienabschluss eine mindestens vierjährige Tätigkeit in einem von der V A bestimmten Werk abzuleisten. Die V A kann den Zeitraum dieser Verpflichtung kürzer festlegen.
6. Der Beihilfeempfänger hat die erhaltenen Förderungsbeträge zurückzuzahlen:
...
d. wenn nach erfolgreichem Abschluss des Studiums in der vereinbarten Fachrichtung die Tätigkeit bei der V A nicht wieder aufgenommen bzw. die vorgeschriebene Beschäftigungszeit bei der V A nicht eingehalten wird.
9. Der Beihilfeempfänger erhält von der V A im Einvernehmen mit dem Betriebsrat eine Wiedereinstellungszusage:
- im Falle des erfolgreichen und zeitgerechten Studienabschlusses in einer seinem Studium entsprechenden Tätigkeit ...."
Der Beklagte begann sein Studium am 01.10.1997. Am 08.07.2002 schloss er sein Studium der Fahrzeugtechnik mit dem Hochschulgrad "Diplom-Ingenieur (FH)" erfolgreich ab. Die Klägerin zahlte an den Beklagten seit dem 01.10.1997 die vereinbarte monatliche Studienbeihilfe. Zum Ende des Studiums gewährte sie ihm in den Monaten März bis Juni 2002 eine Unterstützung in gleicher Höhe in Form eines zinslosen Darlehens.
Bereits vor der am 08.07.2002 erfolgreich absolvierten Abschlussprüfung wandte sich der Beklagte im April 2002 mit Schreiben vom 14.04.2002 an die Personalabteilung der Klägerin und übersandte ihr seine Bewerbungsunterlagen mit dem Hinweis darauf, dass seine Diplomarbeit voraussichtlich Ende Juni des Jahres fertiggestellt sein würde. Es kam daraufhin im Juni 2002 zu einem Bewerbungsgespräch mit Herrn Dr. P , Vorentwicklung Otto-Motoren. Herr Dr. P teilte dem Beklagten mit, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestünde, ihn in der vorgenannten Abteilung einzustellen. Eine Rückmeldung erhielt der Beklagte nicht. Die Stelle wurde mit einem anderen Bewerber besetzt. Am 02.08.2002 richtete der Beklagte eine zweite Bewerbung an die Personalabteilung und fügte auch dieser Bewerbung Lebenslauf und Zeugnisse bei. Ab diesem Zeitpunkt begann der Beklagte sich darüber hinaus unmittelbar bei den für ihn in Frage kommenden Fachabteilungen der Klägerin zu bewerben. Dies geschah mit Schreiben vom 06.08.2002 für einen internationalen Einsatz in Mexico und mit Bewerbungsschreiben vom 12.08.2002 an den Abteilungsleiter für VR-Motoren, Herrn K . Anlässlich der letztgenannten Bewerbung kam es wiederum zu einem Vorstellungsgespräch am 26.08.2002, das schließlich mit Bescheid vom 24.09.2002 abschlägig beschieden wurde. Zur Begründung wurde angegeben, dass im Bereich VR-Motoren keine freie Planstelle vorhanden sei. Eine weitere Bewerbung versandte der Beklagte am 20.08.2002 an Herrn D . Eine Antwort erhielt er nicht.
Mit E-Mail vom 25.09.2002 wandte sich der Beklagte nochmals an die für ihn zuständige Frau H aus der Personalabteilung und teilte mit, dass sämtliche Bewerbungsbemühungen seinerseits bisher erfolglos verlaufen seien. Ein weiteres Bewerbungsgespräch fand am 01.10.2002 statt. Mangels einer freien Planstelle kam es wiederum nicht zu einer Einstellung des Beklagten, der sich daraufhin erneut an die Personalabteilung wandte und um Unterstützung bat. Am 29.10.2002 fand ein letztes Bewerbungsgespräch statt, das aufgrund der Bewerbung des Beklagten aus April 2002 zustande kam. Der Beklagte erhielt erneut eine Absage.
In der Folgezeit rief der Beklagte mehrfach bei der Personalabteilung sowie im Zentralbereich Technische Entwicklung an, um insbesondere seine Bewerbung im Bereich der Aggregate-Entwicklung zu fördern. Sämtliche Anstrengungen des Klägers blieben erfolglos. Unter dem 04.11.2002 erhielt der Beklagte eine erneute Absage auf eine Stellenbewerbung. Daraufhin teilte er mit Schreiben vom 07.11.2002 der Klägerin mit, dass nach seiner Auffassung die Klägerin die vertraglich vereinbarte Wiedereinstellungszusage nicht eingehalten habe und er für die Aufgabe des von der Klägerin zugesagten Arbeitsplatzes den Verzicht auf die Rückzahlung der Studienbeihilfe und eine Abfindung für den entstandenen Verdienstausfall verlange. Er setzte der Klägerin hierfür eine Stellungnahmefrist bis zum 20.11.2002.
Aufgrund eines zwischenzeitlich erfolgten Vorstellungsgespräches des Beklagten bei der Firma F -M G in A bot diese dem Kläger den Abschluss eines Arbeitsvertrages an. Den von der Firma F -M am 15.11.2002 unterschriebenen Arbeitsvertrag zeichnete der Beklagte am 25.11.2002 gegen. Ebenfalls am 25.11.2002 erhielt der Beklagte eine Zusage der Klägerin, in der Abteilung EAOR-5 VR-Motoren zum 01.12.2002 eingestellt werden zu können. Noch am 25.11.2002 lehnte der Beklagte dieses Einstellungsangebot gegenüber der Klägerin unter Hinweis auf die fruchtlos verstrichene Stellungnahmefrist im Schreiben vom 07.11.2002 ab und mahnte erneut den im Schreiben vom 07.11.2002 geforderten Abfindungsbetrag an.
Mit Schreiben vom 16.01.2003 forderte die Klägerin unter Berufung auf Ziffer 6. d der Vereinbarung vom 08.10.1997 die geleistete Studienbeihilfe zurück. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 12.02.2003 die Zahlung ab.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zur Rückzahlung der Studienbeihilfe sowie des zusätzlich gewährten unverzinslichen Darlehens in unstreitiger Höhe von 24.032,88 € verpflichtet. Der Anspruch ergebe sich aus Ziffer 6. d der Vereinbarung vom 08.10.1997. Da der Beklagte frühestens ab August 2002 seine Wiedereinstellung betrieben habe, sei das Angebot der Klägerin im November 2002 jedenfalls fristgerecht erfolgt. Es sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte sich ausschließlich um Einsatzmöglichkeiten im Bereich Motorenentwicklung bemüht habe, die Vereinbarung in Ziffer 9 der Studienförderungsvereinbarung aus dem Jahr 1997 aber wesentlich breiter zu verstehen sei. Wenn der Beklagte sich auch um Einsatzmöglichkeiten außerhalb des von ihm selbst gewählten Motorenentwicklungsbereichs bemüht hätte, wäre seine Einstellung früher möglich gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 24.032,88 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Anspruchsvoraussetzungen für den geltend gemachten Erstattungsanspruch seien nicht gegeben. Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten ihr Recht auf Ableistung einer höchstens vierjährigen Tätigkeit nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums geltend gemacht. Ein weiteres Zuwarten sei dem Beklagten insbesondere im Hinblick auf seine finanzielle Situation nicht zumutbar gewesen. Er habe seinerseits alles getan, um gegenüber der Klägerin sein Interesse an einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses deutlich zu machen. Seiner Verpflichtung zur Anzeige, dass er für die Aufnahme der Tätigkeit nach Abschluss des Studiums zur Verfügung stehe, sei er nachgekommen. Sodann sei es Sache der Klägerin gewesen, ihm einen entsprechenden Arbeitsplatz anzubieten. Dies sei bis zum 25.11.2002 unstreitig nicht geschehen. Hilfsweise hat er mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 21.131,14 € wegen entgangenen Verdienstes aufgerechnet.
Mit Urteil vom 21.08.2003 hat das Arbeitsgericht Aachen die Klage abgewiesen und dabei zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Rückforderungsansprüche auf Zahlung eines Betrages in unstreitiger Höhe von 24.032,88 € schieden jedenfalls wegen eingetretener Verwirkung aus. Die Klägerin sei im Zeitraum vom 02.08. bis 21.11.2002 in einer Art und Weise untätig gewesen, die bei dem Beklagten zu Recht den Eindruck erweckt habe, dass sie ihr Recht nicht mehr geltend machen wolle und er habe sich daher darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Gegen dieses der Klägerin am 15.12.2003 zugestellte Urteil hat sie am 23.12.2003 Berufung eingelegt und diese am 25.02.2004 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründet. Die Klägerin behauptet, sie habe die Studienförderung des Beklagten über die Regelstudiendauer hinaus bis zum Abschluss des 9. Semesters im Februar 2002 fortgesetzt. Im Übrigen hält sie an ihrer erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassung fest, dass ein unzumutbarer Zeitverzug bis zur letztlich Ende November 2002 erfolgten Einstellungszusage nicht gegeben sei. Außerdem sei für den Beklagten erkennbar gewesen, dass die Klägerin zunächst ausschließlich nach einer Position gesucht habe, die seinen besonderen Vorstellungen entsprochen habe. Vor diesem Hintergrund scheide eine Verwirkung sowohl wegen des fehlenden Zeit- als auch Umstandsmomentes aus. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass dem Schreiben des Beklagten vom 17.11.2002 kein Abmahnungscharakter zukomme, da es sich hierbei nach eigener Auffassung des Beklagten um eine Kündigung der Förderungsvereinbarung aus wichtigem Grund handele. Jedenfalls habe der Beklagte der Klägerin die Möglichkeit eines verbindlichen Vertragsangebotes geben müssen, bevor er einen anderen Arbeitsvertrag mit einem dritten Unternehmen unterschrieben habe. Davon unabhängig sei der Beklagte jedenfalls zur Rückzahlung des über einen Zeitraum von 4 Monate von März bis einschließlich Juni 2002 gewährten zinslosen Darlehens verpflichtet. Schließlich macht die Klägerin geltend, dass nach ihrer Auffassung wegen des Überschreitens der Regelstudienzeit nach der vertraglichen Studienförderungsvereinbarung ohnehin kein Wiedereinstellungsanspruch des Beklagten bestanden habe. Potenzielle Vergütungsansprüche des Beklagten schieden mithin gegenüber der Klägerin aus.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.08.2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 24.032,88 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt dem erstinstanzlichen Urteil bei und wiederholt den erstinstanzlichen Sachvortrag. Er ist der Auffassung, die von ihm im Schreiben vom 07.11.2002, das der Klägerin am 08.11.2002 zugegangen ist, gesetzte Stellungnahmefrist bis zum 20.11.2002 sei nicht unangemessen kurz. Er habe jedenfalls erwarten können, dass die Klägerin ihr Interesse an einer Tätigkeit seiner Person bis zum 20.11.2002 kundgetan hätte. Er habe daher den anderweitigen Anstellungsvertrag am 25.11.2002 unterzeichnen dürfen. In der Zeit nach Abschluss seines Examens bis zum 25.11.2002 sei er seinen vertraglichen Mitwirkungspflichten in vollem Umfang nachgekommen. Eine förmliche Abmahnung sei bei Berücksichtigung der Gesamtumstände entbehrlich gewesen. Schließlich bestreitet der Beklagte zweitinstanzlich erstmals den Erhalt der vertraglich vereinbarten Studienförderung auch nach Ablauf der achtsemestrigen Regelstudienzeit für das 9. Semester bis einschließlich Februar 2002. Vielmehr habe die Klägerin die Studienförderung zum 30.09.2001 eingestellt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur zu einem geringen Teil Erfolg, soweit es um die Rückzahlung des unstreitig gewährten zinslosen Darlehens geht. Die weitergehende Berufung ist unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der gewährten Studienförderung besteht nicht.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 2.046,-- €. Hierbei handelt es sich um das von der Klägerin dem Beklagten in den Monaten März bis einschließlich Juni 2002 unstreitig gewährte Arbeitgeberdarlehen. Dieses Darlehen ist auch zur Rückzahlung fällig. Zwar kann nicht angenommen werden, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch vom Bestand bzw. der Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien abhängt (vgl. ErfK/Preis, 4. Auflage, § 611 BGB Rz. 544; Küttner/Griese, Personalbuch 2004, 11. Auflage, Arbeitgeberdarlehen Rz. 6 jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung). Davon unabhängig ist der Rückzahlungsanspruch der Klägerin vorliegend jedoch spätestens mit dem Zugang der streitgegenständlichen Klageschrift vom 27.03.2003 am 10.04.2003 gegenüber dem Beklagten fällig geworden, da die klageweise Geltendmachung als Kündigung anzusehen ist.
Der Beklagte ist dem Darlehensrückzahlungsbegehren der Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten und hat keine diesbezüglichen Einwendungen geltend gemacht. Der Zinsanspruch der Klägerin folgt unter Verzugsgesichtspunkten aus den §§ 286, 288, 291 BGB.
2. Die weitergehende Klage ist demgegenüber unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus der vertraglichen Vereinbarung vom 08.10.1997 über die Gewährung einer Studienbeihilfe keinen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Betrages, denn es fehlt insoweit bereits am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die vertraglich vereinbarte Rückzahlungspflicht.
Gemäß Ziffer 6. d der vorgenannten Vereinbarung muss der Beihilfeempfänger die erhaltenen Förderungsbeträge u.a. dann zurückzahlen, wenn nach erfolgreichem Abschluss des Studiums die Tätigkeit bei der Klägerin in der vereinbarten Fachrichtung nicht wieder aufgenommen wird. Bei isolierter Betrachtung allein dieser Vertragsbestimmung scheint zunächst eine Rückzahlungspflicht des Beklagten zu bestehen. Denn die beiden dort genannten Voraussetzungen des erfolgreichen Studienabschlusses sowie der Nichtaufnahme einer Tätigkeit bei der Klägerin liegen unstreitig vor. Gleichwohl ist der Beklagte nicht zur Zahlung verpflichtet, denn die vorgenannte vertragliche Erstattungsregelung muss im Zusammenhang mit der vorhergehenden Bestimmung in Ziffer 5 der Förderungsvereinbarung gesehen werden. Dort haben die Vertragsparteien vereinbart, dass sich der Beihilfeempfänger verpflichtet, nach erfolgreichem Studienabschluss eine mindestens vierjährige Tätigkeit in einem von der V A bestimmten Werk abzuleisten. Hinsichtlich der Tätigkeit des Beklagten für die Klägerin im Anschluss an sein Studium besteht mithin eine Vorleistungspflicht der Klägerin. Will sie von ihrem Recht aus Ziffer 5 der Förderungsvereinbarung Gebrauch machen und den Beklagten für den dort vereinbarten Zeitraum von bis zu 4 Jahren arbeitsvertraglich an sich binden, muss sie ihm einen bestimmten, seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz anbieten. Dies ergibt sich unmissverständlich aus der Formulierung, dass die Tätigkeit in einem "von ihr bestimmten Werk" zu erbringen ist.
Dieser Mitwirkungspflicht ist die Klägerin nicht in hinreichendem Maße nachgekommen. Im Gegenteil war es ausschließlich der Beklagte, der sich um eine Anschlusstätigkeit bei der Klägerin bemüht hat. So hat er, wie das erstinstanzliche Gericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, sich bereits vor Abschluss des Studiums bei der Klägerin gemeldet und unter Abgabe der Bewerbungsunterlagen sein Interesse an der Fortsetzung einer Tätigkeit deutlich gemacht. In gleicher Weise hat er sich auch in Folgemonaten nach Erlangung des Studienabschlusses im Juli 2002 verhalten. Bereits Anfang August 2002 hat er sich aktiv auf mehrere Stellen in verschiedenen Abteilungen der Klägerin beworben. Er hat Bewerbungsgespräche geführt und auch die Personalabteilung mehrfach um unterstützende Mithilfe gebeten.
Soweit die Klägerin erstinstanzlich eingewandt hat, der Beklagte habe sich ausschließlich um Einsatzmöglichkeiten im Motorenentwicklungsbereich bemüht, die nach der Förderungsvereinbarung vorgesehene Wiedereinstellung sei jedoch wesentlich breiter zu verstehen gewesen, und bei entsprechenden allgemeinen Bemühungen des Beklagten im Bereich Fahrzeugbau und Fahrzeugtechnik sei sein Einsatz früher möglich gewesen, verkennt die Klägerin offensichtlich die nach der Förderungsvereinbarung geltende Verteilung der Mitwirkungs- und Handlungspflichten. Nicht der Beklagte war verpflichtet, sich um anderweitige Tätigkeiten bei der Klägerin zu bemühen, sondern ausschließlich die Klägerin hätte aktiv werden müssen, um dem Kläger entsprechende Stellenangebote zu unterbreiten. Genau dies ist aber über einen Zeitraum von über 4 Monaten nach erfolgreichem Studienabschluss des Beklagten nicht geschehen.
Aufgrund dieser Verhaltensweise der Klägerin war es dem Beklagten nach Auffassung der erkennenden Kammer jedenfalls im November 2002 nicht mehr zuzumuten, weiter auf ein Stellenangebot der Klägerin zu warten. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte gegenüber der Klägerin zuvor mit Schreiben vom 07.11.2002 unmissverständlich deutlich gemacht hatte, dass er nunmehr auf die Wiedereinstellungszusage nach der Förderungsvereinbarung vom 08.10.1997 verzichte, nachdem die Klägerin ihm bis dahin eine Wiedereinstellung in einem ausbildungsgerechten Tätigkeitsbereich nicht ermöglicht hatte. Nachdem die Klägerin dann ebenso wie in den letzten Monaten auch die ihr mit diesem Schreiben gesetzte Stellungnahmefrist zum 20.11.2002 unbeantwortet gelassen hatte, durfte der Beklagte eine anderweitige arbeitsvertragliche Bindung mit einem dritten Unternehmen eingehen, ohne Rückforderungsansprüchen der Klägerin hinsichtlich der Studienförderung ausgesetzt zu sein. In Anbetracht der völlig einseitigen Bemühungen des Beklagten um eine Wiedereinstellung bei der Klägerin in den letzten Monaten erscheint der erkennenden Kammer auch die vorgenannte Stellungnahmefrist nicht unangemessen kurz. Das Schreiben des Beklagten vom 07.11.2002 ist bei der Klägerin am 08.11.2002 eingegangen, so dass hier 12 bzw. bis zur entgültigen Ablehnung des Beklagten mit Schreiben vom 25.11.2002 17 Tage blieben. In Anbetracht der Gesamtumstände ist dies nicht zu beanstanden.
Fehlt es somit bereits am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin, kommt es auf die Frage der Verwirkung eines möglichen Rückzahlungsanspruches nicht an. Auch die erstinstanzlich vom Beklagten gegenüber der Klageforderung geltend gemachte Hilfsaufrechnung bedarf keiner Entscheidung. Unabhängig von der Frage, ob diese seitens des Beklagten ausschließlich gegenüber dem Rückzahlungsbegehren der Klägerin hinsichtlich der Studienförderung oder auch im Bezug auf den Darlehensrückzahlungsanspruch geltend gemacht worden ist, hat der Beklagte diese Aufrechnung jedenfalls zweitinstanzlich nicht mehr geltend gemacht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 ArbGG, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.
Ende der Entscheidung
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