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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 07.11.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 203/07
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 75 |
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.12.2006 - 4 Ca 1444/06 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe eines Sozialplanabfindung.
Die 1954 geborene, verheiratete Klägerin war von 1973 bis 2005 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten. Vor der Kündigung vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat im April 2005 einen Sozialplan, der in § 5 folgende Abfindungsregelung enthält:
"Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Jeder Mitarbeiter, der unter den Geltungsbereich dieses Sozialplans fällt und dessen Arbeitsverhältnis wegen der Betriebsänderung durch Beendigungskündigung oder Aufhebungsvertrag nach Abschluss des Interessenausgleiches und Sozialplans endet, erhält eine Abfindung nach § 5 Abs. 2 mit Ausnahme der Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieses Sozialplanes fallen und ein Änderungsangebot ablehnen und deren Arbeitsverhältnis deshalb durch Beendigungskündigung, Aufhebungsvertrag oder Eigenkündigung endet. Für diese gilt Abs. 2 nicht.
Jeder nach § 5 Abs. 1 anspruchsberechtigte Mitarbeiter erhält bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bruttoabfindung, die sich wie folgt errechnet:
Bruttomonatsgehalt x Lebensalter x Dauer der Betriebszugehörigkeit : 77,5
mindestens jedoch eine Abfindung, die sich nach folgender Formel errechnet:
Bruttomonatsgehalt x 0,5 Dauer der Betriebszugehörigkeit,
höchstens jedoch insgesamt 70.000,00 € brutto.
Je unterhaltsberechtigtem Kind wird zusätzlich ein Betrag von brutto 2.000,00 € gezahlt.
Die Zahlung der Abfindungen erfolgen unter der Beachtung der steuerrechtlichen Regelungen, insbesondere § 3 Nr. 9 EStG."
In der Gehaltsabrechnung für Februar 2006 rechnete die Beklagte für die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 70.000,00 € ab und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag an die Klägerin aus.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe eine höhere Abfindung in Höhe von insgesamt 89.572,28 € zu, da die im Sozialplan vorgesehene Kappungsgrenze unwirksam sei. Hierzu hat sie gemeint, diese Kappungsgrenze verstoße gegen § 75 Abs. 1 BetrVG und stelle eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung dar. Sie betreffe ausschließlich Mitarbeiter, die ein hohes Lebensalter erreicht hätten, da nur solche Mitarbeiter über eine ausreichend lange Betriebszugehörigkeit verfügten, um einen entsprechend hohen Abfindungsanspruch zu erlangen. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Kappungsgrenze sei nicht ersichtlich. Schließlich komme es ohne eine derartige Abfindungskappung auch nicht zu einer unangemessenen Ausdehnung des Gesamtvolumens des Sozialplans, da die Mehrbelastung im vorliegenden Fall lediglich 19.572,28 € betrage und neben der Klägerin lediglich ein weiterer Mitarbeiter betroffen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Abfindungsbetrag in Höhe von 89.572,28 € abzüglich bereits abgerechneter 70.000,00 €, mithin 19.572,28 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die sozialplanmäßige Begrenzung der Abfindungssumme auf 70.000,00 € für wirksam erachtet und gemeint, der Sozialplan enthalte keine unmittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Diese seien vielmehr gegenüber Jüngeren privilegiert, da sie regelmäßig höhere Abfindungszahlungen erhielten. Auch für eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, was sich nicht zuletzt daraus ergebe, dass Alter und Betriebszugehörigkeit im Rahmen der Abfindungsberechnung bei der Kappungsgrenze in gleicher Weise gewichtet würden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass von der Kappungsgrenze nicht nur die Klägerin, sondern insgesamt 5 Arbeitnehmer betroffen gewesen seien und sich das Sozialplanvolumen ohne Geltung der Kappungsgrenze um rund 170.000,00 € und damit um 16 % erhöhen würde. Bei einer derart gravierenden Mehrbelastung müsse eine Korrektur im Wege der Inhaltskontrolle des Sozialplans jedenfalls ausscheiden.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.12.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Sozialplan enthalte weder eine unmittelbare, noch eine mittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Eine solche Benachteiligung scheide bei der Klägerin bereits dem Grunde nach aus, da sie durch die eingreifende Kappungsgrenze keine weniger günstige Behandlung als andere Arbeitnehmer erfahre. Ihr werde vielmehr lediglich nach einem abstrakt generellem System ein Vorteil vorenthalten, auf den auch kein anderer Arbeitnehmer Anspruch habe. Im Übrigen werde die Klägerin auch nicht insoweit benachteiligt, als ihre Abfindung nicht wesentlich höher sei als diejenige jüngerer Arbeitnehmer, bei denen sich die Höchstbetragsklausel nicht auswirke, denn die Betriebspartner könnten in zulässiger Weise eine Höchstgrenze für die Sozialplanabfindung vereinbaren. Dies gelte jedenfalls im vorliegenden Fall, da die Höchstgrenze mit einem Betrag von 70.000,00 € nicht als unangemessen angesehen werden könne. Aus diesen Gründen habe die Kappungsgrenze auch keine diskriminierende Wirkung. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die erstinstanzliche Entscheidung (Bl. 57 ff. d. A.) Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 08.02.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.02.2007 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2007 begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrag. Sie ist weiterhin der Auffassung, der Sozialplan enthalte bereits eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin, da ihr Lebensalter und damit einhergehend ihre Betriebszugehörigkeit nicht in gleichem Maße berücksichtigt werde wie bei jüngeren Kollegen. Wegen des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze und der damit eingreifenden Kappungsgrenze werde ihr beinahe ein Viertel der ihr nach Sozialplanberechnung zustehenden Abfindung vorenthalten. Das Vorenthalten eines Anspruchs auf ein "Mehr" an Abfindung stelle im Umkehrschluss eine Verkürzung bestehender Rechte und damit einen Nachteil dar. Jedenfalls aber bedeute die Kappungsgrenze eine mittelbare Diskriminierung wegen Alters, da sie in der Regel und im konkreten Fall ältere Arbeitnehmer betreffe.
Dieser Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der Klägerin sei auch alternativ keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit angeboten worden. Rechtsfolge des somit gegebenen Verstoßes gegen die Richtlinie 2000/78/EG sei ein Anspruch auf "Angleichung nach oben", also eine Anwendung des Sozialplans ohne die diskriminierende Höchstbetragsklausel. Schließlich sei auch keine Gesamtnichtigkeit des Sozialplans gegeben, da der alleinige Wegfall der absoluten Kappungsgrenze nicht dazu führe, dass der Sozialplan keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr darstelle. An die Stelle der Höchstbeträge könnten problemlos die vorgegebenen Staffelungsbeträge der Abfindungen treten. Letztlich werde auch das Gesamtvolumen des Sozialplans nicht in unangemessener Weise erhöht, da von den betroffenen Arbeitnehmern allein die Klägerin sich auf die Unwirksamkeit der Kappungsgrenze berufen und einen höheren Abfindungsbetrag geltend gemacht habe. Höhere Abfindungsansprüche sonstiger Arbeitnehmer könnten daher nicht berücksichtigt werden. Davon abgesehen könne es ohnehin auf die Angemessenheit der Ausdehnung des Sozialplanvolumens nicht ankommen, da nach Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nur unter den dort genannten Bedingungen rechtlich zulässig sei, zu denen die allein auf wirtschaftlichen Gründen der Beklagten beruhende Kappungsgrenze nicht gehöre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.12.2006 - 4 Ca 1444/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.572,38 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Nach ihrer Auffassung enthält der Sozialplan weder eine unmittelbare, noch eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Alters. Das ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Kappungsgrenze überhaupt keinen Altersbezug aufweise, wie sich nicht zuletzt daraus ergebe, dass ältere und länger betriebszugehörig gewesene Mitarbeiter als die Klägerin von der Kappungsgrenze nicht betroffen gewesen seien. Nicht das Alter, sondern das höhere Gehalt der Klägerin sei also maßgeblich für das Eingreifen der Kappungsgrenze gewesen. Im Übrigen habe das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass Altersstufen in Sozialplänen zulässig seien. Selbst ein völliger Ausschluss älterer Arbeitnehmer von den Leistungen eines Sozialplans - beispielsweise wegen des möglichen Bezugs vorgezogenen Altersruhegeldes - sei danach rechtmäßig.
Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach § 127 Abs. 2 SGB III a. F. einen Arbeitslosengeldbezug von 22 Monaten haben werde, ein 10 Jahre jüngerer Arbeitnehmer mit einer 10 Jahre kürzeren Betriebszugehörigkeit jedoch lediglich einen Arbeitslosengeldanspruch für die Dauer von 12 Monaten habe. Insgesamt hätten mithin die Betriebspartner im Sozialplan einen sachgerechten Ausgleich vorgesehen.
Schließlich sei zu beachten, dass mit der Klägerin insgesamt 5 Mitarbeiter der Beklagten von der Kappungsgrenze betroffen seien. Bei einer Unwirksamkeit der Kappungsgrenze würde sich daher das Sozialplanvolumen um rund 16 % erhöhen. Eine Erhöhung in dieser Größenordnung lasse eine Korrektur im Sinne des klägerischen Begehrens damit von vornherein nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer weitergehenden Sozialplanabfindung.
1. Ein derartiger Anspruch folgt zunächst nicht aus dem zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat am 11.04.2005 vereinbarten Sozialplan. Zwar hat ein jeder Sozialplan gemäß § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung und schafft damit für die einzelnen Mitarbeiter unmittelbar einklagbare Ansprüche (BAG, Urteil vom 17.10.1989 - 1 ABR 75/88 - DB 1990, 486). Vorliegend scheitert jedoch der geltend gemachte Zahlungsanspruch an der in § 5 Nr. 2 des Sozialplans enthaltenen Höchstbegrenzungsklausel. Danach beträgt der Abfindungsanspruch eines jeden Mitarbeiters maximal 70.000,00 € brutto. Derartige Höchstbegrenzungsklauseln für Abfindung in Sozialplänen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtswirksam (BAG, Urteil vom 19.10.1999 - 1 AZR 838/98 - NZA 2000, 732; BAG, Urteil vom 25.03.2003 - 1 AZR 335/02 - EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 5; zuletzt BAG, Beschluss vom 02.10.2007 - 1 AZN 793/07 - DB 2008, 69). Sie verstoßen nicht gegen § 75 Abs. 1 BetrVG und stellen keine altersmäßige Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer dar. Dieser Rechtsprechung schließt sich die erkennende Kammer an.
a) Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden. Damit ist aber nicht jegliche unterschiedliche Behandlung von älteren und jüngeren Arbeitnehmern ausgeschlossen. Zulässig bleibt die sachlich begründete Differenzierung. Dies gilt immer dann, wenn sich die Betriebsparteien am Zweck der Sozialplanleistung ausrichten, der darin besteht, mit einem begrenzten Volumen möglichst allen von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmern eine verteilungsgerechte Überbrückungshilfe bis zu einem ungewissen neuen Arbeitsverhältnis oder längstens bis zum Bezug von Altersrente zu ermöglichen (BAG, Urteil vom 23.08.1988 - 1 AZR 284/87 - BAGE 59, 255, 262 f.). Hierfür bedarf es in aller Regel des Gebrauchs von Pauschalierungen, da die einzelnen zu erwartenden Nachteile meist nicht konkret voraussehbar sind (BAG, Urteil vom 19.10.1999 - 1 AZR 838/98 - NZA 2000, 732).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die in § 5 des Sozialplans vereinbarte Kappungsgrenze weder eine unmittelbare, noch eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Alters.
aa) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt immer dann vor, wenn eine Person wegen ihres Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Vergleichsperson. Eine solche Benachteiligung enthält § 5 des Sozialplans nicht. Im Gegenteil steigt die Abfindung nach der Berechnungsformel in § 5 Nr. 2 des Sozialplans mit steigendem Lebensalter. Damit werden letztlich ältere Arbeitnehmer gegenüber jüngeren Arbeitnehmern sogar privilegiert. Die Höchstbetragsklausel selbst knüpft überhaupt nicht an das Alter der Mitarbeiter an. Sie ist allein betragsabhängig ausgestaltet und begrenzt mögliche, sich nach der Abfindungsformel rechnerisch ergebende Abfindungsbeträge auf maximal 70.000,00 €. Dies geschieht unabhängig von sämtlichen einzelnen Berechnungsfaktoren.
bb) Auch eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Alters erfolgt durch die in § 5 des Sozialplans festgelegte Kappungsgrenze nicht. Eine solche mittelbare Benachteiligung liegt immer dann vor, wenn sich dem Anschein nach neutrale Vorschriften bei Personen eines bestimmten Alters im Vergleich mit anderen Personen in besonderer Weise benachteiligend auswirken können, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt ist. Auch hierfür fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte.
Zunächst scheidet bereits im Grundsatz eine Benachteiligung als solche aus, wie das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils zutreffend ausgeführt hat. Denn, wie oben dargestellt, kann eine Benachteiligung nur vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer gegenüber Vergleichspersonen eine ungünstigere Behandlung erfährt. Genau dies geschieht aber im vorliegenden Fall nicht, da die Klägerin die höchstmögliche Abfindung erhalten hat. Kein Arbeitnehmer wird ihr gegenüber bezogen auf den Abfindungsanspruch besser gestellt. Das bloße Vorenthalten eines lediglich fiktiv berechenbaren, aber nicht zu beanspruchendem Vorteils ist insoweit rechtlich ohne Relevanz.
Doch auch selbst wenn man, mit der Argumentation der Klägerin, von einer möglichen Benachteiligung ausgehen wollte, stellt die in § 5 des Sozialplans enthaltene Höchstbetragsklausel jedenfalls keine mittelbare altersmäßige Benachteiligung dar. Zum Einen ist das Lebensalter nach der Berechnungsformel in § 5 Nr. 2 des Sozialplans in gleicher Weise zu gewichten wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Beide Faktoren wirken sich auf die Abfindungshöhe in gleicher Weise aus und würden damit durch eine Kappungsgrenze naturgemäß auch beide gleichermaßen mittelbar beeinträchtigen. Eine besondere altersmäßige Benachteiligung kann daher auch mittelbar nicht entstehen.
Zum anderen wäre aber jedenfalls eine unterstellte mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Alters nicht sachwidrig. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem grundlegendem Urteil vom 19.10.1999 (1 AZR 838/98 - NZA 2000, 732) zutreffend ausgeführt hat, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Betriebspartner für das verbleibende Risiko der Arbeitslosigkeit den auszugleichenden wirtschaftlichen Schaden mit einer Höchstgrenze der Sozialplanabfindung bewerten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des insgesamt begrenzten Sozialplanvolumens zu sehen (LAG Niedersachsen, Urteil vom 20.02.2007 - 9 Sa 1373/06 - LAGE § 75 BetrVG 2001 Nr. 5). Hätten die Betriebspartner eine derartige Höchstbegrenzungsklausel nicht in den Sozialplan aufgenommen, so hätte sich dies bei einem ansonsten gleich bleibenden Sozialplanvolumen zwingend zu Lasten derjenigen Arbeitnehmer mit geringeren Abfindungsansprüchen auswirken müssen. Damit wären deren mit der Entlassung verbundene wirtschaftliche Nachteile in noch geringerem Maße als bislang und damit also schlechter als von den Betriebspartnern als angemessen angesehen ausgeglichen worden. Letztlich würde sich damit die Argumentation der Klägerin gegen sie selbst wenden, da ein Fehlen der sachgerechten Kappungsgrenze in gleicher Weise als Benachteiligung der jüngeren Arbeitnehmer wegen ihres geringeren Alters gesehen werden könnte. Diese Überlegung macht deutlich, dass die Betriebspartner auch weiterhin bei der Vereinbarung eines Sozialplans hinsichtlich der Entscheidung frei bleiben müssen, welche Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer in welchem Umfang und auf welche Weise ausgeglichen oder gemindert werden sollen (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 19.10.1999 - 1 AZR 838/98 - NZA 2000, 732 m. w. N.).
2. Aus den vorgenannten Gründen hat die Klägerin gegen die Beklagte aus § 75 Abs. 1 BetrVG in Verbindung mit Art. 3 GG in richtlinienkonformer Auslegung auf Basis der Richtlinie 2000/78/EG auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung "nach oben". Zwar ist es zutreffend, dass bei einem Gleichbehandlungsverstoß regelmäßig eine Anpassung dahingehend erfolgt, dass der benachteiligte Arbeitnehmer die Leistung erhält, die ihm unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten bislang vorenthalten wurde. Ein derartiger Anspruch scheitert hier jedoch an der fehlenden ungerechtfertigten Benachteiligung, wie oben im Einzelnen dargestellt worden ist.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin liegen auch die Voraussetzungen des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG vor. Danach scheidet eine Altersdiskriminierung immer dann aus, wenn die Ungleichbehandlung objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Dabei haben nach der neuesten Rechtsprechung des EuGH der Gesetzgeber und die Sozialpartner auf nationaler Ebene einen weiten Ermessensspielraum (EuGH, Urteil vom 16.10.2007 - C- 411/05 - Palacios, NZA 2007, 1219). Das muss in gleicher Weise für die ebenfalls kollektivrechtliche Ebene der Betriebsverfassung mit ihren normativ wirkenden Regelungen gelten. Legt man diesen Maßstab zugrunde, so stellt die Verwirklichung des Sozialplanzwecks, der darin besteht, das begrenzte Sozialplanvolumen möglichst allen betroffenen Arbeitnehmern als verteilungsgerechte Überbrückungshilfe zur Verfügung zu stellen, ein legitimes Ziel im oben genannten Sinn dar.
3. Im Übrigen scheitert selbst bei einer unterstellten Rechtsunwirksamkeit der Höchstbetragsklausel in § 5 Nr. 2 des Sozialplans der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin an der in diesem Fall bestehenden Gesamtnichtigkeit des Sozialplans vom 11.04.2005.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind zwar Korrekturen einzelner Sozialplanbestimmungen, die Arbeitnehmer unter Verstoß gegen Recht und Billigkeit benachteiligen, grundsätzlich möglich. Dabei ist jedoch immer das Gesamtvolumen des Sozialplans zu berücksichtigen. Denn die mit einer derartigen Korrektur des Sozialplans mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens ist immer nur so lange hinzunehmen, wie nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht "ins Gewicht fällt" (BAG, Urteil vom 26.06.1990 - 1 AZR 263/88 - EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 55; BAG, Urteil vom 12.11.2002 - 1 AZR 58/02 - EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 3; BAG, Urteil vom 21.10.2003 - 1 AZR 407/02 - EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 9). Dabei kommt es letztlich entscheidend nicht auf die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer, sondern allein auf das Verhältnis der finanziellen Mehrbelastung zum Gesamtvolumen an (BAG, a. a. O.).
Diese Grenzen wären im vorliegenden Fall bei einer unterstellten Unwirksamkeit der Höchstbetragsklausel in § 5 des Sozialplans deutlich überschritten. Das Bundesarbeitsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung eine Erhöhung des Gesamtvolumens um 1,7 % als "noch hinnehmbar" angesehen. Nach einer jüngeren Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg aus dem Jahr 2006 ist dies bei einer Erhöhung von 6,91 % nicht mehr der Fall und führt zu einer Gesamtnichtigkeit des Sozialplans (LAG Hamburg, Urteil vom 30.06.2006 - 6 Sa 18/06 - LAGE § 75 BetrVG 2001 Nr. 3). Im vorliegenden Fall hätte die Streichung der Kappungsgrenze eine Ausdehnung des Sozialplanvolumens um rund 16 % zur Folge. Eine derartige Erhöhung des Finanzvolumens ist nach den dargestellten Grundsätzen als "ins Gewicht fallend" anzusehen und hätte damit in jedem Fall die Gesamtnichtigkeit des Sozialplans zur Folge.
III. Nach allem war somit die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Da die Klägerin das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, ist sie gemäß §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Kammer hat die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG auf ausdrückliche Anregung beider Parteien im Hinblick auf die Frage der Altersdiskriminierung zugelassen. Dabei war der Kammer der Beschluss des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 02.10.2007 (1 AZN 793/07 - DB 2008, 69) zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung noch nicht bekannt.
Ende der Entscheidung
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