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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 11.04.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 481/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 626 Abs. 1 | |
BGB § 626 Abs. 2 | |
ZPO § 256 |
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.03.2004 - 1 Ca 5/04 - teilweise abgeändert und klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2003 aufgelöst worden ist.
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 08.01.2004 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.08.2004 fortbestanden hat. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Wirksamkeit zweier fristloser, hilfsweise fristgerechter arbeitgeberseitiger Kündigungen. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme und Vernehmung der Zeugen K und A in vollem Umfang stattgegeben und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2003 aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 59 ff. d. A. Bezug genommen. Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.04.2004 zugestellte Urteil am 29.04.2004 Berufung eingelegt und diese am 19.05.2004 begründet.
Die Beklagte hält weiterhin sowohl die Kündigung vom 22.12.2003 als auch die am 08.01.2004 schriftlich ausgesprochene Folgekündigung für rechtswirksam. Bezüglich der erstgenannten Kündigung rügt sie die erstinstanzliche Beweiswürdigung der Aussage der Zeugin K . Sie trägt vor, die Bekundungen der Zeugin seien bezogen auf den 14.06.2003 nicht wahrheitsgemäß. Soweit die Zeugin geschildert habe, der Kläger habe das Gebäude der Beklagten nicht - wie sonst üblich - durch einen Nebeneingang betreten können, weil das Schloss wegen eines zwischenzeitlich erfolgten Diebstahls ausgetauscht worden sei, sei dies offensichtlich unzutreffend, da der angesprochene Tresordiebstahl erst mehrere Monate später in der Nacht vom 24. auf den 25.09.2003 stattgefunden habe. Der von der Zeugin bezüglich des 14.06.2003 geschilderte Geschehensablauf könne daher nicht zutreffen.
Im Übrigen trägt die Beklagte zur Folgekündigung vom 08.01.2004 zweitinstanzlich vor, es sei ihr am 20.10.2004 gelungen, weitere Einzelheiten zum Themenkomplex "Monitore und Drucker" zu ermitteln. Am 15.06.2001 habe der Zeuge T gemeinsam mit dem Zeugen S einen mit Computerzubehör beladenen Lkw der Firma T überfallen und ausgebraucht und dabei u. a. 140 19-Zoll-Monitore und 150 Computerdrucker erbeutet. Der Gesamtwert der erbeuteten Ware habe sich auf mehr als 1 Mio. DM belaufen. Die Ware sei sodann in einen anderen Lkw umgeladen und in das Gewerbegebiet in M verbracht worden. Am Morgen des darauffolgenden 16.06.2001 habe sich der Lkw auf dem Firmengelände der Beklagten befunden und es sei zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und den Zeugen T gekommen. Der Zeuge T habe dem Kläger und der ebenfalls anwesenden Zeugin K gestohlene Ware aus dem Überfall angeboten. Der Kläger und die Zeugin K hätten daraufhin zwei Drucker gekauft, die ihnen auch sofort ausgehändigt worden seien. Zuvor hätten lediglich die Zeugen T und Sch kurzfristig mit dem Lkw das Betriebsgelände verlassen, um die beiden Drucker aus dem Laderaum in das Führerhaus umzuladen und sodann sofort zum Betriebsgelände zurückzukehren. In der Folgezeit habe sich der Kläger, der ständig in Geldschwierigkeiten gewesen sei, an den Zeugen T gewandt und weiteres Interesse an der gestohlenen Ware bekundet, da er einen Hehler kennen würde, mit dessen Hilfe die Ware absetzbar sei. Der Zeuge T habe daraufhin an den Kläger in den folgenden drei bis vier Wochen in zwei Teillieferungen insgesamt 15 Drucker und 15 Monitore übergeben. Diese Ware sei vom Kläger auf dem Firmengelände der Beklagten im sogenannten Serverraum zwischengelagert worden. Der Kläger habe die Drucker und Monitore zum Teil an andere Belegschaftsmitglieder der Beklagten veräußert. Den größeren Teil der Ware habe er später unter Einsatz eines Firmen-Lkw's vom Firmengelände der Beklagten entfernt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.03.2004 - 1 Ca 5/04 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet, selbst Interesse an dem ihm vom Zeugen T angebotenen Computerzubehör gehabt zu haben. Der Zeuge T habe ihm vielmehr im Beisein der Zeugin K erklärt, er sei billig an Drucker und Monitore gekommen, die er sehr billig aus einer Überschussproduktion habe einkaufen können und daher billig verkaufen wolle. Der Kläger habe sich bereit erklärt, im Kollegenkreis herumzufragen, ob jemand Interesse hätte. Dass es sich dabei um gestohlene Ware gehandelt habe, sei zu keinem Zeitpunkt erwähnt worden. Aus Anlass dieses ersten Gesprächs habe der Zeuge T dem Kläger und seiner Lebensgefährtin auch keine Geräte gezeigt und es seien weder Geräte übergeben noch bezahlt worden. Demgegenüber hätten die Arbeitskollegen großes Interesse gezeigt. Der Zeuge T habe daraufhin bei einer seiner Speditionsfahrten für die Beklagte etwa 10 bis 12 Drucker und ein bis zwei Monitore mitgebracht, die der Kläger im Serverraum offen und für jeden einsehbar abgestellt habe. Nach allem habe der Kläger mithin den Hehlereitatbestand nicht erfüllt; weder der Zeuge T , noch der Zeuge S hätten ihm gegenüber erklärt, dass die Gegenstände illegal erworben seien. Im Übrigen bestreitet der Kläger, dass es der Beklagten angeblich erst am 20.10.2004 gelungen sei, Einzelheiten zu diesem Themenkomplex zu ermitteln. Es fehle an jeglichem substantiierten Vortrag der Beklagten, woher sie ihre angeblichen Ermittlungsergebnisse habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 08.12.2004, 14.03.2005 und 11.04.2005 durch Vernehmung der Zeugen T , K , S , und M . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Sitzungsprotokolle vom 08.12.2004 (Bl. 144 ff. d. A.), vom 14.03.2005 (Bl. 174 f. d. A.) und vom 11.04.2005 (Bl. 188 ff. d. A.) verwiesen. Ferner hat die Kammer die Strafakte des Landgerichts Duisburg - 34 KLs 173 Js 173/02 (21/02) die Zeugen T und S betreffend -beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zur Akte gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg, soweit es um die Rechtswirksamkeit der Folgekündigung vom 08.01.2004 geht. Diese ist als hilfsweise ausgesprochene fristgerechte Kündigung rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.08.2004 beendet.
a) Die zulässige Klage ist begründet, soweit es um die Unwirksamkeit der zunächst von der Beklagten am 22.12.2003 ausgesprochenen Kündigung geht. Diese Kündigung ist - wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat - sowohl als außerordentliche wie auch als hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung rechtsunwirksam. Die gemäß § 626 Abs. 1 BGB sowie § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat jedenfalls nicht nachweisen können, dass der Kläger die ihm von der Beklagten als Grund für diese Kündigung vorgeworfenen Vertragsverstöße begangen hat.
Die Beklagte hat zur Begründung der Kündigung vom 22.12.2003 dem Kläger vorgeworfen, er habe am 14.06.2003 mehrere in Folie verpackte Papierstapel bunten Kopierpapiers aus dem Betrieb entfernt und in sein privates Auto verladen, mit dem er sodann das Betriebsgelände verlassen habe. Darüber hinaus habe der Kläger am 14.11.2003 zum Schichtwechsel im Schichtleiterbüro einen Stapel Versandaufkleber in seinem Hemd verschwinden lassen, um sodann das Schichtleiterbüro zu verlassen. Der Kläger hat beide Vorwürfe bestritten.
Die Beklagte hat sich zum Beweis eines hinreichend konkreten Tatverdachts bezüglich des Papierdiebstahls auf das Zeugnis ihres Mitarbeiters A berufen. Dieser hat in der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme keine im Sinne des Beweisthemas positiv ergiebigen Bekundungen machen können. Zwar konnte er sich genau an das Datum des 14.06.2003 erinnern und wusste auch noch, dass er mit dem Kläger an diesem Samstag im Betrieb gesprochen hat. Auch hat er angegeben, er habe gesehen, wie der Kläger mit dem Papier zum Auto gegangen und dann weggefahren sei. Damit endet jedoch bereits der konkrete, substantiierte Teil seiner Aussage. Zu jeglichen darüber hinausgehenden Details konnte der Zeuge A keine Angaben machen. So wusste er nicht mehr, wie viele Stapel an Kopierpapier der Kläger mitgenommen habe. Er hat bekundet, es hätten 3, 4 aber auch 5 Stapel gewesen sein können. Auch habe er nicht gesehen, mit wie vielen Personen das Fahrzeug besetzt gewesen sein. Dies gelte, obwohl der Abstand zwischen seinem Arbeitsplatz und dem geparkten Fahrzeug lediglich fünf bis sechs Meter betragen habe. Auch wusste der Zeuge nicht mehr, unter welchem Arm der Kläger das Papier getragen haben soll. Schließlich hat er ausgesagt, bei dem Auto des Klägers habe es sich um einen roten Opel Corsa gehandelt. Unstreitig besitzt der Kläger ein solches Fahrzeug jedoch nicht.
Betrachtet man die Bekundungen des Zeugen A insgesamt, so kann hieraus kein hinreichend konkreter Tatverdacht bezüglich des Diebstahls von Kopierpapier gesehen werden. Dies hat das erstinstanzliche Gericht im Einzelnen zutreffend im Rahmen der ausführlichen Beweiswürdigung erkannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.
Soweit die Beklagte die Kündigung vom 22.12.2003 darüber hinaus auf den Verdacht eines Diebstahls von Versandaufklebern gestützt hat, vermag auch dies die Kündigung nicht zu begründen. Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, fehlt es insoweit bereits an einer schlüssigen Darlegung des Kündigungsgrundes. Darüber hinaus kann selbst bei unterstelltem Sachvortrag der Beklagten in dem gerügten Verhalten des Klägers kein Grund für eine außerordentliche Verdachtskündigung gesehen werden. Das bloße Einstecken einiger Versandaufkleber in das offene Hemd des Klägers vermag keinen hinreichenden Tatverdacht für einen beabsichtigten Diebstahl oder eine Unterschlagung zu begründen.
Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht insoweit ausgeführt, dass es für eine ordentliche Verdachtskündigung in Anbetracht der zuvor geschilderten Umstände jedenfalls am Ausspruch einer vorherigen einschlägigen Abmahnung fehlt.
b) Ebenfalls begründet ist die Kündigungsschutzklage soweit es um die außerordentliche, fristlose Folgekündigung vom 08.01.2004 geht. Auch diese ist rechtsunwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit sofortiger Wirkung beendet.
aa) Die Folgekündigung vom 08.01.2004 ist Streitgegenstand des Rechtsstreits. Der Streitgegenstand des Kündigungsschutzprozesses wird durch den Klageantrag bestimmt. Nach der herrschenden sogenannten punktuellen Streitgegenstandstheorie ist Streitgegenstand die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aus Anlass einer ganz bestimmten Kündigung zu dem von dieser Kündigung gewollten Termin aufgelöst ist oder nicht (vgl. KR-Friedrich, 6. Aufl., § 4 KSchG Randziffer 225 mit umfassenden weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Im Sinne dieses punktuellen Streitgegenstandsbegriffes richtet sich die vorliegende Kündigungsschutzklage gegen die Wirksamkeit der zunächst beklagtenseits ausgesprochenen Kündigung vom 22.12.2003.
Daneben bleibt es aber einem jeden Kläger einer Kündigungsschutzklage unbenommen, neben der eigentlichen Kündigungsfeststellungsklage nach § 4 S. 1 KSchG eine weitere Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu erheben. Für eine derartige allgemeine Feststellungsklage besteht unabhängig vom punktuellen Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse jedenfalls immer dann, wenn nicht nur eine Kündigung angegriffen werden soll, sondern davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber andere, weitere Auflösungstatbestände im Prozess geltend machen wird oder die Gefahr besteht, dass der Arbeitgeber weitere Kündigungen aussprechen wird (vgl. KR-Friedrich, a. a. O., § 4 KSchG Randziffer 238). Ob das Klagebegehren eine solche weitere Feststellungsklage enthält, muss der Kläger deutlich machen. Geschieht dies, so ist insbesondere bei einer Verbindung der Kündigungsschutzklage mit dem Zusatz, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht, letzterer als allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO anzusehen (vgl. KR-Friedrich, a. a. O., § 4 KSchG Randziffer 243 mit umfassenden weiteren Nachweisen).
Dies ist hier der Fall. Im Zeitpunkt der Klageerhebung existierte zunächst nur die Kündigung vom 22.12.2003. Bereits mit der Klageerwiderung vom 19.01.2004 hat die Beklagte die Folgekündigung vom 08.01.2004 aktenkundig gemacht und diese auch begründet. Zu diesen Gründen hat der Kläger sodann in seinem Folgeschriftsatz vom 26.01.2004 noch vor der erstinstanzlichen Güteverhandlung im Einzelnen Stellung genommen und die beklagtenseits vorgetragenen Kündigungsgründe bestritten. Zu Recht ist daher das Arbeitsgericht in seinem Urteil vom 11.03.2004 davon ausgegangen, dass mit dem wenige Tage nach Klageerhebung erfolgten Ausspruch der Folgekündigung vom 08.01.2004 die Feststellung der Unwirksamkeit auch dieser Kündigung vom klägerischen Begehren umfasst ist. Dementsprechend hat das Arbeitsgericht in seiner insgesamt klagestattgebenden Entscheidung bezüglich beider Kündigungen festgestellt, dass hinreichende Kündigungsgründe beklagtenseits entweder bereits nicht vorgetragen oder jedenfalls nicht nachgewiesen worden sind.
bb) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist hierfür eine zweistufige Prüfung durchzuführen. Zunächst ist zu klären, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden. Erst nach Bejahung dieser Frage ist dann im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung das Einzelfallurteil zu fällen (vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 25.03.2004 - 2 AZR 341/03 -, EzA § 626 BGB 2002, Nr. 6 m. w. N.).
cc) Die Beklagte wirft dem Kläger vor, er habe gestohlene Monitore und Drucker in Kenntnis des Umstandes, dass diese Geräte aus einer Straftat stammten, auf dem Betriebsgelände gelagert und an Mitarbeiter weiter veräußert. Damit habe er den Straftatbestand der Hehlerei gemäß § 259 StGB verwirklicht. Ein solches Verhalten stellt, jedenfalls immer dann, wenn es im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu begründen (BAG, Urteil vom 06.11.2003 - 2 AZR 631/02 -, EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2; LAG Hamm, Urteil vom 20.07.2000 - 12 Sa 791/00 -, NZA - RR 2001, 635; Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 08.10.1997 - 9 Ca 171/97 -, NZA - RR 1998, 355).
dd) Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, das der Kläger den Straftatbestand einer Hehlerei verwirklicht hat. Einer eingehenden Beweiswürdigung bedarf es jedoch an dieser Stelle ebenso wie einer umfassenden einzelfallbezogenen Interessenabwägung nicht, da die Beklagte jedenfalls die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten hat. Nach dieser Vorschrift kann eine fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen innerhalb derer der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat.
Die Beklagte hat die Kündigungsgründe für die Folgekündigung vom 08.01.2004 erstmals im Rahmen des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 05.11.2004 substantiiert vorgetragen. Dabei hat sie ausgeführt, es sei ihr am 20.10.2004 gelungen, weitere Einzelheiten zum Themenkomplex "Monitore und Drucker" zu ermitteln, aus denen sich ergebe, dass der Kläger Monitore und Drucker an Belegschaftsmitglieder verkauft habe, die - wie ihm bekannt gewesen sei - aus einem vom Zeugen T begangenen Raub stammten. Weitergehender Sachvortrag zu den näheren Umständen dieser Kenntniserlangung fehlt. Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger die von ihm an einzelne Belegschaftsmitglieder veräußerte Ware im sogenannten Serverraum der Beklagten gelagert hatte. Dabei handelte es sich nach den eigenen Angaben des Klägers um 10 bis 12 Drucker und 1 oder 2 Monitore; nach den Bekundungen der Zeugen T und M waren es ca. 15 Monitore, die sämtlich original verpackt waren. Der Serverraum war für jedermann, insbesondere für die Geschäftsführung der Beklagten, frei zugängig. Vor diesem Hintergrund hätte es näheren Sachvortrages der Beklagten bedurft, warum die Lagerung dieses sperrig verpackten Computerzubehörs nicht aufgefallen sein soll. Hierauf hat der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 01.06.2004 im Rahmen seiner Berufungserwiderung im Einzelnen hingewiesen. Es hätte also der Beklagten oblegen, gerade zu dieser Frage näher vorzutragen. Dies ist nicht geschehen. Die außerordentliche Kündigung ist damit gemäß § 626 Abs. 2 BGB verfristet.
c) Unbegründet ist demgegenüber die Klage, soweit sie gegen die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 08.01.2004 gerichtet ist. Diese Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien rechtswirksam zum 31.08.2004 beendet, denn sie ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG, dessen allgemeine Anwendbarkeitsvoraussetzungen im vorliegenden Fall unstreitig erfüllt sind, sozial gerechtfertigt.
Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes u. a. dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen bedingt ist. Dabei ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG der kündigende Arbeitgeber für das Vorliegen der Kündigungsgründe darlegungs- und beweispflichtig.
aa) Begeht der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten eine Straftat, so stellt diese regelmäßig einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG dar. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Teile einer aus einem Raubüberfall stammenden Beute an Dritte veräußert. Die obigen Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung gelten für die ordentliche Kündigung erst recht.
bb) Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass der Kläger sich in der vorgenannten Weise verhalten hat.
Der Zeuge T hat im Einzelnen geschildert, wie es bezüglich der Drucker und Monitore zum ersten Kontakt mit dem Kläger und dessen Lebensgefährtin, der Zeugin K , gekommen ist und wie er in der Folgezeit weitere Geräte an den Kläger verkauft hat. Insoweit hat er zunächst bekundet, er habe am Morgen nach dem Raubüberfall den Kläger und dessen Lebensgefährtin auf dem Betriebsgelände der Beklagten angetroffen, als er dort den Zeugen S aufgesucht habe, der in dem mit der Beute voll beladenen Lkw dort übernachtet hatte. Er sei mit dem Kläger und seiner Lebensgefährtin ins Gespräch gekommen und habe ihnen schließlich zwei Drucker an Ort und Stelle verkauft. Hierfür habe er zunächst gemeinsam mit dem Zeugen S den Lkw vom Betriebsgelände gefahren, zwei Geräte in das Führerhaus umgeladen, um diese beiden Geräte sodann nach Rückkehr auf das Betriebsgelände an den Kläger und seine Lebensgefährtin zu verkaufen. In der Folgezeit habe er an den Kläger weitere Geräte veräußert, dies seien insgesamt etwa 15 bis 20 Drucker gewesen. Der Kläger habe jedoch nur äußerst schleppend gezahlt. Während im ersten Gespräch am Morgen des 16.06.2001 die Herkunft der Ware nicht mehr thematisiert worden sei und er lediglich davon gesprochen habe, die Gegenstände seien "weggefunden" worden, habe er dem Kläger in der Folgezeit bei einer der Warenübergaben erzählt, dass die Waren gestohlen seien und er den Diebstahl gemeinsam mit dem Zeugen S begangen habe. Aus Anlass dieses Gesprächs habe der Kläger sich angeboten, weitere Teile der Beute an einen Hehler weiterzuleiten, den er kenne. Aufgrund dessen sei es dann zu einer weiteren einmaligen Lieferung von 15 Monitoren durch den Zeugen F M gekommen.
Letzteres hat der Zeuge M bestätigt. Er hat bekundet, der Zeuge T habe seinerzeit Paletten mit Monitoren in seiner Halle gelagert. Auf Bitte des Zeugen T habe er ungefähr 15 Monitore nach M zur Beklagten gebracht und diese dort ausgeliefert. Er habe diese Ware auf Anweisung des Zeugen T einem bestimmten Ansprechpartner übergeben, ohne sich jedoch an die konkrete Person heute noch erinnern zu können. Der Zeuge M hat weiter bekundet, er habe bei der Auslieferung der Ware vom Empfänger kein Geld erhalten, da dieser unmittelbar mit dem Zeugen T habe abrechnen wollen. Es seien auch keine Frachtpapiere oder Quittungen ausgestellt worden. Er habe alles für eine Privataktion des Zeugen T gehalten.
Im Ergebnis hat der Zeuge M damit die Aussage des Zeugen T bezogen auf die Auslieferung von 15 Monitoren an den Kläger bestätigt. Dabei ist letztlich unerheblich, dass der Zeuge M sich an die Person des Warenempfängers nicht mehr erinnern konnte und auch den bei der Beweisaufnahme anwesenden Kläger nicht positiv identifizieren konnte. Denn in Anbetracht der Einmaligkeit dieses Vorgangs erscheint es nachvollziehbar, dass der Zeuge M sich nach einem Zeitablauf von nahezu vier Jahren nicht mehr an eine einzelne Person erinnern kann. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen T ergeben sich mithin aus den Bekundungen des Zeugen M nicht.
Auch im Übrigen sieht die erkennende Kammer keine tragfähigen Anhaltspunkte, die Glaubwürdigkeit des Zeugen T oder die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu bezweifeln. Der Zeuge hat im Einzelnen substantiiert und nachvollziehbar geschildert, wie er die aus dem Raubüberfall stammenden Geräte an den Kläger veräußert hat. Ebenfalls erscheint es für die Kammer nachvollziehbar, dass es aus Anlass eines von mehreren Übergabegesprächen zu der vom Zeugen T bekundeten Äußerung gekommen ist, die die Herkunft der Ware offen legte. Selbst wenn dies nicht in dieser Form geschehen sein sollte, so deuten allein die äußeren Umstände in ausreichender Weise darauf hin, dass es sich vorliegend nicht um ein "normales" Verkaufsgeschäft gehandelt haben kann. Soweit der Kläger hierzu eingewandt hat, der Zeuge T habe von Geräten aus einer "Überschussproduktion" gesprochen, so kann dies nur als Schutzbehauptung angesehen werden. Auch sieht die erkennende Kammer keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, warum der Zeuge T den Kläger in dem vorliegenden arbeitsrechtlichen Verfahren belasten sollte. Vorteile für den Zeugen T sind insoweit nicht ersichtlich. Er hat im Rahmen des Strafverfahrens die von ihm begangene Straftat uneingeschränkt zugegeben und sich dazu bekannt, mit seiner Vergangenheit abschließen zu wollen. Er befindet sich mittlerweile im offenen Strafvollzug und damit auf dem Weg in die Resozialisierung. In Anbetracht der Schwere der von ihm begangenen Straftat und der mittlerweile überwiegend abgeleisteten Gefängnisstrafe ist nicht erkennbar, warum der Zeuge T in dem hier entscheidungserheblichen Themenkomplex eine Falschaussage gemacht haben sollte.
Anders sieht die Kammer demgegenüber die Aussage der Zeugin K . Diese hat das erste Kontaktgespräch zwischen dem Zeugen T und dem Kläger am Morgen des 16.06.2001 in wesentlichen Teilen anders geschildert als der Zeuge T . So ist nach den Bekundungen der Zeugin K der Zeuge S nicht zugegen gewesen und es sei auch nicht zu einer Übergabe von zwei Druckern gekommen. Auch sei der Zeuge T während der gesamten Zeit mit dem Lkw auf dem Betriebsgelände geblieben. Zwar sind diese Bekundungen der Zeugin K für sich betrachtet ebenso plausibel wie die des Zeugen T . Gleichwohl hat die Kammer in Anbetracht der glaubwürdigen Bekundungen des Zeugen T erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit der Zeugin K . Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass diese als Lebensgefährtin des Klägers ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Hinzu kommt, dass die Zeugin K bereits im Rahmen ihrer erstinstanzlichen Zeugenaussage unstreitig unzutreffende Angaben gemacht hat. Denn wie sich im nachhinein herausgestellt hat, war die Aussage der Zeugin K in einem wesentlichen Punkt, nämlich bezogen auf das Datum falsch. Erst nachdem die Beklagte aufgrund weiterer Nachforschungen darauf hingewiesen hatte, dass die erläuternden Bekundungen der Zeugin K zu den näheren Umständen des Betriebsbesuchs des Klägers am 14.06.2003 nicht zutreffend gewesen sein konnten, hat der Kläger dies schriftsätzlich eingeräumt und dies mit einer Datumsverwechslung zu erklären versucht. Selbst wenn man diesen Erklärungsversuch des Klägers als zutreffend unterstellt ändert dies nichts daran, dass die Zeugin K zumindest fahrlässig falsche Angaben gemacht hat. Die für das Gericht überzeugenden Bekundungen des Zeugen T vermögen ihre gegenteiligen zweitinstanzlichen Bekundungen daher nicht zu entkräften.
Auch die Bekundungen des Zeugen S ändern an den glaubhaften Bekundungen des Zeugen T nichts. Die Aussage des Zeugen S war vielmehr insgesamt für das Beweisthema offensichtlich unergiebig.
Zusammenfassend bleibt somit festzustellen, dass zur Überzeugung der erkennenden Kammer die Verwirklichung einer Straftat durch den Kläger im Zusammenhang mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten feststeht. Denn der Kläger hat in Kenntnis des Umstandes, dass die ihm vom Zeugen T verkauften Drucker und Monitore aus einer Straftat stammten, diese angekauft und an Mitarbeiter der Beklagten weiter veräußert. Darauf, dass er hierbei -seine Einlassung unterstellt - keinen finanziellen Gewinn gemacht habe, kommt es nicht an. Nach § 259 StGB stellt bereits das Ankaufen, Absetzen oder Absetzenhelfen von Sachen, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, eine strafbare Hehlerei dar.
cc) Schließlich überwiegen auch im Rahmen der einzelfallbezogen anzustellenden Interessenabwägung die Interessen der Beklagten an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses denjenigen des Klägers am Fortbestand. Zu Gunsten des Klägers ist insoweit lediglich seine lange, aufgrund eines zwischenzeitlichen Betriebsübergangs im Zeitpunkt der Kündigung 25-jährige Beschäftigungsdauer zu berücksichtigen. Dem steht die Schwere des von ihm begangenen Vertragsverstoßes gegenüber. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger sein Arbeitsverhältnis genutzt, um Waren, die aus einem Raubüberfall stammten, anzukaufen und an Mitarbeiter der Beklagten weiter zu verkaufen. Er hat dabei die aus dem Raubüberfall stammenden Waren, in dem Betriebsräumen der Beklagten gelagert und von dort an einzelne Mitarbeiter weitergegeben. Damit hat er in offensichtlich schwerwiegender Weise gegen seine Vertragspflichten verstoßen und das Vertrauensverhältnis zur Beklagten in unwiederbringlicher Weise zerstört. Bei einer derartigen Sachlage kann allenfalls aufgrund besonderer, persönlicher Einzelfallumstände der Arbeitgeber möglicherweise verpflichtet sein, von einer regelmäßig wirksamen Kündigung des Arbeitsverhältnisses abzusehen. Derartige besondere Einzelfallumstände sind - wie bereits ausgeführt - nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat nach allem die ordentliche Kündigung berechtigterweise ausgesprochen.
dd) Auch einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht. Zwar ist vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung als Ausfluss des ultima-ratio-Prinzips regelmäßig eine Abmahnung erforderlich (vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 16.09.2004 - 2 AZR 406/03 -, EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64). Jedoch ist eine solche Abmahnung immer dann entbehrlich, wenn sie kein geeignetes Mittel darstellt oder zur Begründung einer Negativprognose für die weitere Vertragsbeziehung nicht erforderlich ist. Letzteres ist immer dann der Fall, wenn die Vertragsverletzung von einer besonderen Intensität ist (Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl., Randziffer 1178 f.). Dies ist regelmäßig bei Straftaten im Arbeitsverhältnis der Fall (vgl. BAG, Urteil vom 08.06.2000 - 2 AZR 638/99 -, NZA 2000 1282, 1285; BAG, Beschluss vom 10.02.1999 - 2 ABR 31/98 -, NZA 1999, 708, 710 jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
ee) Weitere Rechtmäßigkeitsbedenken gegen die ordentliche Kündigung vom 08.01.2004 sind zweitinstanzlich weder eingewandt noch sonst ersichtlich. Die Kündigung vom 08.01.2004 hat daher das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.08.2004 beendet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
Ende der Entscheidung
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