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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 16.09.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 721/09
Rechtsgebiete: ArbGG, TVÜ-Bund, TVöD


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
TVÜ-Bund § 5 Abs. 2 Satz 3
TVöD § 5 Abs. 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.03.2009 - 7 Ca 10146/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Anrechenbarkeit einer Funktionszulage anlässlich einer allgemeinen tariflichen Entgelterhöhung.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage insgesamt stattgegeben und dabei sowohl die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 315,10 € brutto nebst Zinsen zu zahlen als auch festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, allgemeine tarifliche Entgelterhöhungen auf die Funktionszulage der Klägerin anzurechnen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 55 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 18.05.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.06.2009 Berufung eingelegt und diese am 10.07.2009 begründet. Sie ist der Auffassung, mit Inkrafttreten des TVöD zum 01.10.2005 sei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund auch die Funktionszulage der Klägerin in das Vergleichsentgelt mit eingeflossen, so dass mit diesem Zeitpunkt auch der Inhalt der früheren Nebenabrede entfallen sei. Soweit die Beklagte die Zulage dennoch weiter gewährt habe, habe es sich um ein Entgegenkommen gehandelt, um Härten zu vermeiden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 04.03.2009 - 7 Ca 10146/08 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei und meint weiterhin, die Beklagte sei nicht berechtigt, tarifliche Entgelterhöhungen auf die ihr gewährte Funktionszulage anzurechnen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich bereits aus der zwischen den Parteien getroffenen Nebenabrede, deren Voraussetzungen bis heute nicht weggefallen seien. Unabhängig davon habe die Klägerin jedenfalls aus der seit Inkrafttreten des TVöD im Jahre 2005 erfolgten vorbehaltlosen Weitergewährung der Zulage einen Rechtsanspruch erworben, der auch nicht nachträglich weggefallen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben, denn die Beklagte ist zu einer Anrechnung der Zulage auf die tarifliche Entgelterhöhung nicht berechtigt. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes:

1. Unabhängig von der ursprünglichen - von den Parteien unterschiedlich gesehenen - Rechtsqualität der seinerzeitigen Funktionszulage ist diese jedenfalls mit Inkrafttreten des TVöD zum 01.10.2005 fortgefallen. Das ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 3 TVöD. Nach dieser Vorschrift fließen zum tariflichen Überleitungsdatum im September 2005 tariflich zustehende Funktionszulagen insoweit in das Vergleichsentgelt ein, als sie nach dem TVöD nicht mehr vorgesehen sind. Unstreitig enthält der TVöD die streitbefangene Schreibzulage der Klägerin nicht mehr. Von daher war sie anlässlich der Überleitung des BAT in den TVöD nach der vorgenannten Überleitungsvorschrift in das Vergleichsentgelt mit einzubeziehen, so dass tarifliche Gründe für eine Weitergewährung unter der Geltung des TVöD nicht mehr bestanden.

Wie die Beklagte selbst in ihrer Berufungsbegründung ausgeführt hat, hat sie jedoch gleichwohl die Zulage bewusst weiter gewährt, um ansonsten eintretende Härten zu vermeiden. Ab dem 01.10.2005 handelt es sich mithin bei der fortgezahlten Schreibzulage um eine individualvertraglich gewährte, nunmehr übertarifliche Zulage.

2. Die Anrechenbarkeit derartiger Zulagen aus Anlass einer tariflichen Entgelterhöhung ist vom Bundesarbeitsgericht bereits seit längerem grundlegend entschieden und wird grundsätzlich bejaht (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.1997 - 1 AZR 330/97 - NZA 1998, 609; BAG, Urteil vom 03.06.1998 - 5 AZR 616/97 - NZA 1999, 208; vgl. im Übrigen Küttner/Kreitner Personalbuch 2009, 16. Aufl., Anrechnung übertarifliche Entgelte, Rz. 2 m. w. N. aus der Rechtsprechung).

Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Anders ist die Rechtlage dann, wenn der individuelle Arbeitsvertrag ein Anrechnungsverbot enthält. Dies kann z. B. dergestalt geschehen, dass eine Zulage ausdrücklich als "tariffest" oder "nicht anrechenbar" bezeichnet wird. Darüber hinaus kann sich ein Anrechnungsverbot aber auch aus dem Zulagenzweck ergeben. So hat das Bundesarbeitsgericht ebenfalls bereits mehrfach entschieden, dass die Zweckbestimmung bei bestimmten Zulagen (z. B. bei Leistungs- oder Erschwerniszulagen) als konkludentes Anrechnungsverbot zu verstehen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23.03.1993, NZA 1993, 806; BAG, Urteil vom 14.08.2001 - 1 AZR 744/00 - NZA 2002, 342).

So liegt der Fall hier. Die von der Beklagten auch nach Inkrafttreten des TVöD an die Klägerin weiterhin gezahlte Schreibzulage stellt eine Funktionszulage im vorgenannten Sinn dar. Sie ist der Klägerin gewährt worden, um die besonderen Belastungen, die durch die Arbeit mit Textverarbeitungsgeräten entsteht, auszugleichen. Sie ist damit einer Erschwerniszulage im vorgennannten Sinne gleich zu behandeln, so dass eine Anrechenbarkeit anlässlich einer tariflichen Entgelterhöhung von vornherein ausscheidet.

3. Steht somit die Unzulässigkeit der vorgenommenen Zulagenanrechnung bereits nach den oben dargestellten allgemeinen Grundsätzen fest, können alle übrigen von den Parteien im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen, und damit insbesondere auch die Frage der Einschlägigkeit des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18.07.2001 (TVUmBW) dahingestellt bleiben.

III. Da die Beklagte das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss sie nach §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die angesprochenen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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