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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.05.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 1001/08
Rechtsgebiete: BAT-KF


Vorschriften:

BAT-KF SR 2 a Nr. 7 a. F.
Die Kosten für eine nach SR 2 a Nr. 7 BAT-KF in der Altfassung durchgeführte Weiterbildung können nicht mehr zurückverlangt werden, wenn die Krankenpflegekraft nach Inkrafttreten der Neufassung zum 1.7.2007 ausscheidet.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.05.2008 - 5 Ca 435/08 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Weiterbildungskosten.

Die Klägerin ist Mitglied des D in D und vereinbart mit ihren Mitarbeitern die in der Rheinischen Landeskirche jeweils geltenden tariflichen Regelungen. Der Arbeitsvertrag vom 10.12.1999 enthält in § 2 folgende Regelung:

"Für das Arbeitsverhältnis gelten für Angestellte der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23.02.1961 (BAT-KF) und für Arbeiter die Bestimmungen der Richtlinien für die Regelung des Arbeitsrechtes der Arbeiter im Kirchlichen Dienst vom 21.11.1968 (MTL II-KF) in der jeweils im Bereich des D der Evangelischen Kirche im Rheinland geltenden Fassung.

Ergänzende tarifliche und außertarifliche Regelungen finden ebenfalls Anwendung, sofern sie für den Bereich des D der Evangelischen Kirche im Rheinland gelten."

Vom 08.11.2004 bis zum 26.10.2004 absolvierte die Beklagte, die bei der Klägerin als Krankenschwester beschäftigt war, eine Fachweiterbildung "Intensivpflege und Anästhesie" neben ihrer Tätigkeit als Krankenschwester. Dazu wurde sie an 134 Arbeitstagen für die Schulung freigestellt. Die Klägerin bezahlte Weiterbildungsgebühren in Höhe von 5.200,00 €.

Die Klägerin berechnet ihre Gesamtkosten auf 19.997,57 € (Berechnung Bl. 7, 36 - 45 d. A.). Davon verlangt sie aufgrund der SR 2 a Nr. 7 Abs. 2 BAT-KF a. F. infolge des Ausscheidens der Beklagten im zweiten Jahr nach Abschluss der Weiterbildung zwei Drittel der Aufwendungen, nämlich 13.331,71 € von der Beklagten zurück.

Die Beklagte hat sich demgegenüber darauf berufen, dass - was als solches unstreitig ist - die Arbeitsrechtliche Schiedskommission am 22.10.2007 eine Neufassung des BAT-KF rückwirkend zum 01.07.2007 beschlossen hat, die eine der bisherigen Vorschrift entsprechende Rückzahlungsverpflichtung nicht mehr enthält.

Die Klägerin vertritt mit Rechtsausführungen ihre Auffassung, dass auf den Rückzahlungsanspruch noch die Altfassung des BAT-KF Anwendung finde.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.331,71 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich darauf, dass zum Zeitpunkt ihrer Kündigung und ihres Ausscheidens bereits die Neufassung des Tarifvertrages gegolten habe. Im Übrigen hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Rückzahlung nach Nr. 7 SR 2 a BAT-KF a. F. voraussetze, dass der Arbeitnehmer auf Veranlassung und im Rahmen des Personalbedarfs des Arbeitgebers weitergebildet worden sei, und dass hierzu nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderlich sei, dass beim Arbeitgeber innerhalb des Bindungszeitraums wahrscheinlich Stellen zu besetzen seien, die mit einer Höhergruppierung verbunden seien und für die eine durch die Weiterbildung erlangte Qualifikation Voraussetzung sei. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.05.2008 die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihr am 31.07.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.08.2008 Berufung eingelegt und diese am 18.09.2008 begründet.

Die Klägerin vertritt mit Rechtsausführungen weiterhin die Auffassung, dass ihr der Rückzahlungsanspruch zustehe. Außerdem behauptet sie, was von der Beklagten nicht bestritten wird, dass diese sich anderweitig beworben habe und aufgrund des durch die Fortbildungsmaßnahme erhöhten beruflichen Stellenwerts eine wesentlich höher dotierte Stelle erhalten habe.

Im Übrigen wird - insbesondere wegen der Rechtsausführungen - auf die Berufungsbegründung (Bl. 70 - 72 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.05.2008 - 5 Ca 435/08 - die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 13.371,71 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 91/92) Bezug genommen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache keinen Erfolg.

Eine Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf teilweise Rückzahlung der Weiterbildungskosten besteht nicht. Das hat das Arbeitsgericht zu Recht entschieden.

A. Eine individuelle ausdrückliche Vereinbarung über die Rückzahlung der Ausbildungskosten haben die Parteien nicht getroffen. Eine solche wird von der Beklagten ausdrücklich in Abrede gestellt (Bl. 91/92 d. A.). Die Klägerin hat eine solche ausdrückliche Vereinbarung nie in substantiierter Weise vorgetragen.

B. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin könnte allenfalls aus der in § 2 des Arbeitsvertrages enthaltenen Verweisung auf den BAT-KF "in der jeweils im Bereich des D der Evangelischen Kirche im Rheinland geltenden Fassung" in Verbindung mit Nr. 7 Abs. 2 SR 2 a in der bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung dieses BAT-KF sich ergeben. Nach dieser Altfassung ist der Angestellte verpflichtet, dem Arbeitgeber die Aufwendungen für eine Fort- oder Weiterbildung im Sinne des Absatzes 1 nach Maßgabe des Unterabsatzes 2 zu ersetzen, wenn das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Angestellten oder aus einem von ihm zu vertretenen Grunde endet. Davon sind Ausnahmen vorgesehen. Zurückzuzahlen sind, wenn das Arbeitsverhältnis im zweiten Jahr nach Abschluss der Fort- und Weiterbildung endet, zwei Drittel der Aufwendungen.

Während der Geltungszeit dieser Regelung bis zum 30.06.2007 sind die Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruches nicht entstanden. Das Arbeitsverhältnis hat nämlich bis zum 30.06.2007 nicht auf Wunsch der Beklagten oder aus einem von ihr zu vertretenen Grunde geendet. Die Beklagte hat vielmehr erst am 31.10.2007 zum 31.12.2007 gekündigt. Sowohl zum Zeitpunkt der Kündigung als auch zum Zeitpunkt der Beendigung aber galt die Vorschrift der Nr. 7 SR 2 a zum BAT-KF a. F. nicht mehr. Die Neufassung enthält eine entsprechende Regelung (in Betracht käme lediglich § 5) nicht.

1. Die Klägerin argumentiert demgegenüber wie folgt:

Bei Beginn der Weiterbildungsmaßnahme habe eine rechtswirksame Vereinbarung über die Rückzahlung bestanden. Diese ergebe sich aufgrund des Arbeitsvertrages in Verbindung mit dem in Bezug genommenen Tarifvertrag. In diese zum Zeitpunkt der Weiterbildungsmaßnahme bestehende "Vereinbarung" könne durch die spätere Neufassung des Tarifvertrages nicht eingegriffen werden.

Diese Argumentation übersieht, dass der BAT-KF, dessen Inhalt von einer Schiedskommission festgelegt wird, nicht als Rechtsnorm den Inhalt des Arbeitsvertrages regelt. Er wird in seiner Altfassung wie in seiner Neufassung lediglich aufgrund der individuellen Abrede in § 2 des Arbeitsvertrages zum Vertragsinhalt. Dort haben die Parteien - ersichtlich aufgrund eines von der Klägerin selbst verwendeten Formulars - die Vereinbarung getroffen, dass der BAT-KF "in der jeweils ... geltenden Fassung" für das Arbeitsverhältnis gelten soll. Es wird mithin durch die Neufassung nicht etwa in bereits bestehende Rechte der Klägerin "eingegriffen". Die Klägerin selbst hat in einem privatautonomen Akt sich der Neufassung durch die Jeweiligkeitsklausel unterworfen. Dass Tarifverträge und ähnliche kollektive Regelungen in späteren Fassungen auch Regelungen zu Lasten der Arbeitgeber enthalten (was z. B. mit den typischerweise vereinbarten Lohnerhöhungen stets der Fall ist), war für die Klägerin offensichtlich. Da die Geltung der Neufassung aus einer von der Klägerin selbst veranlassten privatautonomen Vereinbarung folgt, bedarf die Klägerin insoweit keines Vertrauensschutzes.

2. Zudem ist die Auffassung der Klägerin nicht zutreffend, dass der Rückzahlungsanspruch bereits mit Durchführung der Weiterbildungsmaßnahme unter einer aufschiebenden Bedingung entstanden sei. Entstanden ist ein Anspruch nämlich dann, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (vgl. z. B. BGHZ 55, 340; 73, 365; 79, 178). Dieses war bei Durchführung der Weiterbildungsmaßnahme offensichtlich noch nicht der Fall. Der Anspruch - seine weiteren Voraussetzungen hier unterstellt (s. dazu jedoch unten C.) - wäre erst entstanden, als das Arbeitsverhältnis auf Wunsch der Beklagten oder aus einem von ihr zu vertretenen Grunde endete.

3. Schließlich argumentiert die Klägerin, der BAT-KF n. F. sehe in § 5 ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer an den Kosten einer Qualifikationsmaßnahme beteiligt werden könne, und zwar durch eine entsprechende Qualifizierungsdienstvereinbarung "in Form der Nebenabrede (§ 2 Abs. 3 BAT-KF)". Diese Nebenabrede sei zwischen den Parteien unter Bezugnahme auf die frühere tarifliche Regelung getroffen worden. Die Wirksamkeit sei nicht dadurch entfallen, dass nunmehr die Abrede schriftlich vereinbart werden müsse.

§ 5 BAT-KF n. F. regelt in Absatz 5:

"Die Kosten einer vom Arbeitgeber veranlassten Qualifizierungsmaßnahme - einschließlich Reisekosten - werden, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden, grundsätzlich vom Arbeitgeber getragen. Ein möglicher Eigenbeitrag wird durch eine Qualifizierungsdienstvereinbarung geregelt. Die Betriebsparteien sind gehalten, die Grundsätze einer fairen Kostenverteilung unter Berücksichtigung des betrieblichen und individuellen Nutzens zu regeln. Ein Eigenbeitrag der Mitarbeitenden kann in Geld und/oder Zeit erfolgen."

Hier ist nicht von einer individuellen Nebenabrede die Rede, sondern von einer Dienstvereinbarung, die von den Betriebsparteien zu schließen ist. Eine solche ist offensichtlich nicht die Bezugnahme der streitenden Parteien in § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages auf die jeweilige Fassung des Tarifvertrages.

C. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin besteht jedoch selbst dann nicht, wenn man weiterhin die Altfassung des BAT-KF anwenden wollte. Der tarifvertragliche Anspruch auf Rückzahlung der Weiterbildungskosten nach SR 2 a Nr. 7 zum BAT-KF besteht nämlich nur dann, wenn der Arbeitnehmer "auf Veranlassung und im Rahmen des Personalbedarfs" des Arbeitgebers weitergebildet wurde. Der Begriff "im Rahmen des Personalbedarfs des Arbeitgebers" setzt voraus, dass beim Arbeitgeber in dem dreijährigen Bindungszeitraum wahrscheinlich Stellen zu besetzen sind, für die eine durch die Weiterbildung zu erwerbende Qualifikation Voraussetzung ist (BAG 14.06.1995 - 5 AZR 960/93; BAG 06.11.1996 - 5 AZR 498/95 - AP Nr. 7 zu § 2 BAT SR 2 a). Der Arbeitgeber hat diese Voraussetzung darzulegen (BAG a. a. O.).

Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich (Schriftsatz vom 13.05.2008 - Bl. 47 d. A.) ausdrücklich auf diese Voraussetzungen hingewiesen, hat die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zitiert und die dort aufgestellten Voraussetzungen ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin hat diese Voraussetzungen nicht dargetan. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruches nach SR 2 a Nr. 7 BAT-KF a. F. vorgelegen hätten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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