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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 02.12.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 1227/05
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Die Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 28.06.2005 - 4 Ca 6147/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine leistungsbedingte Kündigung und über die Entfernung von fünf Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 69 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Gegen dieses ihr am 03.08.2005 zugestellten Urteil hat die Beklagte am 05.09.2005 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Kläger habe im Jahre 2001 und im Jahre 2002 eine teilweise überdurchschnittliche Kommissionierleistung erbracht. Die Beklagte stellt diese in Prozentzahlen dar. Insoweit wird auf deren Darstellung (Bl. 218 d. A.) Bezug genommen.

Nachdem sie dem Kläger im Jahre 2002 - was als solches unstreitig ist - gekündigt, die Kündigung später zurückgenommen habe und der Kläger im Mai 2003 in den Betrieb zurückgekehrt sei, habe er von diesem Zeitpunkt an durchschnittliche Leistungen nicht mehr erbracht. Von Mai bis Dezember 2003 habe seine Arbeitsleistung zwischen 77 und 91 % bezogen auf die in der Klageerwiderung beschriebenen Refa-Leistungsermittlungen gelegen. Damit habe die Arbeitsleistung des Klägers lediglich durchschnittlich 80 % betragen. Die Beklagte gehe daher von einer bewussten Leistungszurückhaltung aus. Der Kläger genüge seiner Vertragspflicht nicht. Er schöpfe nämlich seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht angemessen aus. Die längerfristig deutliche Unterschreitung des Durchschnitts sei ein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger weniger arbeite als er könne. Das Bundesarbeitsgericht habe auch in der Entscheidung vom 11.12.2003 keinen festen Prozentsatz angegeben, ab wann der Arbeitgeber von einer kündigungsrelevanten Leistungszurückhaltung ausgehen könne. Vorliegend komme auch der weitere Anhaltspunkt für die Leistungszurückhaltung hinzu, dass der Kläger früher eine höhere Leistung erbracht habe. Der Kläger habe demgegenüber keine nachvollziehbaren Gründe dafür vorgetragen, dass er nach Rückkehr in den Betrieb in seiner Arbeitsleistung um mehr als 20 % abgefallen sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 28. Juni 2005 verkündeten und am 03.August 2005 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Aachen (4 Ca 6147/03) wird die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf seine Berufungserwiderung Bezug genommen.

Wegen des üblichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht hat in der den Parteien bekannten Entscheidung vom 11.12.2003 - 2 AZR 667/02 - entschieden, dass eine auf Pflichtverletzungen beruhende Minderleistung geeignet ist, eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Ob der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nachkommt, ist für den Arbeitgeber anhand objektiver Kriterien nicht immer erkennbar. Der bloße Umstand, dass ein Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft.

Es ist zunächst Sache der Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln des Arbeitnehmers Vortrag vorzutragen, was er wissen kann. Kennt er lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter den vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass sei - bei den im dort entschiedenen Fall gegeben - langfristigen Unterschreitungen der Durchschnittsleistung um deutlich mehr als 1/3 der Fall. Dem entspreche es, wenn das Bundesarbeitsgericht in anderen Fällen unterhalb einer Grenze von etwa 1/3 liegende Vergütungseinbußen noch als hinnehmbar und nicht als grundlegende Störung des Leistungsgleichgewichts im kündigungsrechtlich geschütztem Kernbereich angesehen habe. Weiter heißt es: "Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, ggf. das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seinen deutlich unterdurchschnittlichen Leistungen dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft."

Diese Ausführungen zeigen - wie es das Arbeitsgericht zurecht verstanden hat -, dass das Bundesarbeitsgericht nicht nur im entschiedenen Fall, sondern grundsätzlich - einen anderen Sinn könnte der Hinweis auf die ansonsten kündigungsrechtlich relevante 1/3-Grenze nicht haben - davon ausgeht, dass sich erst dann die Darlegungslast hinsichtlich des auch subjektiv vorwerfbaren Unterschreitens des subjektiven Leistungsvermögens auf den Arbeitnehmer verlagert, wenn die Leistungen des Arbeitnehmers "über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben". Dabei verweist das Bundesarbeitsgericht mit dem "vorgenannten Sinn" nicht nur im Einzelfall, sondern allgemein auf die 1/3-Grenze.

2. Auch nach den Darlegungen der Beklagten haben die Leistungen des Klägers im Jahre 2003/2004 den Durchschnitt der von der Beklagten für vergleichbar angesehenen sonstigen Lagerarbeiter bei Weitem nicht um 1/3 unterschritten. Aus den Zahlen der Beklagte für die Monate Mai 2003 bis Dezember 2003 ergibt sich, dass sich die Leistungen des Klägers durchschnittlich bei 85 % der nach den Refa-Methoden vorgegebenen Kommissionierleistung bewegte (Mai = 92 %, Juni = 87 %, Juli = 91 %, August = 77 %, September = 82 %, Oktober = 84 %, November = 88 %, Dezember = 78 %). Im Januar 2004 wurde der Leistungsgrad nicht gemessen. Im Februar erreichte der Kläger wiederum nach Beklagtenvortrag genau 85 % (Bl. 108 d. A.). Dem gegenüber lag nach Beklagtenvortrag (Bl. 105 d. A.) in den Monaten Mai bis Dezember der durchschnittliche Leistungsgrad der Mitarbeiter bei 104,32 % (Mai 105,58 %, Juni 106,03 %, Juli 104,43 %, August 98,32 %, September 105,03 %, Oktober 103,89 %, November 107;23 %, Dezember 104,05 %). Im Februar 2004 lag nach diesem Vorbringen der durchschnittliche Leistungsgrad bei 103,43 % (Bl. 105 d. A.). Damit lag der Leistungsgrad des Klägers um 18,27 %, mithin um weniger als 1/5 unter dem Durchschnitt.

Nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts indiziert ein solch unterdurchschnittlicher Leistungsgrad nicht, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft.

3. Die Beklagte hat sich zu dem auf zusätzliche Indizien dafür bezogen, dass der Kläger seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht voll ausschöpfe, bzw. wie die Beklagte es vorträgt, seine Leistung bewusst zurückhalte:

- Zum einen beruft sich die Beklagte darauf, der Kläger habe im Jahr 2002, nämlich von Januar bis November 2002 einen durchschnittlichen Leistungsgrad von 99 % erbracht (einzelne Monate Bl. 107 d. A.). Nach der betriebsbedingten Kündigung im Jahre 2002, der Freistellung zum November 2002 und der Wiederaufnahme der Arbeit im Mai 2003 nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess habe sich die Leistung des Klägers wie dargestellt verringert.

- Zudem sprächen Äußerungen des Klägers für ein bewusstes Zurückhalten: So habe der Kläger im Juni 2002 gegenüber Herrn S der ihn auf seine Minderleistung im Juni 2002 hingewiesen habe, gesagt: das brauche ich nicht. Das steht nicht in meinem Vertrag. Dieses bestätigte der Zeuge S in der Beweisaufnahme vor dem Arbeitsgericht.

Im Februar 2004 habe der Zeuge S gehört, wie der Kläger sinngemäß zu drei Kollegen gesagt habe, man müsse nicht 100 % arbeiten, weniger würde auch reichen. Man könne einem nichts, wenn man nur 85 % arbeite. Diese Aussagen haben die vernommenen Arbeitnehmer B und A , denen gegenüber der Kläger die Äußerungen getan haben soll nicht bestätigt, während der Gruppenleiter S ausgesagt hat, der Kläger habe Herrn B , Herrn A und Herrn Tran gegenüber gesagt, dass man hier nicht 100 % bringen müsse, weniger reiche auch aus, bzw. wie der Zeuge an späterer Stelle sagte "man brauche nicht 100 % zu bringen, man könne uns nichts".

a. Die Beklagte ist zunächst gehindert, auf diese Tatsachen im Kündigungsschutzprozess die Kündigung zu stützen. Sie hat nämlich weder den von ihr im Prozess gezogenen Vergleich zu den Leistungen im Jahre 2002 noch die besagten Äußerungen gegenüber Kollegen dem Betriebsrat mitgeteilt. Die Beklagte hat sich zur Betriebsratsanhörung auf das Anhörungsschreiben vom 25.03.2004 bezogen und dieses zu den Akten gereicht (Bl. 133/134 d. A.). In diesem Schreiben ist lediglich - und dieses auch nur mit einer zusammenfassenden Prozentzahl - die durchschnittliche Arbeitsleistung des Klägers von Mai 2003 bis Dezember 2003 mit 84,88 % und im Februar 2004 mit 85 % angegeben. Es wird ferner dargetan, dass im Vergleich zu der durchschnittlich erbrachten Kommissionierleistung aller zu Kommissionierung eingesetzten Lagerarbeiter die Leistung des Klägers um 19,68 % niedriger gelegen habe (bezogen auf das Jahr 2003). Ferner werden die dem Kläger erteilten Abmahnungen dargestellt. Zu den Leistungen des Klägers im Jahr 2002 und insbesondere zu der von der Beklagten im vorliegenden im Prozess hervorgehobenen Tatsachen, nach dem seinerzeitigem Kündigungsschutzprozess hätten sich die Leistungen des Klägers verschlechtert, enthält das Anhörungsschreiben nichts.

Ebenso enthält das Anhörungsschreiben nicht die von der Beklagten im Prozess behaupteten Äußerungen des Klägers.

Zur Betriebsratsanhörung gilt der Grundsatz der subjektiven Determinierung. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nur diejenigen Kündigungsgründe dem Betriebsrat mitteilen muss, auf die er die Kündigung stützen will. Er muss dem Betriebsrat nicht alle objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen mitteilen, sondern nur die von ihm für die Kündigung als ausschlaggebend angesehenen Umstände (BAG 11.07.1991 AP BetrVG 1972 § 102, 157; weitere Nachweise bei ErfK/Kania § 102 BetrVG Rn. 6). Die Kündigungsgründe müssen vom Arbeitgeber dabei so detailliert dargelegt werden, dass sich der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ein Bild über die Stichhaltigkeit machen kann und beurteilen kann, ob es sinnvoll ist, Bedenken zu erheben oder Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen (BAG 21.06.2001 EZA BGB 3 626 BGB Unkündbarkeit Nr. 7). Soweit diesen Anforderungen genüge getan ist, bleibt die Möglichkeit einer weiteren Erläuterung oder Konkretisierung im Kündigungsschutzprozess.

Aus der subjektiven Determinierung folgt aber auch, dass der Arbeitgeber im Prozess keine Kündigungsgründe nachschieben kann, die er dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG nicht mitgeteilt hat (Nachweise zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei ErfK/Kania § 102 BetrVG Rn. 27.).

Im vorliegenden Fall kann -wie dargestellt - nicht allein die prozentuale Unterschreitung der durchschnittlichen Arbeitsleistung durch den Kläger im Jahre 2003 eine bewusste Leistungszurückhaltung indizieren.

Die von der Beklagten im Prozess herangezogenen weiteren Indiztatsachen sind nicht lediglich Konkretisierungen und Erläuterungen der dem Betriebsrat mitgeteilten Kündigungstatsachen. Es handelt sich um neue, zusätzliche Tatsachenkomplexe, auf die die Beklagte die Kündigung stützt. Die Beklagte ist an einem Nachschieben gehindert, da sie sie dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat

b. Im Übrigen folgt die Kammer aber auch bei Verwertung dieses Vortrages der Beklagten dem Arbeitsgericht im Ergebnis, dass auch aus diesen Indiztatsachen nicht die volle Überzeugung des Gerichts folgt, dass der Kläger seine Arbeitsleistung bewusst zurückgehalten habe.

aa. Was zunächst die dem Kläger vorgeworfenen Äußerungen anbelangt, so hat das Arbeitsgericht diese unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme nicht als ausreichend angesehen. Die Beklagte ist darauf in der Berufungsbegründung nicht eingegangen.

Nach Auffassung der Kammer bleiben zunächst Zweifel, ob die Äußerung so, wie sie der Zeuge S gehört haben soll, tatsächlich gefallen ist. Keiner der übrigen Zeugen, der Arbeitnehmer nämlich, denen gegenüber sie gefallen sein soll, hat eine solche Äußerung des Klägers bestätigt. Auch ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten und den Bekundungen des Zeugen S zumindest 3 Varianten, was den genauen Wortlaut des vom Kläger Gesagtem anbelangt. Es wird vom Zeugen S außer dem - dazu noch mit verschiedenen Worten bekundeten - Satz nichts Näheres zu dem sonstigen Sinnzusammenhang dieses Satzes bekundet.

Auch wenn ein Satz gefallen ist, der sinngemäß lautete, man brauche nicht 100 % zu bringen, man könne uns nichts, so bedeute das noch nicht, dass der Kläger bewusst seine Arbeitskraft zurückhielt. Der Kläger stand, angesichts der Tatsache, dass ihm fast monatlich Abmahnungen erteilt worden waren, unter Druck. Ein solcher Satz kann auch lediglich als Kundgabe der Auffassung gewertet werden, dass es nicht für arbeitsrechtliche Sanktionen ausreiche, wenn ein Arbeitnehmer nicht 100 % der Durchschnittsleistungen erbringt. Dass sich die "100 %" auf die subjektive Leistungsfähigkeit des Klägers bezogen, ist angesichts der Tatsache, dass weder die Beklagte noch der Zeuge irgendetwas zu dem genaueren Sinnzusammenhang mitgeteilt haben, nicht naheliegender als die vorstehende angeführte Bedeutung.

Auch die Bekundung des Zeugen S über das Gespräch aus dem Jahre 2002, welche dieser anhand seiner seinerzeitigen Gesprächsnotizen machte, "das brauche ich nicht zu machen, das steht nicht in meinem Vertrag" kann insbesondere angesichts der sich aus den Zahlen der Beklagten ergebenden Tatsache, dass die Leistung des Klägers im Juni 2002 gegenüber den übrigen Monaten (s. o.) nur vorübergehend abgefallen war, nicht darauf hindeuten, dass der Kläger seinerzeit bewusst weniger geleistet habe, als er konnte. Der Kläger war im Nachhinein auf diese Minderleistung angesprochen worden und verteidigte sich. Der laienhafte Hinweis, dass stehe nicht in seinem Vertrag, kann auch als Hinweis darauf verstanden werden, dass er vertraglich nicht verpflichtet sei, mehr zu leisten als er könne.

bb. Auch dass der Kläger im Durchschnitt des Jahres 2003 eine 14 % geringere Leistung als im Durchschnitt des Jahres 2002 erbrachte, und dass dazwischen ein Kündigungsschutzprozess geführt und vom Kläger gewonnen wurde, wobei der Kläger von Dezember 2002 bis April 2003 nicht arbeitet, ist kein ausreichendes Indiz für eine bewusste Zurückhaltung der Leistungsfähigkeit. Zum einen nämlich lag der Kläger auch im Jahre 2002 zeitweilig (im Juni) bereits bei 80 % der vorgegebenen Werte. Zum andern kann das Absacken der Leistungsfähigkeit auch mit der Belastung durch den Kündigungsschutzprozess einerseits, der fortgesetzten Rechtsstreitigkeiten aufgrund der Vielzahl der von der Beklagten erteilten Abmahnungen und Ermahnungen im Jahr 2003 und 2004 sowie der - jedenfalls angesichts des Beschwerdeschreibens des Klägers vom 22.01.2004 (Bl. 124 ff. d. A.) zumindest vom Kläger subjektiv so empfundenen - "Mobbingsituation" zusammenhängen. Gerade psychischer Druck kann zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit führen.

Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, dass - was als solches unstreitig ist - im Jahre 2002 in Früh- und Spätschicht gearbeitet wurde, im Jahre 2003 dagegen nur noch eine Schicht gefahren wurde, die - unstreitig .- ab Oktober 2002 um 07:00 Uhr, ab September 2003 dann ab 08:00 Uhr begann. Die Beklagte hat dazu vorgetragen - was als solches ebenfalls unstreitig ist - der Kläger habe im Juli 2001 bis Oktober 2001 in Wechselschicht gearbeitet. Soweit - so die Beklagte - der Kläger nunmehr meine, sein Leistungsvermögen sei in der Spätschicht stets höher gewesen als in der Frühschicht, spreche diese dafür, dass der Kläger nicht in der Lage sei, dauerhaft seine Arbeitsleistung zu erbringen. Darüber hinaus hätte der Kläger - so die Beklagte weiter - in der Spätschicht eine wesentlich höhere Leistung erbringen müssen, um seine vermeintliche Minderleistung auszugleichen und um darüber hinaus eine Mehrleistung von 100 % zu erbringen. Dieses Vorbringen kann den Hinweis des Klägers nicht entkräften. Die Beklagte legt für die Zeit von Juli 2001 bis Oktober 2001 keine Zahlen in Bezug auf die Wechselschichten vor. Es erscheint auch angesichts des unterschiedlichen Biorhythmus der Menschen durchaus nicht ausgeschlossen, dass der Kläger gegen Abend leistungsfähiger ist als gegen Morgen.

Jedenfalls kann allein der Zahlenvergleich zwischen 2002 und 2003 mit dem Hinweis auf den zwischenzeitlich geführten Kündigungsschutzprozess nicht eine bewusste Leistungszurückhaltung des Klägers indizieren.

II. Die Kündigung ist auch nicht als personenbedingte Kündigung wegen dauerhafter Minderleistung gerechtfertigt. Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung vom 11.12.2003 darauf hingewiesen, dass eine dauerhafte Unterschreitung der Normalleistung um 1/3 kündigungsrelevant sein könne. Darüber hinaus aber setzt die Kündigung aus personenbedingten Gründen stets voraus, dass auch für die Zukunft nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen ist und kein milderes Mittel zur Wiederherstellung eines Vertragsgleichgewichts zur Verfügung steht, welches unter Umständen auch in einer Vergütungsreduzierung liegen kann.

Im vorliegenden Fall ist eine Unterschreitung der von der Beklagten vorgegebenen Normalleistung um 15 % bzw. eine Unterschreitung des von der Beklagten vorgetragenen Durchschnitts der Arbeitnehmer um etwas mehr als 18 % jedenfalls nicht geeignet, eine Beendigungskündigung zu rechtfertigen.

Darüber hinaus lag im Kündigungszeitpunkt die Minderleistung des Klägers erst gut 7 Monate vor. Es lagen - wie dargestellt - psychische Belastungsfaktoren vor. Es lässt sich aufgrund dieser Situation nach nicht die Prognose stellen, dass die Beklagte dauerhaft mit einer ähnlichen Minderleistung rechnen muss, so dass von einer dauerhaften, schwerwiegenden Störung des Vertragsgleichgewichts gesprochen werden könnte.

III. Die Kammer teilt die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Entfernung der Ermahnung und der Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers und macht sich diese gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen. Alle Abmahnungen hatten den Vorwurf, der Kläger halte seine Leistungen bewusst zurück. Diese Feststellung kann anhand der vorhandenen Indizien auch die erkennenden Kammer nicht treffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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