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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 27.04.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 1406/06
Rechtsgebiete: BGB, SGB III
Vorschriften:
BGB § 611 | |
SGB III § 16 Abs. 3 |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.11.2006 - 2 Ca 3686/06 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und um Vergütungszahlung für die Monate November 2005 - April 2006.
Die 1953 geborene Klägerin, die den Beruf der Einzelhandelsverkäuferin gelernt hat, schloss mit dem "Konsortium K Beschäftigungsträger" für die Zeit vom 28.06.2005 - 27.12.2005 und sodann vom 28.12.2005 - 27.06.2006 Vereinbarungen zur Beschäftigung in einer Arbeitsgelegenheit im Rahmen der Maßnahme "Integrationsjobs K 2005" ab. Wegen des einzelnen Inhalts der Vereinbarungen wird auf Bl. 5 - 8 d. A. Bezug genommen. Während der Zeit der Beschäftigung erhielt die Klägerin nach diesen Verträgen neben Leistungen des ALG II seitens der ARGE K von dem Konsortium 1,30 € pro Stunde bei der Beschäftigung in einer Einsatzstelle. Die Klägerin wurde der beklagten Stadt zugewiesen und dort in der Stadtbücherei - Zentralbibliothek - in der buchtechnischen Abteilung eingesetzt. Dort hatte die Klägerin regelmäßig zwischen 7.30 Uhr und 8.00 Uhr morgens ihren Dienst aufzunehmen, der bis 17.00 Uhr andauerte. Sie war gemeinsam mit fünf weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern damit befasst, defekte Bücher zu reparieren, Bücher zu reinigen, alte Signaturen zu entfernen und neue Signaturen aufzukleben. Auch für andere Medien (CD, DVD, Video), wurden Tätigkeiten des Versehens mit Signaturen und Inhaltslabeln geleistet. Die Klägerin erfasste auch neue Bücher und Medien im Datensystem über einen PC, sortierte sie vor, verpackte Bücher und verteilte Bücher und Medien. Darüber hinaus leistete sie Kopierarbeit, Schneidearbeiten und Klebearbeiten.
Nach Vortrag der Beklagten bestand ihre Aufgabe ausschließlich darin, defekte Medien zu reparieren, sofern die Klägerin aus eigenem Antrieb andere Aufgaben übernommen habe, sei sie von der Sachgebietsleiterin darauf hingewiesen worden, dass nur die Reparatur der Medien zu ihrem Aufgabenbereich gehöre.
Mit ihrer am 08.05.2006 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Feststellung, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe, sowie die Zahlung von - der Höhe nach unstreitigen - 11.250,00 € brutto abzüglich erhaltenen 1.208,55 € netto nebst Zinsen. Dabei berechnet die Klägerin ihren Zahlungsanspruch aufgrund eines monatlichen Gehaltes von 1.875,00 €, welches der Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 TVöD entspricht, in der - wie die Klägerin vorgetragen hat und wie von der Beklagten nicht bestritten wurde - vergleichbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingruppiert sind.
Die Klägerin meint, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 SGB II seien nicht gegeben, da sie seit Beginn der Beschäftigung wie andere Arbeitnehmer weisungsgebunden eingesetzt worden sei. Es handle sich insoweit nicht um zusätzliche Arbeiten. Auch sei sie von dem Konsortium während der Beschäftigung nicht betreut worden. Ihre Beschäftigung - so hat die Klägerin vorgetragen - sei nur deshalb erfolgt, weil die beklagte Stadt zuvor eine erhebliche Anzahl von Stellen für die Stadtbibliothek eingespart habe und die Arbeiten, die täglich angefallen seien, von den Arbeitnehmern, die verblieben seien, nicht mehr in dem nötigen Umfang erbracht werden könnten.
Die Klägerin meint, dass zwischen den Parteien nach §§ 9, 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei, da es sich um unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung handle.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;
2. die Beklagte Stadt zu verurteilen, an sie 11.250,00 € brutto abzüglich 1.208,55 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 10.041,45 € seit dem 01.02.2006 zu zahlen.
Die beklagte Stadt hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen dieses ihr am 06.12.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.12.2006 Berufung eingelegt und diese am 30.01.2007 begründet.
Die Klägerin meint weiterhin, dass dann, wenn es sich nicht um zusätzliche Arbeiten handle, ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande gekommen sei. Sie kritisiert die Definition des Merkmals "zusätzliche Arbeiten", die das Arbeitsgericht zugrunde gelegt habe, als zu weit gehend. Sie meint, es reiche nicht aus, wenn für die Bewältigung regelmäßig anfallender Aufgaben nicht genügend Personal zur Verfügung stehe und die Aufgaben von gemäß § 16 Abs. 3 SGB II eingesetzten Beschäftigten wahrgenommen würden. Nach der Definition des Arbeitsgerichts würden - so die Klägerin - selbst gesetzliche Pflichtaufgaben der Kommunen, wenn hierfür nicht genügend Personal zur Verfügung stehe, als "zusätzliche Arbeiten" anzusehen sein.
Da die Beklagte bzw. deren Rat den Beschluss gefasst habe, eine Zentralbibliothek und mehrere Stadtbüchereien zur Verfügung zu stellen, handle es sich um einen selbstbindenden Beschluss, dessen Einhaltung und ordnungsgemäße Erledigung nicht als zusätzliche Aufgabe bezeichnet werden könne. Nur wenn die Beklagte - so meint die Klägerin - im Rahmen der Zentralbibliothek oder der Stadtbüchereien zusätzliche Projekte, wie etwa eine mobile Ausleihe für die Schulen oder für Altersheime realisieren wolle, könne es sich um zusätzliche Aufgaben handeln.
Die Klägerin verweist erneut darauf, dass sie wie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt gewesen sei, u. a. auch der Abteilungsleiterin - was als solches unstreitig ist - Arbeitsunfähigkeit anzeigen musste und bei dieser Urlaub beantragen und genehmigen lassen musste. Ihre Aufgabenverteilung sei durch die Abteilungsleiterin je nach Arbeitsanfall erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 17.11.2006 - 2 Ca 3686/06 -
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;
2. die beklagte Stadt zu verurteilen, an die Klägerin 11.250,00 € brutto abzüglich 1.208,55 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 10.041,45 € seit dem 01.02.2006 zu zahlen.
Die beklagte Stadt beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache keinen Erfolg.
A. Es besteht zwischen den Parteien kein unmittelbares Vertragsverhältnis. Die Klägerin hat Verträge lediglich mit dem "Konsortium K Beschäftigungsträger" abgeschlossen. Dieses hat die Klägerin der Beklagten zugewiesen.
B. Es ist auch kein Arbeitsverhältnis gemäß §§ 9, 10 AÜG zustande gekommen. Dieses nämlich würde voraussetzen, dass ein - unwirksames - Leiharbeitsverhältnis mit dem Konsortium vorläge. Erste Voraussetzung dafür wäre wiederum, dass mit dem Konsortium ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden wäre. Dieses ist jedoch nicht der Fall.
1. Das BAG hat in den Entscheidungen vom 08.11.2006 (5 AZB 36/06) und vom 17.01.2007 (5 AZB 43/06) entschieden, dass Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, wie sie in § 16 Abs. 3 S. 2 SGB II geregelt sind, ein von den Rechtssätzen des öffentlichen Rechts geprägtes Rechtsverhältnis begründen. Dementsprechend hat das BAG eine Eingliederungsvereinbarung als einen öffentlich-rechtlichen Vertrag qualifiziert.
Nicht einmal für die Einbeziehung eines privaten Dritten bei der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung gelangt das BAG dazu, dass ein privatrechtliches Rechtsverhältnis vorliegt. Das BAG hat das in den genannten Entscheidungen ausführlich begründet. Dem schließt sich die Kammer an.
2. Ebenfalls hat das BAG in beiden Entscheidungen ausgeführt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Zulässigkeitsschranken für Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung eingehalten sind. Es kommt damit im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob tatsächlich die zugewiesenen Arbeiten "zusätzlich" waren. Denn allenfalls wäre - so das BAG (a. a. O.) - die Eingliederungsvereinbarung und die Durchführung der Arbeitsgelegenheit rechtswidrig. Ein privatrechtliches Vertragsverhältnis würde auch daraus nicht folgen. Auch ein faktisches Vertragsverhältnis wäre jedenfalls nicht zivilrechtlicher Natur (BAG a. a. O.).
Aus diesem Grunde sind sowohl der Feststellungsantrag als auch der Zahlungsantrag unbegründet. Für den Zahlungsantrag ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich, da kein Vertragsverhältnis mit der beklagten Stadt besteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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