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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 03.08.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 233/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 2
Zur Unzulässigkeit des Auseinanderfallens des Zeitpunktes, an dem das Änderungsangebot wirksam werden soll, und des aufgrund der geltenden Kündigungsfristen einzuhaltenden Beendigungszeitpunktes (im Anschluss an BAG 21.09.2006 - 2 AZR 120/06).
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.12.2006 - 17 Ca 6364/06 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 19.07.2006 nicht beendet worden ist und auch nicht zum 30.06.2007 beendet wird.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Die bei Ausspruch der Änderungskündigung 48jährige Klägerin war seit dem 01.04.1991 aufgrund des am 13.02.1991 abgeschlossenen Arbeitsvertrages (Bl. 7/8) in der Verwaltung des Betriebes der Beklagten in K , in dem mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren, tätig. Sie war im Bereich Purchaising/Facilities nicht nur als Sekretärin des Leiters der Abteilung, sondern mit weiteren Aufgaben beschäftigt, wegen deren Einzelheiten auf die als solche unstreitige Darstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 04.12.2006 (Bl. 110/111 d. A.) verwiesen wird.

Die Klägerin bezog zuletzt ein Monatsbruttogehalt von 3.675,00 €.

In Ziffer 15 des Arbeitsvertrages ist vereinbart:

Auf das Arbeitsverhältnis finden, soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist, die jeweils gültigen Tarifvertrage für Mitarbeiter im Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalens, die jeweils gültige Arbeits- und Betriebsordnung sowie die jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen Anwendung.

Aufgrund § 7 Nr. 2 Unterabsatz 2 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Groß- und Außenhandels Nordrhein-Westfalens beträgt für ein Arbeitsverhältnis, dass zwölf Jahre bestanden hat, die Kündigungsfrist 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats. Nach Unterabsatz 9 des § 7 Nr. 2 gilt für das Arbeitsverhältnis der Klägerin Folgendes:

"Für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen, die vor dem 15.10.1993 begründet und die bis zum 26.05.1994 nicht rechtskräftig beendet worden sind, gelten abweichend von den vorstehenden Fristen die bis zum 15.10.1993 geltenden einzelvertraglichen und tarifvertraglichen Regelungen, es sei denn, die vorstehenden Regelungen sind für den Arbeitnehmer günstiger."

Aufgrund der bis zum 15.10.1993 geltenden tarifvertraglichen Regelungen beträgt die Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis der Klägerin 6 Monate zum Quartal.

Die Beklagte ist mit ihrem Firmensitz und den unternehmerischen Aktivitäten von K nach B in das S C am P P umgezogen. Dieses war von der Konzernleitung der S Corporation in T mit der Maßgabe beschlossen worden, dass im Verlaufe des Geschäftsjahres 2006 die unternehmerischen Aktivitäten der Beklagten von K , H -E -Straße, nach B in das S C verlagert werden sollten. Die Entscheidung zum Umzug nach B hatte zur Konsequenz, dass schrittweise fast sämtliche Arbeitsplätze von K nach B verlagert wurden.

Hierzu wurde am 21.04.2006 ein Interessenausgleich abgeschlossen, wegen dessen genauen Inhalts auf Blatt 25 - 34 d. A. Bezug genommen wird.

Darin wird unter anderem die schrittweise Verlagerung der Arbeitsplätze nach B geregelt. Es wurde weiter vereinbart, dass auf die Betriebsänderung der Rahmensozialplan vom 31.01.2006 (Bl. 35 ff. d. A.) Anwendung findet. Dieser Rahmensozialplan sieht Abfindungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor, die eine Weiterbeschäftigung in B ablehnen. Die Klägerin hätte daraus einen Anspruch auf eine Abfindung von über 80.000,00 €.

Die Klägerin war dem Bereich "Purch & Administration 3" zugeordnet, wofür nach der Anlage 1 zum Interessenausgleich eine Standortverlagerung nach B für den 01.05.2007 vorgesehen war. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Arbeitsplatz aufgrund der Verlegung nach B erst zum 11.05.2007 in entfallen sollte.

In K sollte hingegen der sogenannte Bereich "PSE (Professional Solutions Europe)" verbleiben. Dieser Bereich betreut professionelle Kunden, wie beispielsweise R , W , S , V und Krankenhäuser in der Region.

Die Mitarbeiter, die aus diesem Bereich in K verbleiben sollten, sind in der Anlage 3 zum Interessenausgleich (Bl. 34 d. A.) namentlich benannt. Für weitere Mitarbeiter war eine Verlagerung der Arbeitsplätze in ein "Home Office" vorgesehen. Über diese verhält sich die Anlage 2 zum Interessenausgleich (Bl. 33 d. A.). Es handelt sich im Wesentlichen um Außendienstmitarbeiter. Es ist zwischen den Parteien streitig, ob auch für die Klägerin ein Arbeitsplatz mit einem Home Office hätte eingerichtet werden können und ob die Klägerin mit einzelnen in K verbliebenen Mitarbeitern im Sinne der sozialen Auswahl vergleichbar sei.

Ein einvernehmliches Versetzungsangebot nach B nahm die Klägerin nicht an.

Mit Schreiben vom 05.07.2006 hörte die Beklagte den in K gebildeten Betriebsrat zu einer ordentlichen, fristgerechten Änderungskündigung an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Blatt 52/53 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach in seiner Stellungnahme vom 17.07.2006 (Bl. 54/55 d. A.) der beabsichtigten ordentlichen Änderungskündigung.

Die Klägerin war als Ersatzmitglied zum Betriebsrat gewählt worden. Während die Klägerin allgemein behauptet hat, sie verfüge aufgrund ihrer Tätigkeit im Betriebsrat über den Sonderkündigungsschutz, hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin in den Betriebsrat nachgerückt sei.

Mit Schreiben vom 19.07.2006, zugegangen am 26.07.2006 sprach die Beklagte der Klägerin eine Änderungskündigung aus. Darin heißt es unter anderem:

Sehr geehrte Frau ,

hiermit kündigen wir den zwischen Ihnen und uns bestehenden Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 11.05.2007.

Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß zu dieser Kündigung angehört und hat der Kündigung widersprochen. Eine Kopie des Widerspruchs legen wir diesem Schreiben bei.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis am Standort S C B , P P , zu ansonsten unveränderten Konditionen weiterzuführen. Sollten Sie unser Angebot annehmen, so bitten wir eine Kopie dieses Schreibens unterschrieben bis spätestens 3 Wochen nach Erhalt an die Personalabteilung zurück zu geben. Sollten Sie Ihr Einverständnis bis zu diesem Zeitpunkt nicht erklärt und fristgerecht an H R gesandt haben, so endet das Arbeitsverhältnis gemäß Interessenausgleich Ziffer 4 mit dem Ablauf des Monats, in den die Verlagerung des Bereichs fällt, d. h. in Ihrem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit dem 31.05.2007. Hierfür gelten die Bedingungen des Sozialplans vom 31.01.2006 sowie des Interessenausgleiches vom 21.04.2006.

Gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 09.08.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage. Außer auf die von ihr behauptete Möglichkeit der Weiterbeschäftigung mit einem Home Office und der von ihr erster Linie hinsichtlich der Mitarbeiterin K aus dem Bereich PSE gerügten sozialen Auswahl meint die Klägerin, dass die Kündigung schon gemäß § 102 BetrVG unwirksam sei. Dazu meint sie, die Beklagte habe den Betriebsrat darauf hinweisen müssen, dass es sich um eine außerordentliche Kündigung handele. Zudem sei die Behauptung in der Betriebsratsanhörung falsch, sie, die Klägerin, sei nicht mit den Mitarbeitern aus dem Bereich PSE vergleichbar, wozu die Beklagte behauptet habe, dass alle Mitarbeiter in diesem Bereich über einen extrem hohen Spezialisierungsgrad verfügten. Bei der Mitarbeiterin K , die dort als Assistentin/Sekretärin tätig ist, liege gerade keine Spezialisierung vor. Die Klägerin könne den Aufgabenbereich von Frau K ohne weiteres innerhalb einer kurzen Einarbeitungszeit übernehmen. Die Beklagte - so die Klägerin weiter - habe dem Betriebsrat im Einzelnen auch mitteilen müssen, dass die Klägerin auch mit den Mitarbeitern B und T vergleichbar sei, die im Home Office weiterbeschäftigt würden. Diese seien nämlich im Marketing tätig. Die Klägerin habe ebenfalls bereits im Marketing gearbeitet.

Schließlich meint die Klägerin, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung zum 11.05.2007 keine ordentliche Kündigung darstelle. Die Beklagte habe auch die Kündigungsfrist nicht lediglich falsch berechnet, sondern bewusst das Arbeitsverhältnis zum 11.05.2007 kündigen wollen. Die Beklagte habe mit der Kündigung versucht, eine Beendigung bzw. einen Wechsel des Standortes zu einem Zeitpunkt durchzusetzen, der nicht durch eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Unter anderem wegen des von der Beklagten gewählten Datums des Wechsels der Arbeitsbedingungen, d. h. des 11.05.2007, sei die Kündigung insgesamt sozial nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 19. Juli 2006, zugegangen am 26. Juli 2006, nicht zum 11. Mai 2007 beendet worden ist, sondern ungekündigt über diesen Termin hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat hinsichtlich der zu wahrenden Kündigungsfrist drauf hingewiesen, sie sei unter Einhaltung der maßgeblichen Frist zum Quartalsende im Juli 2006 berechtigt gewesen, zum 31.03.2007 zu kündigen. Sie sei mit der Änderungskündigung über dieses Datum hinausgegangen.

Die Beklagte hat zur sozialen Auswahl darauf verwiesen, dass der Interessenausgleich eine Negativliste enthalte. Im Übrigen führt sie aus, warum aus ihrer Sicht weder die Mitarbeiterin K , noch die Mitarbeiter B und T noch überhaupt verbliebene Mitarbeiter mit der Klägerin vergleichbar seien und warum die Kläger nicht mit in einem Home Office beschäftigt werden könne.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14.12.2006 der Klage insofern stattgegeben, als es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 19.07.2006 nicht mit Wirkung zum 11.05.2007 ende, sondern bis zum 30.06.2007 fortbestehe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 21.02.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.02.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 21.05.2007 am 03.05.2007 begründet. Die Beklagte hat gegen das ihr am 21.02.2007 zugestellte Urteil am 19.03.2007 Berufung eingelegt und diese am 11.04.2007 begründet.

Beide Parteien verfolgen in der Berufungsinstanz ihre jeweiligen Prozessziele mit Rechtsausführungen weiter.

Die Beklagten beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 14.12.2006 - 17 Ca 6364/06 - die Klage voll umfänglich abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 14.12.2006 - 17 Ca 6364/06 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 19.07.2006, zugegangen am 26.07.2007, nicht zum 11.05.2007 und auch nicht zum 30.06.2007 beendet worden ist, und im Übrigen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache Erfolg, die ebenfalls zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hingegen nicht.

I. Nach Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (21.09.2006 - 2 AZR 120/06 -), der die Kammer folgt, ist eine ordentliche Änderungskündigung, die auf eine vor Ablauf der Kündigungsfrist des betreffenden Arbeitnehmers wirksam werdende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zielt, nach § 1 Abs. 2, § 2 KSchG sozial ungerechtfertigt.

Das Angebot des Arbeitgebers, bei einer ordentlichen Änderungskündigung die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, kann auch nicht allgemein als Angebot ausgelegt werden, die neuen Arbeitsbedingungen bei Unzulässigkeit der vorfristigen Änderung erst mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eintreten zu lassen (BAG aaO).

Das Bundesarbeitsgericht begründet dieses wie folgt:

Eine ordentliche Kündigung wirkt erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Daran hat sich auch das Änderungsangebot des Arbeitgebers bei einer ordentlichen Änderungskündigung zu orientieren. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf einen Teil der ihm zustehenden Kündigungsfrist zu verzichten und vorzeitig in eine Vertragsänderung mit schlechteren Arbeitsbedingungen einzuwilligen. Das Änderungsangebot ist damit in einem wesentlichen Punkt sozial ungerechtfertigt. Es werden in unzulässiger Weise Elemente von ordentlicher und außerordentlicher Kündigung vermengt.

Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter Vorbehalt annimmt (BAG aaO; BAG 19.05.1993 - 2 AZR 584/92 -).

Eine ordentliche Änderungskündigung, bei der das Änderungsangebot des Arbeitgebers auf eine vor Ablauf der Kündigungsfrist des betreffenden Arbeitnehmers wirksam werdende Änderung abzielt, mithin auf eine außerordentliche Änderung abzielt, ist sozial ungerechtfertigt.

Die Sozialwidrigkeit des Angebots, die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, führt zur Sozialwidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt, denn bei einer Änderungskündigung sind alle vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vertragsänderungen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. Enthält das Angebot des Arbeitgebers eine Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen in mehreren Punkten, so muss die soziale Rechtfertigung für jeden einzelnen Punkt geprüft werden. Genügt auch nur eine der beabsichtigten Änderungen den Anforderungen nicht, so hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung zur Folge. Das Gericht kann nicht etwa die Änderungskündigung teilweise für wirksam erklären (BAG 21.09.2006 aaO, insoweit gegen Löwisch NZA 1988, 633, 636).

II. Im vorliegenden Fall enthält die Änderungskündigung das Angebot, mit Ablauf des 11.05.2007 das Arbeitsverhältnis am Standort S B fortzusetzen. Damit zielt es auf eine vor Ablauf der für das Arbeitsverhältnis der Klägerin geltenden Kündigungsfrist wirksam werdende Änderung ab.

1. Anders kann das Kündigungsschreiben nicht ausgelegt werden. Denn dort heißt es:

"Hiermit kündigen wird den zwischen ihnen und uns bestehenden Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zu 11.05.2007... Gleichzeitig bieten wir ihnen an, das Arbeitsverhältnis am Standort S B ... zu ansonsten unveränderten Konditionen fortzuführen."

Für den Fall der Nichtannahme des Angebots innerhalb der der Klägerin gesetzten Frist von 3 Wochen heißt es weiter:

"....so endet das Arbeitsverhältnis gemäß Interessenausgleich Ziffer 4 mit dem Ablauf des Monats, in den die Verlagerung des Bereiches fällt, d. h. in Ihrem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit dem 31.05.2007."

Aus der Kündigung zum 11.05.2007 und der davon für den Fall der Nichtannahme des Änderungsangebots unterschiedenen Beendigung für den Ablauf des Monats, in den der 11.05.2007 fällt, ergibt sich, dass die Beklagte der Klägerin anbot, mit Ablauf des 11.05.2007 das Arbeitsverhältnis in B fortzusetzen.

2. Dieses Angebot kann nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, die neuen Arbeitsbedingungen bei Unzulässigkeit der vorfristigen Änderung erst mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eintreten zu lassen. Die Rechtslage ist in insoweit nicht mit der bei einer Beendigungskündigung vergleichbar (vgl. BAG, 21.09.2006 aaO). Bei einem vorfristigen Änderungsangebot ist regelmäßig nicht von einem entsprechenden mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers auszugehen, die neuen Arbeitsbedingungen, wenn sie nicht vorfristig durchsetzbar sind, jedenfalls mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gelten zu lassen. Es ist durchaus denkbar, dass der Arbeitgeber die vorfristige Änderung der Arbeitsbedingungen gerade deshalb anbietet, weil eine weitere Arbeit des Arbeitnehmers zu den geänderten Bedingungen erst nach dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für ihn nicht mehr von Interesse ist.

Umgekehrt kann der Arbeitnehmer von seinem Empfängerhorizont aus regelmäßig kaum abschließend beurteilen, ob nicht der Änderungsangebot des Arbeitgebers damit stehen und fallen soll, dass er die neuen Arbeitsbedingungen schon zu dem im Kündigungsschreiben genannten Termin annimmt (BAG aaO).

Hinzukommt, dass das Interesse des Arbeitnehmers, der bei einer Änderungskündigung sich innerhalb einer kurzen Frist entscheiden muss, ob er die neuen Arbeitsbedingungen mit oder ohne Vorbehalt annimmt oder ablehnt, eine enge Auslegung des Änderungsangebots des Arbeitgebers erfordert (BAG aaO).

Im vorliegenden Fall sollte der Umzug für den Arbeitsbereich der Klägerin zum 11.05.2007 stattfinden. Die Beklagte differenzierte bewusst zwischen dem Fall der Annahme des Änderungsangebots zum 11.07.2005 und dem Fall der Nichtannahme, bei dem das Vertragsverhältnis zum 30.05.2005 enden sollte. Danach ergab sich aus dem Empfängerhorizont, dass der Termin 11.07.2005 bewusst und abschließend für das Änderungsangebot gelten sollte.

3. Auch eine Umdeutung in eine Änderungskündigung mit einem Änderungsangebot zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist kommt nicht in Betracht. Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich die Ansicht von Löwisch abgelehnt, der bei fehlender sozialer Rechtfertigung einzelner vom Arbeitgeber vorgeschlagener Arbeitsbedingungen grundsätzlich eine Umdeutung in ein Änderungsangebot ohne diese Arbeitsbedingungen zulassen will. Die Begründung des Bundesarbeitsgerichts dazu überzeugt: Da der Arbeitnehmer auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die geänderten Arbeitsbedingungen ablehnt oder mit oder ohne Vorbehalt annimmt, erfordert schon die Rechtssicherheit, dass zweifelsfrei klargestellt ist, zu welchen neuen Arbeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen soll. Die weitgehende Anerkennung von Umdeutungsmöglichkeiten hinsichtlich des Änderungsangebots des Arbeitgebers würde den Arbeitnehmer entgegen dem Schutzzweck des § 2 KSchG bei einer Änderung von mehreren Arbeitsbedingungen möglicherweise verpflichten, alternativ zu den verschiedenen künftigen Arbeitsvertragsgestaltungen Stellung zu nehmen, die in der Änderungskündigung ausdrücklich so nicht enthalten sind.

Dies entspricht in der Parallelwertung der Rechtssprechung zu § 8 TZBfG: Ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, dass die Ankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 TZBfG nicht wahrt, kann die in § 8 Abs. 5 S. 2 und 3 TZBfG geregelten Zustimmungsfiktionen nicht auslösen. Dieses wird vom Bundesarbeitsgericht damit begründet, dass dann, wenn die zum Schutz des Arbeitgebers gesetzlich bestimmte Dreimonatsfrist nicht eingehalten ist, der Arbeitnehmer den Arbeitgeber Unklarheiten bei der Fristberechnung aussetzt und der Arbeitgeber dadurch gezwungen wird, das Verlangen erst auszulegen, um die für ihn maßgebliche Frist zu berechnen (BAG 20.07.2004 - 9 AZR 626/03 -).

Gegenüber diesen grundsätzlichen Erwägungen können im vorliegenden Fall keine besonderen Anhaltspunkte für eine Umdeutbarkeit festgestellt werden.

Auch kann die Überlegung der Beklagten nicht zu einem anderen Ergebnis führen, bei einer Versagung der Umdeutung des Änderungsangebots müsse sonst immer eine Änderungskündigung, bei der der Arbeitgeber die Kündigungsfrist falsch berechnet habe, ohne Umdeutungsmöglichkeit endgültig unwirksam sein. Denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Das Kündigungsschreiben muss jedenfalls aus dem Empfängerhorizont eindeutig so verstanden werden, dass die Beklagte bewusst zwischen den Fristen für das Änderungsangebot und der Kündigungsfrist für die Vertragsbeendigung differenzierte. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass das Änderungsangebot ausdrücklich auf den 11.05.2007 bezogen war und die Kündigung zum 11.05.2007 sich ausdrücklich nur auf die von der Klägerin anzunehmende Vertragsänderung bezog. Für den Fall der Beendigung nannte die Beklagte den 31.05.2007, also ein Beendigungsdatum, welches den in § 622 BGB geregelten Kündigungsfristen ebenso wie den meisten tariflichen Beendigungszeitpunkten entspricht. Aus der Sicht der Klägerin differenzierte die Beklagte damit bewusst zwischen dem Änderungsangebot, für welches die gesetzlich und tariflich möglichen Beendigungszeitpunkte nicht eingehalten sind, und dem Datum für das Auslaufen des Arbeitsverhältnisses für den Fall der Nichtannahme des Änderungsangebots.

III. Eine Beendigung zum 11.05.2007 entsprach unter keinem möglichen Gesichtspunkt dem Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist.

1. Der Arbeitsvertrag nimmt in Ziffer 15 ausdrücklich auf die jeweils gültigen Tarifverträge für Mitarbeiter im Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen Bezug. Gemäß § 7 Nr. 2. (9) des Manteltarifvertrages gelten für die Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, die vor dem 15.10.1993 begründet und die bis zum 26.05.1994 nicht rechtskräftig beendet worden sind, abweichend von den vorstehenden Fristen die bis zum 15.10.1993 geltenden einzelvertraglichen und tarifvertraglichen Regelungen, aus denen sich für das Arbeitsverhältnis der Klägerin eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende ergab.

2. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, dass der alte Tarifzustand insoweit verfassungswidrig gewesen sei, als er hinsichtlich der Kündigungsfristen zwischen Arbeitern und Angestellten differenzierte. Denn eine solche Diskriminierung der Arbeiter könnte allenfalls zur Unwirksamkeit der für diese geltenden Fristen führen, nicht jedoch zur Unwirksamkeit der tariflichen Vereinbarungen für die Angestellten. Davon abgesehen aber kann es auf diese Verfassungsfrage schon deshalb nicht ankommen, weil die Tarifverträge im vorliegenden Fall kraft einzelvertraglicher Vereinbarung gelten. Sofern bei der Beklagten insoweit eine dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechende sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten vorläge, hätte dieses wiederum nur zur Folge, dass die Arbeiter sich auf die längeren Fristen berufen könnten.

3. Sofern die Beklagte des Weiteren dahingehend argumentiert, sie habe aufgrund der Kündigung vom 19.07.2006 das Arbeitsverhältnis bereits zum 31.03.2007 beenden können, eine Kündigung zum 11.05.2007 sei mithin günstiger und enthalte deshalb keinen Verstoß gegen die durch einzelvertragliche Bezugnahme geltenden tariflichen Fristen, so greift auch diese Argumentation nicht durch.

Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des BAG vom 04.07.2001 (2 AZR 469/00), auf die die Beklagte sich beruft, für den vorliegenden Fall nichts hergibt. Dort hatten die Parteien einzelvertraglich nicht etwa gestufte Kündigungsfristen wie in § 622 BGB oder in den tariflichen Vorschriften vereinbart, sondern ausschließlich: "Er (der Vertrag) kann mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsschluss gekündigt werden". Eine Verlängerung der Frist bei lang andauerndem Arbeitsverhältnis sah der Vertrag nicht vor. Das BAG hatte nur darüber zu entscheiden, ob nach langjähriger Vertragsdauer der Arbeitgeber nur die erheblich längeren Fristen des § 622 BGB (in concreto die der Nr. 7 von 7 Monaten zum Monatsende) einzuhalten habe oder ob die vertragliche Vereinbarung in zwänge, auch bei verlängerten Kündigungsfristen jeweils nur zur Quartal zu kündigen. Ein dementsprechender Sachverhalt ist vorliegend nicht gegeben.

Demgegenüber behandelt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.04.1985 (2 AZR 197/84) die im vorliegenden Fall erheblichen Fragen:

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatten die Parteien für die ordentliche Kündigung eine Frist von 6 Wochen zum Quartalsende vereinbart. Der Arbeitgeber kündigte das Vertragsverhältnis am 15. November zum 31. Januar. Er hätte am 15. November auch zum 31. Dezember kündigen können.

Das Bundesarbeitsgericht lehnt in dieser Entscheidung die Auffassung ab, der entsprechend § 626 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. vereinbarte Kündigungstermin (Quartalsende) habe keine eigenständige Bedeutung, sondern diene nur der technischen Bestimmung der Kündigungsfrist. Die vom Gesetz vorgesehenen, von den Parteien vertraglich übernommenen Kündigungstermine hätten - so das Bundesarbeitsgericht - nicht nur den Hilfszweck, die Berechnung des Ablaufs der Kündigungsfristen zu erleichtern, sie hätten vielmehr im Rahmen des Bestandschutzes auch eine besondere selbstständige Bedeutung, in dem sie die Beendigungswirkung der Kündigung auf einen späteren Zeitpunkt verschöben, um sicherzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht zu einem für den Gekündigten ungünstigen Zeitpunkt ende.

Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob die dortige Beklagte das Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Dezember habe kündigen können. Auch wenn diese Möglichkeit bestanden hätte - so das Bundesarbeitsgericht - lasse sich mit Billigkeitserwägungen nicht das Hinausschieben des Kündigungstermins um einen Monat begründen.

Zudem weist das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass nach dem vom Landesarbeitsgericht in jenem Fall festgestellten Kündigungssachverhalt darüber hinaus eine Kündigung zum 31. Dezember auch nicht nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Wenn die Beklagte - so das Bundesarbeitsgericht - bei Ausspruch der Kündigung beabsichtigt habe, den Betrieb erst zum 31. Januar zu schließen, dann wäre eine Kündigung zum 31. Dezember nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.

Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dieses: Die Beklagte konnte den 11. Mai auch dann nicht als Kündigungstermin wählen, wenn sie zum 31. März hätte kündigen können. Darüber hinaus aber liegt im vorliegenden Fall ebenfalls ein Kündigungssachverhalt vor, in dem eine Kündigung zum 31. März sozial nicht gerechtfertigt gewesen wäre. Denn die Beklagte beabsichtigte bei Ausspruch der Kündigung, den Arbeitsplatz der Klägerin erst zum 11. Mai 2007 zu verlegen. Sie konnte daher gar nicht zum 31. März wirksam kündigen.

4. Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass sich an diesem Ergebnis nichts ändern würde, wenn die Kündigungsfrist nicht aufgrund § 7 Nr. 2 (9) des Manteltarifvertrages 6 Monate zum Quartal betrüge, sondern gemäß § 7 Nr. 2 (2) d 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats. In diesem Fall hätte die Beklagte nach dem zuvor Gesagten, da der betriebliche Grund erst zum 11. Mai 2007 griff, frühestens zum 31. Mai 2007 kündigen können und hätte dementsprechend auch die Veränderungen der Vertragsbedingungen erst zu diesem Zeitpunkt verlangen dürfen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

V. Die Kammer hat die Revision aus folgendem Grund zugelassen: Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 21.09.2006 (2 AZR 170/06) die Umdeutbarkeit in eine Änderungskündigung mit einem Änderungsangebot zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wie die Kammer es im vorliegenden Urteil für richtig hält. Das Bundesarbeitsgericht hat nur grundsätzliche Bedenken geäußert, aber ausdrücklich letztlich offen gelassen, ob eine Umdeutung des Änderungsangebots überhaupt in Betracht komme, weil es im konkreten Fall die Voraussetzungen der Umdeutung nach § 140 BGB nicht feststellen konnte. Wegen dieser mangelnden Festlegung des Bundesarbeitsgerichts erscheint die Frage der Umdeutbarkeit im Grundsatz weiterhin als klärungsbedürftig.

Ende der Entscheidung

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