Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.06.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 242/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
KSchG § 14 Abs. 2
Bei einer Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit einem leitenden Angestellten gemäß §§ 9, 10, 14 Abs. 2 KSchG ist entgegen einer in der Literatur vertretenden Auffassung weder regelmäßig der Höchstbetrag des § 10 KSchG noch (entgegen LAG Hamm 14.12.2000 - 8 Sa 1234/00 - LAGE § 9 KSchG Nr. 35) regelmäßig eine Abfindung in Höhe eines Monatsverdienstes pro Beschäftigungsjahr festzusetzen.
Tenor:

Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 08.11.2007 - 7 Ca 2478/07 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 30 % und der Beklagte 70 % zu tragen.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerecht ausgesprochenen Kündigung des Beklagten, um Entgeltansprüche aus Annahmeverzug und über die Höhe der Abfindung aufgrund einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 KSchG i. V. m. §§ 9, 10 KSchG.

Die Klägerin war seit dem 01.06.1997 bei dem beklagten Verein zunächst als Leiterin des Wohnstifts in der A in A zu einem monatlichen Bruttogehalt von 5.100,00 € beschäftigt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin aufgrund ihrer Funktion und ihrer Vertretungsmacht für den Beklagten bei Einstellungen und Entlassungen zum Personenkreis des § 14 Abs. 2 KSchG gehört.

Nachdem der Beklagte Leistungen der Klägerin zu ihrem 10-jährigem Dienstjubiläum am 01.06.2007 noch belobigt hatte (Bl. 4 d. A.), erhielt die Klägerin am 22.06.2007 drei Abmahnungen (Bl. 22 - 27 d. A.). Mit Schreiben vom 30.06.2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos bzw. fristgerecht zum 31.12.2007, weil die Klägerin am frühen Morgen des 23.06.2007 gegen 6.00 Uhr von dem Küchenleiter dabei beobachtet sein soll, wie sie am Kopiergerät im zentralen Eingangsbereich des Altenheims stapelweise Papiere kopiert habe. Darin sah der beklagte Verein den Verdacht begründet, dass die Klägerin wichtige Geschäftsunterlagen kopiert habe und die Kopien mitgenommen habe.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens schob der Beklagte als Kündigungsgründe folgende, nach seinem Vorbringen ihm erst nach der Kündigung bekannt gewordene Gründe nach, wobei sich der Beklagte jeweils auf den dringenden Verdacht der "Günstlingswirtschaft" beruft:

Die Klägerin habe in ihrer Funktion als Heimleiterin drei ihr persönlich bekannte Mitarbeiter zu überhöhten Vergütungen eingestellt, weil diese Mitarbeiter nach Auffassung des Beklagten jeweils zu hoch eingruppiert seien. Die Klägerin habe insoweit Günstlingswirtschaft betrieben. Unstreitig sind die beiden betreffenden weiblichen Mitarbeiter Mitglieder des Chores J B , deren Mitglied auch die Klägerin ist, während der betreffende männliche Mitarbeiter nach Vorbringen des Beklagten ebenfalls Chormitglied war, nach Vorbringen der Klägerin indes nicht Mitglied, sondern Techniker des Chores. Der Mitarbeiter J ist unstreitig als Hausmeister/Technischer Leiter mit der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 10 BAT-KF eingestellt worden. Er ist nach von dem Beklagten nicht bestrittener Darlegung der Klägerin staatlich geprüfter Techniker. Die Einstellung erfolgte am 01.05.2001. Die Einstellung erfolgte nach vorheriger Rücksprache mit der Vorstandsvorsitzenden Frau Dr. P . Nach Vorbringen der Klägerin versprach man sich von seiner Einstellung erhebliche Kosteneinsparungen, weil man dadurch nicht mehr ständig mit externen Handwerkern arbeiten habe müssen. Auch die Wartungsverträge seien günstiger geworden, weil Herr J als Haustechniker vieles selbst habe erledigen können. Schließlich seien Herr J zwei Mitarbeiter unterstellt gewesen. Nach Vorbringen des Beklagten bezog sich die Rücksprache mit der Vorstandsvorsitzenden nicht auf die Eingruppierung. Unstreitig wurde erst 2005 eine zusätzliche Hausmeisterkraft eingestellt und später noch eine weitere 1-Euro-Kraft.

Der Beklagte verweist darauf, dass Hausmeister mit einer einschlägigen Ausbildung nach Vergütungsgruppe IX, bei abgeschlossener einschlägiger Lehre nach Vergütungsgruppe VIII eingruppiert würden. Dementsprechend sei - das ist unstreitig - auch der frühere Hausmeister eingruppiert gewesen, wozu die Klägerin vorgetragen hat, der Vorgänger sei nicht für Präzisionsarbeiten wie Herr J ausgebildet gewesen.

Die Mitarbeiterin N wurde als Leiterin des gruppenübergreifenden Dienstes eingestellt. Ausgeschrieben war die Stelle als "Leiterin des Sozialen Dienstes". Für diese Stelle gibt es nach Darlegung des Beklagten keine zugeordnete Vergütungsgruppe im Entgeltgruppenplan. Der Beklagte beruft sich darauf, dass Frau N unzutreffend als Beschäftigungstherapeutin eingruppiert worden sei. Sie sei eine solche nicht, erst recht nicht mit staatlicher Anerkennung. Frau N habe auch für ihre Stelle keine einschlägige Ausbildung. Die Klägerin beruft sich darauf, dass sie dem Leiter des Referats für Altenarbeit des D W in D , Herrn K , Frau N vorgeschlagen habe und mit ausdrücklicher Zustimmung der Vorstandsvorsitzenden eingestellt habe, wozu der Beklagte wiederum vorträgt, die Rücksprache habe sich nicht auf die Eingruppierung bezogen. Wegen des Lebenslaufes Frau N wird auf Blatt 143 d. A. Bezug genommen. Nach unwidersprochenem Vortrag der Klägerin hat diese die Vorstandsvorsitzende in Kenntnis gesetzt, dass sie mit Frau N in besagtem Chor singe und es sich insoweit um eine persönliche Bekanntschaft handle.

Die Mitarbeiterin S , die aus den Niederlanden stammt, wurde ebenfalls nach Rücksprache mit der Vorstandsvorsitzenden eingestellt. Sie ist eine in den Niederlanden examinierte Altenpflegerin und verfügte über eine Zusatzausbildung als "Aktiviteitenbegeleidster" für demenzkranke Menschen sowie eine langjährige Berufserfahrung in den Niederlanden. Die Parteien streiten darüber, ob der Begriff des "Aktiviteitenbegeleidster" dem deutschen Ergotherapeuten entspricht. Unstreitig hat Frau S keine deutsche Ausbildung. Nach Vortrag der Klägerin zeichnet sich Frau S durch ihre Erfahrungen in der gerontopsychiatrischen Pflege als kompetente und engagierte Mitarbeiterin bei dem Aufbau und der Umsetzung des Pflege- und Betreuungskonzeptes für demenzkranke Bewohner aus. Unstreitig erhielt Frau S in den Niederlanden das gleiche Gehalt, wie es sich aus der für den Arbeitsvertrag vereinbarten, für Ergotherapeuten vorgesehenen Vergütungsgruppe KR Va Fallgruppe 12 ergibt. Der Beklagte hält diese Eingruppierung für überhöht. Sie verweist darauf, dass die Klägerin nach deutschem Recht keine Ergotherapeutin sei, da sie als solche nicht in Deutschland anerkannt sei. Frau S sei auch nicht als Ergotherapeutin tätig. Ausgeschrieben war die Stelle unstreitig als "Altenpflege/ ergotherapeutische Ausrichtung in der Betreuung demenziell/ gerontopsychiatrisch erkrankter Bewohner". Nach Vortrag des Beklagten gibt es für eine Stelle mit dieser Beschreibung keine zugeordnete Vergütungsgruppe im Entgeltgruppenplan (Anlagen 1 und 2 zu § 10 BAT KF).

Der Beklagte hatte mit Schreiben vom 09.08.2007 die Klägerin zur Stellungnahme zur Eingruppierung aufgefordert. Die Klägerin hat dieses Schreiben außergerichtlich nicht beantwortet.

Die Klägerin hat bestritten, dass sie Geschäftsunterlagen kopiert habe. Unberechtigt sei auch der Vorwurf, sie habe Mitarbeiter zu hoch eingruppiert.

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei jedoch nicht zumutbar, weil ihr von Seiten des Arbeitgebers persönliches Missmanagement vorgeworden werde. Die Klägerin hat dementsprechend erstinstanzlich einen eigenen Auflösungsantrag gestellt.

Aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges verlangt die Klägerin für die Monate Juli bis Oktober 2007 die vertraglich vereinbarte Vergütung in Höhe von jeweils 5.100,00 € brutto abzüglich des auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Betrages in Höhe von 6.507,93 €.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 30.06.2007 nicht aufgelöst wurde;

2. den beklagten Verein zu verurteilen, an die Klägerin 20.400,00 € brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 6.507,93 € zu zahlen;

3. das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 51.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem Tage der Auflösung zum 31.12.2007 aufzulösen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise hat er beantragt,

für den Fall der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 30.06.2007 das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 25.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Tage der Auflösung nicht überschreiten sollte, zum 01.07.2007,

hilfsweise zum 31.12.2007 aufzulösen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages und der Annahmeverzugsansprüche stattgegeben und das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Beklagten zum 31.12.2007 gegen eine Abfindung in Höhe von 35.000,00 € aufgelöst.

Gegen dieses ihr am 07.02.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.02.2008 Berufung eingelegt und diese am 05.03.2008 begründet. Der Beklagte hat gegen das ihm ebenfalls am 07.02.2008 zugestellte Urteil am 07.03.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30.04.2008 am 22.04.2008 begründet.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung eine Abfindung in Höhe des erstinstanzlichen Antrages. Sie beruft sich dazu darauf, dass nach Rechtsprechung des LAG Hamm und Literaturmeinung im Falle des § 14 Abs. 2 KSchG der geringere Bestandschutz über die Höhe der Abfindung dahingehend zu kompensieren sei, dass pro Beschäftigungsjahr ein Monatsverdienst anzusetzen sei.

Der Beklagte begehrt zunächst weiterhin die Klageabweisung und hilfsweise die Abfindung auf höchstens 12.750,00 € festzusetzen.

Der Beklagte trägt nunmehr vor: Ob die Klägerin möglicherweise unerlaubt dienstliche Unterlagen kopiert habe, solle nicht weiter erörtert werden. Die Meinung der ersten Instanz bedürfe keines Kommentars.

Den Kündigungsgrund des dringenden Verdachtes, dass die Klägerin mit den ihr persönlich bekannten Mitarbeitern eine deutlich überhöhte Vergütung zum Nachteil der Beklagte verabredet und vereinbart habe und insoweit ein kollusives schädigendes Zusammenwirken zwischen der Klägerin und den Mitarbeitern vorliege, werde weiter verfolgt. Das erstinstanzliche Gericht gehe darauf nicht hinreichend ein.

Die Klägerin sei aufgrund der Stellenbeschreibung vom 05.01.2003 zu Tariftreue und wirtschaftlichem Handeln verpflichtet. Die Klägerin habe sich auch, falls professionelle Hilfe benötigt worden sei, mit einem D Anwaltsbüro, ab 2007 mit dem erstinstanzlich Bevollmächtigten beraten können.

Eine von dritter Seite auf Veranlassung des Beklagten durchgeführte Untersuchung habe festgestellt, dass im Fall J bis zum 31.12.2007 ein Schaden in Höhe von 70.455,00 €, im Fall N von 41.869,20 € und im Fall S von 11.383,67 € entstanden sei. Bezüglich des Mitarbeiters J sei der Schaden zwar gedeckelt worden, da man durch Aufhebungsvergleich zum 31.12.2007 das Arbeitsverhältnis beendet habe. Bezüglich der zwei weiteren Mitarbeiter liefen Rechtsstreitigkeiten nach durchgeführter Änderungskündigung und korrigierender Rückgruppierung, die beim Arbeitsgerichts Aachen anhängig seien. Der Beklagte nimmt insoweit auf die Schriftsätze in diesen Verfahren Bezug.

Aus dem Lebenslauf von Frau N ergebe sich, dass diese bislang keine Leitungs- und Vorgesetztenfunktion ausgeübt habe und von ihrer Vorbildung nicht für die Stelle geeignet gewesen sei. Bei Frau S folge aus dem Einstellungsbogen, dass dort zwar die Berufsbezeichnung Ergotherapeutin eingetragen sei, jedoch die Rubrik "Anerkennung des Pflegeexamens in Deutschland" durchgestrichen sei. Auch Frau S sei von der Vergütungsgruppe Vc jedenfalls unerreichbar entfernt gewesen. Für den Mitarbeiter J sei dessen Einstellung als technischer Leiter völlig überzogen und angesichts der Größe des Beklagten nicht adäquat gewesen.

Jedenfalls sei die vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Abfindung zu hoch. Das Urteil enthalte keine individuellen Parameter, welche die exakte Höhe des Abfindungsbetrages verstehen ließen. Bei der Abfindungsbemessung hätte - so der Beklagte - z. B. einfließen müssen, welche Verdienste sich die Klägerin um die Einrichtung ausweislich der Jubiläumsurkunde erworben habe, andererseits aber auch das "gerüttelte Maß" an Verschulden, das die Klägerin an den Auflösungswunsch des Beklagten habe. Völlig vernachlässigt sei auch die wirtschaftliche Lage. Beim Beklagten handelt es sich - das ist unstreitig - um einen gemeinnützigen Verein. Auch habe - so der Beklagte - die Misswirtschaft der Klägerin ihn in eine gefährliche Schieflage gebracht. Seine Kreditlinie sei auf das Äußerste erschöpft.

Er, der Beklagte, meine auch, mit seinem erstinstanzlichen Auflösungsantrag noch keine Festlegung hinsichtlich der berufungsrechtlichen Beschwer vorgenommen zu haben. Angesichts dessen scheine eine Abfindung von 50 % der "Üblichkeit" als ermessensfehlerfrei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen - 7 Ca 2478/07 - vom 08. November 2007 die Klage kostenpflichtig abzuweisen,

hilfsweise,

das Arbeitsverhältnis der Klägerin gegen Zahlung einer Abfindung zum 31.12.2007 aufzulösen, die 12.750,00 € brutto zzgl. Zinsen nicht überschreitet,

sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den beklagten Verein zu verurteilen, an die Klägerin eine weitere Abfindung in Höhe von 16.000,00 € brutto zuzüglich 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2008 zu zahlen,

und im Übrigen die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit sie nicht eine Abänderung begehrt.

Soweit der Beklagte auf "eine Stellenbeschreibung vom 05.01.2003" hinweise, so übersehe sie, dass diese in einer betrieblichen Planungsphase 2003 erstellt worden sei, als man darüber nachgedacht habe, das Heim in der Rechtsform einer GmbH zu betreiben. Dafür seien vorsorglich die neuen Aufgaben der Klägerin als mögliche Geschäftsführerin skizziert worden. Zu einer solchen Umwandlung - das ist unstreitig - sei es jedoch nicht gekommen. Stattdessen sei zum 01.01.2006 ein neuer Dienstvertrag abgeschlossen worden - was als solches unstreitig ist. Dort heißt es ausdrücklich, dass damit vorherige Vereinbarungen einvernehmlich entfielen.

"Infam" sei die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe bewusst überhöhte Eingruppierungen vorgenommen. Befreundet sei sie, die Klägerin, mit keiner dieser Personen gewesen. Sie habe sie lediglich im Laufe ihrer Zugehörigkeit zu dem Chor kennengelernt.

Sie, die Klägerin habe sich auch für die Stelle einer Leiterin im Bereich des Sozialen Dienstes zunächst an Frau K gewandt, die diese Stelle kommissarisch wahrgenommen habe. Frau K habe jedoch - das ist unstreitig - die Stelle aus familiären Gründen nicht übernehmen wollen. Erst danach sei ihr, der Klägerin, Frau N eingefallen. Da sie jedoch nicht gewusst habe, ob die zu besetzende Stelle unbedingt mit einer Person mit akademischen Abschluss zu besetzen gewesen sei, habe sie mit dem Referatsleiter K beim D W R in D telefoniert, von dem sie die Auskunft erhalten habe, dass eine akademische Qualifikation nicht erforderlich sei. Erst daraufhin habe sie Frau N der Vorsitzenden des Beklagten vorgeschlagen. Frau Dr. P sei dabei auch - das ist unstreitig - in Kenntnis gesetzt worden, dass die Klägerin und Frau N zusammen im Chor sängen und es sich daher um eine persönliche Bekanntschaft handele. Da es für die Stelle keine zugeordnete Vergütungsgruppe im Entgeltgruppenplan gegeben habe, und sie, die Klägerin, keine Spezialistin für Eingruppierungsfragen schwieriger Art sei, habe sie sich an der Eingruppierung der Vorgängerin gerichtet, die als Steuerfachgehilfin auch nicht die Qualifikation habe, die nunmehr der beklagte Verein fordere. Dazu ist in der mündliche Verhandlung vor der erkennenden Kammer unstreitig geworden, dass die Klägerin damit Frau K anspricht, die zuletzt die Stelle der Leiterin Soziale Dienste kommissarisch wahrnahm und in Vergütungsgruppe Vc eingruppiert war.

Zu Frau S trägt die Klägerin vor: Vor dem Umzug in den Neubau auf der A habe man von Seiten des beklagten Vereins - das ist unstreitig - den Entschluss gefasst, eine Spezialabteilung für Demenzkranke aufzubauen. Sie habe Frau Dr. P auch gesagt, dass sie jemanden aus dem Chor kenne, der möglicherweise Interesse an der Stelle habe. Frau S habe damals - das ist unstreitig - in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis in den Niederlanden gestanden. Da die Ausbildung in den Niederlanden auf dem Gebiet des "Aktiviteitenbegeleidsters" umfangreicher und besser sei als in Deutschland auf dem Gebiet der Ergotherapeutin sei die Klägerin der Auffassung gewesen, etwas Besseres für das Heim nicht finden zu können. Schließlich sei Frau S Frau Dr. P noch vorgestellt worden. Da Frau S sich in ungekündigter Stellung befunden habe und sich finanziell nicht habe verschlechtern wollen, habe sie zur Bedingung gemacht, dass sie finanziell nicht schlechter gestellt werde. Aus diesem Grunde sei es zu der Einstellung mit dem entsprechenden Gehalt gekommen. Die Eingruppierung sei dementsprechend nicht nur deklaratorisch sondern Vertragsgrundlage geworden.

Schließlich sei Frau S nachdem ihr auf Veranlassung von Frau Dr. P gekündigt worden sei, weil sie, Frau S , es für unhygienisch gehalten habe, dass Frau Dr. P während der Essenszeit mit ihrem Hund in den Speisesaal der Demenzkranken gekommen sei. Frau Dr. P habe aber nach kurzer Zeit eingesehen, mit dieser Kündigung einen Fehler gemacht zu haben und deshalb Frau S selbst erneut in Kenntnis der gesamten Vertragsgrundlagen eingestellt. Bei der Gelegenheit sei auch die Probezeit von Frau S verkürzt worden.

Mit Herrn J sei sie, die Klägerin, nur oberflächlich über dessen Beschäftigung als Techniker bei Auftritten des besagten Chores bekannt gewesen. Auch dieser habe sich bei Frau Dr. P persönlich vorgestellt, seine Gehaltsvorstellungen geäußert, die auch von Frau Dr. P abgesegnet worden seien.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hatte hinsichtlich des Tenors zu 1. und 3. des erstinstanzlichen Urteils, d. h. hinsichtlich der Unwirksamkeit der Kündigung als fristloser und als fristgerechter sowie der Verurteilung zur Zahlung des Arbeitsentgelts keinen Erfolg.

I. Hinsichtlich des ursprünglichen Kündigungsgrundes, d. h. des Verdachtes, Geschäftsunterlagen kopiert und mit nach Hause genommen zu haben, greift der Beklagte das erstinstanzliche Urteil in der Berufungsbegründung nicht an.

Mit dem erstinstanzlichen Urteil ist davon auszugehen, dass insoweit jedenfalls ein dringender Verdacht, dass die Klägerin Kopien von Geschäftsunterlagen mit nach Hause genommen habe, selbst dann nicht begründet ist, wenn sie an den zwei von dem Beklagten genannten Tagen vom Küchenleiter V beobachtet sein sollte, in größerem Umfang Kopien gefertigt zu haben. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es als solches nicht im Mindesten ein Vertragsverstoß wäre, wenn die Klägerin als Heimleiterin Geschäftsunterlagen kopierte. Dafür, dass sie diese Geschäftsunterlagen zweckentfremden wollte, gibt es nicht genügend Anhaltspunkte, die einen dringenden Verdacht rechtfertigen könnten. Insofern hat das Arbeitsgericht Recht, dass es sich lediglich um eine Vermutung handelt.

II. Zweitinstanzlich beruft sich der Beklagte auch nur noch auf den nachgeschobenen Kündigungsgrund des dringenden Verdachtes eines kollusiven schädigenden Zusammenwirkens der Klägerin mit den drei Mitarbeiterin J , N und S , wobei der Beklagte von dem Vorwurf eines "Günstlingssystems" spricht.

Für schädigend hält der Beklagte das Tun der Klägerin offensichtlich deshalb, weil der Beklagte der Klägerin vorwirft, die drei Mitarbeiter zu hoch eingruppiert zu haben, weil die beiden Mitarbeiterinnen mit der Klägerin zusammen im Chor singen und die Klägerin Herrn J jedenfalls als Techniker des Chores kennengelernt hat.

Um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung begründen zu können, müsste sich der dringende Verdacht auch darauf beziehen, dass der Klägerin bewusst war, den Beklagten zu schädigen. Ein solches Bewusstsein wäre nur dann gegeben, wenn der Klägerin bewusst war, für die von den drei Mitarbeitern besetzen Personen entweder diese drei Mitarbeiter oder andere zu günstigeren Bedingungen anstellen zu können oder aber ihr bewusst war, dass sie in keinem Falle eine Anstellung vornehmen durfte, wenn die vereinbarte Vergütung nicht der Eingruppierung nach BAT-KF entspräche.

Eine Verdachtskündigung kommt nur in Betracht, wenn dringende, auf objektiven Tatsachen beruhende schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen und diese geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitnehmer zu zerstören (vgl. hierzu und zum Folgenden z. B. BAG, 29.11.2007 - 7 AZR 724/06). Dabei sind an die Darlegung und Qualität der schwerwiegenden Verdachtsmomente besonders strenge Anforderungen zu stellen, weil bei einer Verdachtskündigung immer die Gefahr besteht, dass ein "Unschuldiger" betroffen ist (BAG a. a. O.). Der notwendige, schwerwiegende Verdacht muss sich aus den Umständen ergeben, bzw. objektiv durch Tatsachen begründet sein. Er muss ferner dringend sein, d. h. bei einer kritischen Prüfung muss einer auf Beweisanzeichen (Indizien) gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung (Tat) gerade dieses Arbeitnehmers bestehen. Bloße auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtsfertigung eines dringenden Tatverdachtes nicht aus (BAG a. a. O.).

Darüber hinaus ist Voraussetzung einer Verdachtskündigung die Anhörung des Arbeitnehmer im Zuge der gebotenen Aufklärung des Sachverhalts. Die Anhörung muss sich auf einen konkretisierten Sachverhalt beziehen. Nur dann hat der Arbeitnehmer überhaupt die Möglichkeit, sich zum Verdachtsvorwurf und den ihn tragenden Verdachtsmomenten substantiiert zu äußern. Der Arbeitgeber muss alle wesentlichen Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet (BAG 26.09.2002 - 2 AZR 424/01).

Das Bundesarbeitsgericht hat im Urteil vom 13.09.1995 ( 2 AZR 587/94) offen gelassen, ob bei einer sog. nachgeschobenen Verdachtskündigung - wie sie im vorliegenden Fall vorliegt - auch noch eine Anhörung des Arbeitnehmers erforderlich ist, bevor der Kündigungsgrund nachgeschoben wird. Dieses hat das hessische Landesarbeitsgericht im Urteil vom 10.07.2006 (- 19/3 Sa 1353/05 - juris) zu Recht bejaht. Zwar ist es richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer Anhörung zu nachgeschobenen Kündigungsgründen nicht mehr auf den Entschluss des Arbeitgebers im Hinblick auf eine bereits ausgesprochene Kündigung Einfluss nehmen kann. Die Anhörung des Arbeitnehmers kann aber auch bei nachgeschobenen Gründen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beitragen und den Arbeitgeber bspw. zu weiteren Nachforschungen veranlassen. Die Anhörung des Arbeitnehmers hat insoweit einen ähnlichen Einfluss wie die vom Bundesarbeitsgericht für nachgeschobene Kündigungsgründe ausdrücklich geforderte Anhörung des Betriebsrats vor dem prozessualen Einbringen der nachgeschobenen Kündigungsgründe (vgl. dazu BAG 11.04.1985 - 2 AZR 339/84 - AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972; BAG 04.06.1997 - 2 AZR 362/96). Auch die Anhörung des Betriebsrats kann bei nachgeschobenen Kündigungsgründen die Kündigung selbst nicht mehr beeinflussen, wohl aber, ob und in welcher Weise der Arbeitgeber die nachträglich herausgefundenen Verdachtsmomente in den Kündigungsschutzprozess einbringt.

1. Nach diesen Maßgaben kann der Vorwurf der "Günstlingswirtschaft" in dem oben bezeichneten Sinne als Verdacht des kollusiven schädigenden Verhaltens schon deshalb nicht die Kündigung als nachgeschobener Kündigungsgrund begründen, weil der Beklagte die Klägerin nicht ausreichend zu diesem Verdacht angehört hat.

Wenn nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Anhörung dazu dient, dass der Arbeitnehmer sich zu dem Verdachtsvorwurf substantiiert äußern kann und der Arbeitgeber alle relevanten Umstände angeben muss, aus denen er den Verdacht ableitet, so setzt das zumindest voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Verdacht nennt, auf den er die Kündigung stützen will. Das "Anhörungsschreiben" des Beklagten vom 09.08.2007 an die Klägerin lautet wie folgt:

"Sehr geehrte Frau S ,

wir vertreten bekanntlich die rechtlichen Interessen des E . F für A e. V..

Dort waren sie als Heimleiterin beschäftigt. In Ihrer Funktion als Heimleiterin haben Sie Herrn A J als Hausmeister eingestellt und den Arbeitsvertrag mit Herrn J für unsere Mandantschaft abgeschlossen. Dabei nahmen Sie eine Eingruppierung des Hausmeisters in die Vergütungsgruppe Vb BAT/KF vor.

Wir bitten Sie um Stellungnahme zu folgenden Fragen:

Ist es richtig, dass Herr J Mitglied in einem Chor des Herrn J B ist?

Aus welchem Grunde wurde die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vb für einen Hausmeister vorgenommen?

Bei Ihrer Tätigkeit als Heimleiterin für unsere Mandantin stellte Sie darüber hinaus Frau J N mit Arbeitsvertrag vom 11.10.2002 ein. Hierzu bitten wir um Mitteilung, ob es zutreffend ist, dass auch Frau N Mitglied des Chors J B ist. Sodann bitten wir um Mitteilung, welche Qualifikation Frau N mitbrachte, um eine Tätigkeit im sozialen Dienst ausüben zu können.

Sie stellten mit Arbeitsvertrag vom 17.03.2006 Frau M S als Ergotherapeutin ein.

Auch hierzu bitten wir um Mitteilung, ob es richtig ist, dass Frau S ebenfalls Mitglied des oben angeführten Chors ist. Zudem stellt sich die Frage, warum Frau S nach BAT KR Va eingruppiert wurde.

Wir bitten darum, die vorstehenden Fragen hierhin bis abschließend zum 15.08.2007 zu beantworten."

In diesem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten wird überhaupt kein konkreter Verdacht geäußert. Es werden lediglich Fragen gestellt. Für die Klägerin ist aus diesen Fragen heraus nicht ausreichend erkennbar, welchen Verdacht der Beklagte hegt und dass der Beklagte erwägt, diesen Verdacht zum Anlass einer Kündigung zu nehmen.

2. Unabhängig davon aber kann die Kammer auch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass ein ausreichender schwerwiegender Verdacht im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dafür vorliegt, dass die Klägerin vorsätzlich aufgrund der Chormitgliedschaft bzw. der Chornähe der drei genannten Mitarbeiter diesen eine überhöhte Vergütung gewährt hat und damit bewusst den Beklagten geschädigt hat.

a. Es kann zunächst nicht festgestellt werden, dass die Klägerin verpflichtet war, stets strikt nach dem Vergütungsgruppenplan zum BAT-KF einzugruppieren. Der Beklagte beruft sich insoweit auf die Stellenbeschreibung für die Klägerin zum 05.01.2003 (Bl. 132 ff. d. A.).

Die Klägerin hat die Verbindlichkeit dieser Stellenbeschreibung bestritten. Bei dem von dem Beklagten eingereichten Exemplar fällt auf, dass dies zwar von der Klägerin unterschrieben ist, nicht aber, obwohl deren Unterschrift vorgesehen ist, von der Vorstandsvorsitzenden. Der Beklagte hat auch nichts Näheres dazu vorgetragen, wie diese Stellenbeschreibung für die Klägerin verbindlich gemacht worden ist. Schon aus diesem Grunde kann die Verbindlichkeit der dort aufgeführten Aufgaben für die Klägerin im Sinne einer Weisung des Vorstandes oder eines sonstigen die Klägerin bindenden Regelwerkes nicht festgestellt werden.

Davon abgesehen aber enthält die Stellenbeschreibung auch nicht die inhaltliche Vorgabe, stets strikt nach dem BAT-KF einzugruppieren und keine gegebenenfalls übertariflichen oder außertariflichen Vergütungen zu vereinbaren. Die Stellenbeschreibung enthält unter den Überschriften "bewohnerbezogene Aufgaben", "personalbezogene Aufgaben" und "betriebsbezogene Aufgaben" zahlreiche Aufgaben für die Stelleninhaberin. U. a. heißt es dort unter personalbezogenen Aufgaben: "Beachtung arbeitsrechtlicher Richtlinien und tarifvertraglicher Vereinbarungen".

Tarifvertragliche Vereinbarungen - wobei dahinstehen kann, ob der BAT-KF darunter fällt - gelten grundsätzlich zwingend nur zugunsten der Arbeitnehmer. Wenn eine personalbezogene Aufgabe lautet, tarifliche Vereinbarungen zu beachten, dann bedeutet dieses, dass nicht in gesetzlich unzulässiger Weise vom Tarifrecht abgewichen werden darf. Vereinbarungen zugunsten der Arbeitnehmer sind jedoch grundsätzlich möglich, wie sich bereits aus § 4 Abs. 3 TVG ergibt. Gerade bei der Unterordnung der Aufgabe unter "personalbezogene Aufgaben" lässt sich der Aufgabe "Beachtung der vertraglichen Vereinbarung" nicht entnehmen, dass die Klägerin gerade bei der Eingruppierung nicht zugunsten der Arbeitnehmer von den Eingruppierungsvorschriften abweichen durfte.

Eine sonstige Weisung oder die Klägerin bindende Normierung dieser Pflicht hat der Beklagte nicht vorgetragen.

b. Zudem hat die Beklagte durch Bezugnahme auf ihre in den Rückgruppierungsprozessen eingereichten Schriftsätze selbst vorgetragen, dass für die Tätigkeiten der beiden betreffenden Mitarbeiterinnen unmittelbar einschlägige tarifliche Entgeltgruppen gar nicht vorhanden waren.

c. Für die Eingruppierung der einzelnen Mitarbeiter gilt Folgendes:

aa) Herr J wurde in die Berufsgruppe der Techniker in Fallgruppe 6 eingruppiert (Mitarbeiter der Fallgruppe 5 nach 6-jähriger Tätigkeit in dieser Fallgruppe, wobei in Fallgruppe 5 "staatlich geprüfte Techniker mit entsprechender Tätigkeit, die überwiegend selbstständig tätig sind" aufgeführt sind). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass herr Johnen nicht über eine staatliche Prüfung als Techniker verfüge. Nach dem Arbeitsvertrag war er als "Hausmeister/Technischer Leiter" angestellt. Es war danach offensichtlich eine leitende Funktion beabsichtigt, die nach unstreitigem Vortrag des Beklagten allerdings im Jahre 2001 noch nicht gegeben war, sondern erst nach späterer Unterstellung von zwei weiteren Personen.

Die Klägerin hat - ohne dass der Beklagte dieses unter Antritt von Gegenbeweis bestritten hätte - vorgetragen, man habe sich von der Einstellung Herrn J erhebliche Kosteneinsparungen versprochen, weil man dadurch nicht mehr ständig mit externen Handwerkern hätte arbeiten müssen und Herr J als Haustechniker vieles selbst habe erledigen können.

Nach unwidersprochenem Vortrag der Klägerin oblagen Herrn J des Weiteren folgende Aufgabengebiete:

- Eigenständige sicherheitstechnische Betreuung des Heims und der Außenanlage einschließlich der Gewährleistung der ordnungsgemäßen Funktionsfähigkeit der technischen Anlagen

- Betreuung und regelmäßige Kontrollen der zentralen Brandmelde- und Kommunikationsanlagen

- Sicherheits- und Brandschutzverantwortlichkeit für das Heim

- Betreuung und Koordination von Einsätzen durch Fremdfirmen im Bereich Gebäudetechnik

- Technische Vorbereitung und Abwicklung von Veranstaltungen

- Koordination und Aufsicht der Restmängelbearbeitung innerhalb des Neubaus

- Kontrolle, Überwachung, Betreuung und Bedienung der Aufzüge, Computer, Telefonanlagen, Rufanlagen, Elektroanlagen, Funkanlagen, Klingelanlagen, Schlüsselverwaltung, TV/Video, Drucker/Kopierer etc.

- Einhaltung und Überwachung der Unfallverhütungsvorschriften, Arbeitsschutzverordnung, Brandschutzverordnung, Hausordnung, Sicherheitsbeauftragten

Schließlich erhält Herr J nicht - wie der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat - ausweislich der Juli Abrechnung "satte 3000,00 € netto", sondern nur 1.984,18 €, wovon durch ZVK-Umlage, vermögensbildende Leistung und Sachbezug Essen noch weitere Beträge abgezogen werden, so dass ein Auszahlungsbetrag von 1.790,87 € verbleibt.

Wenn die Klägerin mit einer entsprechenden Eingruppierung den damit angesichts des Mangels technisch versierter Mitarbeiter am Arbeitsmarkt nicht als überzogen anzusehenden Gehaltsvorstellungen Herrn J entgegen gekommen ist, und nicht - dies ist anscheinend die Vorstellung des Beklagten - ihn nach BAT IX als schlichten Hausmeister eingruppiert hat, so lassen sich aus dem Eingruppierungsvorgang als solchem keine nennenswerten Indizien dafür gewinnen, dass die Klägerin Herrn J bewusst ein im oben genannten Sinne überhöhtes Gehalt hat zukommen lassen.

Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Klägerin allein aufgrund der Tatsache, dass sie Herrn J darüber kennengelernt hat, dass dieser technische Leistungen für den Chor erbrachte, in dem auch die Klägerin sang, in kollusivem Zusammenwirken zulasten des Beklagten ungerechtfertigt begünstigt haben sollte. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie mit keiner der genannten drei Personen befreundet gewesen sei. Allein eine gemeinsame Chormitgliedschaft oder Bekanntschaft aus dem Zusammenhang eines Chores sind typischerweise kein Anlass, eine Person bewusst zum Schaden eines Arbeitgebers zu bevorzugen.

bb. Die Arbeitnehmerin Frau N , die wie die Klägerin ebenfalls Mitglied des Chores ist, wurde "als Leiterin des gruppenübergreifenden Dienstes" eingestellt und in Vergütungsgruppe Vc nach der Gruppe "Beschäftigungstherapeutin Fallgruppe 7" eingruppiert. In Fallgruppe 7 sind "Beschäftigungstherapeuten mit staatlicher Anerkennung oder entsprechender Tätigkeit nach 6-monatiger Berufsausübung und erlangter staatlicher Anerkennung eingruppiert, die überwiegend schwierige Aufgaben erfüllen". Frau N hat keine Beschäftigungstherapeutenausbildung. Der Beklagte hat aber nicht vorgetragen, wie eine "Leiterin des gruppenübergreifenden Dienstes" sonst richtig hätte eingruppiert werden müssen. Der Beklagte trägt nicht einmal die genauen Aufgaben einer Leiterin des gruppenübergreifenden Dienstes vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass für deren Aufgaben die aus der Vergütungsgruppe Vc folgende Vergütung nach Marktgesichtspunkten inadäquat wäre.

Mangels irgendwelcher substantiierter Darlegungen zu den Aufgaben einer "Leiterin des gruppenübergreifenden Dienstes" kann auch nicht festgestellt werden, dass Frau N dazu gänzlich ungeeignet wäre und insbesondere, dass ein schwerwiegender Verdacht dahingehend besteht, dass die Klägerin dies bei der Einstellung erkannt hätte.

Frau N hat zwar keine einschlägige Ausbildung, sondern nur eine solche als Arzthelferin. Sie hatte jedoch über eine Reihe von Jahren Logopädie, Soziologie und Kunsttherapie studiert - wenn auch jeweils ohne Abschluss. Sie verfügte darüber hinaus über eine langjährige Berufserfahrung in verschiedenen Tätigkeiten.

Da der Beklagte die genauen Anforderungen an eine Leiterin des gruppenübergreifenden Dienstes nicht vorträgt, kann schon aus diesem Grund nicht festgestellt werden, ob eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Klägerin erkennen musste, dass Frau N ungeeignet sei.

Schließlich trägt der Beklagte auch zur Arbeitsleistung Frau N nichts Substantiiertes vor. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe sich von Anfang an auf dieser Stelle bewährt und es habe niemanden gegeben, der ihre Qualifikation jemals angezweifelt hätte. Erstmalig im Schriftsatz vom 12.06.2008 trägt der Beklagte vor, dass sie nun "ohne den schützenden Filter der Klägerin" habe feststellen müssen, dass Frau N mit ihrer Aufgabe völlig überfordert sei. Irgendetwas Substantiiertes wird dazu indes nicht vorgetragen.

Insgesamt reichen die Indizien für die Annahme nicht aus, dass die Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit bewusst erkannt hätte, dass Frau N für die Stelle nicht geeignet sei und dass die ihr gezahlte Vergütung nach Vc für die Stelle nicht adäquat sei.

cc. Frau S schließlich ist examinierte Altenpflegerin und hat eine niederländische Qualifikation als Aktiviteitenbegeleidster für demenzkranke Menschen. Sie verfügt ferner über langjährige Berufserfahrung in den Niederlanden.

Es kann für die zutreffende Eingruppierung dahinstehen, ob der Aktiviteitenbegeleidster einem deutschen Ergotherapeuten gleichsteht. Unstreitig war Frau S in Deutschland nicht als Ergotherapeutin anerkannt. Frau S ist indes auch nicht als Ergotherapeutin eingruppiert worden, sondern ausweislich des Arbeitsvertrages in Vergütungsgruppe KR Fallgruppe 12. Dort sind Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe V Fallgruppe 21 nach 4-jähriger Bewährung in dieser Fallgruppe eingruppiert. In Vergütungsgruppe KR V sind Altenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit nach 3-jähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe KR IV Fallgruppe 5 eingruppiert. In KR IV Fallgruppe 5 eingruppiert sind Altenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit.

Angesichts der unstreitigen langjährigen Berufserfahrung von Frau S lässt sich nicht mit großer Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Klägerin subjektiv davon ausgehen musste, dass ein Vergütungsgruppe KR V entsprechendes Gehalt für Frau S inadäquat war. Frau S war - das ist unstreitig - eine jedenfalls in Holland examinierte Altenpflegerin mit mehrjähriger Berufserfahrung und hatte eine 4-jährige Zusatzqualifikation als Aktiviteitenbegeleidster absolviert. Außerdem ist unstreitig, dass sich Frau S in ungekündigter Stellung in den Niederlanden befand und sich finanziell nicht verschlechtern wollte, was sie zur Bedingung machte. Wenn die Klägerin deshalb eine Vergütungsgruppe vereinbarte, die dem Gehalt entsprach, so kann nicht mit großer Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Klägerin überzeugt war, dass sie Frau S oder eine nach der subjektiven Einschätzung der Klägerin gleich Qualifizierte zu einem günstigeren Gehalt hätte einstellen können. Dazu ist weiterhin unstreitig, dass die Einstellung im Zusammenhang mit dem Entschluss des beklagten Vereins erfolgte, eine Spezialabteilung für Demenzkranke aufzubauen. Der Beklagte hat auch nichts Substantiiertes zu dem Vortrag der Klägerin entgegnet, durch ihre Erfahrungen in der gerontropsychiatischen Pflege habe sich Frau S als kompetente und engagierte Mitarbeiterin für den Aufbau und die Umsetzung des Pflege- und Betreuungskonzeptes für demenzkranke Bewohner ausgezeichnet.

Der erstmalige Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 12.06.2008, es bestehe ein hohes Maß an Unzufriedenheit mit den Leistungen der Mitarbeiterinnen, nachdem die Klägerin nicht mehr ihre schützende Hand über diese halte, ist wiederum gänzlich unsubstantiiert und kann die subjektive Überzeugung der Klägerin von der besonderen Eignung der Mitarbeiterin zum Zeitpunkt der Einstellung nicht widerlegen.

B. Für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Höhe der Abfindung gilt Folgendes:

I. Der Beklagte hat ihren Auflösungsantrag erst- wie zweitinstanzlich auf § 14 Abs. 2 KSchG gestützt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich einen eigenen Auflösungsantrag gestellt, den sie nur auf § 9 Abs. 1 KSchG stützen konnte.

Das Arbeitsgericht hat auf den Antrag des Beklagten hin das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Über den Antrag der Klägerin hat es nicht entschieden. Es hat ihm weder stattgegeben noch ersichtlich abgewiesen. Weder der Tenor noch die Entscheidungsgründe befassen sich mit dem eigenen Auflösungsantrag der Klägerin, der indes im Tatbestand wiedergegeben ist. Damit wurde der Antrag i. S. d. § 321 ZPO übergangen. Die Klägerin hat jedoch keinen Antrag auf Ergänzung des Urteils gestellt.

Zweitinstanzlich stellt sie nicht mehr einen eigenen Antrag das Arbeitsverhältnis aufzulösen, sondern nur den Antrag, an sie eine höhere Abfindung zu zahlen als das erstinstanzliche Urteil ihr zuerkannt hat. Auch ausweislich ihrer Berufungsbegründung argumentiert sie ausschließlich mit § 14 Abs. 2, also im Rahmen des Auflösungsantrags des Beklagten.

II. Dass die Klägerin zum Personenkreis des § 14 Abs. 2 KSchG gehört, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die auf den Hilfsantrag des Beklagten hin erfolgte Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht als solche hat die Klägerin mit der Berufung auch nicht angegriffen. Der Streit geht allein um die Höhe der Abfindung:

Die Klägerin hält die Abfindung von 35.000,00 € für zu niedrig und begehrt eine Abfindung in Höhe von 51.000,00 €. Sie beruft sich im Wesentlichen darauf, dass nach Auffassung des LAG Hamm (Urteil vom 14.12.2000, LAGE § 9 KSchG § 35) im Falle des § 14 Abs. 2 KSchG regelmäßig ein Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr anzusetzen sei. Damit solle der geringere Bestandsschutz über die Höhe der Abfindung kompensiert werden. Die Klägerin meint, dieses sei allgemeine Auffassung.

Der Beklagte, die erstinstanzlich hilfsweise die Auflösung gegen eine Abfindung begehrt hatte, die 25.500,00 € nicht überschreiten sollte, begehrt sie zweitinstanzlich eine Abänderung dahingehend, dass die Abfindung 12.750,00 € brutto nicht überschreitet. Sie meint, das Arbeitsgericht habe nicht deutlich gemacht, warum es von der "Regelabfindung", die der Beklagte mit 25.500,00 € ansetzt, erheblich zu Lasten des Beklagten abgewichen sei.

Nach Auffassung des Beklagten hätte z. B. einfließen müssen, welche Verdienste sich die Klägerin um die Einrichtung des Beklagten ausweislich der Jubiläumsurkunde erworben hat, andererseits aber auch das nach seiner Auffassung "gerüttelte Maß an Verschulden", das die Klägerin an dem Auflösungswunsch des Beklagten trage, wobei sich der Beklagte darauf beruft, dass zu berücksichtigen sei, wenn der Arbeitnehmer durch pflichtwidriges Verhalten den Kündigungssachverhalt herbeigeführt habe. Darüber hinaus sei seine wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Der Beklagte verweist darauf - was als solches unstreitig ist - dass es sich bei ihm um einen gemeinnützigen Verein handelt. Auch habe die "Misswirtschaft" der Klägerin den Beklagten in eine gefährliche Schieflage gebracht. Dies gelte auch und vor allem für die Kosten der überhöhten Eingruppierung.

III. Die Kammer folgt im Ergebnis auch hinsichtlich der Höhe der Abfindung dem Arbeitsgericht.

1. Die Kammer teilt nicht die Auffassung des LAG Hamm (14.12.2000 - 8 Sa 1234/00 - LAGE § 9 KSchG Nr. 35), wonach im Falle des § 14 Abs. 2 KSchG regelmäßig die Festsetzung einer Abfindung in Höhe von einem Monatsverdienst je Beschäftigungsjahr angemessen ist. Noch weiter gehend als das LAG Hamm will ein Teil der Literatur (APS/Biebel, 3. Aufl., § 14 Rn. 30; Popp DB 1993, 736) - in der Regel offenbar ohne Berücksichtigung der Beschäftigungsdauer - gar den Höchstbetrag der Abfindung nach § 10 Abs. 1 oder 2 KSchG als angemessen ansehen.

Demgegenüber will die wohl h. M. (vgl. KR/Rost § 14 KschG Rn. 41 m. w. N.) zwar dem geringeren Bestandsschutz des leitenden Angestellten bei der Höhe der Abfindung Rechnung tragen, verneint aber eine Regelhaftigkeit dahingehend, dass stets die höchstmögliche Abfindungssumme festzusetzen sei. Rost meint, im Rahmen der Ermessensentscheidung sei die Festsetzung einer Abfindungssumme im oberen Bereich i. d. R. nicht zu beanstanden.

Das LAG Hamm hat ausdrücklich entschieden, dass zwar die Angemessenheit der Abfindung auch bei Fehlen von Auflösungsgründen nicht ohne Berücksichtigung der Dauer der Betriebszugehörigkeit bestimmt werden könne, dass aber andererseits bei einem Auflösungsantrag, der auf § 14 Abs. 2 KSchG und nicht auf § 9 KSchG gestützt ist, regelmäßig innerhalb des "üblichen" Abfindungsrahmens von einem halben bis zu einem Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr die Obergrenze zu wählen sei. Nur so könne der aus § 14 Abs. 2 KSchG folgenden Schwächung des gesetzlichen Kündigungsschutzes begegnet werden.

Die erkennende Kammer kann keine gesetzlichen Anhaltspunkte für eine solche Regelhaftigkeit erkennen. § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG modifiziert lediglich § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG und diesen auch nur hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen. Weder § 9 Abs. 1 S. 1 ("Zahlung auf angemessene Abfindung") noch § 10 KSchG werden in der Vorschrift genannt.

Eine irgendwie geartete, von diesen Vorschriften abweichende Regelhaftigkeit der Abfindung lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Kann die Kammer mithin diesem vom LAG Hamm aufgestellten Grundsatz nicht folgen, so teilt die Kammer jedoch die Auffassung, dass der Schwächung des gesetzlichen Kündigungsschutzes als einem von zahlreichen weiteren Kriterien im Rahmen der "Angemessenheit" der Abfindung Rechnung zu tragen ist.

2. Danach gilt im Einzelnen Folgendes:

a. Die Kammer geht davon aus, dass zunächst die Dauer des Arbeitsverhältnisses das wesentliche Kriterium der Höhe der Abfindung ist. Sie schlägt sich auch nieder in allen in der Praxis "üblichen" Abfindungsformeln. Wenn die Höhe der Abfindung überhaupt berechenbar und differenzierbar sein soll, muss an dieses Kriterium angeknüpft werden. Es erscheint gegenüber dem Lebensalter auch als das "diskriminierungsfreiere" Kriterium.

Dabei kann als erste Annäherung die weit verbreitete Formel eines halben Bruttomonatsverdienstes pro Beschäftigungsjahr zugrunde gelegt werden (vgl. ABS/Biebel KSchG Rn. 7).

Die Kammer hält diese Formel aus folgenden Gründen als Regelformel für angemessen: § 10 Abs. 1 KSchG, der im vorliegenden Fall Anwendung findet, lässt eine Abfindung nur bis zu 12 Monatsverdiensten zu. Er gilt - wie sich aus § 10 Abs. 2 KSchG ergibt - auch bei langjährigen Beschäftigungsverhältnissen für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bis zum 50. Lebensjahr können indes typischerweise Beschäftigungsjahre liegen, die ca. das Doppelte der in § 10 Abs. 1 KSchG genannten Zahl "12" erreichen. Wollte man etwa ein Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Regelsatz zugrunde legen, so wäre bei einer Beschäftigungszeit von 12 Jahren bereits der Höchstrahmen des § 10 Abs. 1 ausgeschöpft. Um die an die Beschäftigungsdauer anknüpfenden notwendigen Differenzierungen vorzunehmen, erscheint das halbe Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr damit als angezeigt.

Die Klägerin war vom 01.06.1997 bis zum 31.12.2007 beschäftigt. Bei einem Bruttomonatseinkommen von 5.100,00 € ergibt diese Zeit unter Zugrundelegung eines halben Monatsgehaltes pro Beschäftigungsjahr einen Betrag von rund 27.000,00 € (5.100,00 x (7/12 + 10) = 26.987,50).

b. Zu berücksichtigen ist nach herrschender Auffassung auch das Lebensalter (vgl. z. B. APS/Biebel a. a. O. Rn. 22; KR/Spilger § 10 KSchG, Rn. 49 - jeweils m. w. N.). Das Verbot der Altersdiskriminierung steht dem nicht entgegen, da mit dem zunehmenden Lebensalter typischerweise auch die Vermittlungsfähigkeit eines Arbeitnehmers sinkt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade im Bereich von Führungskräften, zu denen die Klägerin zählte, die Vermittlungsfähigkeit mit dem 50. Lebensjahr typischerweise nicht so eingeschränkt ist, wie bei Berufen geringerer Qualifikation. Gleichwohl erscheint es angemessen, zu berücksichtigen, dass die Klägerin die auch im Gesetz (§ 10 KSchG) für relevant gehaltene Altersgrenze der Vollendung des 50. Lebensjahres zum Beendigungszeitpunkt erreicht hat. Dieses Kriterium spricht mithin für eine gewisse Erhöhung der Abfindung.

c. Wie bereits gesagt, spricht ebenfalls für eine Erhöhung der Abfindung, dass der Bestandsschutz der Klägerin aufgrund von § 14 Abs. 2 KSchG gemindert war und sie trotz der Unwirksamkeit und Sozialwidrigkeit der Kündigung ihren Bestandsschutz nicht durchsetzen konnte.

d. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2008 erklärt, noch kein neues Arbeitsverhältnis gefunden zu haben. Sie hat dieses jedoch mit dem Hinweis ergänzt, dass sie ein Studium aufgenommen habe. Die Kammer berücksichtigt die Frage des Auffindens eines neuen Arbeitsverhältnisses bei der Bemessung der Abfindung nicht (vgl. auch BAG, 26.08.1976, AP BGB § 626 Nr. 68). Denn die jeweilige Lage auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere ein besonderes Engagement des Arbeitnehmers bei der Suche nach einer neuen Stelle darf dem Arbeitgeber nicht zum Vorteil gereichen. Umgekehrt können zahlreiche individuelle Entscheidungen und Eigenschaften das Auffinden eines Arbeitsverhältnisses entscheiden, die nichts mit dem beendeten Arbeitsverhältnis zu tun haben.

e. Indes können jedenfalls Unterhaltspflichten nach ganz herrschender Auffassung bei der Bemessung der Abfindung berücksichtigt werden (vgl. APS/Biebel a. a. O. Rn. 24 m. w. N.). Die Klägerin hat keine Unterhaltspflichten.

f. Als weiterer Bemessungsfaktor kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das "Maß der Sozialwidrigkeit der Kündigung in Betracht" (vgl. BAG 15.02.1973 AP KSchG 1969, § 9 Nr. 2). In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass das Gesetz eine graduelle Abstufung der Sozialwidrigkeit nicht kennt und dieses Kriterium deshalb schwer fassbar sei (KR/Spilger § 10 KSchG Rn. 56; APS/Biebel § 10 KSchG Rn. 28). Daraus wird die Konsequenz gezogen, dass eine höhere Abfindung regelmäßig dann gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber die Kündigungsgründe "an den Haaren herbeigezogen" hat und die Kündigung offensichtlich sozialwidrig ist, dagegen wird eine Herabsetzung gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer durch erhebliches pflichtwidriges Verhalten die Kündigung veranlasst hat.

Die Kammer hat Zweifel, ob dieses Kriterium im vorliegenden Fall überhaupt berücksichtigt werden kann. Sie hält die Ausführungen des LAG Hamm (a. a. O.) für überzeugend, dass der Arbeitgeber die Wahl hat, ob er seinen Auflösungsantrag auf § 14 Abs. 2 KSchG oder auf § 9 KSchG stützt und deshalb selbst wählen kann, ob er ein "Auflösungsverschulden", welches er selbst in den von ihm angeführten Kündigungsgründen sieht, zu Auflösungsgründen erhebt und damit auch in die Bemessung der Abfindung mit einfließen lässt. Diese Frage kann jedoch dahinstehen. Die Kündigung erscheint der Kammer - wegen der Auffälligkeit der Beschäftigung von drei Personen, die der Klägerin aus dem Bereich des J B Chores bekannt waren, zwar nicht als "an den Haaren" herbeigezogen und offensichtlich sozialwidrig. Umgekehrt aber ließ sich - wie oben dargestellt - ein erhebliches pflichtwidriges Verhalten der Klägerin insoweit nicht feststellen.

g. Zu berücksichtigen ist auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers.

Der Beklagte spricht von einer gefährlichen Schieflage. Die Kreditlinien seien auf das Äußerste erschöpft. Dazu bezieht er sich auf ein Schreiben seines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters (Bl. 263 d. A.). Dort heißt es: "Ihr Haus befindet sich damit in der Situation, die Ihnen z. Z. noch eingeräumten Kreditlinien nahezu vollständig in Anspruch nehmen zu müssen. Wir sehen daher diese Kreditlinie nachhaltig als weitgehend erschöpft an."

Es fehlt jedoch jegliche Darlegung zu der sonstigen Vermögenslage des Beklagten. Die "gefährliche Schieflage" ist in keiner Weise substanttiert. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass dem Beklagten durch die Abfindungszahlung eine Insolvenz drohte.

Zu berücksichtigen ist indes, dass es sich bei dem Beklagten um einen gemeinnützigen Verein handelt. Dieser ist grundsätzlich nicht in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften, die ihm ein Polster oder die Hinnahme von größeren Verlusten erlaubten.

h. Insgesamt ergibt sich damit Folgendes: Aufgrund des Lebensalters der Klägerin und als Kompensation für den geminderten Bestandsschutz ließe sich bei der Neutralität der übrigen Kriterien - bis auf die Gemeinnützigkeit des Beklagten - eine Erhöhung der Abfindung auf ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr vertreten. Wegen der Gemeinnützigkeit des Beklagten indes ist die Kammer der Auffassung, dass im vorliegenden Fall eine Abfindung von etwa 2/3 eines vollen Monatsgehaltes für ein Beschäftigungsjahr gerechtfertigt ist. Damit erscheint der auch schon vom Arbeitsgericht gefundene Abfindungsbetrag als angemessen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei hat die Kammer das Obsiegen der Klägerin im Kündigungsschutzantrag und das Ergebnis des Streits um die Höhe des Abfindungsbetrages in der von den Parteien vorgegebenen Spannweite des Streites berücksichtigt.

D. Die Kammer hat nur für die Klägerin die Revision zugelassen, da das LAG Hamm in dem zitierten Urteil einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, von dem die Kammer abweicht und diese Abweichung zu Lasten der Klägerin bei der Höhe der Abfindung geht. Im Übrigen war ein Zulassungsgrund nicht zu erkennen.

Ende der Entscheidung

Zurück