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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.05.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 829/03
Rechtsgebiete: KSchG, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 1
BetrVG § 102
ZPO § 533
1. Zu den Anforderungen an der Anhörung des Betriebsrates und Darlegung im Prozess bei betriebsbedingter Kündigung wegen "Auflösung einer Hierarchieebene."

2. Die Auswechselung des Klagegrundes eines Weiterbeschäftigungsantrags vom sog. allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch in erster Instanz zum Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG in zweiter Instanz stellt eine Klageänderung dar.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 829/03

Verkündet am 14. Mai 2004

In Sachen

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Backhaus als Vorsitzenden sowie die ehrenamtliche Richterin Rupp und den ehrenamtlichen Richter Schaffert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.02.2003 - 12 Ca 380/02 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 14.12.2001 zum 30.06.2002 beendet worden ist.

2. Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

3. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen, von den zweitinstanzlichen Kosten haben der Kläger 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch eine als betriebsbedingte ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.12.2001 zum 30.06.2002 beendet worden ist.

Der zur Zeit der Kündigung 43-jährige Kläger ist verheiratet und hat ein Kind. Er ist seit August 1998 bei der Beklagten, die ca. 700 Mitarbeiter beschäftigt, bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, als Leiter der Rechtsabteilung mit einem Jahresbruttogehalt von 122.400,00 DM zuzüglich einer Tantieme in Höhe von 26.000,00 DM pro Jahr beschäftigt.

Der Arbeitsvertrag, nach welchem der Kläger nach einer Einarbeitungszeit als Leiter der Stabsstelle Rechtsabteilung eingesetzt werden sollte, befindet sich auf Blatt 4/5 d. A., worauf Bezug genommen wird.

Dem Kläger waren außer einer Juristin, Frau B sechs Sachbearbeiter unterstellt, die sich mit der Kreditabwicklung befassten.

Die Tätigkeit des Klägers bestand in der Rechtsberatung des Vorstandes, der Führungskräfte, anderer Bereiche und Filialen der Bank. Ferner nahm der Kläger die Vertragsprüfung und Rechtsverfolgung unter Einschaltung externer Anwälte vor, sobald Prozessvertretungen erforderlich wurden. Der Kläger übernahm auch die Abwicklung größerer Abwicklungsengagements. Zudem führte er das ihm unterstellte Personal.

Zum 01.04.2001 wurden die dem Kläger unterstellten sechs Sachbearbeiter dem Bereich Kreditbetreuung zugewiesen und dem dortigen Leiter, Herrn B unterstellt, dem vor der Zusammenlegung drei Mitarbeiter unterstellt waren. Rechtlich komplexere Engagements der Kreditabwicklung bearbeitete der Kläger nach dem 01.04.2001 weiter.

Am 01.10.2001 genehmigte der Vorstand der Beklagten folgenden Beschlussentwurf (Blatt 25 d. A.):

1. Vor dem Hintergrund und in Konsequenz der bereits erfolgten organisatorischen Einbindung der ursprünglich in der Rechtsabteilung angesiedelten Sachbearbeiter in den Bereich Kreditabwicklung wird die Auflösung der Rechtsabteilung beschlossen.

2. Frau B wird dem Team Öffentlichkeitsarbeit unter Leitung von Herrn S unterstellt. Das Team heißt zukünftig "Öffentlichkeitsarbeit/Recht".

3. Die Position des Leiters der Stabsstelle Rechtsabteilung entfällt infolgedessen dauerhaft und ersatzlos.

4. Es wird beschlossen, das Anstellungsverhältnis mit dem Leiter der Stabsstelle Rechtsabteilung aus den vorgenannten betrieblichen Gründen unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zu beenden. Diesbezüglich wird Herr Dr. T die einvernehmliche Beendigung seines Anstellungsverhältnisses angeboten. Kommt eine solche einvernehmliche Beendigung nicht zustande, wird die betriebsbedingte Kündigung seitens der Bank ausgesprochen.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die dauerhafte Auflösung der Rechtsabteilung tatsächlich dem Willen des Vorstandes entsprach.

Herr S , dem Frau B unterstellt wurde, ist Volkswirt.

Frau B wurde bald darauf schwangerschaftsbedingt mit anschließender Elternzeit nicht mehr tätig. Statt dessen wurde Herr Sch , der frühere Leiter der Rechtsabteilung, auf der Basis freier Mitarbeit eingesetzt.

Am 05.10.2001 hörte die Beklagte den Betriebsrat an. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf Blatt 26 - 28 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 10.10.2001 (Blatt 29 d. A.). Da die Beklagte zunächst eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger angestrebt hatte, hörte sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.12.2001 (Blatt 30/31 d. A.) erneut an. Der Betriebsrat widersprach erneut mit Schreiben vom 12.12.2001 (Blatt 39 d. A.).

Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 14.12.2001, zugegangen am 21.12.2001, zum 30.06.2002. Dagegen erhob der Kläger am 11.01.2002 Kündigungsschutzklage und kündigte für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag den Antrag an, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu bisherigen Arbeitsbedingungen unter Fortzahlung der Bezüge weiterzubeschäftigen. Zur Begründung führte er in der Klage aus, er, der Kläger, habe spätestens nach dem Obsiegen mit dem Klageantrag zu 1) einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen. Dieser Anspruch werde mit dem Klageantrag zu 2) verfolgt.

Mit Schriftsatz vom 29.05.2002 (Blatt 45 d. A.) schrieb der Kläger unter anderem, die Kündigung sei gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ungerechtfertigt. Unabhängig davon mache er nach § 102 Abs. 5 BetrVG hiermit seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung über das Ende der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus geltend.

Am 06.12.2003 erschien in der F eine Annonce, mit der ein Personalberatungsunternehmen für eine "visionäre und umtriebige Regionalbank" einen "Leiter Personal und Recht" suchte (Blatt 238 d. A.). Frau R von der bei der Beklagten beauftragten Personalberatung T GmbH teilte dem Kläger mit, dass es sich um die Beklagte handele, die vorwiegend einen Bankrechtler suche, der bereits Personalverantwortung getragen habe und bereit sei, sich weiter in das Thema Personalabteilung einzuarbeiten. Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 09.12.2003 (Blatt 240 d. A.) und wurde von der Personalberaterin am 16.01.2004 zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen.

Der Kläger hat die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung bestritten.

Im Übrigen, so der Vortrag des Klägers, habe die Unternehmensentscheidung allein in der Kündigung des Klägers bestanden.

Auch schon bisher seien in erheblichem Maße Mandate an externe Rechtsanwälte vergeben worden, nämlich immer dann, wenn eine prozessuale Verfolgung notwendig gewesen sei. Die externe Vergabe sei seit dem Jahre 2000 im Umfang nicht verändert worden. Überwiegend sei er, der Kläger auch mit internen Rechtsangelegenheiten beschäftigt gewesen, die gerade nicht an die externen Kanzleien hätten abgegeben werden können. Bei 700 Mitarbeitern sei der Umfang erheblich gewesen. Solche Rechtsangelegenheiten hätten nicht vergeben werden können und seien auch nicht vergeben worden.

Im Übrigen könne er - worauf schon der Betriebsrat verwiesen habe - auf der Stelle des regionalen Leiters Markt beschäftigt werden, die die Beklagte zum 01.07.2002 habe besetzen wollen. Fehlende Kenntnisse habe er sich bis zum 30.06.2002 aneignen können. Der Kläger verweist darauf, dass er zuvor als Leiter der Rechtsabteilung bei der C beschäftigt gewesen sei und dort die nötigen Erfahrungen und Kenntnisse als Berater für Firmen- und Privatkunden erworben habe. Wegen des genauen Inhaltes der internen Stellenausschreibung vom 21.09.2001 für einen Regionalleiter/Markt wird auf Blatt 35 d. A. Bezug genommen.

Schließlich meint der Kläger, er sei im Rahmen der sozialen Auswahl auch mit Frau B vergleichbar. Es ist unstreitig, dass Frau B ein Jahresgehalt von 86.186,00 DM bezog, Frau B noch zum Zeitpunkt der Kündigung kinderlos und nicht so lange beschäftigt war wie der Kläger. Der Kläger meint, seine Ernennung zum Leiter der Rechtsabteilung habe ohne weiteres widerrufen werden können, da diese nicht arbeitsvertraglich zugesichert gewesen sei.

Weiter ist der Kläger der Auffassung, dass er im Rahmen der sozialen Auswahl mit Herrn S vergleichbar sei. Herr S habe bei der Zusammenlegung der Öffentlichkeitsarbeit mit dem Rest der Abteilung Recht in die soziale Auswahl miteinbezogen werden müssen. Herr S könne als Volkswirt nicht eine Rechtsabteilung führen. Umgekehrt könne aber er, der Kläger Öffentlichkeitsarbeit machen. Herr S ist - das ist unstreitig - nicht so lange bei der Beklagten beschäftigt wie der Kläger, wie dieser aber verheiratet und hat ein einjähriges Kind.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 14.12.2001 zum 30.06.2002 beendet worden ist;

2. mit Obsiegen des Antrags zu 1. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unter Fortzahlung der Bezüge weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Die Beklagte hat vorgetragen, der Arbeitsplatz des Klägers sei auf Grund der Auflösung der Rechtsabteilung weggefallen.

Zur Zuordnung der sechs Sachbearbeiter in dem Bereich Kreditbetreuung hat sie vorgetragen, es habe zuvor eine strikte arbeitsorganisatorische Trennung der Sanierer von den Abwicklern gegeben. Mit der Zusammenfassung der Sanierer und Abwickler in einem Team hätten die Sanierer die Primärzuständigkeit erhalten. Sie bedienten sich nunmehr der Abwickler als Servicedienstleister für den gesamten Sanierungsprozess.

Es würden in erheblichem Umfang Inkassounternehmen und Rechtsanwälte mandatiert. So seien vom 01.04. bis zum 31.12.2001 1700 Fälle extern vergeben worden, davon 500 Altfälle. Im Detail habe die Rechtsabteilung vor der Strukturänderung nach erfolgloser interner Tätigkeit die Engagements extern vergeben. Es habe sich in der Regel um abgeschriebene Forderungen gehandelt. Die Strukturänderung beinhalte, dass nicht mehr entscheidend sei, ob eine Forderung bereits nach einer ersten Mahnung einzubringen sei, sondern dass die externe Vergabe bei Engagements unterhalb einer Grenze von 10.000,00 € unmittelbar erfolge.

Durch die Zuordnung der Abwickler in die Kreditbetreuung seien die diesbezüglichen Leitungsaufgaben des Klägers gänzlich entfallen.

Soweit bei der Beklagten Rechtsangelegenheiten anfielen, die nicht von Frau B erledigt werden könnten, würden auch sie extern vergeben. Daher komme es nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung.

Herr Sch sei ausschließlich als Vertreter für Frau B bis zu deren Rückkehr tätig geworden. Er habe die Hotline von 10:30 bis 12:30 Uhr bedient. Nach ihrer Rückkehr werde Frau B nicht mehr in Vollzeit-, sondern in Teilzeittätigkeit beschäftigt. Die freie Mitarbeit des Herrn Sch sei mit der Rückkehr Frau B aus der Elternzeit am 05.12.2002 beendet worden.

Größere Engagements seien von dem Kläger seit dem 01.10.2001 nicht mehr bearbeitet worden. Solche Engagements, die vom Kläger in der Vergangenheit bearbeitet worden seien, seien entweder intern auf den Generalbevollmächtigten, Herrn E oder den Teamleiter Kreditbetreuung, Herrn B , verteilt worden.

Des Weiteren seien Engagements extern vergeben worden.

Schließlich seien Engagements in solchen Fällen, in denen neben der Beklagten auch andere befreundete Kreditinstitute engagiert gewesen seien, von diesen Instituten federführend insgesamt übernommen worden.

Die Koordination der Vergabe, Überwachung der Rückläufe und Stellungnahmen an externe Anwälte hätten die Herren E und B übernommen.

Die Zuordnung von Frau B zur Abteilung Öffentlichkeitsarbeit zeige keine Vereinheitlichung der Rechtsabteilung mit der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. Eine fachliche Leitung durch Herrn S sei nicht erforderlich, sondern lediglich eine unterstützende Hilfestellung in organisatorischen Fragen. Seit der Rückkehr von Frau B aus der Elternzeit im Dezember 2002 betreue sie tatsächlich die sog. Infohotline. Eine nicht in der vorgesehenen Arbeitszeit von 20 Wochenarbeitsstunden zu bewältigende Angelegenheit würde extern vergeben. Eine soziale Auswahl mit Frau B sei nicht in Betracht gekommen, weil sie nicht auf derselben Ebene der Betriebshierarchie angesiedelt gewesen sei wie der Kläger. Auch der Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Herr S , sei nicht austauschbar.

Die Position des Regionalleiters Markt sei im Übrigen nicht besetzt worden, sondern auf Dauer gestrichen worden. Der Kläger habe auch nicht die entsprechende Qualifikation gehabt. Es sei ausweislich der Stellenausschreibung ein "Vertriebsprofi" gesucht worden. Der Kläger habe nur eine Trainee-Ausbildung über wenige Monate erhalten und nach dem Inhalt seines Zeugnisses nach seinem Eintritt im August 1991 bereits im März 1992 eine Filiale der C in K übernommen. Auch die Führung einer Bankfiliale sei mit gänzlich anderen Aufgaben verbunden gewesen und sei nicht gleichzusetzen mit einer mehrjährigen Erfahrung im Vertrieb. Im Übrigen fehlten dem Kläger jegliche Kenntnisse im Anlage- und Wertpapiergeschäft, eine ebenso wichtige Voraussetzung wie Akquisitionstalent, das durch eine mehrjährige einschlägige Vertriebserfahrung nachzuweisen sei. Der Kläger habe auch in seinem Bewerbungsgespräch vom 06.12.2001 selbst erklärt, dass er nicht die Erfahrung besitze, die jemand mitbringe, der lange Zeit im Marktgeschehen tätig sei. Der Kläger habe ebenso das Fehlen von Kenntnissen im Anlage- und Wertpapiergeschäft eingeräumt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.02.2003 die Klage abgewiesen. Wegen seiner Entscheidungsgründe wird auf Blatt 130 ff. d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 01.07.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.07.2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 01.10.2003 am 01.10.2003 begründet.

Der Kläger trägt vor, der Sachverhalt stelle sich als gezielte Unternehmerentscheidung allein zu seiner, des Klägers, Kündigung dar. Offenbar sei schon vor April 2001 beschlossen worden, sich des Klägers zu entledigen. Die Auflösung der Rechtsabteilung sei tatsächlich nicht erfolgt. Vielmehr handele es sich um eine Umbenennung der Tätigkeit, da die angebliche Organisationsentscheidung und die Kündigung sehr nah beieinander lägen und untrennbar miteinander verbunden seien, obliege es der Beklagten, durch Tatsachenvortrag zu verdeutlichen, dass ein Bedürfnis für die Beschäftigung des Klägers entfallen sei.

Die Beklagte habe auch zu keinem Zeitpunkt den Entschluss getroffen, die Rechtsabteilung und damit verbunden die Position des Leiters der Rechtsabteilung dauerhaft wegfallen zu lassen. Der schriftlich abgefasste Vorstandsbeschluss vom 01.10.2001 diene lediglich der Vorbereitung des entsprechenden Prozessvortrages. Tatsächlich sei die angebliche Entscheidung nur vorgeschoben worden. Nach Beendigung des Kündigungsschutzprozesses habe die Position des Leiters der Rechtsabteilung unmittelbar neu besetzt werden sollen. Der Kläger beruft sich dazu unter anderem auf das Zeugnis eines ehemaligen Vorstandsmitgliedes. Seitens der Beklagten sei jedoch die Dauer des vorliegenden Rechtsstreites augenscheinlich nicht richtig eingeschätzt worden oder ein weiteres Abwarten der Neubesetzung der vom Kläger zuvor ausgeübten Stelle sei nicht mehr möglich gewesen. Daher habe die Beklagte mit der Annonce in der F vom 06.12.2003 die Position "Leiter Personal und Recht" ausgeschrieben.

Der Kläger beruft sich darauf, dass die in dieser Annonce beschriebenen Aufgaben des Leiters Recht den bisher von ihm ausgeübten Tätigkeiten entsprächen und dass der weitere Teil der Personalarbeit ihm, dem Kläger, am 05.06.2001 von dem Vorstandsmitglied D attestiert worden sei. Dazu beruft der Kläger sich auf einen Vermerk (Blatt 239 d. A.). Der Kläger habe im Übrigen durch seine Tätigkeit bei der C Erfahrung in der Personalarbeit und sei auch bereit, sich auf diesem Gebiet weiter einzuarbeiten.

Was den Vortrag der Beklagten zum behaupteten Wegfall des Arbeitsplatzes anbelangt, so trägt der Kläger vor, komplexere Fälle seien auch schon vorher extern vergeben worden. Frau B habe bereits vor der Freistellung des Klägers weitgehend telefonische Rechtsberatung für die gesamte Bank gemacht, die auch von ihm, dem Kläger, wahrgenommen worden sei. Die sog. Infohotline sei keine Erfindung im Zuge der "Umstrukturierung zum Nachteil des Klägers", sondern sei ein Dienstleistungsangebot für die gesamte Bank bereits während der Dauer der Tätigkeit des Klägers gewesen. Insoweit heißt es in einem erstinstanzlich vom Kläger zu den Akten gereichten Vermerk mit dem Titel "Strategie 2000 plus der Rechtsabteilung der K eG" vom 23. 8. 2000, die Tätigkeit des Leiters der Rechtsabteilung sei durch Anfragen zunehmend beansprucht, so dass für diesen "Hotline"-Service ein erhebliches Quantum an Arbeitszeit gebunden sei und es wegen der steigenden Nachfragen unumgänglich sei, diesen Bedarf durch Einstellung einer weiteren Mitarbeiterin zu entlasten. Dieses sei gelungen durch die zunächst teilzeitige Einstellung von Frau B (Blatt 86 d. A.). Der Kläger verweist darauf, dass die Arbeitszeit Frau B nunmehr auf wöchentlich 20 Stunden reduziert sei.

Soweit die Beklagte behaupte, dass Engagements in solchen Fällen, in denen neben der Beklagten auch befreundete Kreditinstitute engagiert gewesen seien, von diesen Instituten federführend insgesamt übernommen worden seien, so sei auch dieses unzutreffend und bestritten. Die Beklagte möge diese Engagements nach Namen und Anzahl benennen.

Schließlich beruft sich der Kläger weiter darauf, dass er bei der C eine Trainee-Ausbildung durchlaufen habe zum Firmenkundenbetreuer, die vom 01.08.1991 bis zum 15.03.1993 gedauert habe. Von daher sei er für die seinerzeit ausgeschriebene Stelle im Vertrieb qualifiziert gewesen.

Auch die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit Herrn S vergleichbar gewesen. Herr S stehe auf der gleichen Hierarchieebene. Die Vergleichbarkeit sei schon daraus ersichtlich, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende Herr M dem Kläger noch vor der Einstellung des Herrn S in Aussicht gestellt habe, zusätzlich zu seinen Leitungsaufgaben Recht das Ressort Öffentlichkeitsarbeit zu übernehmen. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sei für die klassischen Themen wie Darstellung der Beklagten nach außen, Pressearbeit und Tannenbaumbeleuchtung usw. zuständig. Hierfür sei keine Ausbildung als Volkswirt erforderlich. Auch Herr S habe hierfür keine besonderen Qualifikationen. Er, der Kläger verfüge über umfangreiche Kenntnisse über die Beklagte. Die Darstellung nach außen sei daher unproblematisch. Ferner besitze, er, der Kläger, die Fähigkeit, die Beklagte gegenüber der Presse zu vertreten. Der Kläger sei mit dem umfangreichen Umgang mit Firmenkunden und sämtlichen Leitungsebenen vertraut und daher ohne weiteres in der Lage, die Beklagte auch nach außen zu vertreten. Hinzu komme, dass der Kläger im Gegensatz zu Herrn S auch in der Lage sei, die nunmehr in die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit eingegliederte Rechtsabteilung zu leiten und damit die Eigenschaft des Vorgesetzten für Frau B zu übernehmen. Herr S sei lediglich in der Lage, Frau B organisatorisch zu unterstützen.

Der Kläger stützt den Weiterbeschäftigungsanspruch nunmehr auf § 102 Abs. 5 BetrVG. Wegen des Vorbringens dazu wird auf Blatt 188/189, 232 - 237 d. A. Bezug genommen.

Seinen Wiedereinstellungsanspruch stützt der Kläger auf die Stellenausschreibung der Beklagten in der F vom 06.12.2003. Wegen der Rechtsausführungen des Klägers zur Herleitung des Wiedereinstellungsanspruches daraus, dass auf Grund seines Weiterbeschäftigungsanspruches nach § 102 Abs. 5 BetrVG das Arbeitsverhältnis fortbestanden habe, wird auf Blatt 222 - 224 d. A. Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 12 Ca 380/02 - vom 05.02.2003 abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 14.12.2001 zum 30.06.2002 beendet worden ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen,

3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Fortsetzungsvertrages zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 03.06.1998 unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer als Leiter der Rechtsabteilung anzunehmen und den Kläger wieder einzustellen,

4. hilfsweise für den Fall des Unterliegens der Anträge zu 1) und 3) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Leiter Personal und Recht entsprechend der Stellenausschreibung in der F vom 06.12.2003 auf die Bewerbung des Klägers vom 09.12.2003 (wieder) einzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrages widerspricht die Beklagte der Klageänderung. Im Übrigen wird wegen des Vorbringens der Beklagten zu den im Tatsächlichen streitigen Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruches nach § 102 Abs. 5 BetrVG auf Blatt 214 - 217 d. A. Bezug genommen.

Die Beklagte bestreitet weiterhin die Vergleichbarkeit im Rahmen der Sozialauswahl mit Herrn S . Umfassende und langjährige Erfahrungen der Öffentlichkeits- und Pressearbeit seien für den Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit erforderlich. Herr S sei ausgewiesener Spezialist dafür. Er sei seit März 2002 für die Beklagte tätig und habe bereits vor seiner Einstellung über eine siebenjährige einschlägige Berufserfahrung verfügt. Wegen der Darstellung der Einzelheiten der Tätigkeit Herrn S wird auf Blatt 212/213 d. A. Bezug genommen.

Zur Frage des freien Arbeitsplatzes verweist die Beklagte darauf - was der Kläger nicht bestritten hat - dass die Position des Regionalleiters Markt tatsächlich nicht besetzt worden sei und auf Dauer gestrichen worden sei. Unstreitig habe der Kläger auch in seinem Bewerbungsgespräch am 06.12.2001 persönlich erklärt, dass er nicht die Erfahrungen besitze, die jemand mitbringe, der lange Zeit im Marktgeschehen tätig gewesen sei. Er habe auf jeden Fall nicht die geforderte mehrjährige funktionsbezogene Berufserfahrung im Vertrieb gehabt und könne sich nicht auf eine Trainee-Ausbildung bei der C berufen.

Die Kammer hat mit Hinweisbeschluss vom 02.02.2004 (Blatt 247 - 250 d. A.) die Beklagte auf die Darlegungsanforderungen hinsichtlich des behaupteten Wegfalls des Arbeitsplatzes und die Anforderungen an eine dementsprechende Darlegung gegenüber dem Betriebsrat hingewiesen.

Wegen des Vorbringens der Beklagten zu diesem Hinweisbeschluss, wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 05.03.2004 (Blatt 255 - 267 d. A.) Bezug genommen. Bezug genommen wird auch auf die Erwiderung des Klägers vom 05.04.2004 (Blatt 292 - 306 d. A.).

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte nur hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages Erfolg.

I. Die Kündigung ist rechtsunwirksam, weil sie nicht sozial gerechtfertigt ist (§ 1 KSchG).

1. Eine Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entfällt. Liegt eine unternehmerische Entscheidung vor, so ist sie selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offen unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. z. B. BAG 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 -; - 2 AZR 522/98 -; - 2 AZR 456/98 -).

Eine Entscheidung der Beklagten, ihre Führungsstruktur der Gestalt umzugestalten, dass die vom Kläger geleitete Abteilung aufgelöst wird und die Position des Leiters der Stabstelle Rechtsabteilung deshalb dauerhaft und ersatzlos entfallen soll, wäre eine unternehmerische Organisationsmaßnahme, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für den Leiter und damit zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers an sich führen könnte.

Läuft aber eine unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit überhaupt geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (so BAG 27.09.2001 - 2 AZR 176/00 -). Der Arbeitgeber muss dann insbesondere darlegen, in welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen. Er muss auf Grund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden können (BAG a.a.O.).

Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben.

Die Kammer hat im Hinweisbeschluss vom 02.02.2004 (Blatt 247 ff. d. A.) auf diese Entscheidung des BAG hingewiesen und der Beklagten entsprechenden Vortrag aufgegeben.

Soweit die Beklagte dagegen aus der Entscheidung des BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR 522/98 -) geringere Darlegungslasten ableiten will, so berücksichtigt sie nicht die Besonderheiten des in dieser Entscheidung dem BAG unterbreiteten Sachverhalt. Dort ging es nicht wie hier um den Abbau einer Hierarchieebene ging, sondern um die Unternehmerentscheidung in einem Baubetrieb, alle Mitarbeiter ohne abgeschlossene Berufsausbildung zu entlassen, soweit sie keine angelernten Spezialtätigkeiten ausübten, und die von diesen ausgeführten Tätigkeiten teilweise den bei der dortigen Beklagten beschäftigten Facharbeitern, teilweise Subunternehmern zu übertragen. Die Besonderheit dieses Falles war dadurch gekennzeichnet, dass der Auftragsbestand vom 30.11.1996 von 4,9 Mio. auf 3,3 Mio. per 28.02.1997 gesunken war und zusätzlich die Unternehmerentscheidung getroffen war, Abbruch- und Stemmarbeiten an einen Subunternehmer zu vergeben. Das Bundesarbeitsgericht hob in dieser Entscheidung insbesondere darauf ab, dass die Annahme einer gleichbleibenden Arbeitsmenge nicht möglich sei, da diese Annahme im Widerspruch zu der nicht bestrittenen Behauptung der Beklagten hinsichtlich des Auftragsrückgangs stehe. Eine vergleichbare Situation ist vorliegend nicht gegeben.

Zu beachten ist auch, dass das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 22.05.2003 - 2 AZR 326/02 - zu dem Erfordernis der Darlegung der organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der Unternehmerentscheidung Folgendes ausgeführt hat: Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen müsse, habe seinen Sinn darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden solle zum einen eine rechtswidrige Überforderung und Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals, zum anderen, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutz werde, um einen Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen.

Was dieses Letztere anbelangt, so kann nicht unbeachtet bleiben, dass es ungewöhnlich ist, dass eine nicht kleine Bank (700 Mitarbeiter) dauerhaft ohne eine Rechtsabteilung soll existieren können. Auffallend ist auch, dass die Beklagte nach einer erheblichen Prozessdauer noch während des Prozesses eine neue Stelle eines Leiters "Recht und Personal" ausschreibt.

2. Die tatsächlichen Darlegungen der Beklagten auch nach dem Hinweisbeschluss der Kammer nicht geeignet, die Durchführbarkeit der Maßnahme ohne überobligationsmäßige Mehrarbeit anderer Arbeitnehmer und insbesondere die Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne einer Dauerlösung überzeugend darzulegen. Das Vorbringen der Beklagten ist nach wie vor in quantitativer Hinsicht unsubstantiiert. Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Hinsichtlich der Umorganisation der sog. Abwickler meint die Beklagte, bereits vor Ausspruch der Kündigung hätten die Abwickler nicht mehr der Leitung des Klägers unterstanden, so dass sich mangels Entscheidungserheblichkeit weiterer Vortrag hierzu erledige.

Diese Auffassung ist unrichtig. Auch dann, wenn eine organisatorische Maßnahme in mehreren Etappen durchgeführt wird und schließlich zu der Kündigung führt, kommt es nicht allein auf den letzten Stand vor der Kündigung, sondern auf die gesamte Maßnahme an. Im Übrigen hat die Beklagte selbst die Umorganisation der Kreditabwickler in der Anhörung des Betriebsrates (vgl. Blatt 27 d. A.) als Teilschritt der zur Kündigung führenden Umstrukturierungsmaßnahmen des Kündigungsgrundes dargestellt, wenn es dort heißt:

"Ihnen ist bekannt, dass wir bereits in einem ersten Schritt bislang Herrn Dr. T unterstehenden Sachbearbeiter der Rechtsabteilung dem Bereich Kreditabwicklung unterstellt haben. Hierbei handelte es sich um die Mitarbeiter B , P , A , E , K und K . In der Rechtsabteilung ist bis dato nur noch Frau B verblieben. Die Aufrechterhaltung der Rechtsabteilung als eigenständige Abteilung macht vor diesem Hintergrund jedoch keinen Sinn mehr. Wir werden deshalb die bisherige Rechtsabteilung auflösen und Frau B dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit unter Leitung von Herrn S zuordnen".

Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte dem Betriebsrat keine weiteren organisatorischen Maßnahmen vorgetragen hat, worauf zurückzukommen sein wird.

b) Des Weiteren führt die Beklagte (Blatt 259 d. A.) aus, auch mit der per 01.04.2001 durchgeführten Umorganisation seien Herrn B keine überobligatorischen Leistungen abverlangt worden. Ursprünglich sei in der Rechtsabteilung früheren Zuschnitts unter deren damaligen Leiter, Herrn Sch , die komplette Kreditabwicklung erledigt worden. Seit Schaffung des Teams Kreditbetreuung unter Leitung von Herrn B seien Einzelabwicklungsaufgaben sowohl dort als auch in der Rechtsabteilung bearbeitet worden. Schnittstellen seien nicht definiert worden, was zu einer nicht hinreichend effektiven und uneinheitlichen, teamübergreifenden Bearbeitung teilweise als Parallelbearbeitung geführt habe. Aus diesem Grunde sei es inhaltlich und organisatorisch sinnvoll gewesen, die Kreditabwickler auch der der Kreditabteilung unterstehenden Einheit "Kreditbetreuung" anzugliedern, ohne dass hierdurch für den Leiter Herrn B zusätzliche Mitarbeit verursacht worden sei.

Dieses ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte stellt als wesentlichen Grund für ihre Entscheidung, die Stelle des Klägers entfallen zu lassen, in der Betriebsratsanhörung gerade die Umorganisation hinsichtlich der Kreditabwickler dar. Die Beklagte will offenbar selbst nicht behaupten, dass der Kläger mit der Leitung der Kreditabwickler überhaupt keine Arbeit geleistet habe. Herr B leitete bisher eine Abteilung mit drei Arbeitnehmern. Nunmehr kommen sechs Arbeitnehmer hinzu. Es ist nicht nachvollziehbar, dass durch die Herrn B nunmehr übertragene Leitung von insgesamt dreimal so viel Arbeitnehmern wie zuvor keine zusätzliche Arbeit verursacht würde.

Zudem hat die Beklagte erstinstanzlich (Blatt 109 d. A.) vorgetragen, größere Engagements, die vom Kläger in der Vergangenheit bearbeitet worden seien, seien entweder auf dem Generalbevollmächtigten Herrn E oder den Teamleiter Kreditbetreuung Herrn B verteilt worden. Damit war zusätzlich Mehrarbeit verbunden sein sollte. Es fehlt aber jeglicher Quantifizierung.

c) Was die Umsetzung Frau B in das Team Öffentlichkeitsarbeit anbelangt, trägt die Beklagte (Blatt 260 d. A.) vor, dass der Kläger "keine eigentliche Leitung ihrer Person" innegehabt habe. Die anfallende Tagespost sei zwischen beiden partnerschaftlich verteilt worden, eingehende Telefonate aus dem Vertriebsbereich seien schwerpunktmäßig an Frau B gegangen. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und Frau B sei auch durch die Behandlung ausgehender Post dokumentiert.

Wiederum fehlt es an Vortrag zum Umfang der Tätigkeit und ist nicht nachzuvollziehen, wie die gesamte Post der Rechtsabteilung jetzt erledigt werden sollte. Frau B ist nach Vortrag der Beklagten nur noch teilzeitbeschäftigt. Sie sollte nach Vortrag der Beklagten insbesondere die sog. "Hotline" besetzen. Es fehlt nachvollziehbarer, quantifizierter Vortrag dazu, wie die bislang von zwei Vollzeitbeschäftigten erledigte Tagespost nunmehr erledigt werden kann. Da offensichtlich ist, dass der Leiter Öffentlichkeitsarbeit, Herr S , als Volkswirt juristische Post nicht erledigen kann, fehlt es an jeglicher Darlegung, wer denn in welchem Umfang insoweit die bisherigen Tätigkeiten des Klägers ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt.

d) Schließlich wird jetzt vorgetragen, dass Herr Sch (nach Vortrag der Beklagten vorübergehend Vertreter von Frau B ) als "Koordinierungsstelle für die Vergabe der Rechtsfälle an die eingeschalteten Anwaltskanzleien tätig" sei. Der Vortrag steht zunächst in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vortrag, wonach "die Koordination der Vergabe, Überwachung der Rückläufe und Stellungnahmen an externe Anwälte ... die Herren E und B übernommen" haben (Blatt 109 d. A.). Wiederum fehlt es an jeglichen quantitativen Darlegungen.

e) Dieses gilt auch hinsichtlich der weiteren bisherigen Tätigkeiten des Klägers, nämlich der Rechtsberatung des Vorstandes und der Führungskräfte und Filialen der Beklagten sowie Vertragsprüfung. Wenn die Beklagte hier wiederum auf eingeschaltete Anwaltskanzleien verweist, so wird aus dem Vortrag der Beklagten in keiner Weise deutlich, wer denn die Koordinierung solcher Rechtsberatung von Vorstand und Führungskräften übernommen hätte. Auch ist das Vorbringen insoweit wiederum gänzlich unsubstantiiert hinsichtlich des Umfanges vor und nach der Organisationsmaßnahme.

3. Selbst wenn man indes das vorgehend behandelte Vorbringen der Beklagten als ausreichend ansehen wollte, so wäre die Beklagte damit im vorliegenden Verfahren präkludiert. Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich in der bereits zitierten Entscheidung vom 27.09.2001 (2 AZR 176/00) entscheiden, dass das Vorbringen des Arbeitgebers, in welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfielen und hinsichtlich einer näher zu konkretisierenden Prognose, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden könnten, zum notwendigen Inhalt der Anhörung des Kollektivorganes (dort Sprecherausschuss, hier Betriebsrat) gehöre. Ohne eine solche Unterrichtung sei die Anhörung objektiv unvollständig. Bei diesem weiteren notwendigen Vortrag handele es sich auch nicht um eine bloße Erläuterung eines schon zuvor hinreichend mitgeteilten Sachverhalts, der auch ohne erneute Einschaltung des Vertretungsorgans im Kündigungsschutzprozess noch möglich wäre, da diese weiteren Informationen dem Kündigungssachverhalt überhaupt erst das Gewicht eines Kündigungsgrundes gäben.

Wie bereits dargestellt, hat die Beklagte in der Anhörung des Betriebsrats ausschließlich dargestellt, dass die bisher dem Kläger unterstehenden Sachbearbeiter dem Bereich Kreditabwicklung unterstellt würden und Frau B dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Zu den gesamten anderen Tätigkeiten des Klägers findet sich in der Betriebsratsanhörung kein Wort. Die Beklagte geht in dem oben dargestellten Vortrag selbst davon aus, dass die Übertragung der Leitungsmacht gegenüber den sechs Sachbearbeitern Herrn B keinerlei Mehrarbeit verursachte. Dieses würde in der Konsequenz bedeuten, dass auch beim Kläger dadurch keine Arbeit entfallen ist. Ebenso hat sie dargestellt, dass die Leitungsarbeit gegenüber Frau B zu vernachlässigen gewesen sei.

Der Kläger selbst hat - im Übrigen unwidersprochen - schon erstinstanzlich vorgetragen, er sei überwiegend mit internen Rechtsangelegenheiten beschäftigt gewesen.

Zu den Fragen, wer künftig die Tätigkeit des Klägers bei der Erledigung von komplexeren Abwicklungsfällen, bei der Rechtsberatung des Vorstandes und der Führungskräfte, bei der Behandlung der für die Rechtsabteilung eingehenden Tagespost und insbesondere als koordinierender Ansprechpartner der Beklagten zur Betreuung von Prozessen, die von Anwaltsbüros durchgeführt werden, fehlt es an jeglicher Information des Betriebsrates.

II. Der Weiterbeschäftigungsantrag war als unzulässig abzuweisen, da insoweit eine unzulässige Klageänderung vorliegt.

Der Kläger hat erstinstanzlich den allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag nach der Rechtsprechung des Großen Senats vom 27.02.1985 (AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14) verfolgt. Dieses ergibt sich bereits aus der Formulierung des damaligen Antrages, nach welcher ausdrücklich eine Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung "mit Obsiegen des Antrages zu 1)" begehrt wurde. In dem späteren Schriftsatz vom 22.05.2002 ist keine Klageänderung enthalten, sondern lediglich das "Verlangen" im Sinne des § 102 Abs. 5 BetrVG.

In der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger den erstinstanzlich abgewiesenen Antrag zu 2) nicht weiter. Er macht zweitinstanzlich nach ausdrücklicher Formulierung des Antrags und nach der Begründung ausschließlich den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 geltend.

Dieses ist eine Klageänderung im Sinne des § 533 ZPO, zu der der Gegner nicht eingewilligt hat und die auch nicht sachdienlich ist.

Bei dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand als bei dem besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG. Voraussetzungen und Rechtsfolgen beider Beschäftigungsansprüche sind unterschiedlich (vgl. hierzu und zum Folgenden: BAG 12.09.1985 AP Nr. 7 zu § 102 BetrVG Weiterbeschäftigung). Der besondere Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 BetrVG setzt gerade keine unwirksame Kündigung voraus. Liegen seine Voraussetzungen vor, besteht das bisherige Arbeitsverhältnis Kraft Gesetzes fort und wird nur auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage. Dementsprechend bestehen bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage auch die beiderseitigen Hauptpflichten fort, so dass der Arbeitgeber Gläubiger der Arbeitsleistung bleibt und in Annahmeverzug gerät, wenn er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt, selbst wenn die Kündigungsschutzklage später rechtskräftig abgewiesen wird.

Der allgemeine Beschäftigungsanspruch setzt dagegen das Fortbestehen des durch Vertrag begründeten Arbeitsverhältnisses voraus. Fehlt diese Voraussetzung, wird sie nicht durch ein fehlerhaftes Urteil ersetzt, das dennoch zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Rechtskraftwirkungen bei einer Verurteilung nach dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch bei einer solchen nach § 102 Abs. 5 BetrVG (vgl. BAG a.a.O.). Es handelt sich mithin um verschiedene Streitgegenstände. Die Auswechslung ist eine Klageänderung.

Die Klageänderung ist in der Berufungsinstanz nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist zu verneinen, wenn die Prüfung des Anspruches zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes nötigen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte (vgl. Zöller/Gummer § 533 ZPO Randnote 6).

Dieses ist hier der Fall. War der ursprünglich gestellte Weiterbeschäftigungsanspruch von dem Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängig, ist der vorliegend gestellte Weiterbeschäftigungsanspruch - wie gezeigt - gerade nicht davon abhängig. Der bisherige Streitstoff gibt zur Beurteilung des Weiterbeschäftigungsantrages nach § 102 Abs. 5 BetrVG nichts her. Demgegenüber würde erheblicher neuer, in der ersten Instanz nicht unterbreiteter Streitstoff zu beurteilen sein. Die Parteien streiten unter anderem darüber, ob überhaupt ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss vorliegt, ob insbesondere die Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß zu der Sitzung geladen waren, ob die Tagesordnung mitgeteilt worden ist, ob der Betriebsrat beschlussfähig gewesen ist und ob ein Mehrheitsbeschluss vorliegt. Ferner streiten sie darüber, ob der Betriebsrat sich ordnungsgemäß auf einen der in § 102 Abs. 3 Nr. 1 - 5 BetrVG genannten Gründe berufen hat. Diese Streitfragen sind bereits Gegenstand eines zwischen den Parteien geführten Zahlungsprozesses.

III. Über die Hilfsanträge, die lediglich hilfsweise zu dem Kündigungsschutzantrag gestellt waren, war nicht zu entscheiden.

IV. Für die Kostenentscheidung hat die Kammer den Kündigungsschutzantrag mit drei Monatsgehältern, den erstinstanzlich gestellten allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag entsprechend der Rechtsprechung des LAG Köln mit einem Monatsgehalt, demgegenüber den besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG mit zwei Monatsgehältern bewertet.

Ende der Entscheidung

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