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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.05.2009
Aktenzeichen: 4 Ta 72/09
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 5
Arbeitnehmereigenschaft oder arbeitnehmerähnliche Stellung eines Golftrainers?
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 28.01.2009 - 10 Ca 5851/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe:

Die Kammer folgt dem Beschluss des Arbeitsgerichts im Ergebnis und auch in allen wesentlichen Teilen der Begründung und nimmt deshalb entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidung Bezug.

I. Das Arbeitsgericht ist insbesondere unter zutreffender Darstellung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon ausgegangen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht vorlag. Der Kläger war im Wesentlichen frei, seine Tätigkeit zu gestalten und seine Arbeitszeit zu bestimmen.

Inhaltliche Weisungen hinsichtlich seiner Trainertätigkeit hat der Kläger nicht einmal in pauschaler Form behauptet. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade bei höherwertigen Tätigkeiten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit noch nicht dafür spricht, dass ein Arbeitsverhältnis nicht vorliegt.

Im vorliegenden Fall kommt es damit entscheidend auf die Freiheit in der zeitlichen Gestaltung der Tätigkeit an.

Hier hat das Arbeitsgericht zu Recht entschieden, dass der gesamte Vortrag des Klägers zu angeblichen Weisungen hinsichtlich seiner Arbeitszeit pauschal und unsubstantiiert ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. hier nur 15.12.1999 - 5 AZR 566/98 - NZA 2000, 447) sind Beweisantritte unzulässig, wenn sie auf die Ausforschung der benannten Zeugen angelegt sind. Wird ein Beweis angetreten, dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsache fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. Die beweispflichtige Partei muss diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind dabei konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit und der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG a. a. O.). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung die Behauptung des Klägers, er sei angewiesen worden, täglich mindestens zwei Nebenvertreter aufzusuchen und seine Mittagspause in seinem Gebiet zu verbringen, als unsubstantiiert, nämlich weder nach Zeitpunkt noch nach Ort näher konkretisiert zurückgewiesen. Gleiches hat das Bundesarbeitsgericht angenommen für die Behauptung, er sei zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verpflichtet gewesen. Auch diese Behauptung sei - so das Bundesarbeitsgericht - nach Ort und Zeit und handelnden Personen unkonkretisiert.

Nicht anders verhält es sich im vorliegenden Fall, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat: Der Kläger hat lediglich pauschal behauptet (Bl. 96 d. A.), dass er "auf Weisung der Beklagten mit Ausnahme des Donnerstags an jedem Werk-, Sonn- und Feiertag auf der Anlage zu sein hatte". Diese von der Beklagten bestrittene Weisung ist weder nach Ort noch Zeit noch handelnder Person substantiiert.

Ebenso unsubstantiiert ist die Behauptung (Bl. 95 d. A.), die Golflehrer hätten "letztlich in das von der Beklagten vorgegebene Zeitfenster hineinpassen müssen".

Auch das vom Kläger dafür gegebene "Beispiel", dass er beabsichtigt habe, abgesehen von der 45-minütigen Mittagspause in den Nachmittagsstunden noch einmal 15 Minuten Pause zu machen, diese Bitte aber seitens der Beklagten abgelehnt worden sei (Bl. 96 d. A.), ist weder nach Ort noch nach Zeit noch nach handelnder Person substantiiert. Was die dazu benannte Lebensgefährtin des Klägers an eigenen, selbst wahr genommenen Tatsachen bekunden soll, bleibt ebenso völlig im Unklaren.

Schließlich trägt der Kläger hinsichtlich angeblicher zeitlicher Weisungsgebundenheit vor, er habe vergeblich nach der Möglichkeit bei der Beklagten nachgefragt, mittwochs frei zu bekommen und er sei "an allen übrigen Tagen beruhend auf Weisung der Beklagten auf der Anlage gewesen" (Bl. 96 d. A.). Auch diese Behauptung ist gänzlich unsubstantiiert.

Der Kläger hat auch trotz bereits erstinstanzlich erhobener Substantiierungsrügen der Beklagten und trotz der Entscheidung des Arbeitsgerichts in der Beschwerdebegründung nichts Weiteres zur Substantiierung seiner Behauptungen hinsichtlich Weisungen der Beklagten vorgetragen.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass gänzlich unsubstantiiert auch die Behauptungen des Klägers geblieben sind, er habe "nach Weisung" der Beklagten zwei Jugendcamps durchführen müssen (Bl. 7 d. A.), er habe - was den Umbau der Indoor-Halle anbelangt - sich "weitestgehend" nach Vorgaben der Beklagten für das Material richten müssen, ihm sei das Material übergeben worden mit der Weisung dies einzubauen, er sei im Einzelfall von Herrn Dr. V bzw. dem Sekretariat "angewiesen" worden, bestimmte Baumaterialien in den Baumärkten einzukaufen, und schließlich, die Preisgestaltung sei durch die Beklagte vorgenommen worden, er habe im Sommer 2007 angeregt, an den Wochenenden die Einzelpreise doch von 40,00 € auf 45,00 € zu erhöhen, dieses sei "seitens der Beklagten abgelehnt" worden, er habe es dann auf Druck der Beklagten bei den vorgegebenen 40,00 € belassen müssen. Auf Blatt 100 d. A. wiederum ist auch zu diesem Punkt nichts vorgetragen, was die Lebensgefährtin des Klägers, Frau P dazu an von ihr wahrgenommenen Tatsachen bekunden könnte.

Es kann mithin im Kernbereich der Abgrenzung zwischen Arbeitsnehmern und Selbstständigen nicht festgestellt werden, dass der Kläger in fachlicher und zeitlicher Sicht so intensiven Weisungen der Beklagten unterlegen hätte, dass von einem Arbeitsverhältnis auszugehen wäre.

II. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht auch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis verneint.

Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts wird zunächst Bezug genommen.

Die Kammer teilt allerdings nicht die Auffassung des Arbeitsgerichts, nur ein Dienst- oder ein Werkvertrag käme als zivilrechtliche Grundlage für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis in Betracht. Eine solche Ausschließlichkeit lässt sich jedenfalls der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht entnehmen. Dieses prüft vielmehr allgemein, ob es sich um ein privatrechtliches Vertragsverhältnis handelt (vgl. BAG 17.01.2007 - 5 AZB 43/06).

Jedoch teilt die Kammer die zweite Begründung des Arbeitsgerichts, dass die Höhe der Vergütung dafür spricht, dass der Kläger nicht nach seiner gesamten sozialen Stellung mit einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig ist.

Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (vgl. insbesondere 21.02.2007 - 5 AZB 52/06 - NJW 2007, 1709) liegt nach dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG und den sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, die auf den Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person abstellen, eine wirtschaftliche Abhängigkeit nicht schon dann vor, wenn eine Person für ihre Existenzsicherung auf den Abschluss des Vertrages angewiesen ist. Vielmehr folgt die dem Gesetz zugrundeliegende Schutzbedürftigkeit der arbeitnehmerähnlichen Stellung aus der Höhe der ihr vertraglich eingeräumten Vergütung. Das setzt Leistungen für den Vertragspartner voraus. Dabei kann die Vergütung auch in einer Beteiligung an Umsätzen und Gewinnen bestehen. Nicht ausreichend ist eine bloße Gewährung einer Verdienstmöglichkeit, insbesondere - wie im Fall der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - nach einer für selbstständige Tätigkeiten geltenden Gebühren- und Vergütungsordnung. Dann bestimmt sich die wirtschaftliche Existenz nicht nach einer vertraglichen Gegenleistung, sondern nach Art und Umfang der selbstständig ausgeübten Tätigkeit. Aus diesem Grunde hat das Bundesarbeitsgericht eine Beleghebamme nicht als arbeitnehmerähnliche Person angesehen.

Im vorliegenden Fall spricht schon die Höhe der Bezüge des Klägers gegen die vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit.

Das Bundesarbeitsgericht hat - was die soziale Schutzbedürftigkeit anbelangt - z. B. eine monatliche Höhe von Einkünften von etwa 4.200,00 DM als ausreichend angesehen, die soziale Schutzbedürftigkeit zu begründen (BAG 30.08.2000 - 5 AZB 12/00 - NZA 2000, 1359). Der Kläger hatte weit höhere Verdienstmöglichkeiten. Dieses ergibt sich nicht nur aus dem Durchschnitt der von ihm aufgeführten Einkünfte für die Monate März 2007 bis Oktober 2007, den er mit 7.334,38 € berechnet, sondern auch aus einer Einzelbetrachtung der einzelnen Monate. Danach schwankten die monatlichen Einkünfte - offensichtlich nach dem Umfang der vom Kläger erteilten Golftrainingsstunden - zwischen 3.480,00 € und 14.035,00 €. Hinzu kamen noch - unstreitig - weitere Verdienstmöglichkeiten des Klägers durch Verkauf von Golfzubehör. Die Kammer kann insgesamt aufgrund der vom Kläger bezogenen Einkünfte eine einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit nicht mehr erkennen.

Dahinstehen kann damit, dass im vorliegenden Fall überhaupt Leistungen der Beklagten für ihren Vertragspartner, den Kläger, anzunehmen sind. Es ist unstreitig, dass die Beklagte das Honorar für eine Trainingseinheit (40 min) in Höhe von 40,00 € zwar bei den meisten Kunden (Golfspielern) einzog, diesen Betrag aber - den entsprechenden Vortrag der Beklagten (Bl. 36 d. A.) hat der Kläger nicht bestritten - ungekürzt an den Kläger weitergab. Die Beklagte hat danach nichts von den Zahlungen der Kunden für sich behalten. Sie war lediglich Inkassostelle für den Kläger und hat diesen nicht an ihren Umsätzen oder Gewinnen beteiligt.

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seine pauschale Behauptung, die Preise seien nicht - wie von der Beklagten vorgetragen - zwischen den Golflehrern abgestimmt worden, sondern von der Beklagten vorgegeben gewesen, ebenfalls nicht substantiiert hat (s. o.).

III. Schließlich ist - im Hinblick auf die Beschwerdebegründung - anzufügen, dass die Behauptung des Klägers, er habe nach Beendigung des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses auch keinen seiner Schüler weiter betreuen und auf einem anderen Golfplatz unterrichten dürfen, nicht nur wiederum unsubstantiiert (woraus sollte eine entsprechende Verpflichtung des Klägers folgen?), sondern auch unerheblich ist. Der Status des Klägers kann nicht aus einem nachvertraglichen Verhalten der Beklagten folgen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu Germelmann u. a.§ 48 ArbGG Rn. 96).

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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