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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.08.2002
Aktenzeichen: 5 (3) Sa 617/02
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 76 Abs. 5
Hat ein Arbeitgeber die nur für einen Teil der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer bestehende freiwillige Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung gekündigt, so führt der Umstand, dass andere Arbeitnehmer auf anderer rechtlicher Grundlage weiterhin ähnliche Leistungen erhalten, nicht zu einer Nachwirkung der teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung (Abgrenzung zu BAG vom 26.10.1993 - 1 AZR 46/93 -).
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 5 (3) Sa 617/02

Verkündet am: 15.08.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Rietschel als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Barth und Riecks

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2002 - 3 Ca 6534/00 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 75 % eines Monatsgehalts für das Jahr 1999.

Der Kläger war zunächst ab 1973 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem T auf dem Arbeitsgebiet technische Physik tätig. Mit Wirkung zum 01.01.1993 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf Grund der Übernahme von Betriebsteilen des T R durch die Beklagte gemäß § 613 a BGB auf diese über. Im Bereich des T R galt bei Betriebsübergang eine Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 über die Zahlung von "Weihnachtsgeld". Außerdem gab es für die ehemaligen Mitarbeiter des T R weitere kollektive betriebliche Regelungen, in denen unter anderem eine betriebliche Altersversorgung und die Anwendung der Landesbesoldungsordnung Nordrhein-Westfalen (LBO) auf diese Mitarbeiter vorgesehen war.

Am 13.11.1996 wurde die Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 durch die Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung in Form eines Spruchs der Einigungsstelle abgelöst. Danach sollte die Jahressonderzahlung für das Jahr 1996 100 % und ab dem Jahr 1997 nur noch 75 % der Gehaltsbestandteile nach näherer Maßgabe der Betriebsvereinbarung Vergütung 1996/I vom 13.11.1996 betragen. Nach Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung erfolgt diese Zahlung, wenn der/die Beschäftigte am 20.11. des Auszahlungsjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.

In einem beim Arbeitsgericht Köln eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat mit Feststellungsantrag die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarungen Vergütung 1996/I und Jahressonderzahlung, jeweils vom 13.11.1996, geltend. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung lediglich zu Nr. 2.2 stattgegeben und im Übrigen den Antrag abgewiesen (Arbeitsgericht Köln vom 26.08.1997 - 12 BV 237/96). Nachdem gegen diesen Beschluss nur die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt hat, hat das Landesarbeitsgericht in Bezug auf die Betriebsvereinbarung "Jahressonderzahlung" den Antrag des Betriebsrats insgesamt abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat sodann auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 20.07.1999 - 1 ABR 66/98 - den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.07.1998 - 3 TaBv 100/97 - aufgehoben und insoweit die Entscheidung des Arbeitsgerichts wiederhergestellt.

Mit Schreiben vom 25.06.1999 kündigte die Arbeitgeberin die "Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung" zum 30.09.1999. Der Betriebsrat forderte daraufhin die Arbeitgeberin unter Bezugnahme auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung mit Schreiben vom 30.07.1999 auf, unverzüglich in Verhandlungen über die Verteilung der Jahressonderzahlung im Unternehmen einzutreten. Dem liegt zu Grunde, dass neben den ca. 260 Mitarbeitern der Beklagten, die auf Grund der Bestimmungen der LBO vergütet werden, weitere ca. 115 Mitarbeiter beschäftigt sind, welche eine Jahressonderzahlung auf Grund einer einseitig von der Arbeitgeberin aufgestellten "Gehaltsordnung" erhalten, welche am 01.09.1992 in Kraft getreten ist. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gehaltsordnung bestand bei der Arbeitgeberin kein Betriebsrat. Die Jahressonderzahlung, welche an die BO-Mitarbeiter auch für das Jahr 1999 gezahlt wurde, betrug ebenfalls ein Monatsbruttogehalt. Im Hinblick auf die nach der Kündigung vom Betriebsrat vertretene Auffassung, die Betriebsvereinbarung wirke über den 30.06.1999 hinaus nach, leitete die Beklagte ein Beschlussverfahren ein, in dem sie beantragte, festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung über den 30.09.1999 nicht nachwirkt. Nachdem der Antrag in erster Instanz zurückgewiesen worden war, hat das Bundesarbeitsgericht, nachdem zwischenzeitlich den Betrieb stillgelegt worden war und ein Betriebsrat nicht mehr bestand, das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 14.08.2001 - 1 ABR 52/00 - das Beschlussverfahren eingestellt und festgestellt, dass die in diesem Beschlussverfahren ergangenen Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19.10.2000 - 10 TaBv 27/00 - und des Arbeitsgerichts Köln vom 20.10.1999 - 15 BV 146/99 - wirkungslos sind.

Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung wirke trotz Kündigung der Beklagten nach, ihm stehe daher ein Vergütungsanspruch in Höhe von 75 % des maßgeblichen Monatsgehalts November zu, welches der Kläger mit 7.018,28 DM errechnet. Die Beklagte habe zwar die Betriebsvereinbarung gekündigt, diese wirke jedoch nach, weil es mit den BO-Mitarbeitern im Betrieb Mitarbeiter gebe, die im Gegensatz zu den LBO-Mitarbeitern weiterhin eine Jahressonderzahlung erhielten. Es gebe damit hinsichtlich der Verteilung der vom Arbeitgeber erbrachten freiwilligen Leistungen mit dem Zweck "Jahressonderzahlung" einen "Topf", über den auch nach der Kündigung der Betriebsvereinbarung 1996 vom des Betriebsrat mit dem Arbeitgeber hätte verhandelt werden können. Es sei nicht richtig, dass es sich bei den Jahressonderzahlungsleistungen für LBO- und BO-Mitarbeiter um zwei verschiedene Töpfe aus verschiedenartigen Entgeltsystemen handelte, welche mitbestimmungsrechtlich isoliert zu betrachten seien. Eine solche Differenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte sei daher so zu behandeln, als habe sie lediglich das zur Verfügung stehende Volumen reduziert und den Verteilungsschlüssel geändert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.018,28 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Anspruch auf die Jahressonderzahlung für 1999 nicht zu. Ausschließliche Anspruchsgrundlage sei die zum 30.09.1999 gekündigte Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 gewesen. Die Rechtswirkung dieser Betriebsvereinbarung sei mit Ablauf der Kündigungsfrist ersatzlos entfallen, eine Nachwirkung komme nicht in Betracht. Bei den in der Betriebsvereinbarung geregelten Leistungen handle es sich nicht lediglich um einen Teil des von der Beklagten gewährten "Topfes" der Sonderleistungen. Auch liege in der unterschiedlichen Behandlung der LBO-Mitarbeiter und der BO-Mitarbeiter keine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Die Vergütung der beiden Mitarbeiter beruhe vielmehr auf völlig unterschiedlichen Entgeltsystemen. Die Gruppe der LBO-Mitarbeiter sei nach der Landesbesoldungsordnung wie Beamte zu vergüten, ihr sei unter anderem eine betriebliche Altersversorgung zugesagt worden war, den BO-Mitarbeitern sei hingegen lediglich Vergütung nach der "Gehaltsordnung" gewährt worden, eine Altersversorgung sei für sie nicht vorgesehen gewesen.

Das Arbeitsgericht hat durch ein am 16.01.2002 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Nachwirkung der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung komme nach Kündigung durch die Arbeitgeberin nicht in Betracht, weil die an die BO-Mitarbeiter auf andere Rechtsgrundlage als auf Grundlage der Betriebsvereinbarung 1996 gewährten Jahressonderzahlungen nicht von der Regelung in der Betriebsvereinbarung erfasst seien. Auf die unterschiedlichen Entgeltsysteme der LBO- und BO-Mitarbeiter komme es nicht an.

Gegen diese dem Kläger am 14.05.2002 zugestellte Entscheidung hat dieser am 13.06.2002 schriftlich beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt, welche er am 08.07.2002 begründet hat.

Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung liege in der Kündigung der Betriebsvereinbarung keine gänzliche und ersatzlose Streichung einer freiwilligen Sozialleistung. Vielmehr sei die Verteilung des Vergütungsvolumens mit gleicher Zweckrichtung lediglich in zwei unterschiedlichen Regelungen enthalten gewesen, wobei die Gehaltsordnung für die BO-Mitarbeiter den Zweck gehabt habe, mit neu einzustellenden Arbeitnehmern ungünstigere Arbeitsbedingungen zu vereinbaren als mit den vom T R . übernommenen Arbeitnehmern. Es sei deshalb fehlerhaft, bezogen auf die soziale Leistung "Jahressonderzahlung" zwei unterschiedliche "Töpfe" zu definieren, weil mit den von der Beklagten gewährten Leistungen sowohl an die Mitarbeiter mit BO-Verträgen als auch an die Mitarbeiter mit LBO-Verträgen jeweils identische Zwecke verfolgt worden seien.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2002 - 3 Ca 6534/00 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.588,39 Euro brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 01.12.1999 zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit der Berufungserwiderung verteidigt sie die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Entgegen der Auffassung des Klägers gebe es im Betrieb der Beklagten keine einheitlich gewährte Jahressonderzahlung, vielmehr gebe es zwei unterschiedliche, durch den Betriebsübergang der Mitarbeiter des T R im Jahr 1993 verbundene Entgeltsysteme. Die weitere Entwicklung dieser Entgeltsysteme könne nicht Gegenstand der Überprüfung nach Maßstäben innerhalb betrieblicher Lohngerechtigkeit sein. Zudem sei auf Grund des vorangegangenen Beschlussverfahren durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.07.1999 die Rechtswirksamkeit der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 und damit auch die darin enthaltene Abgrenzung der Personenkreise rechtskräftig mit bindender Wirkung festgestellt. Eine neue Verteilungsregelung habe in Bezug auf die Gehaltsordnung nicht geschlossen werden können, weil hinsichtlich der Gewährung der Jahressonderzahlung an die BO-Mitarbeiter zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten auf Grund der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 eine konkludente Regelungsabrede über das Vergütungssystem der BO-Mitarbeiter bestanden habe, dessen Bestandteil die Jahressonderzahlung an diese Mitarbeiter gewesen sei.

Eine Nachwirkung komme nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorliegend auch deshalb nicht in Betracht, weil nicht der Fall vorliege, dass aus dem bisher mitbestimmten Volumen eine andere Verteilung erfolgen solle, vielmehr mache der Betriebsrat für einen Bereich außerhalb des bisher mitbestimmten Bereichs ein von ihm bisher nicht ausgeübtes Mitbestimmungsrecht geltend. Dieser Wunsch nach erstmaliger Ausübung der Mitbestimmung könne keine Nachwirkung für eine Regelung im bisher mitbestimmten Bereich auslösen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach dem Beschwerdewert an sich statthafte Berufung der Beklagten ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden, sie ist somit zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Klägers auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung vom 13.11.1996 verneint. Auch eine andere Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist nicht ersichtlich.

1. Die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung vom 13.11.1996 ist zum 30.09.1999 von der Beklagten wirksam gekündigt worden. Die Beklagte war gemäß § 77 Abs. 5 BetrVG zur Kündigung berechtigt, da in der Betriebsvereinbarung nichts anderes geregelt war. Mit der Kündigung vom 25.06.1999 zum 30.09.1999 wurde auch die Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten. Grundsätzlich hat die Kündigung der Betriebsvereinbarung zur Folge dass die Anspruchsgrundlage für die nach dem 30.09.1999 fällig werdenden Leistungen und damit auch für die vom Kläger begehrte, im November 1999 fällige Jahressonderzahlung 1999, entfällt.

2. Eine Nachwirkung entfaltet die Betriebsvereinbarung trotz Kündigung nicht. Die Bestimmung des § 76 Abs. 5 BetrVG sieht eine solche Weitergeltung nur für Betriebsvereinbarungen in den Fällen zwingender Mitbetimmung vor, vgl. § 87 Abs.2 BetrVG, und nicht bei einer Betriebsvereinbarung, die - wie die BV Jahressonderzahlung - eine freiwillige Arbeitgeberleistung regelt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, wirken freiwillige Betriebsvereinbarungen nach erfolgter Kündigung nicht nach. Dies gilt grundsätzlich auch für teilmitbestimmte Betriebsvereinbarungen über freiwillige Leistungen, bei denen der Betriebsrat nur hinsichtlich des Leistungsplans mitzubestimmen hat (BAG vom 26.10.1993 - 1 AZR 46/93 - EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 53; BAG vom 21.08.1990 AP Nr. 5 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung; BAG AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung). Die Arbeitnehmer haben demgemäß auf die freiwillige Leistung einen Anspruch nur solange, wie diese Betriebsvereinbarung in Kraft ist. Der Umstand, dass die nähere Ausgestaltung der freiwilligen Leistung durch den sog. Leistungsplan der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt, ändert daran nichts. Ein solcher Leistungsplan ist grundsätzlich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei freiwilligen Arbeitgeberleistungen nur solange von Bedeutung, als der Arbeitgeber die freiwillige Leistung erbringt (BAG a.a.O.). Wenn der Arbeitgeber die freiwillige Leistung gänzlich und ersatzlos streichen will, kann es nach dem Wirksamwerden der Kündigung keine Nachwirkung der Betriebsvereinbarung mehr geben, weil dann für den Betriebsrat nichts mehr mitzubestimmen ist. Es gibt dann nichts mehr zu verteilen (BAG vom 26.10.1993 a.a.O.).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht allerdings für den Fall gemacht, dass mit der Kündigung seitens des Arbeitgebers lediglich die Verringerung des Volumens für die freiwillige Leistung aus der Betriebsvereinbarung und die Änderung des Verteilungsplans erreicht werden soll. Wird die Betriebsvereinbarung lediglich zu dem Zweck gekündigt, das Volumen für die Leistung zu reduzieren und den Verteilungsplan zu ändern, so kommt ausnahmsweise eine Nachwirkung auch des mitbestimmungsfreien Teils der teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung nach dem Grundgedanken des § 77 Abs. 6 BetrVG in Betracht (BAG vom 26.10.1993 a.a.O.).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Nach dem vom Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) zu entscheidenden Sachverhalt hatte die Arbeitgeberin "von vornherein vor, auch nach dem Ablauf der Kündigungsfrist (gekürzte) Mittel für die Zahlung eines freiwilligen Weihnachtsgeldes zur Verfügung zu stellen". Sie hat anschließend mit dem Betriebsrat über eine Neuregelung verhandelt und nach erfolglosem Abschluß dieser Verhandlungen einseitig die Leistungen gekürzt. Sie hatte also "mit der Kündigung beabsichtigt, das Volumen für das Weihnachtsgeld zu reduzieren und den Verteilungsplan zu ändern". Vorliegend scheitert eine Übertragung der Grundsätze dieser Entscheidung schon daran, dass die Beklagte sich mit der Kündigung vollständig von der in der Betriebsvereinbarung 1996 geregelten Leistung lösen wollte. Sie hatte weder die Absicht, in Bezug auf das in dieser Betriebsvereinbarung geregelte Verteilungsvolumen noch in Bezug auf eine Verteilung der für den Zweck "Jahressonderzahlung" insgesamt von ihr im Betrieb zur Verfügung gestellten Mittel Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufzunehmen. Deshalb ist die vom Arbeitgeber bereits bei Abschluss der Betriebsvereinbarung 13.11.1996 getroffene Entscheidung über das "Verteilungsvolumen" und seine Beschränkung auf einen Teil der Mitarbeiter weiterhin zu berücksichtigen. Denn bei Abschluss der Betriebsvereinbarung sind die BO-Mitarbeiter in dieses Verteilungsvolumen nicht einbezogen worden, vielmehr betraf die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung ausschließlich die ehemals beim T R beschäftigten sog. LBO-Mitarbeiter, deren Vergütung auch im Übrigen auf einer anderen kollektivrechtlichen Grundlage beruhte als die Vergütung der BO-Mitarbeiter. Der Umstand, dass es sich bei den "Jahressonderungen" sowohl für LBO-Mitarbeiter wie BO-Mitarbeiter um Leistungen mit gleicher Zwecksetzung handelte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die der zwingenden Mitbestimmung entzogenen Vorgaben des Arbeitgebers bei der Gewährung freiwilliger Leistung sind auch insoweit zu berücksichtigen, als der Arbeitgeber trotz gleicher Zwecksetzung der Leistungen unterschiedliche Entgeltsysteme auf einzelne Gruppen von Arbeitnehmern anwendet Dies gilt jedenfalls wenn für den vorliegenden Fall, in dem unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Arbeits- und Vergütungsbedingungen für die nach § 613 a BGB übernommenen Arbeitnehmer anders ausgestaltet sind als die der Arbeitnehmer der Beklagten. Genauso wie die Arbeitgeberin durch Betriebsvereinbarung freiwillige Leistungen gegenüber bestimmten Mitarbeitern oder Mitarbeitergruppen im Wege kollektiver Regelungen begründen kann, muss sie sich hiervon auch wieder lösen können.

Die vom Bundesarbeitsgericht für den von ihm zu entscheidenden Fall erwähnte "gewisse überschießende Wirkung" der Nachwirkung auch des mitbestimmungsfreien Teils einer freiwilligen teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung ist nach Sinn und Zweck des § 77 Abs. 6 nur dann gerechtfertigt, wenn es dabei um ein vom Arbeitgeber auch tatsächlich freiwillig zur Verfügung gestelltes Verteilungsvolumen geht.

Dies ist indessen für die von ihm für die BO-Mitarbeiter gewährte Jahressonderzahlung nicht der Fall. Diese beruhte vielmehr auf individualrechtlicher, vertraglicher Grundlage, mag diese auch betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet gewesen sein. In Ziffer 8 der Gehaltsordnung heißt es insoweit, dass "Änderungen und Ergänzungen" der Gehaltsordnung "nach näherer Maßgabe der Nr. VI 2 der Arbeitsordnung vom 01.09.1992" vorbehalten ist. Selbst wenn man auf Grund dieses Vorbehalts die Regelung in der Gehaltsordnung als betriebsvereinbarungsoffen ansieht - wovon offenbar beide Parteien ausgehen - hat das vom Betriebsrat mit Schreiben vom 30.07.1999 an die Beklagte gerichtete Begehren, über die Verteilung einer Jahressonderzahlung insgesamt zu verhandeln, zunächst keinen Einfluss darauf, dass zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 am 30.09.1999 die Jahressonderzahlung für die BO-Mitarbeiter auch weiterhin auf individualrechtlicher Grundlage beruhte und noch nicht in eine kollektive Vereinbarung transformiert worden ist. Zum gleichen Ergebnis gelangt man dann, wenn man in der lediglich auf die LBO-Mitarbeiter bezogenen Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 zugleich hinsichtlich der BO-Mitarbeiter wie die Beklagte eine (konkludente) Regelungsabrede sieht, die jedenfalls zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 mangels Kündigung nach § 77 Abs. 5 BetrVG fortbestanden hat.

2. Ein Anspruch des Klägers auf eine Jahressonderzahlung in Höhe der den BO-Mitarbeitern weitergewährten Jahressonderzahlungen auf Grund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar hat der Kläger vorliegend die Differenzierung der Vergütungssysteme für LBO-Mitarbeiter und BO-Mitarbeiter beanstandet, er hat jedoch selbst vorgetragen, dass die Vergütung für die BO-Mitarbeiter insgesamt ungünstiger ist als die der nach Beamtenrecht eingestellten LBO-Mitarbeiter. Insbesondere ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die LBO-Mitarbeiter im Unterschied zu den BO-Mitarbeitern eine Altersversorgung und eine Vergütung wie Landesbeamte des Landes NRW erhalten. Angesichts dieser unterschiedlichen, Entgeltsysteme, wobei das für den Kläger geltende System unstreitig erheblich günstiger ist als das für BO- Mitarbeiter, kann daher in dem Wegfall der Jahressonderzahlung seit dem Jahr 1999 keine sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung des Klägers gegenüber den BO - Mitarbeitern gesehen werden.

Zudem ist der Unterschied in den Vergütungssystemen schon deshalb sachlich begründet, weil die Gruppe der LBO-Mitarbeiter nach § 613 a BGB übernommen worden ist und schon aus diesem Grund Vergütung nach einem anderen Entgeltsystem erhalten hat. Bestehen aus sachlich gerechtfertigten Gründen unterschiedliche Vergütungssysteme im Betrieb, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die weitere Entwicklung dieser Systeme im Verhältnis zueinander nicht Gegenstand der Überprüfung nach den Maßstäben innerbetrieblicher Entgeltgerechtigkeit (BAG vom 14.08.2001 - 1 AZR 619/00 - NZA 2002, Seite 276). Darüber, dass die Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 hinsichtlich der LBO-Mitarbeiter andere und zum Teil geringere Jahressonderzahlungen vorsieht, als für die BO-Mitarbeiter, ist - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - durch den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 26.08.1997 - 12 BV 237/96 - rechtskräftig entschieden, weil insoweit der Antrag des Betriebsrats auf Feststellung, dass die Betriebsvereinbarung über die Jahressonderzahlung unwirksam ist, im Wesentlichen - bis auf die Ziffer 2.2 - zurückgewiesen worden ist, ohne dass vom Betriebsrat hiergegen Rechtsmittel eingelegt worden wären. Damit steht rechtskräftig fest, dass die BV Jahresonderzahlung vom 13.11.1996 - bis auf die Regelung in Z.2.2 - rechtswirksam war. Macht der Betriebsrat in einem Beschlussverfahren die Wirksamkeit oder die Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung geltend, so bindet die Entscheidung über einen solchen Antrag auch den Arbeitgeber und die betroffenen Arbeitnehmer im Verhältnis zueinander (vgl. BAG vom 17.08.1999 - 3 ABR 55/98 - EzA § 1 BetrVG Betriebsvereinbarung Nr. 2, BAG vom 17.02.1992 - 10 AZR 448/91 - EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 59). Die mit einer solchen Entscheidung verbundene Präklusion schließt es aus, dass der Arbeitnehmer im Verhältnis zum Arbeitgeber erneut die Frage aufwerfen kann, ob die Regelungen der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung für die LBO-Mitarbeiter im Verhältnis zu den BO-Mitarbeitern gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Dies macht der Kläger letztlich auch nicht geltend. Er verlangt nämlich nicht eine Jahressonderzahlung von 100 % wie bei den BO-Mitarbeitern statt 75 % eines Bruttomonatsgehalts und verlangt damit nicht den sich aus der unterschiedlichen Behandlung der beiden Arbeitnehmergruppen ergebenden Differenzbetrag.

3. Der Anspruch des Klägers kann - nach wirksamer Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 - auch nicht auf die zuvor geltende Betriebsvereinbarung "Lohn- und Gehaltsregelung" vom 01.04.1981 gestützt werden. Diese Betriebsvereinbarung ist durch die Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 rechtswirksam abgelöst worden. Auch wenn eine Betriebsvereinbarung im Zuge eines Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 zum individualrechtlichen Inhalt des Arbeitsverhältnisses wird, ist sie vor der Ablösung durch eine spätere Betriebsvereinbarung nicht in weiterem Umfang geschützt, als wenn sie kollektivrechtlich weitergelten würde; im Verhältnis zur neuen Betriebsvereinbarung gilt nicht das Günstigkeits-, sondern das Ablösungsprinzip (BAG vom 14.08.2001 - 1 AZR 619/00 - AP Nr. 14 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung).

Da die Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 somit unter Beachtung der Jahresfrist des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB die Betriebsvereinbarung für den Bereich des T R aus dem Jahre 1981 wirksam ablösen konnte, können Ansprüche des Klägers auch nicht aus einer Weitergeltung dieser Betriebsvereinbarung abgeleitet werden.

Die Berufung war nach allem mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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