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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 11.08.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 1323/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
Das Recht, sich auf einen Betriebsübergang zu berufen, ist nicht verwirkt, wenn ein Arbeitnehmer zunächst fristgerecht gegen die Kündigung des Betriebsveräußerers, die dieser wegen Betriebsstilllegung ausgesprochen, geklagt hat und nach Obsiegen Ansprüche gegen den Betriebserwerber stellt.
Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.04.2007 - 6 Ca 6794/06 wird teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2004 ein Arbeitsverhältnis auf der Basis der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Firma S A Germany Limited besteht.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch darüber, ob zwischen ihnen infolge eines Betriebsübergangs zum 01.01.2004 der mit dem vorigen Arbeitgeber des Klägers geschlossene Arbeitsvertrag weiterhin gilt.

Der Kläger war zunächst bei der A D International Germany Ltd. (im Folgenden SAL) als Fluggastkontrolleur beschäftigt. Grundlage war zunächst der befristete Arbeitsvertrag vom 27.03.2000 (Bl. 19 - 25 d. A.). Danach begann das Arbeitsverhältnis am 27.03.2000 und war befristet bis zum 26.09.2001. In § 2 des Arbeitsvertrages war die Verpflichtung enthalten, im monatlichen Durchschnitt 165 Stunden zu arbeiten. § 4 des Vertrages sah einen Zuschuss des Arbeitgebers an den Kläger für die Pflege und Instandhaltung der Dienstkleidung in Höhe von pauschal 20 DM netto pro Monat vor.

Durch Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 15.08.2001 wurde der befristete Arbeitsvertrag bei unveränderter Übernahme aller Vertragsbestimmungen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt (Bl. 25 d. A.).

Die SAL hat aufgrund eines Auftrags des Bundesinnenministers am K Flughafen, wo der Kläger als Fluggastkontrolleur tätig war, die Fluggast- und Gepäckkontrolle übernommen. Dieser Auftrag lief zum 31.12.2003 aus. Er wurde neu ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt mit Wirkung zum 01.01.2004 die Beklagte. Wegen der Beendigung des Auftrages hatte die SAL allen Arbeitnehmer, auch dem Kläger, betriebsbedingt zum 31.12.2003 gekündigt.

Wegen dieser Kündigung hat der Kläger gegen die SAL Kündigungsschutzklage erhoben. Diesbezüglich obsiegte der Kläger in zweiter Instanz durch Urteil des LAG Köln vom 01.06.2005 - 8 (4) Sa 202/05 -. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass in der Übernahme der Fluggast- und Gepäckkontrolle durch die Beklagte ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB liege. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. In verschiedenen Parallelfällen ist diese Auffassung, dass ein Betriebsübergang vorliege, in den Revisionsverfahren durch Urteile des Bundesarbeitsgericht vom 13.06.2006 bestätigt worden (siehe u. a. BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/05 -).

Durch Arbeitsvertrag vom 22.11.2003 (Bl. 29 ff. d. A.) stellte die Beklagte den Kläger als Fluggastkontrolleur mit Wirkung ab dem 15.01.2004 befristet bis zum 31.12.2004 ein. In § 2 des Arbeitsvertrag war festgehalten, dass der Kläger verpflichtet sei, im monatlichen Durchschnitt 120 Stunden zu arbeiten. In § 3 Ziff. 3 heißt es, dass als Überstunden die Arbeitszeit vergütet wird, "die über 195 Stunden pro Monat hinaus geht". Nach § 4 Ziff. 1 besteht im Kalenderjahr einen Erholungsurlaubsanspruch in einer 5-Tage-Woche von 20 Tagen.

§ 8 Ziff. 1 bestimmt, dass "alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis und solche, die mit dem Anstellungsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden".

Zwischen den Parteien besteht u. a. Streit über die Anwendbarkeit des für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW vom 02.02.2000 (abgekürzt: MTV 2000) sowie des - ebenfalls mit Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 20. März 2007 mit Wirkung vom 01.01.2006 für allgemeinverbindlich erklärten - Manteltarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe vom 08.12.2005 ( MTV 2005), beide abgeschlossen von der Gewerkschaft ver.di Landesbezirk NRW und dem Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V., Landesgruppe NRW.

Die nicht gewerkschaftlich organisierte Klagepartei vertritt die Auffassung, dass auf das Arbeitsverhältnis der MTV 2000 anwendbar sei, während die Beklagte meint, es finde statt dessen der Manteltarifvertrag für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen - in Kraft getreten zum 1.9.2005 - Anwendung.

Nach Ziff. 3.1.1 MTV 2000 ist auf den tariflichen Stunden-Grundlohn ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % ab der 174. Monatsarbeitsstunde für die Lohngruppen 2.0.1 bis 2.0.10 zu zahlen. Nach Ziff. 5.3. wird als Urlaubsgeld und Weihnachtszuwendung an die Arbeitnehmer ein Leistungszuschlag gezahlt. Das Urlaubsgeld ist nach Ziff. 5.3.1 spätestens am 15. Juni zu zahlen, die Weihnachtszuwendung ist spätestens mit der Novemberabrechnung auszuzahlen, nach Ziff. 5.3.3 beträgt der Leistungszuschlag 2,75 % je Arbeitsstunde und errechnet sich

- für die Lohngruppe 2.0.1 bis 2.0.10 von der Lohngruppe 2.0.1, Taglohn

- für die Lohngruppe 2.0.11 bis 2.0.20 von der Lohngruppe 2.0.11, Taglohn.

Nach Ziff. 9.2 MTV 2000 beträgt der Urlaub 30 Werktage und erhöht sich gemäß Ziff 9.3 MTV 2000 auf 31 Werktage nach 2 Jahren ununterbrochener Betriebszugehörigkeit, auf 32 Werktage nach 4 Jahren, nach 6 Jahren auf 34 Werktage und nach 8 Jahren auf 36 Werktage.

Ziff. 13 des MTV 2000 sieht vor, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis rückwirkend nur für einen Zeitraum von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden können.

In § 5 Ziff. 2 MTV 2005 ist ein Mindesturlaubsanspruch von mindestens 26 Werktagen vorgesehen, der sich ebenfalls nach längerer Beschäftigungsdauer erhöht; in § 8 MTV 2005 ist unter der Überschrift Besitzstandswahrung u.a. festgelegt, dass für Arbeitnehmer, deren Ansprüche sich zuvor nach MTV 2000 richteten, weiterhin uneingeschränkt die Ziffern 9.2 und 9.3 (Regelungen zur Urlaubsdauer) gelten.

Nach § 3 Z. 1 a) MTV 2005 wird ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % nunmehr erst ab der 265. Monatsarbeitsstunde gezahlt.

Nach § 9 Ziff. 1 MTV 2005 erlöschen im laufenden Arbeitsverhältnis sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits drei Monate nach Fälligkeit, sofern sie nicht vorher unter Angaben von Gründen geltend gemacht werden.

In einer Protokollnotiz zum MTV 2005 haben die Tarifvertragsparteien am 8.12.2005 festgehalten, dass das bisher im MTV 2000 tarifierte Urlaubs- und Weihnachtsgeld ab April 2006 im Stundengrundlohn enthalten ist.

Die Geltung der MTV 2000 und MTV 2005 war u.a. Diskussionsthema auf Betriebsversammlungen im ersten Halbjahr 2006 am 27.3.2006 und im zweiten Halbjahr 2006 am 27.9.2006.

Am 12.12.2006 schlossen die Beklagte und der bei ihr amtierende Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über den Rahmendienstplan. Nach dessen § 5 sind im Rahmendienstplan die Tage der möglichen Arbeitsleistung in einem Rhythmus von 7-2, 7-2, 7-3 ausgewiesen, also 7 Tage Arbeit, 2 Tage frei, 7 Tage Arbeit 2 Tage frei und alsdann 7 Tage Arbeit und 3 Tage frei.

Mit der Klage hat der Kläger zum einen eine Reihe von Zahlungsansprüchen basierend auf den tarifvertraglichen Bestimmungen sowie auf den ursprünglich mit der Firma SAL geschlossenen Arbeitsvertrag geltend gemacht; zum anderen hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2004 ein Arbeitsverhältnis bestehe, dessen Ausgestaltung auf den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Firma SAL beruhe. Durch Urteil vom 05.04.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die Feststellungsklage unbegründet sei, weil nicht von einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB ausgegangen werden könne. Zudem habe der Kläger ein mögliches Recht, sich auf einen Betriebsübergang berufen zu können, verwirkt, denn er habe zunächst nur gegen die Firma SAL Klage erhoben und gegenüber der Beklagten erst zweieinhalb Jahre später Ansprüche erhoben.

Die Zahlungsansprüche seien nicht begründet, weil nicht mehr der MTV 2000 oder der MTV 2005 Geltung hätten, sondern der Manteltarifvertrag für die Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen gelte.

Gegen dieses ihm am 02.08.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.08.2007 Berufung einlegen und diese am 27.09.2007 begründen lassen.

Nachdem sich die Parteien im Berufungsverfahren durch Teilvergleich vom 21.07.2008 über die Zahlungsansprüche sowie über die Geltung der Tarifverträge verglichen haben, ist zwischen ihnen im Berufungsverfahren allein noch streitig, ob Basis der arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien weiterhin der mit der Firma SAL geschlossene Arbeitsvertrag ist und ob dieses Arbeitsverhältnis bereits seit dem 01.01.2004 mit der Beklagten bestanden hat.

Hierzu bringt der Kläger vor, dass im vorliegenden Fall eindeutig ein Betriebsübergang vorgelegen habe. Die Beklagte nutze die von der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung gestellten technischen Geräte und Anlagen, um die Personenkontrolle am Flughafen K weiterhin durchzuführen. Die Kontrolltätigkeit habe sich nicht geändert und knüpfe nahtlos an die vorherige Tätigkeit, die der Kläger für die Firma SAL erbracht habe, an. Weil die Beklagte versucht habe, eine Anwendbarkeit des § 613 a BGB zu vermeiden, habe sie teilweise neue Arbeitsverträge mit den Mitarbeitern nicht zum 01.01.2004, sondern, wie auch im Fall des Klägers, erst zum 15.01.2004 abgeschlossen. Die Ansprüche seien auch nicht verwirkt. Der Kläger habe fristgerecht Kündigungsschutzklage gegenüber der Kündigung der Firma SAL erhoben. Die Firma SAL habe die Beklagte kontinuierlich über die anhängig gewordenen Kündigungsschutzklagen und deren Ergebnis informiert. Sie habe deshalb von Anfang an damit rechnen müssen, dass die Arbeitnehmer im Obsiegensfall auch Ansprüche gegen die Beklagte stellen würden. Es könne dem Kläger auch nicht zum Nachteil gereichen, dass er mit der Geltendmachung von Ansprüchen abgewartet habe bis das Bundesarbeitsgericht in den Parallelfällen durch Urteile im Juni 2006 bestätigt habe, dass ein Betriebsübergang vorliege.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2004 ein Arbeitsverhältnis besteht, dessen Ausgestaltung auf den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Firma S A Germany Ltd. beruht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung im noch streitgegenständlichen Umfang kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, ein Betriebsübergang liege nicht vor. Diesbezüglich habe der Kläger seine Rechte auch verwirkt. Basis des Arbeitsverhältnisses sei daher allein der Anstellungsvertrag der Parteien vom 22.12.2003, der einen monatlichen Stundenumfang von 120 Stunden habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, ist in dem noch streitgegenständlichen Umfang begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass Basis seines seit dem 01.01.2004 mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses der mit der Firma SAL geschlossene Arbeitsverhältnis ist, der 165 monatliche Arbeitsstunden und deren Vergütung zum Gegenstand hat.

1. Der Antrag ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Hinsichtlich der Frage, welcher Arbeitsvertrag gilt, folgt dieses Feststellungsinteresse bereits aus dem Umfang der Arbeits- und Vergütungspflicht, die in dem Vertrag mit der Firma SAL einerseits und dem Vertrag mit der Beklagten andererseits unterschiedlich geregelt sind. Angesichts der Tatsache, dass der Vertrag der Firma SAL eine Arbeits- und Vergütungspflicht für 165 Stunden pro Monat vorsieht, während der Arbeitsvertrag, der mit der Beklagten geschlossen worden ist, lediglich 120 Stunden vorsieht, liegt ein Streit über die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses vor, der zu einem entsprechenden Feststellungsinteresse führt.

Ein solches ist auch gegeben hinsichtlich des Beginns des Arbeitsverhältnisses. Denn angesichts der Tatsache, dass verschiedene tarifliche Ansprüche, insbesondere die Dauer des Urlaubs von der ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit abhängen, besteht ein legitimes Interesse des Klägers daran, feststellen zu lassen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bereits seit dem 01.01.2004 bestand und folglich keine Unterbrechung zu dem vorangegangenem Arbeitsverhältnis mit der Firma SAL stattgefunden habe.

2. Der Feststellungsantrag ist auch in der Sache begründet. Denn im vorliegenden Fall hat ein Betriebsübergang stattgefunden, so dass Basis des Arbeitsverhältnisses der Parteien weiterhin der mit der Firma SAL geschlossene Arbeitsvertrag ist.

a. Ein Betriebsübergang i. S. d. § 613 a BGB liegt vor. Die Übernahme des Auftrags zur Fluggast und Gepäckkontrolle am Flughafen K erfüllt den Tatbestand eines Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB (s. BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/05 - NZA 2006, 1101 ff.).

Neue Tatsachen, die dieses Ergebnis im vorliegenden Fall infrage stellen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Beim Betriebsübergang kommt es nicht auf die eigenwirtschaftliche Nutzung der sächlichen Betriebsmittel und auf die Übernahme von Personal an. Entscheidend ist, dass die wirtschaftliche Einheit übernommen und die Kontrolltätigkeit unverändert und ohne zeitliche Unterbrechung fortgeführt worden ist (s. BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/05 - NZA 2006, 1101 ff.).

Ein Betriebsübergang liegt daher vor.

b. Der Kläger hat das Recht, sich auf einen Betriebsübergang zu berufen, nicht verwirkt. Weder ein Zeitmoment noch ein Umstandsmoment liegen vor. Insbesondere kann allein aus der Tatsache, dass der Kläger erst im Juni 2006 Ansprüche gegen die Beklagte erhoben hat, nicht auf ein entsprechendes Umstandsmoment geschlossen werden, denn daraus konnte die Beklagte redlicherweise nicht schließen, dass der Kläger ihr gegenüber sich nicht mehr auf einen Betriebsübergang berufen würde.

In diesem Zusammenhang kann dem Kläger nicht vorgehalten werden, zunächst die rechtskräftige Entscheidung seines Kündigungsrechtsstreits abgewartet zu haben. Dieser fand sein Ende erst durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 01.06.2005.

Darüber hinaus kann dem Kläger nicht als Umstandsmoment vorgehalten werden, auch abgewartet zu haben, bis das Bundesarbeitsgericht in den Parallelfällen zum Vorliegen eines Betriebsübergangs Stellung genommen hatte. Aus dem Umstand, dass der Kläger nicht vor der Verkündung der entsprechenden Urteil des Bundesarbeitsgerichts tätig geworden ist, konnte die Beklagte nicht die Erwartung ableiten, wegen des Betriebsübergangs vom Kläger nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Es lag vielmehr auch im prozessökonomischen Interesse der Beklagten, zunächst die höchstrichterliche Klärung abzuwarten.

Es kommt hinzu, dass nach dem detaillierten Vortrag des Kläger die Beklagte durch die Firma SAL über die angestrengten Kündigungsschutzverfahren informiert worden ist. Diesen ins Einzelne gehenden Vortrag hat die Beklagtenseite nicht substantiiert bestritten. Angesichts all dessen kann keine Verwirkung angenommen werden.

c. Aus dem Betriebsübergang folgt, dass die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB in den mit der Firma SAL abgeschlossenen Arbeitsvertrag eingetreten ist. An diesen Arbeitsvertrag ist die Beklagte gebunden. Er sieht insbesondere vor, dass die Arbeitszeit 165 Stunden beträgt. Dabei ist die zusätzliche Angabe in § 2 des Arbeitsvertrages, wonach im "monatlichen Durchschnitt" 165 Stunden zu arbeiten sind, rechtsunwirksam. Denn eine solche Vertragsklausel "im monatlichen Durchschnitt" hält der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB nicht stand (s. LAG Köln, Urteil vom 23.08.2007 - 5 Sa 490/07; LAG Köln Urteil vom 4.10.2007 - 5 Sa 945/07 -).

Eine solche Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen entgegen wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen, hier des § 615 S.1 und § 615 S. 3 BGB, wonach der Arbeitgeber das Risiko, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen und das Risiko eines Arbeitsausfalls trägt. Nach der gesetzlichen Regelung bleibt der Arbeitgeber in diesen Fällen zur Entgeltzahlung verpflichtet. Mit einer Vereinbarung, die es dem Arbeitgeber gestattet, in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls den Arbeitnehmer in geringerem Umfang einzusetzen, wird in Abweichung von der gesetzlichen Regelung ein Teil des den Arbeitgeber treffenden Wirtschaftsrisikos auf den Arbeitnehmer verlagert. Auch wenn ein Interesse des Arbeitgebers an einer flexiblen Arbeitszeitregelung bei nachfrageabhängigen Dienstleistungen anzuerkennen ist (vgl. BAG v. 07.12.2005 - 5 AZR 535/04 - AP Nr. 4 zu § 12 TzBfG), liegt hier bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vor, § 307 Abs. 2 Z.1 BGB.

Denn weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus bestehenden betrieblichen Regelungen , etwa der Führung eines Arbeitszeitkontos mit einem bestimmten Ausgleichszeitraum , ergibt sich hier, in welchem Zeitraum die durchschnittliche Zahl der Arbeitsstunden erreicht werden soll. Der Arbeitnehmer kann daher, da sich die Vergütung aus der Zahl der geleisteten Stunden ergibt, weder mit einer monatlichen noch mindestens jährlichen festen Vergütung rechnen, die er für die Planung seines privaten Lebens benötigt. Er ist auch wegen der Ungewissheit der Einsatzzeiten in der Freizeitgestaltung und in der Planung weiterer beruflicher Tätigkeiten neben der Teilzeittätigkeit bei der Beklagten beeinträchtigt.

Die arbeitsvertragliche Bestimmung "im monatlichen Durchschnitt" ist daher rechtsunwirksam.

Wird die unzulässige, weil zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führende Vereinbarung einer monatlichen Durchschnittsarbeitszeit herausgestrichen, so ist zu prüfen, ob die restliche Regelung nach dem "blue-pencil-Test" verständlich und wirksam ist (s. BAG, Urteil vom 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - zitiert nach juris; BAG; Urteil vom 21.04.2005 - 8 AZR 425/04 - AP Nr. 3 zu § 307 BGB).

Zwar kommt nach § 306 Abs. 2 BGB die geltungserhaltende Reduktion einer Vertragsklausel nicht in Betracht. Davon zu unterscheiden ist aber nach der vorzitierten Rechtsprechung des BAG, wenn eine Klausel teilbar ist und die verbleibende Regelung bei Streichung des unwirksamen Teils aus sich heraus verständlich bleibt. Dabei ist maßgeblich, ob mehrere sachliche Regelungen in der Klausel enthalten sind und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen (s. BAG, Urteil vom 02.03.2008 - 10 AZR 152/07 - zitiert nach juris).

Eine solche Teilbarkeit der Klausel ist hier gegeben, da die Festlegung von 165 Arbeitsstunden pro Monat eine abtrennbare und Sinn machende Vereinbarung ist.

Es verbleibt daher eine arbeitsvertragliche Festlegung von 165 abzurufenden und zu vergütenden Arbeitsstunden pro Monat.

d. Dieser mit der Firma SAL geschlossene Vertrag ist durch den später mit der Beklagten geschlossenen Vertrag nicht aufgehoben worden. Bereits der Wortlaut des später mit der Beklagten geschlossenen Vertrages lässt nicht erkennen, dass die Parteien beabsichtigt hätten, den vorher mit der Firma SAL bestehenden Vertrag aufzuheben. Der mit der Beklagten geschlossene Vertrag lässt an keiner Stelle eine Bezugnahme auf den früheren Vertrag erkennen. Angesichts dessen kann auch im Hinblick auf § 305 c Abs. 2 BGB nicht davon ausgegangen werden, dass der Vertrag, den die Beklagte mit dem Kläger geschlossenen hat, eine Aufhebung des vorangegangen Vertrages bewirken sollte. Zudem hatte sich die Beklagte offenkundig auf den - unrichtigen - Standpunkt gestellt, es liege kein Betriebsübergang vor, so dass sie an den ursprünglichen Vertrag nicht gebunden sei. Angesichts dessen fehlte es auch auf Beklagtenseite bei Abschluss des Arbeitsvertrag mit dem Kläger an einem Aufhebungswillen bezüglich des vorangegangenen Vertrages.

4. Das Feststellungsbegehren hatte auch insoweit Erfolg, als es um den Bestand des Arbeitsverhältnisses bereits ab dem 01.01.2004 ging. Denn aufgrund des Betriebsübergangs bestand zwischen den Parteien bereits seit dem 01.01.2004 ein Arbeitsverhältnis.

5. Insgesamt hatte die Berufung in dem noch streitgegenständlichen Umfang Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO unter Berücksichtigung der durch Teilvergleich erledigten Ansprüche.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die rechtsgrundsätzliche Frage des Betriebsübergangs bereits durch das BAG geklärt war und kein Fall von Divergenz vorlag.

Ende der Entscheidung

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