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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.04.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 1466/08
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 65
HGB § 87
1. Ist eine Umsatzbeteiligung vereinbart und eine Vorschussvereinbarung getroffen worden, ist maßgebliche Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung vermeintlich nicht verdienter Vorschüsse die Vorschussvereinbarung.

2. Ein Anspruch setzt voraus, dass eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Abrechnung erteilt wird.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.10.2008 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob der Beklagte berechtigt war, von der von ihm an die Klägerin zu entrichtenden Nutzungsentschädigung eine 4 -%ige Umsatzbeteiligung in Höhe der Klageforderung abzuziehen.

Der Beklagte war seit dem 01.07.1989 bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Leiter des Zentrallaboratoriums des Krankenhauses K tätig. Basis hierfür war der Dienstvertrag vom 16.06.1989 (Bl. 12 ff. d. A.). Gemäß § 7 Ziffer 2 des Vertrages wurde das Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen eingeräumt. Für die Nutzung von Räumen, Einrichtungen und Personal sah § 9 Ziffer 2 des Vertrages die Zahlung einer umsatzabhängigen Nutzungsentschädigung des Beklagten an die Klägerin vor, welche quartalsweise nachschüssig an die Klägerin zu zahlen war.

Seit 1994 bestand zwischen der Klägerin und dem Kreiskrankenhaus G eine Vereinbarung, dass das vom Beklagten geführte Labor in den Bereichen "Routine II" und "Mikrobiologie" im Auftrag des Krankenhauses G Speziallaboruntersuchungen vornahm.

Mit Änderungsvertrag vom 06.07.1998 (Bl. 29 f. d. A.) vereinbarte die Klägerin mit dem Beklagten in Ziffer 4 u. a. :

"Im Rahmen der Tätigkeiten gemäß § 8 Abs. 2 d wird für Leistungen gegenüber stationären Patienten in Krankenhäusern und sonstigen Einrichtungen, die nicht zu den Kliniken der Stadt K gehören, dem Abteilungsarzt eine Umsatzbeteiligung von 4 % (vier Prozent) gewährt.

Dies gilt für solche Einrichtungen, die ab Unterzeichnung dieser Vertragsänderung neu als Einsender für das Zentrallabor gewonnen werden. Bestehende Vertragsverhältnisse mit fremden Einrichtungen ändern sich nicht."

Am 01.04.2000 schloss die Klägerin mit dem Krankenhaus G eine weitreichende Kooperationsvereinbarung auf dem Gebiet der Laborleistungen (Bl. 32 ff. d. A.). Darin war u. a. vorgesehen:

"1. Der Leiter des Zentrallabors übernimmt die Leitung des Kliniklabors in fachlicher Kooperation mit dem Chefarzt der Inneren Medizin des Kreiskrankenhauses G .

2. Die Leister des Kliniklabors sind den Mitarbeitern gegenüber einzeln oder gemeinschaftlich weisungsbefugt. Die Leister des Kliniklabors können Organisationsaufgaben und Kontrollfunktionen delegieren. (...)

7. Der Leiter des Zentrallabors liquidiert gegenüber Selbstzahlern und Privatpatienten die von ihm erbrachten Leistungen in den Bereichen Mikrobiologie, klinische Chemie M 3, die im Zentrallabor erbracht werden.

Der Chefarzt der Inneren Medizin liquidiert die M3-Leistungen, die im Kliniklabor erbracht werden.

Jeder der Chefärzte des Kreiskrankenhaus G liquidiert für sich die M2-Leistungen."

In der Folgezeit übernahm der Beklagte über seine bisherigen Aufgaben hinaus entsprechend der Kooperationsvereinbarung die Leitung des Labors in G . Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Beklagte bezüglich der im Labor G erbrachten wahlärztlichen Leistungen kein Privatliquidationsrecht vertraglich eingeräumt bekommen hatte und deshalb auch keine Privatliquidationen vorgenommen hat. Stattdessen sollte eine 4 %ige Umsatzbeteiligung gewährt werden, dessen Bemessungsgrundlage allerdings zwischen den Parteien streitig war. In einem Aktenvermerk des seinerzeitigen Leiters der Finanzen der Klägerin Herrn Dr. O (Bl. 142 d. A.) wurde diesbezüglich folgender Besprechungsinhalt festgehalten:

"Ich hatte vor diesem Hintergrund in 2001 mit Herrn Prof. K besprochen, dass er zweckmäßigerweise bis zur endgültigen Klärung der offenen Fragen zwischen ihm und der Betriebsleitung bzw. Rechtsabteilung einen fixen Betrag von DM 29.500,00 je Quartal abrechnen solle, damit ein rückwirkender Zahlungsausgleich nach erfolgter Einigung oder Klärung problemlos möglich sei. Dieser Betrag entsprach einer 4 %igen Umsatzbeteiligung auf der Basis der kalkulierten Gesamtkosten im G Kliniklabor von DM 2.950.000,00 pro Jahr und lag nach meiner Erinnerung auch in der Größenordnung der Vorquartalsabrechnungen von Herrn Prof. K ."

In der Folgezeit zog der Beklagte in jedem Quartal von der von ihm zu erbringenden Nutzungsentschädigung einen Betrag in Höhe von 15.108,68 € (= 29.500,00 DM) ab und wies dies in seinen Quartalsabrechnungen jeweils aus. Mit Schreiben vom 15.06.2001 beanstandete der Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes der Klägerin, Herr G , die Berechnung des Beklagten und führte u. a. aus (Bl. 41 f. d. A.):

"Vor diesem Hintergrund ist es für mich keinesfalls akzeptabel, einer 4 %igen Umsatzbeteiligung den G Gesamtumsatz (Kliniklabor G und Zentrallabor K ) zu Grunde zu legen. Die getroffene 4 %ige Vereinbarung wird nur Bestand haben können, wenn die Berechnungsmethode nicht so interpretiert wird, wie Sie dies tun, sondern so, dass den Interessen der Klinken der Stadt K deutlicher Rechnung getragen wird. Anderenfalls werde ich diese Vereinbarung aufkündigen oder anfechten müssen."

In der Folgezeit wurde die zuvor vom Beklagten praktizierte Verfahrensweise weiter praktiziert; der Beklagte zog pro Quartal für seine Tätigkeit in G einen Betrag von 15.108,68 € von der von ihm zu zahlenden Nutzungsentschädigung ab.

In einem Revisionsbericht aus dem Jahre 2003 (Bl. 79 ff. d. A.) hieß es, dass dem Abteilungsarzt eine Umsatzbeteiligung von 4 % eingeräumt worden sei, dass der Umfang dieses Untersuchungsaufkommens zwischen den Abteilungsarzt und der Klägerin seit langem streitig sei und dass das RPA die Klinikleitung hierzu um Stellungnahme bitte.

Im weiteren Verlauf erklärte der Beklagte einen Verjährungsverzicht mit Schreiben vom 23.12.2005 (Bl. 42 d. A.) bezogen auf Forderungen, die bis zum 31.12.2005 verjähren konnten und nicht bereits verjährt waren.

Mit Schreiben vom 09.03.2006 machte die Klägerin die Summe der vom Beklagte getätigten Abzüge geltend (Bl. 43 ff. d. A.). Mit einem weiteren Schreiben vom 09.03.2006 (Bl. 134 d. A.) wurde die Vereinbarung einer 4 %igen Umsatzbeteiligung mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum 30.06.2006 gekündigt.

Das Arbeitsgericht hat die von der Klägerin mit der Klage geltend gemachten, aus ihrer Sicht zu Unrecht erfolgten Einbehaltungen in Höhe von 378.017,00 € durch Urteil vom 16.10.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die Klage unabhängig von der Frage, ob die Parteien bei der Regelung über den Quartalsabzug in Höhe von 15.108,68 € eine entgültige Vergütungsvereinbarung oder eine vorläufige Verrechnungsabrede geschlossen hätten, jedenfalls deshalb unbegründet sei, weil die Klägerin bisher jedenfalls keine detaillierte Abrechnung, die zu einer Korrektur der bisher vorgenommenen Verrechnung hätte führen können, vorgenommen habe. Eine Verrechnungsabrede sei trotz der am 09.03.2006 vorgenommenen fristlosen und hilfsweisen fristgerechten Kündigung gültig, weil es sich bei dieser Kündigung um eine unzulässige Teilkündigung handele.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung einlegen und begründen lassen.

Zur Begründung trägt sie vor, Herr Dr. O sei nicht berechtigt gewesen, vertragliche Regelungen mit dem Beklagte zu treffen. Herr Dr. Ortwein habe mit dem Beklagte lediglich eine Absprache in Bezug auf den vorläufigen Einbehalt getroffen. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin die Umsatzzahlen für eine 4 %ige Umsatzbeteiligung des Beklagten in Bezug auf neue Einsendebereiche stets und ausschließlich vom Beklagten selbst erhalten habe. Mithin sei es das ureigene Recht, gleichzeitig aber auch die Pflicht des Beklagten gewesen, die ihm auf der Grundlage der getroffenen Absprachen zustehende Umsatzbeteiligung gegenüber der Klägerin abzurechnen. Hätte das Arbeitsgericht im Zuge der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es die Klägerseite für abrechnungspflichtig halte, hätte die Klägerseite darauf reagieren können und vorsorglich die vom Arbeitsgericht geforderte Abrechnung auf der Grundlage der von dem Beklagten zur Verfügung gestellten Zahlen vornehmen können. Bedenklich erscheine auch die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, wonach eine Umsatzbeteiligung nicht gegen § 31 Berufsordnung verstoßen solle. Ferner sei die Auffassung des Arbeitsgerichts unzutreffend, dass es sich bei der Kündigung um eine unzulässige Teilkündigung gehandelt habe. Bei der mündlich vereinbarten 4 %igen Umsatzbeteiligung habe es sich um eine gesonderte Vereinbarung gehandelt, die neben den schriftlich fixierten Arbeitsvertrag Bestand gehabt habe und die deshalb auch isoliert kündbar gewesen sei. Vorsorglich habe die Klägerin zudem eine Abrechnung erstellt (Bl. 243 d. A.), wonach der Beklagte als jährliche Umsatzbeteiligung für die Jahre 2002 bis 2006 Beträge zwischen 33,19 € und 46,77 €, insgesamt für 5 Jahre 183,17 € zu beanspruchen habe.

Mit Schriftsatz vom 02.04.2009 hat die Klägerin 19 Seiten Abrechnungsunterlagen (Bl. 273 bis 291 d. A.) überreicht. Dies sei nicht verspätet, da die Abrechnungen erst vom 18.11.2008 datierten. Die Abrechnung sei auch zutreffend, da sich die Umsatzbeteiligung nur auf zusätzlich durch den Beklagten akquiriert Umsätze im Bereich "Routine I" beziehe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.10.2008 - 11 Ca 9435/06 - den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 377.83383 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 226.747,03 € seit dem 23.12.2005, aus 15.108,68 € seit dem 17.03.2006 sowie aus 60.434,72 € seit Rechtshängigkeit sowie aus weiteren 75.443,40 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass er mit der Dr. O als Vertreter der Klägerin eine wirksame und endgültige Verrechnungsabrede getroffen habe. Herr O habe die Verhandlungen über das Vertragsverhältnis des Beklagten und die Umsatzbeteiligung stets als Beauftragter der Klägerin mit dem Beklagten geführt und sei dessen direkter Ansprechpartner gewesen. Aus Sicht des Beklagten habe es daher keinen Zweifel daran gegeben, dass Herr Dr. O berechtigt gewesen sei, mit ihm eine Vereinbarung über die Höhe seiner Vergütung zu schließen. Auch habe die Klägerin selbst sich über einen mehrjährigen Zeitraum an die getroffene Vereinbarung gehalten, so dass auch sie offensichtlich keinen Zweifel gehabt habe, dass die getroffene Vereinbarung bindend gewesen sei. Nicht akzeptiert werden könne, wenn jetzt die Klägerin geltend mache, dass der Beklagte aufgrund der Umsatzbeteiligung für 5 Jahre Arbeit als Chefarzt des Zentrallabors in G nur 183,17 € erhalten solle. Die Abrechnung könne nicht akzeptiert werden und sei verspätet. Unrichtig sei auch, dass der Beklagte und nicht die Klägerin abrechnungspflichtig sei. Denn der Beklagte verfüge nicht über die Daten bezüglich der in G angefallenen Umsätze.

Der Beklagte rügt ferner die Vorlage von Abrechnungsunterlagen durch die Klägerin als verspätet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

1. Eine Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Klägerin kann nur bestehen, wenn die Parteien anlässlich des Abschlusses der Kooperationsvereinbarung mit dem Kreiskrankenhaus G keine endgültige Verrechnungsabrede in dem Sinne getroffen habe, dass mit der quartalsweisen Abrechnung von 15.108,68 € die Ansprüche des Beklagten für die zusätzliche Tätigkeit in G endgültig ausgeglichen sein sollten.

Das Arbeitsgericht ist insoweit zugunsten der Klägerin nur von einer vorläufigen Verrechnungsabrede ausgegangen, in dem Sinne, dass der quartalsweise Abzug von 15.108,68 € als Vorschussleistung der Klägerin an den Beklagten für die Leistungen des Beklagten in G zu verstehen war.

Auch die erkennende Kammer schließt sich dieser für die Klägerin vorteilhaften Sichtweise an. Sie wird unterstrichen durch den Aktenvermerk des auf Seiten der Klägerin handelnden Herrn Dr. O , in dem es heißt, dass ein fixer Betrag von 29.500,00 DM (= 15.108.68 €) quartalsweise bis zur endgültigen Klärung der offenen Fragen abgezogen werden sollte, damit ein rückwirkender Zahlungsausgleich nach erfolgter Einigung problemlos möglich sei. Damit wird offenbar, dass eine Vorschussabrede getroffen werden sollte, dass der Beklagte bis zur endgültigen Klärung der offenen Fragen einen Fixbetrag in Höhe von 15.108,68 € als Vorschuss auf die ihm zustehende Umsatzbeteiligung, deren Einzelheiten streitig waren, erhalten sollte, dass aber eine Spitzabrechnung, die entweder zu Mehrforderungen des Beklagten oder Rückforderungen der Klägerin führen konnte, möglich bleiben sollte.

Dass Dr. O zu einer solchen Vorschussgewährung nicht berechtigt gewesen sein sollte, behauptet auch die Klägerin nicht.

2. Ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich gezahlter Vorschüsse kann sich dann nur aus der Vorschussvereinbarung ergeben. Diese beinhaltet, dass der vorschussweise geleistete Betrag mit dem Arbeitsverdienst verrechnet und ein etwaiger zur Lasten des Arbeitnehmers verbleibender Saldo von diesem ausgeglichen wird. Dies setzt voraus, dass aus dem unstreitigen oder erwiesenen Parteivortrag ersichtlich ist, dass und in welchem Umfang Vorschüsse tatsächlich nicht verdient worden sind.

Dazu ist im vorliegenden Fall eine Abrechnung durch die Klägerin erforderlich. Diese Abrechnungspflicht obliegt, wovon auch das Arbeitsgericht zu Recht ausgeht, der Klägerin. Denn die Parteien hatten unstreitig eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 4 % vereinbart, wobei allein die Berechnungsfaktoren dieser Umsatzbeteiligung im Einzelnen höchst streitig waren. Die Abrechnungspflicht folgt aus der entsprechenden Anwendung der Provisionsvorschriften gemäß § 65 HGB in Verbindung mit § 87 a HGB (siehe dazu H/W/K, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Auflage, § 65 HGB, Rz. 3) , im Übrigen aus § 259 BGB (siehe dazu Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 12. Auflage, § 76, Rz. 2).

Dagegen kann die Klägerin nicht einwenden, dass ihr die dazu erforderlichen Umsatzzahlen des Kreiskrankenhauses G nicht vorgelegen hätten. Denn da die Klägerin eine Umsatzbeteiligung zugesagt hatte, war es auch ihre Aufgabe, sich die zur Abrechnung erforderlichen Zahlen zu beschaffen. Insbesondere bot die mit dem Kreiskrankenhaus G geschlossene Kooperationsvereinbarung dazu auch hinreichende Möglichkeiten, vom Kreiskrankenhaus G diese Auskünfte zu verlangen, zumal das Jahresbudget nach Ziffer 3 der getroffenen Kooperationsvereinbarung zwischen den Partnern der Kooperationsvereinbarung einvernehmlich festzulegen war.

3. Die als "Abrechnung" erstmals mit Schriftsatz vom 02.04.2009 vorgelegten Unterlagen sind als verspätet zurückzuweisen und erfüllen im Übrigen nicht ansatzweise die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Abrechnung.

a) Die Überreichung der Abrechnungsunterlagen ist als verspätet gemäß § 67 Abs. 4 ArbGG zurückzuweisen. Nach § 67 Abs. 4 S. 1 ArbGG sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nach § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Im vorliegenden Fall hatte bereits das Arbeitsgericht in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass es an einer ordnungsgemäßen Abrechnung fehle. Andererseits waren der Klägerin die Punktezahlen, die sie nunmehr in ihren Abrechnungsunterlagen verwendet, bereits spätestens seit dem Jahr 2006 bekannt, denn die Punktezahlen, auf die die Klägerin sich jetzt stützt, waren bereits in ihrem Geltungsmachungsschreiben vom 09.03.2006 (Bl. 44 d. A.) im Einzelnen aufgeführt. So wurden für das Jahr 2002 31670 Punkte, für das Jahr 2003 25080 Punkte und für das Jahr 2004 31660 Punkte angeführt. Diese Punktewerte sind in den mit Schriftsatz vom 02.04.2009 überreichten Unterlagen ebenfalls errechnet. Hinzukommt, dass die Klägerin selbst zugesteht, dass die von ihr überreichten Abrechnungen jedenfalls am 18.11.2008 vorgenommen und damit weit vor Ende der Berufungsbegründungsfrist vorgelegen haben.

Vor diesem Hintergrund muss es als - grobes - Verschulden gewertet werden, dass diese "Abrechnung" nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, sondern erst 3 Monate später und erst 2 1/2 Wochen vor dem Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht eingereicht worden ist. Dabei ist ein etwaiges Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten der Klägerin selbst gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Eine Berücksichtigung dieses Vorbringens würde den Rechtsstreit auch verzögern, da angesichts des Umfangs der überreichten Abrechnungsunterlagen der Beklagte Gelegenheit zu einer detaillierten Stellungnahme erhalten müsste, was eine Vertagung des Rechtsstreits und dementsprechend eine Verzögerung der Erledigung bedeuten würde.

b) Unabhängig vom Vorstehenden ist der Anspruch der Klägerseite aber deshalb nicht begründet, weil die überreichten Unterlagen nicht die Mindestanforderungen einer Abrechnung einhalten. Denn es handelt sich im Wesentlichen nur um statistische Zusammenfassungen.

Kunden- und umsatzbezogene Einzelabrechnungen über die Proben einzelner Patienten und die daraus erzielten Umsätze sind nicht vorgelegt worden.

Darüber hinaus ist die Abrechnung grundlegend fehlerhaft, weil von vornherein nur Leistungen des Bereichs "Routine I" berücksichtigt worden sind.

Unstreitig ist eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 4 % vereinbart worden. Dies ergibt sich bereits aus dem Schreiben des Herrn G vom 15.06.2001, auf das die Klägerin Bezug nimmt. Denn in jenem Schreiben (Bl. 41 d. A.) heißt es ausdrücklich: "Die getroffene 4 %ige Vereinbarung (...)".

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch angenommen, dass insoweit kein Verstoß gegen die Berufsordnung gemäß § 31 BO vorliegt. Denn die getroffene Vereinbarung einer Umsatzbeteiligung sollte erkennbar den Aufwand des Beklagten im Rahmen seiner zusätzlichen Tätigkeit als Laborleiter des Kreiskrankenhauses G abdecken. Diesbezüglich ist unstreitig, dass die Klägerin dem Beklagten in Bezug auf die in G erbrachten Leistungen ein Liquidationsrecht nicht ausdrücklich eingeräumt hatte und der Beklagte ein solches auch nicht in Anspruch genommen hat. Auf der anderen Seite hatte die Klägerin keinen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, dass der Beklagte am Kreiskrankenhaus G überhaupt tätig werden musste. Der geschlossene Dienstvertrag enthält kein Versetzungsrecht, sondern legt als Dienstort das Krankenhaus in K fest.

Die Klägerin musste in Erfüllung des Kooperationsvertrages den Beklagte nach G entsenden, weil sie sich im Kooperationsvertrag verpflichtet hatte, ihren jeweiligen Leiter des Zentrallabors mit der Aufgabe der Leitung des Labors in G zu betrauen. Mit der zusätzlichen Aufgabe hatte der Beklagte auch eine erhebliche zusätzliche Verantwortlichkeit übernommen. Denn er war gegenüber den Mitarbeitern des Labors in G gemäß Ziffer 2 des Kooperationsvertrages weisungsbefugt und hatte die Personalhoheit. Ziffer 4 des Kooperationsvertrages sah eine erhebliche Verantwortlichkeit vor, insbesondere hatte der Leiter des Zentrallabors sicherzustellen, dass die von den Abteilungen des Kreiskrankenhauses benötigten Leistungen in der für den einzelnen Bereich festgelegten Form zeitlich und qualitativ angemessen erbracht wurden.

Gemäß Ziffer 5 der Kooperationsvereinbarung hatte der Beklagte zudem die gesamte Betriebsverantwortung. Schließlich hatte die Klägerin ganz erhebliche Vorteile durch den Kooperationsvertrag. Sie erhielt durch den Kooperationsvertrag unmittelbaren Zugriff auf das Kliniklabor des Kreiskrankenhauses G und damit zentrale Steuerungsrechte. Gemäß Ziffer 5 der Kooperationsvereinbarung ging zudem das Labor mit allen Geräten und Materialien in G über, ohne dass das Kreiskrankenhaus hierfür eine Vergütung erhielt. Wenn auch der Umfang der zeitlichen Belastungen, die dadurch für den Beklagten entstanden, im Einzelnen streitig ist, so ist andererseits unübersehbar, dass durch die zusätzliche Arbeitsaufgabe und Verantwortlichkeit des Beklagten wie durch die räumliche Entfernung bedingte Erschwernis die Klägerin redlicher Weise nicht erwarten konnte, dass der Beklagte all dies ohne zusätzliche Vergütung erbringen würde. Vor diesem Hintergrund ist die abgeschlossene Umsatzvereinbarung auszulegen.

Eine Vereinbarung der Beschränkung der gewollten 4 %igen Umsatzbeteiligung allein auf die Umsätze des Bereichs "Routine I" ist nicht zu erkennen. Dagegen spricht bereits der Umfang des gewährten Vorschusses von über 15.000,00 € pro Quartal, also insgesamt ca. 60.000,00 € pro Jahr. Wäre die Annahme der Klägerin richtig, das als Bemessungsgrundlage allein der Bereich "Routine I" zugrunde zu legen wäre, so dass sich ein jährliches Entgelt aus der Umsatzbeteiligung in Höhe zwischen 25,00 und 33,00 € pro Jahr ergeben hätte, hätte es keinen Anlass gegeben, über Jahre Vorschüsse durch Verrechnungen in Höhe von mehr als 60.000,00 € pro Jahr zuzulassen und hiergegen nicht energisch einzuschreiten.

Entscheidend dafür, dass tatsächlich kein Beschränkung der Umsatzbeteiligung auf die Umsätze des Bereichs "Routine I" erfolgen sollte, sondern der durch die Kooperation neu hinzugewonnene Gesamtumsatz des Kreiskrankenhauses G die Berechnungsgrundlage sein sollte, ist das von der Klägerin in Bezug genommene Schreiben des Leiters des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes der Klägerin, Herrn G , vom 15.06.2001 (Bl. 41 d. A.). In diesem Schreiben heißt es:

"Die getroffene 4 % Vereinbarung wird nur Bestand haben können, wenn die Berechnungsmethode nicht so interpretiert wird, wie Sie dies tun, sondern so, dass den Interessen der Kliniken der Stadt K deutlicher Rechnung getragen wird. Anderenfalls werde ich diese Vereinbarung aufkündigen oder anfechten müssen."

Durch diese Formulierung wurde unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Klägerin sehr wohl eine 4 %ige Umsatzbeteiligungsvereinbarung getroffen hatte, diese aber nur bestehen lassen wollte, wenn die Berechnungsmethode geändert werde, um damit den Interessen der Kliniken der Stadt K deutlicher Rechnung zu tragen. Damit war deutlich gemacht, dass das Begehren der Klägerin auf eine Änderung der im Vorjahr getroffenen Vereinbarung abzielte. Dies wird auch an dem weiteren Satz deutlich, dass "anderenfalls", also dann, wenn sich der Beklagte auf eine andere Berechnungsmethode sich nicht einlassen würde, man sich gezwungen sehe, "diese Vereinbarung" aufzukündigen oder anzufechten. Damit wurde die Ausübung von Gestaltungsrechten angedroht, die auf eine Änderung der getroffenen Vereinbarung abzielten.

Inzidenter hat die Klägerin damit zugleich deutlich gemacht, dass sie selbst davon ausging, sich nicht ohne die Ausübung von Gestaltungsrechten aus der von ihr als ungünstig empfundenen Berechnungsweise lösen zu können, und dass ohne Kündigung oder Anfechtung die bisherige Vereinbarung Bestand haben würde. Obwohl die Klägerin damit bereits im Jahre 2001 eingeräumt hatte, dass eine Beschränkung der Umsatzbeteiligung auf den Bereich "Routine I" eine Anfechtung oder Kündigung der getroffenen Vereinbarung voraussetzen würde, hat sie in den folgenden fast 5 Jahren weder eine Anfechtung erklärt, noch eine Kündigung ausgesprochen. Erst im Jahr 2006 mit Schreiben vom 09.03.2006 (Bl. 134 d. A.) hat die Klägerin eine Kündigung ausgesprochen. Der Wortlaut der Kündigungserklärung unterstreicht, dass die Parteien sich über eine umfassende Umsatzbeteiligung verständigt hatten. Denn es heißt in der Kündigung (Bl. 134 d. A.):

"Hiermit kündigen wir die mit Ihnen getroffene Vereinbarung einer 4 %igen Umsatzbeteiligung für Leistungen gegenüber stationären Patienten in Krankenhäusern und sonstigen Einrichtungen, die nicht zu den Kliniken der Stadt K gGmbH gehören, mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum 30.06.2006."

Der Wortlaut des Kündigungsschreibens macht deutlich, dass eine "getroffene Vereinbarung einer 4 %igen Umsatzbeteiligung für Leistungen gegenüber stationären Patienten in Krankenhäusern und sonstigen Einrichtungen, die nicht zu den Kliniken der Stadt K gGmbH gehörten" vorlag und deren Kündigung erfolgen sollte. Durch diese Formulierung wird deutlich, dass es die getroffene Vereinbarung einer 4 %igen Umsatzbeteiligung für Leistungen an nicht in den Kliniken der Stadt K gGmbH stationär behandelten Patienten tatsächlich gab, und dass es auch aus Sicht der Klägerin erst einer Kündigung bedurfte, um diese Vereinbarung zu beenden.

Wäre überhaupt keine Vereinbarung über eine Umsatzbeteiligung bezogen auf die Umsätze des G Krankenhauses zustande gekommen, oder wäre eine solche, wie die Klägerin an anderer Stelle vorgetragen hat, rechtsunwirksam, dann wäre, da die zusätzliche Tätigkeit des Beklagten in G nur gegen Vergütung erwartet werden konnte, gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Dies wäre aber angesichts des im Übrigen praktizierten Vertragsverhältnisses der Parteien das Recht der Beklagten zur Privatliquidation gewesen, dass - nach den nicht bestrittenen Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 20.04.2009 - zu erheblich höheren Einnahmen im Vergleich zu den getätigten Abzügen geführt hätte.

c) Die Klägerin konnte sich von der getroffenen Vereinbarung einer 4 %igen Umsatzbeteiligung auch nicht durch die vorliegend erklärte Kündigung vom 09.03.2006 lösen. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass vorliegend eine unzulässige Teilkündigung ausgesprochen worden ist.

Festzuhalten ist, dass eine zusätzlich zum Gehalt gewährte Umsatzbeteiligung keine widerrufbare Sonderleistung ist, sondern Teil des Entgelts für die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung (siehe BAG, Urteil vom 08.09.1998 - 9 AZR 223/97 -, NZA 1999, S. 420).

Will ein Arbeitgeber das Vergütungsgefüge ändern, kann er bei Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen eine Änderungskündigung aussprechen. Eine Teilkündigung ist hingegen grundsätzlich unzulässig. Sie ist ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn einem Vertragspartner das Recht hierzu durch Vertrag vorbehalten oder durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag eingeräumt ist, oder wenn sich das Gesamtvertragsverhältnis aus mehreren selbstständigen voneinander unabhängigen Teilen zusammensetzt (siehe BAG, Urteil vom 14.11.1990 - 5 AZR 509/89 -, AP Nr. 25 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag).

Im vorliegenden Fall ist eine Teilkündigung weder im Vertrag selbst noch durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung vorbehalten worden. Es handelt sich auch nicht um selbstständige voneinander unabhängige Vertragsteile. Zwar wird erwogen, eine Teilkündigung von Nebenabreden wegen veränderter Umstände zuzulassen (siehe Kalb in Festschrift für Wolfdieter Küttner, S. 309 ff., 324). Im vorliegenden Fall sind jedoch nicht Nebenabreden, sondern die Hauptleistungspflichten betroffen, nämlich die Vergütung für eine zusätzlich vom Beklagten erbringende Arbeitsleistung. Zudem liegen auch keine veränderten Umstände vor, die eine Kündigung rechtfertigen könnten. Denn die Kooperationsvereinbarung und damit die Tätigkeit des Beklagten als verantwortlicher Leiter des Zentrallabors in G hat über den gesamten Zeitraum, für den die Klägerin Rückforderungsansprüche geltend macht, bestanden.

Veränderte Umstände und damit Gründe, die eine Kündigung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

4. Insgesamt konnte die Berufung der Klägerin daher keinen Erfolg haben. Sie musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden. Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern auf eine Anwendung höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze beruhte.

Ende der Entscheidung

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