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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 15.06.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 179/09
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 106
Die Grenzen des billigen Ermessens gemäß § 106 GewO bei der Festlegung der Arbeitszeit sind überschritten, wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeit in unzumutbarer Weise stückeln und durch zu lange unbezahlte Pausen unterbrechen will.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.12.2008 - 4 Ca 3747/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Arbeitsanordnung der Beklagten an den Kläger, sonntags zusätzliche Arbeiten zu verrichten.

Der am 03.12.1963 geborene Kläger war seit dem 01.05.1985 bei der Beklagten als Organist/Chorleiter beschäftigt. Der Beschäftigungsumfang betrug zunächst 12,5 % einer Vollzeitkraft, also 5 Wochenstunden. Gemäß Nachtragsvertrag vom 02.10.1987 wurde der Beschäftigungsumfang auf 37,5 % erhöht; gemäß Vereinbarung vom 02.09.1998 wurde der Beschäftigungsumfang alsdann auf 32,5 Wochenstunden erhöht. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages findet die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung auf das Arbeitsverhältnis.

Mit Schreiben vom 27.09.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betrieblichen Gründen zum 31.03.2007 und bot ihm zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu der Bedingung an, dass der Kläger ab dem 01.04.2007 nur noch 13 Stunden wöchentlich als Kirchenmusiker arbeiten und in den verbleibenden 19,5 Wochenstunden in der Pfarrei Küsterdienste übernehmen sollte. Damit verbunden war die Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe gemäß § 43 Abs. 2 KAVO. Der Kläger hat die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln vom 05.06.2008 steht fest, dass die Änderungskündigung rechtsunwirksam war.

Eine weitere Änderungskündigung sprach die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2008 (Bl. 13 d. A.) aus. Auch diese Änderungskündigung hat der Kläger unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung angenommen und Änderungskündigungsschutzklage erhoben.

Unter Hinweis auf verschiedene Dienstpläne (Bl. 17, 19, 20 - 22 d. A.) trägt der Kläger vor, die darin enthaltene Anweisung der Beklagten, an jedem Sonntag im Zeitraum von 18.00 Uhr - 19.30 Uhr Küsterdienste zu leisten, entspreche nicht billigem Ermessen und habe allein den Zweck, den Kläger zu schikanieren. Die Beklagte bezwecke damit, den Kläger von zuvor gestatteten Nebentätigkeiten abhalten zu können. In der Berufsgruppe der Kirchenmusiker sei es allgemein üblich, allein schon zur Erweiterung der eigenen Fähigkeiten neben der Hauptbeschäftigung weitere konzertante Tätigkeiten auszuüben. Diese Konzerte fänden traditionell im Zeitraum Sonntagnachmittag bis Sonntagabend statt. Eine eigene betriebliche Notwendigkeit für den Sonntagabenddienst bei der Beklagten bestehe nicht.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die wöchentliche Einteilung des Klägers zu Küstertätigkeiten an jedem Sonntag, an dem kein abendlicher öffentlicher Gottesdienst stattfindet, von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr nicht billigem Ermessen entspricht und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger nicht zu Küstertätigkeiten an Sonntagnachmittagen, an denen kein abendlicher öffentlicher Gottesdienst stattfindet, im Zeitraum 13.00 Uhr bis 24.00 Uhr nach Dienstplan einzuteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat darauf verwiesen, der Kläger sei verpflichtet, Sonntagsarbeit zu übernehmen. Der weitere bei der Beklagten beschäftigte Küster, Herr N könne die Sonntagsarbeiten nicht erledigen, da er vorwiegend für handwerkliche Arbeiten gebraucht würde und diese werktags anfielen.

Durch Urteil vom 08.12.2008 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die wöchentliche Einteilung des Klägers zu Küstertätigkeiten an jedem Sonntag, an dem kein abendlicher öffentlicher Gottesdienst stattfindet, von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr nicht billigem Ermessen entspricht, und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat nur die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründen lassen.

Die Beklagte bringt vor, die Anordnung von Küsterdiensten an jedem Sonntag, an dem kein abendlicher öffentlicher Gottesdienst stattfinde in der Zeit von 18.00 - 19.30 Uhr, entspreche billigem Ermessen. Die Anordnung habe weder den Zweck, den Kläger zu schikanieren, noch ihn von Nebentätigkeiten abzuhalten. Vielmehr bestehe eine eigene betriebliche Notwendigkeit für den Sonntagabenddienst. Die vom Kläger zu erbringenden Leistungen bestünden im Abschließen der Kirche um 18.00 Uhr, im Aufräumen der Kirche, Weglegen der Messgewänder und dem Läuten der Glocke um 19.00 Uhr, einem abschließenden Kontrollgang sowie dem Einschalten der Alarmanlage. Aus der KAVO und dem Arbeitsvertrag des Klägers ergebe sich, dass der Kläger auch Sonntagsarbeit leisten müsse. Zwar bestehe im vorliegenden Fall die Besonderheit darin, dass die Beklagte dem Kläger sonntags geteilten Dienst zuweise, nämlich morgens von 8.30 Uhr bis 13.00 Uhr als Küster und Kirchenmusiker und abends in der Zeit von 17.30 Uhr bis 19.30 Uhr als Küster. Diese Aufteilung der Arbeitszeit sei der Natur der Arbeitsaufgabe geschuldet. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass aus § 12 Abs. 1 S. 4 TzBfG folge, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger jeweils für mindestens 3 aufeinanderfolgende Stunden Arbeit zuzuweisen. Denn das Arbeitsgericht habe übersehen, dass vorliegend keine "Arbeit auf Abruf" im Sinne des § 12 TzBfG vorliege. Es handele sich auch nicht um eine variable Arbeitszeitvereinbarung, sondern um eine feste Lage der Arbeitszeit am Sonntag. Auf derartige Fälle sei § 12 TzBfG nicht anwendbar. Die Stückelung der Arbeitszeit führe auch nicht zu einer unangemessenen Belastung des Klägers, zumal dieser in der Nähe des Arbeitsplatzes wohne. Unzutreffend verweise das Arbeitsgericht in seinem Urteil die Beklagte auf den Einsatz des weiteren Küsters Herrn N oder auf den Einsatz einer weiteren notfalls einzustellenden Ersatzkraft. Der Küster Herr N habe sonntags dienstfrei. Er müsse alle handwerklichen Arbeiten übernehmen, die der Kläger nicht ausführen könne und wolle. Dass Herr N in der Vergangenheit sonntags in der Minoritenkirchen Küsterdienste geleistet habe, ändere daran nichts. Er tue dies freiwillig und aufgrund einer gesonderten Vereinbarung mit der dortigen Pfarrei. Diese Tätigkeit sei beendet.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln - 4 Ca 3747/08 - vom 08.12.2008 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte habe sich erstinstanzlich u. a. darauf zurückgezogen, dass der weitere Küster, Herr N an Sonntagen aufgrund anderweitiger Küsterarbeit in einer anderen Gemeinde nicht für die Beklagte zur Verfügung stehe. Nun trage die Beklagte vor, dass der Küster N in der Minoritenkirche Küsterarbeiten nicht mehr wahrnehme. Gleichwohl sei die Beklagte nicht auf die Idee gekommen, den sonntäglichen Schließ- und Ausläutdienst auf beide Arbeitnehmer, die Küsterarbeiten verrichten, zu verteilen. Hinzu komme, dass Herr N in der Vergangenheit regelmäßig an Sonntagen Küsterdienste verrichtet habe, so erst jüngst am Sonntag, den 26.04.2009 und am Sonntag, den 19.04.2009.

Verschiedene Tätigkeiten, die der Kläger zwischen 18.00 Uhr und 19.30 Uhr nach dem Vortrag der Beklagtenseite verrichten solle, fielen zu dieser Zeit schlicht nicht an. So seien liturgische Küsterarbeiten, wie das sorgfältige Herauslegen und Weghängen der Paramente, Arbeiten, die im Anschluss an eine Messe anfielen und vom Kläger zu diesen Zeiten, nämlich Sonntagvormittgas auch verrichtet würden. Der Kläger wiederholt darüber hinaus seinen erstinstanzlichen Vortrag, dass in der Vergangenheit nie nur ein einziger Küster - auch nicht Herr S - an jedem Sonntag das Verschließen der Kirche und das Ausläuten habe vornehmen müssen. Eine elektronische Läutanlage sei vorhanden und werde durch die Beklagte auch genutzt. Darüber hinaus stehe für das abendliche Verschließen der Kirche ein weiterer Küster zur Verfügung, der diese Arbeiten z. B. abwechselnd mit dem Kläger auch habe verrichten können und den die Beklagte gleichwohl nicht einsetze.

Entgegen den Behauptungen der Beklagten sei es zudem so, dass an Sonntagnachmittagen oder -abenden Aufräumarbeiten in der Kirche überhaupt nicht anfielen. Der Kläger werde schlicht von der Beklagten heranzitiert, um die Kirche zu verschließen und auszuläuten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die wöchentliche Einteilung des Klägers zu Küstertätigkeiten an jedem Sonntag, an denen kein abendlicher öffentlicher Gottesdienst stattfindet, von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr nicht billigem Ermessen entspricht.

1. Die Festlegung der Arbeitszeiten ist im gesetzlichen und tariflichen Rahmen dem Weisungsrecht des Arbeitgebers vorbehalten. Dies folgt aus § 106 GewO. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

2. Bei der Ausübung dieses Weisungsrechts hat die Beklagte, soweit sie für den Kläger sonntags in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 19.30 Uhr auch für die Fälle Arbeit angeordnet hat, in denen kein abendlicher Gottesdienst durchgeführt, gegen die Grundsätze des billigen Ermessens nach § 106 GewO verstoßen.

a. Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (siehe BAG, Urteil vom 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94 - AP Nr. 48 zu § 611 BGB Direktionsrecht; Erfurter Kommentar/Preis, 9. Auflage 2009, § 106 GewO, Rz. 6; Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 3. Auflage 2008, § 106 GewO, Rz. 119 ff.).

b. Ausgehend hiervon muss festgestellt werden, das im vorliegenden Fall die Grenzen billigen Ermessens überschritten sind.

Zutreffend ist bereits die Erwägung des Arbeitsgerichts, dass die Beklagte dem Kläger durch die von ihr erstrebte Verfahrensweise am Sonntag einen geteilten Dienst in der Weise zuweisen will, dass der Kläger zunächst morgens 4 1/2 Stunden arbeiten müsste, alsdann 5 Stunden Pause hätte, um alsdann wiederum 1 1/2 Stunden zu arbeiten.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die Beklagte dem Kläger arbeitstäglich nur eine zusammenhängende Arbeitszeit zuweisen darf. Will der Arbeitgeber hiervon abweichen und die tägliche Arbeitszeit aufteilen, bedarf dies einer besonderen vertraglichen Regelung, die ggf. auch der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff BGB standhalten müsste. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang, dass das Arbeitsgericht den Rechtsgedanken des § 12 Abs. 1 S. 4 TzBfG herangezogen hat, wonach der Arbeitgeber bei Arbeit auf Abruf grundsätzlich verpflichtet ist, den Arbeitnehmer jeweils für mindestens 3 aufeinanderfolgende Stunden zur Arbeitsleistung heranzuziehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im vorliegenden Fall Arbeit auf Abruf gegeben ist. Entscheidend ist, dass sich aus § 12 Abs. 1 S. 4 TzBfG allgemeine Wertungsgesichtspunkte dafür ableiten lassen, welche Mindesteinsatzzeit bei einer Festlegung von Arbeitszeiten regelmäßig zugrundezulegen ist.

Die Verfahrensweise der Beklagten würde dazu führen, dass der Arbeitnehmer bei Arbeiten am Sonntag jeweils eine unbezahlte Zwangspause von 5 Stunden hinzunehmen hätte. Eine am gleichen Tag angeordnete unbezahlte Arbeitsunterbrechung für einen Zeitraum von 1 Stunde oder mehr entspricht aber nicht mehr billigem Ermessen, da sie mit wesentlichen und zwingenden Grundsätzen des Arbeitsrechts unvereinbar ist. Denn durch solche Zwangspausen verlagert der Arbeitgeber in unzulässiger Weise sein Wirtschaftsrisiko auf den Arbeitnehmer. Denn der Arbeitgeber trägt nach der in § 615 S. 3 BGB vorgesehenen Risikoverteilung das Wirtschaftsrisiko. Kann er den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen zu bestimmten Zeiten nicht einsetzen, hebt dies die Vergütungspflicht nicht auf. Der Arbeitnehmer hat in diesen Fällen nicht die Möglichkeit, die Arbeitspause, die allein aus betrieblichen Gründen und nicht wegen der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes erforderlich ist, sinnvoll zu nutzen und zu gestalten. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere wegen der Arbeitsanordnung am Sonntag, denn der von der Beklagtenseite vorgenommene geteilte Dienst führt dazu, dass der Arbeitnehmer eine sinnvolle und ungeteilte Freizeit nach seinem Arbeitseinsatz am Sonntagvormittag nicht in Anspruch nehmen kann, sondern dass durch die Stückelung des Sonntages in Arbeits-, Freizeit- und Wiederarbeitsphasen eine zusammenhängende Freizeitgestaltung nicht möglich ist.

Zwangspausen, die über den Umfang der notwendigen Pausen nach § 4 Arbeitszeitgesetz wesentlich hinausgehen, verstoßen daher gegen billiges Ermessen (s. dazu bereits LAG Köln, Urteil vom 04.08.2008 - 5 Sa 639/08 - veröffentlicht in NRWE; ebenso LAG Köln, Urteil vom 23.08.2007 - 5 Sa 933/07 - ).

Überwiegend schutzwürdige Interessen der Beklagten sind nicht zu erkennen. Soweit sich die Beklagte bei den zu verrichtenden Arbeiten darauf beruft, der Kläger müsse um 18.00 Uhr die Kirche aufräumen und die Messgewänder weglegen, ist ein betriebliches Interesse, diese Arbeiten Sonntagsabends um 18.00 Uhr durchzuführen, nicht zu erkennen. Denn es steht nichts entgegen, diese Arbeiten unmittelbar im Anschluss an den Gottesdienst am Sonntagvormittag vornehmen zu lassen. Es verbleibt im wesentlichen allein das Läuten der Glocke um 19.00 Uhr sowie der von der Beklagten angeführte abschließende Kontrollgang und das Einschalten der Alarmanlage.

Ein schutzwürdiges Interesse, diese nur kurze Zeit in Anspruch nehmenden Arbeiten allein dem Kläger aufzuerlegen, und nicht auch den ebenfalls tätigen Herrn N einzusetzen oder diese Aufgabe ehrenamtlich erledigen zu lassen, ist nicht ersichtlich. Dabei ist in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass Herr N in der Vergangenheit sonntags in der Minoritenkirche Küsterdienste geleistet hat, und dass diese Tätigkeit beendet ist. Es war damit nicht von vorneherein ausgeschlossen, auch Herrn N sonntags einzusetzen. Unterstrichen wird dies durch das Vorbringen des Klägers, dass von der Beklagten nicht bestritten worden ist, wonach Herr N bei der Beklagten Sonntag, den 19.04.2009 und am Sonntag, den 26.04.2009 eingesetzt worden ist. Kein Grund, Herrn N von Sonntagsdiensten generell auszunehmen, ist auch das Vorbringen der Beklagtenseite, Herr N müsse werktags handwerkliche Arbeiten verrichten, die der Kläger nicht ausführen könne. Denn umgekehrt verrichtet der Kläger Tätigkeiten als Organist und Chorleiter, die Herr N nicht ausführen kann. Dies stellt aber keinen Hinderungsgrund dar, die sonntags gegebenenfalls zu verrichtenden Küsterdienste, zu denen grundsätzlich sowohl Herr N als auch der Kläger verpflichtet sind, proportional zwischen ihnen zu verteilen.

Auch dass die Beklagte sich um eine ehrenamtliche Erledigung dieser Tätigkeit bemüht hätte, ist nicht ersichtlich, obwohl die Überwachung der Kirche am Sonntagnachmittag ohnehin ehrenamtlich organisiert ist.

Letztlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Beklagten nicht in Vollzeit arbeitet, sondern lediglich in einem Umfang von 32,5 Stunden. Da die Beklagte dem Kläger keine Vollzeitbeschäftigung bietet, hat er das Recht, in der arbeitsfreien Zeit zulässige Nebentätigkeiten auszuüben. Selbst ein Erlaubnisvorbehalt begründet keinen Ermessensspielraum des Arbeitgebers hinsichtlich seiner Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis. Vielmehr ist ein solcher wegen des Grundrechts des Arbeitnehmers auf freie Berufswahl gemäß Artikel 12 Abs. 1 S. 1 GG dahingehend auszulegen, dass ein Rechtsanspruch auf die beantragte Genehmigung besteht, wenn die in Aussicht genommene Tätigkeit einem berechtigten betrieblichen Interesse nicht entgegensteht (s. BAG, Urteil vom 13.03.2003 - 6 AZR 585/01 - , NZA 2003, Seite 976).

Vor diesem Hintergrund ist eine Arbeitsanweisung, sonntags geteilte Dienste zu verrichten, die von der Motivation getragen wird, Nebentätigkeiten des Klägers zu verhindern, nicht zu rechtfertigen. Dabei spricht bereits das Verhalten der Beklagten bezüglich des Arbeitseinsatzes am Sonntag, den 03.08.2008 dafür, dass die Motivation der Beklagten darin zumindest mitbegründet war, Nebentätigkeiten des Klägers zu verhindern. Bezüglich des 03.08.2008 hatte der Kläger seine Absicht mitgeteilt, eine Konzertverpflichtung wahrnehmen zu wollen und hatte zugleich Ersatz für die Küsterarbeit sowohl durch Herrn S als auch durch Herrn E besorgt. Eine positive Reaktion der Beklagten hierauf erfolgte nicht, ebenso wenig eine plausible Begründung gegenüber dem Kläger.

Die gleiche Absicht ist im Schreiben von Frau K vom 22.07.2008 zu entnehmen. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass er am Montag, den 08.09.2008 eine kirchenmusikalische Tätigkeit in einer anderen Kirchengemeinde ausüben wolle, teilte ihm Frau K mit Schreiben vom 22.07.2008 mit, dass der freie Tage des Klägers, der Montag, auf Dienstag verlegt werde und begründete dies mit dem Urlaub des Küsters Herrn N in der Zeit vom 11.08. bis zum 09.09.2008. Damit wurde dem Kläger die Ausübung dieser Nebentätigkeit am 08.09.2008 unmöglich gemacht, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Küster Herr N noch gar nicht seinen Urlaub angetreten hatte.

Insgesamt überschreitet die Anordnung der Beklagten daher die Grenzen billigen Ermessens gemäß § 106 GewO. Antragsgemäß war dies festzustellen.

3 Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben und musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern als Einzelfall auf der Basis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden war und auch kein Fall von Divergenz vorlag.

Ende der Entscheidung

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