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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 14.04.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 422/08
Rechtsgebiete: Gehaltstarifvertrag Einzelhandel NRW


Vorschriften:

Gehaltstarifvertrag Einzelhandel NRW
1. Die allgemeinen Merkmale einer tariflichen Vergütungsgruppe sind erfüllt, wenn Tätigkeiten ausgeübt werden, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiele zu dieser Vergütungsgruppe genannt sind (im Anschluss an BAG Urteil vom 18.04.2007 - 4 AZR 696/05).

2. Wird eine Arbeitnehmerin aufgrund einer Anweisung der Personalleitung als Kassenaufsicht eingeplant, übt sie entsprechende Tätigkeiten aus und wird sie auch in einem Bericht der Unternehmensrevision als Kassenaufsicht bezeichnet, erfüllt sie die Voraussetzungen des Tätigkeitsbeispiels Kassenaufsicht.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.03.2007 werden zurückgewiesen.

2. Die Parteien tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die Eingruppierung und die daraus folgende Vergütung der Klägerin.

Die Klägerin ist im SB Warenhaus der Beklagten in A seit dem 15.02.1989 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils aktuellen Fassung Anwendung.

Die Beschäftigung der Klägerin erfolgt in Teilzeit mit 26,5 Wochenstunden, was dem Beschäftigungsumfang von 0,7 einer Vollzeitstelle entspricht.

Im Jahre 1999 beabsichtigte die Beklagte, die Klägerin, die vorträgt seit 1996 als Kassenaufsicht tätig zu sein, wieder als Kassiererin einzusetzen. Daraufhin strengte die Klägerin das arbeitsgerichtliche Verfahren vor dem Arbeitsgericht Aachen - 6 Ca 2713/99 - an und begehrte ihre Weiterbeschäftigung als Kassenaufsicht. Daraufhin schlossen die Parteien in jenem Verfahren am 03.12.1999 folgenden gerichtlichen Vergleich:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin auf der arbeitsvertraglichen Grundlage in tatsächlicher Hinsicht als "Kassenaufsicht" beschäftigt wird.

2. Damit ist der Rechtsstreit 6 Ca 2713/99 erledigt.

Dementsprechend wurde die Klägerin in der Folgezeit nicht als Kassiererin eingesetzt. Die Vergütung zahlte die Beklagte unverändert gemäß Gehaltsgruppe I des § 3 des Gehaltstarifvertrages. Diese Gehaltsgruppe ist einschlägig für Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit, wobei hierfür im Tarifvertrag u. a. die Tätigkeit als Kassierer mit einfacher Tätigkeit aufgeführt ist.

Mit Schreiben vom 30.05.2006 verlangte die Klägerin die Vergütung nach Gehaltsgruppe III c, wobei im Tarifvertrag als Beispiel die Tätigkeit als "Kassenaufsicht" aufgeführt ist. Dabei berief sich die Klägerin darauf, dass ihr entsprechend der Gehaltsgruppe III c mehr als acht festangestellte vollbeschäftigte Kassiererinnen unterstellt seien und verlangte die Vergütungsdifferenz unter Beachtung der tarifvertraglichen Verfallklausel ab November 2005.

Vom 02.01.2006 - 31.01.2006 fand in dem SB Warenhaus, in dem die Klägerin arbeitete, eine Revisionsprüfung statt. In dem Revisionsbericht (Bl. 170 f. d. A.) ist die Klägerin in der Rubrik "Funktion" als Kassenaufsicht eingetragen.

Mit ihrer Klage und Klageerweiterung hat die Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen Gehaltsgruppe I und Gehaltsgruppe III c für die Monate November 2005 - August 2006 geltend gemacht sowie Ansprüche bzgl. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, woraus die Klägerin eine Gesamtforderung von 6.952,48 € nebst Zinsen abgeleitet hat.

Durch Teilurteil vom 06.03.2007 (Bl. 78 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise hinsichtlich der Vergütungsdifferenz zwischen der Gehaltsgruppe I und der Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a stattgegeben. Angesichts des Vergleichs vom 03.12.1999 sei eindeutig, dass die Parteien vereinbart hätten, die Klägerin arbeitsvertraglich als Kassenaufsicht zu beschäftigen. Damit sei das Regelbeispiel "Kassenaufsicht" in der Gehaltsgruppe III a erfüllt. Weil sie nicht habe darlegen können, inwieweit ihr mehr als acht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer unterstellt gewesen seien, könne die Klägerin aber nicht Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel c verlangen.

Ausgehend hiervon hat das Arbeitsgericht der Klägerin eine Vergütungsdifferenz von 2.884,41 € nebst Zinsen zugesprochen. Den Anspruch auf eine Weihnachtsgelddifferenz hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Über den Anspruch auf Urlaubsgeld hat das Arbeitsgericht mangels Entscheidungsreife noch nicht entschieden.

Gegen dieses Teilurteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Berufung der Beklagten stützt sich darauf, dass die Klägerin die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe III nicht erfülle und die Klage daher insgesamt abgewiesen werde müsse.

Aus dem im Jahre 1999 geschlossenen Vergleich könne nicht gefolgert werden, dass die Klägerin Ansprüche aus der Gehaltsgruppe III. Mit dem arbeitsgerichtlichen Vergleich habe lediglich arbeitsvertraglich festgestanden, dass die Klägerin nicht an der Kasse habe arbeiten und Kunden abfertigen müssen. Darin habe sich der Vergleich erschöpft. Demgemäß habe die Klägerin weiter unter den ihr fach- und dienstvorgesetzten Teamleiterinnen gearbeitet. Sie habe als Botin zwischen dem im 1. Stock gelegenen Kassenbüro und dem im Erdgeschoss befindlichen Kassen fungiert, etwa bei der Umsetzung von Diebstahlsbekämpfungsprogrammen, der Kontrolle, ob bei nichtbesetzten Kassen die Kassendurchgänge oder Zigarettenständer ordnungsgemäß geschlossen seien. Ferner habe die Klägerin Hilfestellung bei schwierigen Kunden oder bei der Rückgabe von Ware geleistet und die Kassiererinnen mit Kleingeld versorgt, welches sie zuvor aus dem Kassenbüro geholt habe. Das Richtbeispiel Kassenaufsicht sei auch nicht eindeutig und aus sich heraus auslegbar. Deshalb müsse entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts zur näheren Umschreibung des Begriffs Kassenaufsicht auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe III zurückgegriffen werden. Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe III erfülle die Klägerin nicht. Zudem seien der Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent Kassiererinnen unterstellt worden.

Die Klägerin habe auch keine Anweisungsbefugnisse gegenüber den Kassiererinnen.

Die Beklagte beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgericht Aachen vom 06.03.2007 - 4 Ca 2785/06 - in Ziffer 1. abzuändern und die Klage auch insoweit kostenpflichtig abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.03.2007 - 4 Ca 2785/06 - abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.952,48 € brutto abzüglich ausgeurteilter 2.864,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.178,10 € seit dem 01.12.2005, aus weiteren 654,50 € seit dem 01.01.2006, aus weiteren 454,50 € seit dem 01.02.2006, aus weiteren 654,50 € seit dem 01.03.2006, aus weiteren 654,50 € seit dem 01.04.2006, aus weiteren 654,50 € seit dem 01.05.2006, aus weiteren 654,50 € seit dem 01.06.2006, aus weiteren 981,75 € seit dem 01.07.2006, aus weiteren 654,50 € seit dem 01.08.2006 und aus weiteren 211,13 € seit dem 01.09.2006 zu zahlen und hierüber eine Abrechnung zu erteilen.

Die Klägerin trägt vor, sie erfülle die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel c. Durch den 1999 geschlossenen Vergleich sei arbeitsvertraglich klar gestellt worden, dass die Klägerin als Kassenaufsicht tätig sei. Sie habe mit dem Vergleich einen Beschäftigungsanspruch als Kassenaufsicht bestätigt bekommen. Seit 1996 sei sie ununterbrochen als Kassenaufsicht tätig gewesen. Die Klägerin beruft sich zudem auf den Revisionsbericht sowie auf das Schreiben des damaligen Personalleiters der Beklagten im Jahre 1999 im Anschluss an den Abschluss des gerichtlichen Vergleichs (s. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LAG vom 14.04.2008). Die Klägerin nimmt zudem Bezug auf die von der Beklagten allgemein für die Aufgaben einer "Teamleitung Kasse" erstellten Aufgabenbeschreibung (Bl. 35 ff. d. A.) sowie auf ihre detaillierte Tätigkeitsaufstellung in der Zeit vom 23.10.2007 - 16.11.2007 (Schriftsatz vom 06.12.2007 - Bl. 194 ff. d. A.).

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Weder die Berufung der Beklagten noch die Berufung der Klägerin sind begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in seinem Teilurteil vom 06.03.2007 der Klägerin die Vergütungsdifferenzansprüche bezüglich der Differenz zwischen Gehaltsgruppe I und Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a zugesprochen und die Klage im Übrigen hinsichtlich weiterer Differenzansprüche und auch hinsichtlich restlicher Weihnachtsgeldansprüche abgewiesen.

I. Die Berufungen sind zulässig. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung der Klägerin sind statthaft gemäß § 64 ArbGG. Sie sind auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache waren die Berufungen nicht erfolgreich. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung der Klägerin sind unbegründet.

II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen Gehaltsgruppe I und Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a zugesprochen und die Klage im Übrigen hinsichtlich weiterer Vergütungsdifferenzansprüche und hinsichtlich des Weihnachtsgeldanspruchs abgewiesen.

1. Der Klägerin steht die Vergütung aus Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel a zu, so dass sie die Vergütungsdifferenz, die rechnerisch zwischen den Parteien unstreitig ist, für die geltend gemachten Monate November 2005 bis August 2006 beanspruchen kann. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des Tätigkeitsbeispiels "Kassenaufsichten".

a. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass Arbeitnehmer, die das von den Tarifvertragsparteien aufgeführte Regelbeispiel einer Vergütungsgruppe erfüllen, nach dieser Vergütungsgruppe zu vergüten sind.

Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die allgemeinen Merkmale einer Vergütungsgruppe grundsätzlich erfüllt sind, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit verrichtet, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist (s. BAG, Urteil vom 18.04.2007 - 4 AZR 696/05 - NZA-RR 2008, 1044; BAG; Urteil vom 17.04.2003 - 8 AZR 482/01 - zitiert nach juris).

Dies hat seinen Grund darin, dass die Tarifvertragsparteien selbst im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gewisse häufig vorkommende und typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen können. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ist nur dann zurückzugreifen, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können, oder wenn das Tätigkeitsbeispiel als Abgrenzungskriterium für eine bestimmte Gehaltsgruppe ausscheidet (s. BAG, Beschluss vom 22.06.2005 - 10 ABR 34/04 - NZA-RR 2006, 23 ff.).

b. Ausgehend von diesen höchstrichterlich geklärten Rechtsgrundsätzen ist festzustellen, dass das Tätigkeitsbeispiel "Kassenaufsicht" nur für die Gehaltsgruppe III verwandt wird und keine unbestimmten Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden könnten. Vielmehr beschreibt der Begriff Tätigkeiten, die durch Auslegung unter den Begriff Kassenaufsicht subsumierbar sind.

c. Die Tätigkeit der Klägerin ist als kassenaufsichtliche Tätigkeit zu bewerten. Dies folgt bereits aus dem Revisionsbericht der Revisionsprüfung durch die Unternehmenszentrale der Beklagten, der anlässlich der Revision vom 02.01.2006 - 13.01.2006 erstellt worden ist (Bl. 170 f. d. A.). In diesem Revisionsbericht ist als Funktion der Klägerin "Kassenaufsicht" angegeben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Klägerin die einzige Mitarbeiterin ist, die in diesem Revisionsbericht als Kassenaufsicht bezeichnet wird, während für die große Mehrzahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen lediglich die Funktion "Kasse" eingetragen ist oder sonstige Funktionen genannt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmenseigene Revision von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist, sind nicht ersichtlich.

Unter Zugrundelegung der Auffassung der Beklagten würde sich hingegen ergeben, dass überhaupt keine Mitarbeiterin die Funktion der Kassenaufsicht ausgeübt hätte, ein Umstand, den die Revision nicht unbeanstandet gelassen hätte. Die Beklagte kann auch nicht mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem LAG am 14.04.2008 vorgebrachten Argument gehört werden, die Mitarbeiter der Revision hätten den Begriff der Kassenaufsicht verkannt und keine Kenntnisse über die tarifvertragliche Bedeutung des Begriffs Kassenaufsicht. Der Begriff Kassenaufsicht ist nicht zweifelhaft und es ist nicht ersichtlich, welches andere Verständnis des Begriffs Kassenaufsicht die Verfasser des Revisionsbericht gegenüber der tarifvertraglichen Begriffsverwendung gehabt haben sollten.

d. Es kommt hinzu, dass die Klägerin unstreitig Tätigkeiten ausgeübt hat, die die Beklagte ausweislich ihrer Aufgabenbeschreibung für die Teamleitung Kassenabwicklung (Bl. 35 ff. d. A.) als höherwertig angesehen hat und sogar der Teamleitung Kasse zugeordnet hat. So obliegt der Teamleitung Kasse u. a. der Empfang des Wechselgeldes und das Nachzählen desselben, insoweit ist die Teamleitung auch für die Wechselgeldversorgung der Kassen zuständig. Aufgabe der Teamleitung Kasse ist es darüber hinaus, Artikelstorni über 30,00 € frei zu geben, ebenso Preisüberschreibungen ab einer Preisdifferenz von 10,00 €.

Unstreitig hat die Klägerin diese Tätigkeiten erledigt. Insbesondere hat sie die Wechselgeldversorgung der Kassen vorgenommen und musste bei Stornovorgängen und Preisüberschreibungen im Rahmen des Vier-Augenprinzips tätig werden. Da die Beklagte selbst diese Tätigkeiten sogar der Teamleitung Kasse zugeordnet und damit deutlich gemacht hat, dass es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt, kann die Beklagte diese Tätigkeiten nicht nunmehr als Botentätigkeit deklarieren und herabwürdigen. Sie muss sich vielmehr an der im Rahmen der Aufgabenbeschreibung Teamleitung Kasse zum Ausdruck gekommenen Bewertung festhalten lassen. Auch die Aufgabe, Hilfestellung bei schwierigen Kunden oder bei der Rückgabe von Waren zu leisten, verdeutlicht, dass es Aufgabe der Klägerin war, einzugreifen, wenn die Situation durch eine Kassierkraft allein nicht oder nicht mehr ausreichend bewältigt werden konnte.

Von entscheidender Bedeutung ist weiter, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem LAG am 14.04.2008 unstreitig geworden ist, dass bei der Beklagten pro Schicht nur ein Kassenfunktionsschlüssel an eine Mitarbeiterin ausgegeben wurde und dass die Klägerin, wenn sie arbeitete, diesen Schlüssel inne hatte. Dieser Schlüssel wurde dazu benötigt, z. B. die Zigarettenständer zu öffnen, die Alarmanlage scharf zu schalten oder in den Kassen bestimmte Warengruppen einzugeben. Er eröffnet damit aufsichtliche Funktionen, die nicht jede Kassierkraft wahrnehmen darf, sondern die nur einer (Vertrauens-) Person während des laufenden Betriebs jeweils obliegt.

Die Bedeutung dieses Kassenfunktionsschlüssel wird dadurch unterstrichen, dass er jeweils bei Empfangnahme quittiert werden musste.

e. Schließlich ist der im Jahr 1999 geschlossene Vergleich zu berücksichtigen. In jenem Vergleich hatte sich die Beklagte verpflichtet, die Klägerin als Kassenaufsicht zu beschäftigen. Dass die Parteien den Begriff "Kassenaufsicht" in dem Vergleich anders verstehen wollten als im Tarifvertrag, ist jedenfalls dem Wortlaut des Vergleichs nicht zu entnehmen. Selbst wenn man sich insoweit die Zweifel der Beklagten zu eigen machen würde, sind diese durch das nachfolgende Schreiben des Personalleiters der Beklagten vom 07.09.1999 beseitigt. Denn in jenem Schreiben teilt die Personalleitung mit, dass die Klägerin ab der 37. Kalenderwoche wieder in der alten Funktion "Kassenaufsicht" eingeplant werden soll. Die Auffassung der Beklagtenseite, es sei bei dem Vergleich nur darum gegangen, dass die Klägerin nicht mehr an der Kasse beschäftigt werde, wird hierdurch widerlegt. Denn die Funktion der Klägerin wird in diesem Schreiben als "Kassenaufsicht" bezeichnet.

Nach allem ist davon auszugehen, dass die Klägerin das Tätigkeitsbeispiel "Kassenaufsicht" erfüllt.

2. Der Klägerin steht somit die Vergütung gemäß Vergütungsgruppe III Gehaltsstaffel a. Zu Recht hat das Arbeitsgericht daher der Klägerin die rechnerisch nicht streitige Differenz zu der erhaltenen Vergütung aus Gehaltsgruppe I nebst Zinsen zugesprochen. Die Berufung der Beklagten hatte deshalb keinen Erfolg.

III. Auch die Berufung der Klägerin war nicht erfolgreich.

1. Die Klägerin kann nicht Vergütung nach Gehaltsgruppe III Gehaltsstaffel c verlangen. Dies würde voraussetzen, dass die Klägerin in einem Arbeitsbereich mit in der Regel mehr als acht unterstellten festangestellten vollbeschäftigten einschließlich der Auszubildenden tätig gewesen wäre. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht vortragen können, dass ihr mehr als acht Vollbeschäftigte unterstellt worden sind. Hierzu reicht es nicht aus, auf die insgesamt beschäftigten Kassiererinnen und Kassierer zu verweisen, da diese ohnehin nicht alle gleichzeitig für die Beklagte tätig sind. Vor allem aber fehlt es daran, dass die Klägerin nicht dartun konnte, dass ihr überhaupt Mitarbeiter unterstellt worden sind. Während Gehaltsstaffel a der Gehaltsgruppe III bereits dann einschlägig sein kann, wenn keine oder bis zu vier Vollbeschäftigte unterstellt werden, setzt Gehaltsstaffel c der Gehaltsgruppe III voraus, dass in der Regel mehr als acht festangestellte Vollbeschäftigte unterstellt worden sind. Aus dieser tariflichen Systematik wird deutlich, dass einerseits eine kassenaufsichtliche Tätigkeit auch dann in Betracht kommt, wenn keine Mitarbeiter unterstellt werden. Andererseits wird daraus deutlich, dass es eines Unterstellungsaktes bedarf, wenn Gehaltsstaffel c der Gehaltsgruppe III in Anspruch genommen werden soll. Eine solche Unterstellung, zumal von Vollbeschäftigten, hat die Klägerin jedoch nicht vortragen können. Vergütung aus der Gehaltsstaffel c der Vergütungsgruppe III kann daher nicht beansprucht werden.

2. Auch der durch das Teilurteil abgewiesenen Anspruch auf Weihnachtsgelddifferenz steht der Klägerin nicht zu. Bereits das Arbeitsgericht hatte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Tarifvertrag über Sonderzahlungen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch nicht vorsieht. Hiergegen hat die Klägerin in der Berufungsbegründung und auch im Weiteren Verlauf des Berufungsrechtsstreits keinerlei Argumente mehr vorgebracht. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts kann daher Bezug genommen werden.

3. Aus den dargelegten Gründen hatte auch die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.

IV. Insgesamt war weder die Berufung der Beklagtenseite noch die Berufung der Klägerseite erfolgreich. Beide Berufungen mussten zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da kein Fall von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung und auch kein Fall von Divergenz vorlag.

Ende der Entscheidung

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