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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 28.05.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 426/08
Rechtsgebiete: BetrAVG
Vorschriften:
BetrAVG § 16 |
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 26.06.2007 - 1 Ca 1810/06 h - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Umfang der Anpassungspflicht der dem Kläger gewährten betrieblichen Leistungen.
Der am 11.12.1938 geborene Kläger war als außertariflicher Angestellter bei der S -J GmbH tätig. Von dieser Bergbaugesellschaft war er zum 01.01.1989 zum Bochumer Verband angemeldet worden.
Einige Monate nach Vollendung des 55. Lebensjahres schied der Kläger aus dem aktiven Beschäftigungsverhältnis aus. Vom 31.03.1994 bis zum 31.12.1998 bezog der Kläger zu diesem Zweck das sogenannte Anpassungsgeld zzgl. des betrieblichen Zuschusses zum Anpassungsgeld. Die Zahlung dieser betrieblichen Leistung beruhte auf der Konzernrichtlinie 2/1983 der Beklagten. Nach dieser Konzernrichtlinie erhalten außertarifliche Angestellte, die vor Erreichen der Altersgrenze wegen einer Stilllegung, Teilstilllegung oder sonstigen Rationalisierungsmaßnahmen entlassen werden, neben dem von der öffentlichen Hand gezahlten Anpassungsgeld als sogenannte betriebliche Leistung einen Zuschuss zu diesem Anpassungsgeld. Die Konzernrichtlinie sieht des Weiteren vor, dass dieser Zuschuss zum Anpassungsgeld in Anlehnung an die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes berechnet wird.
Mit Schreiben vom 07.08.1997 (Bl. 12 d. A.) teilte die S -J GmbH dem Kläger mit, dass die betrieblichen Leistungen zum 01.01.1997 um 2 % angehoben würden.
Mit Erreichen des 60. Lebensjahres bezog der Kläger ab dem 01.01.1999 vorgezogenes Altersruhegeld sowie das betriebliche Ruhegeld nach der Mitteilung des Bochumer Verbandes vom 06.01.1999 (Bl. 13 d. A.)
Das betriebliche Ruhegeld wurde zum 01.01.2000 um 1,2 % erhöht, alsdann zum 01.01.2003 um 5,5 % (Schreiben des Bochumer Verbandes vom 07.02.2003, Bl. 20 d. A.). Mit Schreiben vom 08.09.2005 (Bl. 26 d. A.) teilte der Bochumer Verband dem Kläger mit, dass das betriebliche Ruhegeld rückwirkend zum 01.01.2000 um 3,44 % erhöht werde und auf dieser Basis neu berechnet werden. Dementsprechend erhielt der Kläger eine Nachzahlung und ab dem 01.10.2005 eine Betriebsrente von 2.427,30 € sowie einen Energiekostenzuschuss von 92,03 €.
Der Kläger meint, ihm stünden statt der gewährten 2.427,30 € tatsächlich 2.481,17 € zu. Denn - so die Aufstellung des Klägers (Bl. 33 d. A.) - die betrieblichen Leistungen hätten für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1998 um 5,6 % erhöht werden müssen, ausgehend von dieser Basis hätte dann das betriebliche Ruhegeld zum 01.01.2000 um 3,44 % und zum 01.01.2003 um 5,5 % erhöht werden müssen.
Mit der Klage hat der Kläger demzufolge einen Nachzahlungsanspruch für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 30.04.2006 in Höhe von insgesamt 6.410,70 € geltend gemacht sowie fortlaufend ab 01.05.2006 einen monatlichen Betriebsrentenbetrag von 2.481,17 € verlangt.
Durch Urteil vom 26.06.2007 (Bl. 123 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, dass eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht gegeben sei. Insbesondere könne der Kläger aus dem Schreiben der S -J GmbH vom 07.08.1997 nicht herleiten, dass die betrieblichen Leistungen, die als Zuschuss zum Anpassungsgeld gewährt werden, in exakt gleicher Höhe erhöht würden, wie die Leistungen des Bochumer Verbandes. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist fristgerecht begründeten Berufung. Hierzu trägt der Kläger vor, das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend zwischen der Anpassung bis zum 31.12.1998 und ab 01.01.1999 unterschieden. Auf den Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1998 sei die Bestimmung des § 20 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes analog anzuwenden. In dem Schreiben der S -J GmbH vom 07.08.1997 sei nur eine Erhöhung um 2 % erfolgt, obwohl die Preissteigerungsrate 5,6 % betragen habe und die Betriebsrentenansprüche des Bochumer Verbandes auch tatsächlich um 5,6 % erhöht worden seien. Die Beklagte sei auch aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, dem Kläger die nachträgliche Anpassung der laufenden betrieblichen Leistungen zum 01.01.1997 um weitere 3,6 % zu gewähren.
Für die Zeit ab 01.01.1999 bis 30.04.2006 habe der Kläger ebenfalls Nachzahlungsansprüche. Es fehle jegliche Darlegung der Beklagten, weshalb die getätigten Anpassungsentscheidungen billigem Ermessen entsprechen sollten. Die vom Kläger angegriffenen Anpassungsentscheidungen der Beklagten widersprächen billigem Ermessen, weil die Preissteigerungsrate zum 01.01.1997 5,6 %, zum 01.01.2002 4,4% und zum 01.01.2003 5,5 % betragen habe. Das Altersruhegeld des Klägers hätte damit, wenn der Vorgabe des § 20 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes entsprochen worden wäre, zum 01.01.2000 um 3,4 % und zum 01.01.2003 um 5,5 % angehoben werden müssen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 26.06.2007 - 1 Ca 1810/06 h - die Beklagte zu verurteilen
1. an den Kläger eine rückständige Rentendifferenz für die Zeit vom 01.01.1997 bis April 2006 in Höhe von 6.410,70 € zu zahlen:
2. an den Kläger ab dem 01.05.2006 bis zur nächsten Anpassung fortlaufend monatlich 2.481,17 € zzgl. Energiekostenzuschuss in Höhe von 92,03 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe sein Klagerecht weitgehend verwirkt. Nach der Rechtsprechung des BAG könne eine nachträgliche Anpassung von Ruhegeldern zu bereits zurückliegenden Anpassungsstichtagen nur dann verlangt werden, wenn der Versorgungsberechtigte die Anpassungsentscheidung auch rechtzeitig gerügt habe. Der Kläger sei aber erstmals überhaupt im Jahr 2005 aktiv geworden. Alle Forderungen auf eine nachträgliche Anhebung betrieblicher Leistungen für die Zeit bis zum 31.12.2002 seien damit erloschen. Darüber hinaus handele es sich bei den betrieblichen Zuschüssen zum Anpassungsgeld nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Eine Anspruchsgrundlage dafür, dass die Zuschüsse zum Anpassungsgeld nach Maßgabe der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu behandeln seien, gebe es nicht. Einen Anspruch auf Erhöhung betrieblicher Leistungen sehe auch die Konzernrichtlinie 2/1983 nicht vor. Zudem habe die Konzernrichtlinie hinsichtlich der betrieblichen Leistungen eine Gesamtversorgung vorgesehen. Das Gesamtversorgungsniveau sei nur innerhalb des Korridors zwischen 90 % und 100 % des vor dem Ausscheiden gültigen Nettoeinkommens zu halten gewesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erhöhung des betrieblichen Zuschusses zum Anpassungsgeld für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1998. Der Kläger begehrt insoweit eine Anpassung um insgesamt 5,6 %. Tatsächlich erhalten hat er aufgrund des Schreibens der S -J GmbH vom 07.08.1997 (Bl. 12 d. A.) nur eine Anhebung um 2 %.
Die begehrte Erhöhung um insgesamt 5,6 % kann der Kläger nicht verlangen, weil dafür - wie das Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet hat - keine Anspruchsgrundlage besteht.
a. Aus § 16 BetrAVG kann der Kläger keinen Anspruch herleiten, weil es sich bei dem betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsgeld nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handelt. Die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG greift aber nur ein bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (s. ErfK/Steinmeyer, 8. Aufl. 2008, § 16 BetrAVG, Rz. 5 ff.).
Der betriebliche Zuschuss zum Anpassungsgeld stellt keine betriebliche Altersversorgung dar. Die Phase des Bezugs von Anpassungsgeld geht vielmehr dem Zeitpunkt des Bezuges von - vorgezogener - gesetzlicher und betrieblicher Altersrente voraus. Das Anpassungsgeld und der dazu gewährte betriebliche Zuschuss haben die Funktion, die Zeit bis zum Bezug von gesetzlichen und betrieblichen Rentenleistungen zu überbrücken. Wie eine Kapitalabfindung aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dienen sie dazu, dem Arbeitnehmer bis zum Bezug von gesetzlichen und betrieblichen Altersruhegeldleistungen die Aufrechterhaltung des Lebensstandards zu sichern.
b. Aus § 20 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes folgt ebenfalls keine Anpassungspflicht. Denn die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes und insbesondere dessen § 20 beziehen sich ausdrücklich nur auf betriebliche Ruhegeldleistungen. Der Betriebszuschuss zum Anpassungsgeld ist jedoch, wie bereits dargelegt, keine betriebliche Ruhegeldleistung, sondern geht dem Bezugszeitraum voraus.
c. Aus dem Merkblatt der S -J GmbH über die betrieblichen Leistungen an außertarifliche Angestellte, die im Rahmen der Anpassungsmaßnahmen vorzeitig ausscheiden (Bl. 85 ff. d. A.) folgt ebenfalls kein Anspruch des Kläger auf die von ihm geltend gemachte Erhöhung. Dort heißt es, dass die betriebliche Leistungen in Anlehnung an die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes gewährt werden. Aus der Formulierung "in Anlehnung" kann nicht abgeleitet werden, dass daraus ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Anpassungsentscheidungen des Bochumer Verbandes für betriebliche Altersruhegeldleistungen folgen würden. Durch den Begriff "in Anlehnung" wird gerade zum Ausdruck gebracht, dass ein exakter Gleichklang gerade nicht gewollt ist. Dafür spricht auch die unterschiedliche Zweckrichtung von Anpassungsleistungen und dem dazu gewährten betrieblichen Zuschuss einerseits und betrieblichen Ruhegeldleistungen andererseits. Denn während die Anpassungsleistungen und die dazu gewährten betrieblichen Leistungen der Überbrückung für einen vorher zeitlich genau feststehenden Zeitraum dienen und damit das Inflationsrisiko genauer kalkulierbar ist, sind betriebliche Ruhegeldleistungen dadurch gekennzeichnet, dass sie für eine im Vorhinein nicht feststehende Zeitspanne gewährt werden, so dass das Geldentwertungsrisiko im Vorhinein nicht im Einzelnen abgeschätzt werden kann und deshalb zum Schutz der Betriebsrentner eine Anpassungsprüfungspflicht notwendig ist.
Aufgrund dieses strukturellen Unterschiedes kann die Anpassungsverpflichtung, die für betriebliche Ruhegeldleistungen gilt, nicht auf betriebliche Zuschüsse zum Anpassungsgeld übertragen werden (so auch LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2007 - 14 (12) Sa 1114/06 -).
Tatsächlich hat die Beklagte zum 01.01.1997 einen Anpassungsentscheidung getroffen, dabei allerdings nur eine Erhöhung um 2 % vorgenommen. Damit sind die betrieblichen Leistungen, die als Zuschuss zum Anpassungsgeld gewährt worden sind, von einer Erhöhung nicht ausgenommen worden, sondern lediglich in geringerem Umfang erhöht worden. Angesichts des Umstandes, auf den die Beklagte im Schreiben vom 06.07.2005 an den Kläger hingewiesen hat (Bl. 23 d. A.), wonach im gleichen Zeitraum die Einkommen der aktiven Beschäftigten im tariflichen und außertariflichen Bereich um bis zu 6 % abgesenkt werden mussten, kann jedenfalls aus dem vom Kläger angeführten Merkblatt kein weitergehender Anspruch hergeleitet werden.
Unabhängig hiervon ist der Anspruch des Klägers, was den Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1998 betrifft, auch deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger jedenfalls insoweit keine rechtzeitige Rüge erhoben hat.
Bei nicht rechtzeitiger Rüge und nicht rechtzeitiger Klage sind die Ansprüche verwirkt (s. BAG, Urteil vom 21.08.2007 - 3 AZR 330/06 - DB 2007, 2720 ff.).
Mit Recht weist die Beklagtenseite darauf hin, dass durch die erstmalige Geltendmachung im Jahre 2005 jedenfalls Ansprüche, die sich auf den Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1998 bezogen, nicht mehr rechtzeitig geltend gemacht werden konnten.
2. Auch für die Zeit ab dem 01.01.1999 stehen dem Kläger keine Anpassungsansprüche mehr zu. Ab dem 01.01.1999 hat der Kläger betriebliches Ruhegeld durch den Bochumer Verband erhalten. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, zum 01.01.2000 hätte eine Erhöhung von 3,44 % vorgenommen werden müssen, zum 01.01.2003 eine weitere um 5,5 %. Tatsächlich ergibt sich, dass der Kläger diese Erhöhungen erhalten hat, so dass keine weiteren Erhöhungsansprüche bestehen.
a. Zum 01.01.2000 ist die Betriebsrente des Klägers zwar zunächst nur um 1,2 % erhöht worden. Mit Schreiben vom 08.09.2005 (Bl. 26 d. A.) hat der Bochumer Verband jedoch rückwirkend eine Anpassung um 3,44 % vorgenommen und die daraus resultierende rückständige Summe nachgezahlt sowie auf dieser Basis die Betriebsrente des Klägers berechnet. Damit ist das diesbezügliche Erhöhungsverlangen des Klägers erfüllt.
b. Auch die weitere vom Kläger verlangte Erhöhung zum 01.01.2003 um weitere 5,5 % ist von der Beklagtenseite tatsächlich vorgenommen worden. Insoweit hat der Bochumer Verband mit Schreiben vom 07.02.2003 (Bl. 20 d. A.) dem Kläger mitgeteilt, dass die laufenden Leistungen mit Wirkung vom 01.01.2003 um 5,5 % erhöht werden.
Damit sind die Erhöhungsverlangen, die der Kläger bezüglich der ab dem 01.01.1999 gewährten Betriebsrente geltend gemacht hat, vollumfänglich erfüllt worden. Weitere Ansprüche können dem Kläger daher nicht zustehen.
3. Aus den dargelegten Gründen konnte die Klage des Klägers keinen Erfolg haben. Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts konnte daher keinen Erfolg haben und musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte und auch kein Fall von Divergenz vorlag.
Ende der Entscheidung
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