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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 5 Sa 633/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 307 |
Tenor:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 28.08.2003 erledigt ist.
Die weiteren, nach dem 28.08.2003 entstandenen Kosten trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung des Beklagten, der bis zum 30.06.2000 im Arbeitsverhältnis bei der Klägerin gestanden hat, zur Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts. Durch das angefochtene Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage unter Aufhebung eines am 23.10.2002 verkündeten Vollstreckungsbescheids im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Geltendmachung des Anspruchs auf Grund tariflicher Ausschlussfristen verspätet erfolgt ist.
Mit der frist- und formgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter und legt hierbei dar, dass die vom Arbeitsgericht angewandte Ausschlussfrist erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien in Kraft getreten ist. Im Übrigen macht sie Ausführungen zur Begründetheit des Überzahlungsanspruchs und beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 4 Ca 13008/02 - vom 26.02.2003 abzuändern und den Vollstreckungsbescheid vom 23.10.2002 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat zunächst Klageabweisung beantragt und sich unter anderem auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Im Termin vor dem Landesarbeitsgericht vom 28.08.2003 haben die Parteien einen Vergleich dahingehend getroffen, dass der Beklagte einen Betrag von 1.200,00 EUR in monatlichen Raten von 100 EUR an die Klägerin zahlt. Unter Ziffer 4 haben die Parteien vereinbart, dass sich die Parteien den "Widerruf des Vergleichs durch schriftliche Eingabe bis zum 18.09.2003" vorbehalten.
Mit einem beim Gericht am 04.09.2003 eingegangenen Schriftsatz vom 03.09.2003 teilte die Klägerin mit, "dass der im Termin am 28.08.2003 abgeschlossene Vergleich von der Klägerin nicht widerrufen wird" (Bl.239 GA). Mit einem weiteren Schriftsatz der Klägerin, der am 18.09.2003 bei Gericht eingegangen ist, wird der im Termin am 28.08.2003 abgeschlossene Vergleich widerrufen.
Der Beklagte, der seinerseits den Vergleich nicht widerrufen hat, steht nunmehr auf dem Standpunkt, dass der von der Klägerin erklärte Widerruf unwirksam ist und beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch einen Vergleich vom 28.08.2003 beendet ist.
Die Klägerin beantragt,
Zurückweisung dieses Antrags.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Der Rechtsstreit ist durch Vergleich vom 28.08.2003 erledigt. Der Vergleich ist vom Beklagten nicht widerrufen worden. Der von der Klägerin am 18.09. bei Gericht eingegangene Widerruf ist zwar innerhalb der in Ziffer 4 des Vergleichs vom 28.08.2003 vereinbarten Widerrufsfrist erfolgt. Er ist jedoch unbeachtlich, weil die Klägerin zuvor - am 03./04.09.2003 - die Erklärung abgegeben hat, dass der Vergleich von ihr nicht widerrufen wird. Darin liegt ein Verzicht auf das Widerrufsrecht, an den die Klägerin gebunden ist. Ein innerhalb des Prozesses erklärter Verzicht auf die Widerrufsmöglichkeit ist jederzeit zulässig, er beseitigt den hinsichtlich des Vergleichs bestehenden Schwebezustand, er ist als Prozesshandlung unwiderruflich und unanfechtbar (LAG Hamm vom 12.11.1997 - 18 Sa 1128/97 - NZA-RR 1998, 276 sowie vom 29.09.1999 - 18 Sa 795/99 -; LAG Bremen vom 06.10.1964 - 2 Sa 50/64 - MDR 1965, 330; Baumbach/Hartmann, 61. Auflage, Anhang zu § 307 ZPO, Rz. 14). Ein trotz Verzichts erklärter Widerruf lässt daher die Wirksamkeit des Vergleichs unberührt.
In der Erklärung der Klägerin, dass der abgeschlossene Vergleich von ihr "nicht widerrufen wird", liegt ein Verzicht auf das in Ziffer 4 des Vergleichs vereinbarte Widerrufsrecht. Die gegenüber dem Gericht abgegebene Erklärung, die zugleich an die Prozessbevollmächtigten des Beklagten gerichtet ist, denen Abschriften dieses Schriftsatzes unmittelbar zugeleitet wurden, kann nach ihrem Erklärungswert aus der Sicht der Empfänger nur so ausgelegt werden, dass die Klägerin von ihrem in Ziffer 4 des Vergleichs vom 28.08.2003 vereinbarten Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen wird und dadurch den hinsichtlich der Wirksamkeit des Vergleichs bestehenden Schwebezustand zumindest in Bezug auf die für sie bestehende Widerrufsmöglichkeit abkürzen will. In der Erklärung ist nicht lediglich ein Angebot an den Beklagten zu sehen, auch seinerseits vorzeitig auf das Widerrufsrecht zu verzichten. Für eine solche Auslegung gibt der Wortlaut der von der Klägerin abgegebenen Erklärung nichts her.
Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist der vorliegende Fall mit dem Fall einer zunächst zurückgenommenen und dann wieder neu eingelegten Berufung nicht vergleichbar. Denn solange die Berufungsfrist läuft, kann nach Zurücknahme einer eingelegten Berufung jederzeit - sofern nicht auf das Recht, eine Berufung einzulegen, ausdrücklich verzichtet worden ist - erneut Berufung eingelegt werden. Der Widerruf eines Vergleichs kann demgegenüber - anders als die Berufung - nur einmal erklärt werden und ist seinerseits - sofern er einmal erklärt worden ist - auch unwiderruflich, er führt damit zur Unwirksamkeit des zunächst abgeschlossenen Vergleichs, für einen neuen Abschluss des Vergleichs sind weitere Prozesshandlungen beider Parteien erforderlich. Umgekehrt kann daher der Verzicht auf den Widerruf als Prozesshandlung, die auch materiellrechtliche Auswirkungen hat, nicht beliebig zurückgenommen oder rückgängig gemacht werden. Da der Beklagte sich auf die Wirksamkeit des Vergleichs beruft, ist entsprechend seinem Antrag die Beendigung des Rechtsstreits durch den Vergleich festzustellen.
Soweit der hiernach rechtskräftige Vergleich keine Kostenregelung enthält, sind die Kosten nach § 98 ZPO als gegeneinander aufzuheben anzusehen. Die weiteren, durch die Fortsetzung des Verfahrens und den Streit um die Wirksamkeit des Vergleichs entstandenen Kosten hat gemäß § 91 ZPO die Klägerin zu tragen.
Ende der Entscheidung
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