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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 5 TaBV 69/03
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 935
ZPO § 940
ArbGG § 85
Die Durchführung von Schulungsmaßnahmen für Betriebsratsmitglieder kann im Wege der einstweiligen Verfügung durch den Betriebsrat in aller Regel nicht erzwungen werden.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2003 - 1 BVGa 44/03 - wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 1.200,-- EUR.

Gründe:

Die Beschwerde des Betriebsrats ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden, sie ist somit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Mit in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen, die sich das Beschwerdegericht zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen macht, hat das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung den Antrag des Betriebsrats auf Durchsetzung einer Schulungsmaßnahme im Wege der einstweiligen Verfügung abgelehnt. Es fehlt sowohl an einem hinreichend glaubhaft gemachten Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund. In Ergänzung zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts weist das Beschwerdegericht auf folgende nach seiner Auffassung maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte hin:

Ein Verfügungsanspruch ist nur dann gegeben, wenn die im Beschwerdeverfahren allein noch umstrittene Schulung für die Betriebsratsvorsitzende M in der Veranstaltung "Wichtige wirtschaftliche Grundbegriffe und Grundlagen Teil I - für Betriebsräte und Mitglieder des Wirtschaftsausschusses" im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich ist. Bei dem Schulungsanspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG handelt es sich nicht um einen individuellen Anspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds, sondern um einen kollektiven Anspruch des Betriebsrats darauf, dass einem bestimmten Betriebsratsmitglied Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit des Betriebsratsgremiums erforderlich sind. Voraussetzung hierfür ist die Darlegung, dass gerade das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied der dort vermittelten Kenntnis bedarf, damit der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (BAG vom 24.05.1995 - 7 ABR 54/93 - DB 1996, Seite 145). Zudem muss bei der Vermittlung allgemeiner Grundkenntnisse ein konkreter betriebsbezogener Anlass bestehen ( vgl. aus der neueren Rechtsprechung des BAG Beschluss v.04.06.2003 -7 ABR 42/02, DB 2003, S.2344).

Eine Erforderlichkeit in diesem Sinne hat der Betriebsrat weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht. Soweit es sich um die Teilnahme von Frau M in ihrer Eigenschaft als Betriebsratsvorsitzende handelt, ist nach dem Inhalt des mit der Antragsschrift vorgelegten Themenplans des Veranstalters mit den Themen "marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen, Standortwahl von Unternehmen, Unternehmensziele, Rechtsformen von Unternehmen, Grundlagen des Rechnungswesens, Controlling und Mitwirkungsmöglichkeiten in wirtschaftlichen Angelegenheiten" offensichtlich nicht die Vermittlung allgemeiner Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts vorgesehen, welche nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf jeden Fall zu dem nach § 37 Abs. 6 BetrVG zulässigen Schulungsinhalt gehört. Für einen konkreten betriebsbezogenen Anlass in Bezug auf den dargelegten umfangreichen Themenkatalog hat der Betriebsrat nichts vorgetragen.

Soweit es um eine Vermittlung von Kenntnissen für die Tätigkeit der Betriebsratsvorsitzenden im Wirtschaftsausschuss geht, ist, wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat, zu berücksichtigen, dass der Schulungsanspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG auf Mitglieder des Wirtschaftsausschusses keine, auch keine entsprechende Anwendung findet, so dass allenfalls eine Schulung im Hinblick auf ihre Funktion im Betriebsrat in Betracht käme, für die nach den vorstehenden Ausführungen indessen nichts vorgetragen ist.

Im Übrigen hat der Betriebsrat nicht hinreichend dargelegt, dass im Hinblick auf die bereits im Wirtschaftsausschuss vertretenen Mitglieder des Betriebsrats, die zum Teil, wie die Arbeitgeberin dargelegt hat, über eine kaufmännische Ausbildung verfügen oder sogar ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert haben, gerade das Betriebsratsmitglied M insbesondere unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Sach- und Fachkenntnisse der übrigen Mitglieder des Betriebsrats und Wirtschaftsausschusses - der Vermittlung von Kenntnissen bedarf, wie sie in der genannten Schulungsveranstaltung angeboten wird.

Abgesehen davon, dass ein Verfügungsanspruch hiernach nicht hinreichend dargetan ist, fehlt es auch am Verfügungsgrund. Bei der Durchsetzung eines Anspruchs auf Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung durch den Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung ist zu berücksichtigen, dass wegen ihrer einer endgültigen Befriedigung gleichkommenden faktischen Auswirkungen eine solche einstweilige Verfügung nur in Ausnahmefällen, wenn überhaupt, zu erlassen ist. Denn es gilt zu beachten, dass eine Rückabwicklung bei nicht gegebenem Verfügungsanspruch praktisch ausscheidet, da nach § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 ZPO zu Gunsten des Arbeitgebers nicht besteht. Insoweit könnte zwar in Betracht gezogen werden, dass als minus gegenüber dem vom Betriebsrat verfolgten Anspruch auf Durchsetzung des Schulungsanspruchs unter Zahlung der vollen Schulungskosten lediglich ein Anspruch auf Freistellung zuerkannt werden könnte. Dieser würde jedoch keine Regelung, sondern lediglich eine Feststellung beinhalten, wofür es in jedem Falle an einem Verfügungsgrund und Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. LAG Düsseldorf vom 06.09.1995, NZA-RR 1996, Seite 12 ff.). Denn bei ordnungsgemäßer Information des Arbeitgebers durch den Betriebsrat im Sinne des § 37 Abs. 4 Satz 4 BetrVG bedarf das teilnehmende Betriebsratsmitglied nicht einer ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitgebers, auch wenn der Arbeitgeber bei unterbliebener Stellungnahme später die fehlende Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme einwenden kann (vgl. BAG DB 1996, Seite 145). Die (bloße) Freistellung des Betriebsratsmitglieds für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung würde daher auf die ohnehin nur vorläufige und für das Hauptsacheverfahren in keiner Weise präjudizierende Feststellung hinauslaufen, dass das Verfügungsgericht die Maßnahme für erforderlich hält und deswegen einen Freistellungsanspruch als gegeben ansieht. Der Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens besteht jedoch nicht darin, dem Antragsteller einen Teil des bei der Verwirklichung unsicherer Ansprüche bestehenden Risikos durch eine vorläufige und rechtlich nicht bindende Begutachtung durch das Verfügungsgericht abzunehmen.

Abgesehen von alledem ist auch für die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Verfügung nicht der geringste Anhaltspunkt ersichtlich - jedenfalls im Hinblick auf die im Beschwerdeverfahren allein noch umstrittene Schulung der Betriebsratsvorsitzenden M in der Zeit vom 08. bis 12.12.2003. Es wird weder vom Betriebsrat vorgetragen, dass in naher Zukunft Entscheidungen oder Verhandlungen anstehen, bei denen das in der Schulungsveranstaltung vermittelte Wissen von dieser dringend benötigt wird. Selbst bei Bejahung einer Erforderlichkeit der Schulung fehlt es daher an einer Darlegung des Antragstellers, weshalb nicht auch eine Schulung zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht kommt.

Ende der Entscheidung

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