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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 258/09
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 1 | |
KSchG § 2 |
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.10.2008 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 12 Ca 2535/08 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer vorsorglichen Änderungskündigung vom 29.02.2008 (Kopie Bl. 14 f d. A.) zum 30.09.2008, "hilfsweise zum nächstzulässigen Zeitpunkt", wonach ab dem 01.10.2008 neuer Arbeitsort des Klägers der Standort M sein sollte. Mit Schreiben vom 30.05.2008 (Kopie Bl. 123 d. A.) wurde der Kläger zum 01.10.2008 von dem bisherigen Arbeitsort K P an den neuen Arbeitsort K J , A , versetzt. Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Änderungsschutzklage mit Urteil vom 09.10.2008 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die vorsorgliche Änderungskündigung sei wegen fehlender Klarheit und Bestimmtheit wegen unzulässiger Bedingung unwirksam. Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Begründung wird auf Bl. 192 ff d. A. verwiesen.
Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte vor allem eine fehlerhafte Rechtsanwendung der ersten Instanz. Da eine Rechtsbedingung zulässig sei, hätte das Arbeitsgericht prüfen und entscheiden müssen, ob die mit der vorsorglichen Änderungskündigung zum Ausdruck gebrachten Veränderungen der Arbeitsbedingungen des Klägers, also ab dem 01.10.2008 in K zu arbeiten und ab dem 01.01.2013 in M , vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt seien. An der sozialen Rechtfertigung der unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung könnten keine Zweifel bestehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.10.2008 - 12 Ca 2535/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil aus Rechtsgründen. Zudem sei die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt, weil es wegen der Beschäftigungsmöglichkeit in K J ab dem 01.10.2008 kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Versetzung nach Münster gegeben habe. Mit der vorbehaltlosen und zeitlich unbegrenzten Versetzung vom 30.05.2008 sei die Änderungskündigung auch tatsächlich "überholt".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die vorsorgliche Änderungskündigung der Beklagten vom 29.02.2008 rechtsunwirksam ist. Daran vermögen die Angriffe der Berufung nichts zu ändern. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Es kann dahinstehen, ob die streitbefangene Kündigung wegen fehlender Klarheit und Bestimmtheit unwirksam ist, wie das Arbeitsgericht angenommen hat. Sie ist jedenfalls sozial ungerechtfertigt, weil sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne der §§ 1, 2 KSchG bedingt ist. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung kann nur dann wirksam sein, wenn der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (vgl. BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04). Dabei ist zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betroffenen Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen (BAG vom 26.06.2008 - 2 AZR 139/07 m.w.N.).
Für die mit der vorsorglichen Änderungskündigung bezweckte Neubestimmung des Arbeitsorts M ab dem 01.10.2008 bestand kein betriebliches Bedürfnis, jedenfalls kein dringendes betriebliches Erfordernis. Dies ergibt sich schon aus der Änderungskündigung selbst, wenn es dort heißt, der Arbeitsplatz des Klägers bleibe jedoch für die nächsten 4,25 Jahre, also bis zum 31.12.2012 in K , und werde dann "automatisch nach M verlagert". Angesichts des zeitlichen Abstandes zwischen Ausspruch der Kündigung und angeblicher Notwendigkeit der betrieblichen Organisationsänderung - Versetzung nach M - kann von einer Dringlichkeit der Änderungsmaßnahme keine Rede sein. Bei der vorsorglichen Änderungskündigung handelt es sich insoweit um eine unzulässige sogenannte Vorratskündigung (so auch LAG Düsseldorf vom 21.01.2009 - 12 Sa 1287/08). Dafür bestand zum jetzigen Zeitpunkt schlicht kein Bedarf.
Die Beklagte erstrebt letztlich ein Rechtsgutachten zu der Frage, ob sie den Kläger zu Beginn des Jahres 2013 unter gleichbleibenden Voraussetzungen nach M versetzen kann. Dazu ist das Instrument der vorsorglichen Änderungskündigung nicht geschaffen worden. Unter einer "vorsorglichen" Kündigung wird im Arbeitsleben eine Kündigung verstanden, die für den Fall ausgesprochen wird, dass die mit ihr erstrebte Rechtsfolge nicht schon zuvor oder zeitgleich durch einen anderen Auflösungstatbestand bewirkt wird. Eine solche Rechtsbedingung ist zulässig (BAG vom 27.03.1987 - 7 AZR 527/85). Bei einer Änderungskündigung, bei der nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Vordergrund steht, bedeutet die "vorsorgliche" Erklärung typischerweise, dass sie nur für den Fall Rechtswirkungen entfalten soll, dass die erstrebte Änderung nicht schon aus anderen Rechtsgründen eingetreten ist (vgl. BAG vom 11.03.1998 - 2 AZR 325/97). Daraus folgt, dass die vorsorgliche Änderungskündigung mit der arbeitsrechtlichen Maßnahme, die sie absichern soll, deckungsgleich sein muss. Das ist hier nicht der Fall und zusätzlicher Beleg für die mangelnde Erforderlichkeit.
Zum 01.10.2008 ist der Kläger gerade nicht nach M , sondern an den neuen Arbeitsort K J versetzt worden. Dies ist Gegenstand des Versetzungsschreibens vom 30.05.2008. Auch dieser Vorgang macht deutlich, dass es einen aktuellen Bedarf für die zeitlich vorgezogene Festlegung eines Arbeitsortes M nicht gab. Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass eine derart langfristige Festlegung aus betrieblichen Gründen unabdingbar notwendig gewesen wäre.
III. Da die Beklagte das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss sie nach den §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen.
IV. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
Ende der Entscheidung
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