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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 16.07.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 382/09
Rechtsgebiete: BetrAVG
Vorschriften:
BetrAVG § 1 | |
BetrAVG § 7 |
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2008 - 17 Ca 661/08 - unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers teilweise abgeändert:
1. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Einstandspflicht des Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für eine sog. Energiebeihilfe, die als Ersatz für die frühere Gewährung von Deputatkohle gezahlt wird, und für einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Der am 18.02.1955 geborene Kläger (Kopie des sog. Bergmannsversorgungsscheins Bl. 42 d. A.) schied am 01.05.2005 aus seinem Arbeitsverhältnis bei der Firma D -H GmbH in D aus, über deren Vermögen am 01.06.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Rückwirkend ab Dezember 2003 ist beim Kläger eine Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden. Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.11.2008 teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von Energiebeihilfe in Höhe von 909,22 € verurteilt, verbunden mit der Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, die Energiebeihilfe über das Jahr 2008 hinaus im bisherigen Umfang an den Kläger zu zahlen. Hinsichtlich des Anpassungsgeldes hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 49 f. d. A. verwiesen.
Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte vor allem gegen die Annahme des Arbeitsgerichts, bei der Energiebeihilfe handele es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Zudem habe der Kläger bislang nicht dargelegt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 45 MTV Rheinisch-Westfälischer Steinkohlenbergbau zum Erhalt von Hausbrand/Energiebeihilfe erfüllt seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2008 - 17 Ca 661/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt er,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.350,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2009 zu zahlen;
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den Zuschuss zum Anpassungsgeld über den Monat Juni 2009 hinaus im bisherigen Umfang auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger meint, auch der Zuschuss zum Anpassungsgeld stelle eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, weil der Leistungsbegriff des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG weit auszulegen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Gleiches gilt für die Anschlussberufung des Klägers (§ 524 ZPO).
II. In der Sache hat nur das Rechtsmittel des Beklagten Erfolg, während die Anschlussberufung des Klägers unbegründet ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Die Berufung des Beklagten
Entgegen der Auffassung des Klägers und ihm folgend des Arbeitsgerichts handelt es sich bei der Energiebeihilfe, die jährlich zuletzt in Höhe von 454,64 € gezahlt worden ist, nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Eine betriebliche Altersversorgung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, für die der Beklagte nach § 7 Abs. 1 BetrAVG einzustehen hätte, liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden. Wesentliche Kennzeichen sind der Versorgungszweck und der Umstand, dass der Leistungsfall durch ein biologisches Ereignis ausgelöst wird (vgl. HWK/Schipp, 3. Aufl., § 1 BetrAVG Rz. 1).
Daran gemessen bildet die Gewährung von Hausbrand bzw. Energiebeihilfe keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Sie dient nicht Altersversorgungszwecken und wird auch nicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst. Vielmehr stellt sie eine bedarfsorientierte Fürsorgeleistung des Arbeitgebers dar, die unter vielfältigen Vorbehalten steht. Diese Ausgestaltung des Zuwendungsanspruchs spricht gegen einen festen Bestandteil der Altersversorgung, auf die der Empfänger uneingeschränkt vertrauen kann. Dies hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in ihrem Urteil vom 07.04.2008 (5 Sa 430/08) mit Hinweis auch auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.10.2007 (4 Sa 1279/06) ausführlich begründet. Ihr haben sich inzwischen die 6. Kammer (6 Sa 530/08), die 8. Kammer (8 Sa 535/08) und die 4. Kammer (4 Sa 888/08) des Landesarbeitsgerichts Köln angeschlossen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidungen ergänzend Bezug genommen.
2. Die Anschlussberufung des Klägers
Auch bei dem Zuschuss zum Anpassungsgeld handelt es sich unter Zugrundelegung des oben dargestellten Leistungsbegriffs nicht um eine betriebliche Altersversorgung.
Das Anpassungsgeld und der dazu gewährte betriebliche Zuschuss haben die Funktion, die Zeit bis zum Bezug von gesetzlichen und betrieblichen Rentenleistungen zu überbrücken. Wie eine Kapitalabfindung aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dienen sie dazu, dem Arbeitnehmer bis zum Bezug von gesetzlichen und betrieblichen Altersruhegeldleistungen die Aufrechterhaltung des Lebensstandards zu sichern (vgl. LAG Köln vom 28.05.2008 - 5 Sa 426/08; LAG Düsseldorf vom 11.06.2007 - 14 Sa 712/07; LAG Köln vom 24.07.2008 - 6 Sa 530/08). Das Anpassungsgeld selbst stellt gerade noch keine Altersrente dar. Es dient der Vermeidung sozialer Härten infolge von Stilllegungen/Rationalisierungen im Steinkohlebergbau. Sein Hauptzweck besteht darin, Arbeitnehmer des Kohlebergbaus, die aufgrund einer Rationalisierungsmaßnahme entlassen worden sind, wirtschaftlich abzusichern, solange sie die Altersgrenze für den Beginn des Rentenbezugs noch nicht erreicht und daher noch keinen Rentenanspruch erlangt haben.
Zu diesen Überbrückungsmaßnahmen gehört auch der Zuschuss zum Anpassungsgeld. Schon die Bezeichnung "Anpassungsmaßnahme" belegt in eindeutiger Weise die überbrückende Funktion des gewährten Zuschusses. Diese Funktion steht einer Qualifizierung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung entgegen. Diese Überbrückungsfunktion fände eine zusätzliche Bestätigung, wenn es richtig sein sollte, dass der Zuschuss zum Anpassungsgeld durch die frühere Arbeitgeberin des Klägers als Ausgleich für eine ausgesetzte Abfindung gezahlt worden ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
Ende der Entscheidung
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